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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.06.2019

Stationen einer Geisha

Die Lotosblüte
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Mit 15 Jahren schon wird die junge bitterarme Koreanerin Shim Chong als Bettgefährtin an einen greisen alten Mann nach China verkauft. Nach dessen Tod wird sie von seinem jüngsten Sohn "übernommen" und ...

Mit 15 Jahren schon wird die junge bitterarme Koreanerin Shim Chong als Bettgefährtin an einen greisen alten Mann nach China verkauft. Nach dessen Tod wird sie von seinem jüngsten Sohn "übernommen" und für dessen Bordell angelernt. Das sind die ersten Stationen ihres jungen Lebens, aber beständig wird sie weiter gereicht, über Ländergrenzen hinaus muss sie immer mit ihrem Körper zu Diensten sein.
Der Leser kann ihren Lebensweg bis zu ihrem Tod verfolgen. Es ist ein sehr pragmatisches Dasein, fast ohne Träume. Auch wenn der Autor das Auge auf viele Details richtet, so bleibt immer eine gewisse Distanz zur Protagonistin. Genauso distanziert betrachtet die junge Frau ihr eigenes Leben. Jedes Mal, wenn sie wieder verkauft wird, sich in einer neuer Umgebung zurechtfinden muss, eine neue Sprache lernt, macht sie das Beste aus der Situation. Sie ist geschäftstüchtig, aber dennoch behält sie das Wohl ihrer Mitmenschen im Blick.
"Die Lotosblüte" ist ein historischer Roman, der im 19. Jahrhunder in Korea beginnt, aber dann einen weiten Bogen schlägt unter anderem über China, Taiwan, Singapur und Japan. Man erfährt einiges über die Lebensweise von Geishas und Prostituierten in den jeweiligen Ländern, aber auch die politischen Situationen werden angerissen. Leider hat sich mir aus dem Kontext heraus die geographische Lage oft nicht erschlossen,weil altertümliche Namen verwendet werden.
Dennoch bin ich fasziniert in die mir fremde Welt abgetaucht und den Spuren der tapferen Lotosblüte Shim Chong gefolgt.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Louise und Lavinia

So schöne Lügen
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Trotz ihrer fast 30 Jahre ist Louise noch nicht richtig im Leben angekommen. Sie steckt voller Minderwertigkeitskomplexe, hat ständig Angst, sich ihr Leben zu verbauen und muss jeden Tag hart mit drei ...

Trotz ihrer fast 30 Jahre ist Louise noch nicht richtig im Leben angekommen. Sie steckt voller Minderwertigkeitskomplexe, hat ständig Angst, sich ihr Leben zu verbauen und muss jeden Tag hart mit drei Teilzeitjobs das Geld für den Lebensunterhalt zusammen kratzen. Als sich die unglaublich reiche und schöne Lavinia für sie interessiert, beginnt ein neuer Lebensabschnitt im Glanze der High Society. Louises Leben wird komplett umgekrempelt, wird glamourös, abwechslungsreich und interessant. Doch die Sorgen ums Überleben nehmen nicht ab, sie ändern sich nur. Jetzt muss sie sich den Launen der kapriziösen Freundin beugen, wenn sie nicht plötzlich mittellos auf der Straße stehen will. Das geht auf Dauer nicht gut, aber Louises Lebensmotto ist: Ich schaffe das! Und nach dem großen Knall wird es für den Leser eigentlich noch interessanter, wie raffiniert die junge Frau ihr Leben organisiert. Klasse!
Im Mittelpunkt stehen Louise und ihre maliziös narzisstische Freundin Lavinia. Aber auch die dekadenten Freunde werden in ihrer Unreflektiertheit und Selbstüberschätzung spannend charakterisiert. Die Handlung erinnert natürlich über weite Phasen an einen Chicklit-Roman, aber die psychologische Komponente wertet das Ganze immer wieder auf.
Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig. Abgehackte, kurze Sätze mit gezielten Wortwiederholungen wirken sich hemmend auf den Lesefluss aus, aber das ist von der Autorin so gewollt und macht auch viel vom Charme des Buches aus.
Die Hörspielversion wird hervorragend gelesen von Britta Steffenhagen. Vom Lesen des Klappentextes hatte ich mir schon ein Bild der Protagonistinnen im Kopf entworfen, aber mit den ersten Sätzen wurde es auf den Kopf gestellt. Die Sprecherin versteht es wunderbar, die Gefühle im ganzen Spektrum von Naivität bis zur berechnenden Bosheit in das Timbre ihrer Stimme zu legen. Durch ihre Ausdruckskraft behält man als Hörer auch immer den Überblick.
Dieses Buch hat mir gut gefallen und ich empfehle es gerne weiter. Meiner Meinung nach wird es allerdings in erster Linie Frauen ansprechen, aber Ausnahmen bestätigen die Regel.

Veröffentlicht am 16.05.2019

Very rich and very crazy

Crazy Rich Asians
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Rachel und Nick, beides amerikanische Hochschulprofessoren mit chinesischen Wurzeln, leben in einer gut funktionierenden Partnerschaft. Sie fliegen nach Singapur zur Hochzeit von Nicks bestem Freund, und ...

Rachel und Nick, beides amerikanische Hochschulprofessoren mit chinesischen Wurzeln, leben in einer gut funktionierenden Partnerschaft. Sie fliegen nach Singapur zur Hochzeit von Nicks bestem Freund, und dabei soll Rachel gleichzeitig mit der Familie ihres Liebsten bekannt gemacht werden.

Nick ist allerdings ein Meister des Tiefstapelns. Kapitelweise wird beschrieben, wie Rachel Schritt für Schritt begreift, dass sie die Freundin von Asiens reichstem und begehrtesten Junggesellen ist. Darauf hat sie der bescheidene Nick in keinster Weise vorbereitet.

Seine Familie ist in weiten Teilen not amused. Ehen werden in dieser Gesellschaftsklasse traditionell arrangiert, Geld und Einfluss sind dabei ausschlaggebend. Doch gezielte Störfeuer werden nicht nur durch die Verwandtschaft in spe gezündet, nein auch Töchter aus gutem Haus, die Nick als geeignete Beute ansehen, laufen zur Höchstform in puncto Bösartigkeit auf. In sofern ist es die klassische Liebesgeschichte, in der zwei Menschen jede Menge Hindernisse bis zu ihrem persönlichen Glück überwinden müssen.

Demnach ist "Crazy Rich Asians" eigentlich kein besonderer Roman, auch wenn die Protagonisten sehr sympathisch sind. Besonders wird er erst durch das Milieu der Singapurer Oberschicht: dekadent in ihrem unbeschreiblichen Reichtum, meist mit einem furchtbaren Geschmack gesegnet und von der eigenen Bedeutung bis ins Unermessliche überzeugt. Natürlich muss man die zum Teil epischen Schilderungen von Kleidung und Einrichtung mögen, aber sie stecken voll feinem Humor, und zusammen mit der immer wieder auftretenden Situationskomik, lässt sich das Buch mit einem ständigen Lächeln auf den Lippen gut lesen. Ich konnte es nicht aus der Hand legen. Hoffentlich werden die beiden anderen Bände der Trilogie auch bald übersetzt.

Veröffentlicht am 13.05.2019

Sylter Sax

Finsteres Kliff
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Ohne Vorkenntnisse bin ich in den 3. Fall von Liv Lammers eingestiegen. Sie ist eine sehr selbstbewußte Frau (zumindest nach außen hin), familienorientiert, beruflich ehrgeizig, erfolgreich und leider ...

Ohne Vorkenntnisse bin ich in den 3. Fall von Liv Lammers eingestiegen. Sie ist eine sehr selbstbewußte Frau (zumindest nach außen hin), familienorientiert, beruflich ehrgeizig, erfolgreich und leider zu Alleingängen neigend. Sylt hat keine eigene Mordkommission, deswegen wird sie mit ihren Kollegen aus Flensburg dorthin beordert, als eine Leiche in den Sylter Hügelgräbern gefunden wird. Zeitgleich verschwindet die Freundin des Toten und ein kostbares Wikinger-Artefakt. Die beiden Opfer gehören zu einer Clique, die sich mit Leib und Seele der Wikingertradition verpflichtet fühlt. Sie lassen alte Bräuche aufleben, glauben an die alten Götter und versuchen in Rollenspielen,das alte Leben nachzuempfinden.
So gelingt es der Autorin geschickt, dem Leser ein tiefer gehendes Bild über Sylt zu vermitteln. Die Insel hat eben mehr zu bieten als Schickimicki und Sandstrand, nämlich auch Geschichte und Artefakte.
Die Autorin Sabine Weiss schlägt von der ersten Seite an ein hohes, dichtes Erzähltempo an. Viele Personen, viele realistische Verdächtige, viele Motive! Der Spannungsfaktor ist absolut hoch, vielleicht für mich sogar etwas zu hoch, weil manche Stellen unerwartet brutal sind. Ich persönlich zumindest erwarte und bevorzuge im Bereich Regionalkrimis eine sanftere Vorgehensweise, aber das mag jeder für sich selbst entscheiden.
Weil Liv Lammers doch eine sehr prägende und einschneidende Vorgeschichte hat, wäre mir eine kurze Zusammenfassung im Klappentext hilfreich gewesen, aber insgesamt hat "Finsteres Kliff" meine Erwartungen übertroffen.

Veröffentlicht am 18.04.2019

spannend

Dark Call - Du wirst mich nicht finden
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Holly Wakefield ist forensische Psychiaterin. Sie engagiert sich sehr für ihre Patienten und ist zugleich auch Dozentin am College. In ihrem ersten Fall arbeitet sie mit Detective Inspector Bishop zusammen. ...

Holly Wakefield ist forensische Psychiaterin. Sie engagiert sich sehr für ihre Patienten und ist zugleich auch Dozentin am College. In ihrem ersten Fall arbeitet sie mit Detective Inspector Bishop zusammen. Sie ergeben zusammen ein gutes Team, um einen gefährlichen Serienmörder zur Strecke zu bringen. Der Autor spart nicht mit blutigen Details an den Tatorten, so dass man als Leser starke Nerven haben sollte. Holly Wakefield behält cool den Überblick. Mir ist diese Protagonistin sehr sympathisch geworden, denn hinter ihrer analytischen Fassade zeigt sich ein überraschend schweres Schicksal, dass sich erst imVerlauf des Buches offenbart. Obwohl sie so gut in ihrem Job ist, arbeitet sie sehr teamorientiert und verantwortungsvoll. Der Autor zeigt sie nicht als eigenbrötlerische Intelligenzbestie, sondern als eine in sich gefestigte Frau. Mir gefällt das sehr gut. Das trägt mit dazu bei, dass ich dieses Buch verschlungen habe. Hauptsächlich aber hat mich die Handlung fasziniert. Erst zum Schluss versteht man, wie kunstvoll alles ineinander verwoben ist und wie raffiniert der Täter vorgegangen ist. Absolute Leseempfehlung!