Ein typischer Dicker
Das Verschwinden der Stephanie MailerDas Verschwinden der Journalistin Stephanie Mailer führt dazu, dass die Ermittlungen in einem 20 Jahre alten Vierfachmord neu aufgerollt werden. Nach und nach zeigt sich, dass die damaligen Ermittler nicht ...
Das Verschwinden der Journalistin Stephanie Mailer führt dazu, dass die Ermittlungen in einem 20 Jahre alten Vierfachmord neu aufgerollt werden. Nach und nach zeigt sich, dass die damaligen Ermittler nicht alle Fakten kannten, doch heißt das auch, dass der überführte Täter gar nichts mit den Morden zu tun hat? Jesse Rosenberg und Derek Scott hatten 1994 ihren ersten großen Fall, und stellen 2014 ihre damaligen Ermittlungen in Frage.
Nachdem mich Joël Dickers ersten zwei Romane bereits begeistert haben, musste ich auch seinen dritten unbedingt lesen – und auch hier findet sich wieder Dickers typischer Stil. Der Roman ist sehr komplex, erst nach und nach gibt er die ganze Wahrheit preis. Bis dahin hat der Leser Überraschungen erlebt, Schockierendes gelesen und seine eigenen Vermutungen immer wieder korrigieren müssen. Den Leser lange im Ungewissen zu lassen, ihn manchmal regelrecht an der Nase herumzuführen, das beherrscht der Autor perfekt. Auch wenn hier manche Szenen schon fast satirehaft überspitzt wirken, bleibt die Logik nie auf der Strecke, und am Ende fügt sich alles meisterhaft zusammen.
Wie das Geschehen sind auch die Charakter vielschichtig angelegt und ebenfalls alle für eine Überraschung gut. In diesem Roman hat man allerdings hin und wieder das Gefühl, auch manche Charaktere sind allzu überspitzt dargestellt, vor allem den ehemaligen Polizeichef Kirk Harvey kann man kaum ernst nehmen. Ob man allerdings die Charaktere richtig eingeschätzt hat, erfährt man erst am Ende des Romans.
Nicht nur das Geschehen und die Charaktere sind komplex, auch Dickers Erzählstil. Wie schon in den Vorgängern erzählt er auch hier wieder auf mehreren Zeitebenen und aus verschiedenen Perspektiven, vorwiegend in der Ich-Form, zwischendurch aber auch immer wieder in der dritten Person, wobei hier auch die Ich-Erzähler auftauchen können. Man muss schon ein bisschen aufmerksam lesen, damit einem nichts entgeht und man immer weiß, wo und wann man sich befindet. Für mich haben solche Erzählungen immer einen gewissen Reiz und sorgen dafür, dass ich den Roman nur schwer aus der Hand legen kann.
Der Roman ist ein typischer Dicker, komplex, deckt nach und nach Zusammenhänge auf, hat immer wieder Überraschungen zu bieten, mehrere Zeitebenen und Perspektiven. Dickers beide anderen Romane haben mir etwas besser gefallen, aber auch sein dritter Roman ist absolut lesenswert und ich freue mich schon auf viele weitere. Von mir gibt es 4,5 Sterne und natürlich eine Leseempfehlung.