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Veröffentlicht am 24.04.2019

Dem Leben mutig entgegen treten

Das Herz voller Träume
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Die Schwestern Megan und Crystal Jacobs sind zwar Zwillinge, aber ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch was ihre Gesundheit angeht. Megan musste sich aufgrund eines kranken Herzens ...

Die Schwestern Megan und Crystal Jacobs sind zwar Zwillinge, aber ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch was ihre Gesundheit angeht. Megan musste sich aufgrund eines kranken Herzens einer Transplantation unterziehen und hat das Herz der jungen Amanda, genannt Amy, bekommen. Aufgrund von Megans Krankheit wandte sich die Aufmerksamkeit in der Familie fast ausschließlich auf sie, während Crystal etwas am Rand blieb. Doch nun ist Megan auf dem Weg in ein neues Leben, was sie erst einmal mit einem Besuch bei den Eltern der Spenderin Amanda startet. Von ihnen erhält Megan neben dem Tagebuch auch eine beigefügte 25-Punkte-Wunschliste, die Amy geführt hat. Megan kommt die Idee, die Wunschträume einer Toten zu erfüllen und macht sich in Begleitung ihrer Schwester Crystal auf eine Weltreise, während der sich das Leben der beiden Schwestern für immer verändert.
Lindsay Harrel hat mit ihrem Buch „Das Herz voller Träume“ einen sehr berührenden und fesselnden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flüssig und gefühlvoll, der Leser wird mit den ersten Zeilen in das Leben der beiden Zwillingsschwestern katapultiert, um sie bei ihrer abenteuerlichen Reise zu begleiten, aber auch ihre Differenzen, Gedanken- und Gefühlswelten kennenzulernen. Aber auch Amanda „Amy“ ist oftmals präsent und wächst dem Leser ans Herz mit ihren Wünschen, die sie sich für ihr Leben vorgenommen hat, aber leider nicht mehr ausführen konnte. Die Autorin hat so einige Themen für ihre Geschichte auf der Agenda, da geht es um die Angst, wieder ein normales Leben führen zu können, die Angst um die eigene Karriere und die Angst, dem Druck der Umgebung nicht standzuhalten. Während die Schwestern mit allerlei Beziehungsstress und Ängsten unterwegs sind, kann der Leser sich eigene Gedanken machen und auch Parallelen für das eigene Leben ziehen. Ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit viel Fingerspitzengefühl lässt die Autorin ihre Protagonisten an ihren Aufgaben wachsen und ihre zwischenmenschlichen Probleme ans Tageslicht kommen. Währenddessen reist der Leser mit den beiden rund um den Globus an eindrucksvolle Orte, um immer wieder die eine oder andere Mutprobe zu bestehen und etwas Aufregung ins Leben zu bringen. Bildgewaltig und farbenfroh ist diese Reise, nicht nur, was die Orte angeht, sondern auch die Beziehung zwischen den Schwestern, deshalb besteht immer eine gewisse Spannung. Auch der Glaube spielt in diesem Buch eine Rolle und leitet die Schwestern auf ihrem Reiseweg.
Die Charaktere sind sehr individuell ausgestaltet und mit viel Leben gefüllt. Sie wirken realitätsnah und sehr glaubwürdig, was den Leser dazu verleitet, sich mit ihnen verbunden zu fühlen und sich gut in sie hineinversetzen zu können. Megan war lange Zeit aufgrund ihrer Krankheit vom Leben abgeschirmt. Nun, da sie gesund ist, fehlt ihr der Mut, hinaus in die Welt zu gehen und Normalität in ihr Leben zu bringen, alles das zu tun, worauf sie bisher verzichten musste. Ihre Wandlung ist wunderschön zu beobachten, von einer zurückhaltenden Frau wagt sie sich selbstbewusst und mutig hervor, tut Dinge, die sie vorher nicht zu träumen gewagt hätte. Crystal ist eine knallharte Karrierefrau, sie musste sich schon früh ihr Stück vom Leben sichern, denn alles drehte sich nur um Megan. Crystal will alles, beruflich wie privat, und trotzdem hängt sie dazwischen und ist unzufrieden mit sich selbst, denn sie kann es niemals allen recht machen. So steht ihre Ehe auf der Kippe, weil ihr der Mut fehlt, zu ihren Gefühlen zu stehen. Auch sie macht eine Wandlung durch, begreift, was wirklich wichtig ist im Leben, um sich glücklich zu fühlen. Ebenso überzeugen Caleb und auch Brian in der Geschichte.
„Das Herz voller Träume“ ist ein rundum gelungener Roman über Wünsche, geheime Träume, Beziehungsschwierigkeiten, Stärke und die Liebe zum Leben und den Menschen. Wunderschön erzählt mit einem kleinen Wink an den Leser, das Leben immer in vollen Zügen zu genießen und den Mut nie zu verlieren! Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.04.2019

"Gedächtnis ist das Tagebuch, das wir immer mit uns herumtragen." (Oscar Wilde)

Drei Dinge über Elsie
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Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr ...

Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr droht, sie in eine andere Einrichtung abzuschieben, da Florence als recht starr- und eigensinnige Person eigene Vorstellungen davon hat, wie ihr Leben verlaufen sollte. Und sie findet, dass sie gar nicht zwischen die ganzen Bewohner passt. Eines Tages zieht ein neuer Bewohner in das Heim und als Florence ihn zu Gesicht bekommt, erschrickt sie zu Tode, denn Ronnie Butler ist ihr bestens bekannt, aber eigentlich müsste er tot sein. Komisch nur, dass sich der Mann nun Gabriel Price nennt, was soll das bedeuten? Dann stürzt Florence in ihrer eigenen Wohnung, und während sie auf dem Boden liegt, arbeitet ihr Gehirn auf Hochtouren, denn mit Ronnie alias Gabriel verbindet sie eine bewegte Vergangenheit, die Florence erst nach und nach zusammensetzen kann…

Joanna Cannon hat mit ihrem Buch “Drei Dinge über Elsie” einen sehr unterhaltsamen und ebenso anrührenden Roman vorgelegt, der von Beginn an begeistern kann. Der Schreibstil ist flüssig, einfühlsam und gleichzeitig fesselnd, die Autorin versteht es wunderbar, ihrer Geschichte einen minutiösen Anstrich zu verleihen und dem Leser die Spannung bis zum Schluss zu erhalten. Die Geschichte beginnt um 16:48 Uhr, als Florence stürzt, und endet um 23:12 Uhr. In 13 Zeitabschnitten lässt die Autorin sowohl Florence als auch Miss Ambrose und den Hausangestellten Simon im Wechsel zu Wort kommen, dabei ist eindeutig Florence die Hauptakteurin, während Simon und Miss Ambrose ihre Sicht auf die Abläufe wiedergeben und ihre eigenen Gedanken und Gefühle ebenfalls offenlegen. Die Autorin gibt dem Leser einen guten Einblick in das Leben in einem Seniorenheim, gleichzeitig gibt sie aber auch einfühlsam den Gesundheitszustand der Einwohner sehr gut wieder und zeigt auf, wie oft einem das Gedächtnis einen Streich spielt, wenn es um Erinnerungen und wichtige Dinge geht. Auch das Thema Demenz spielt in dieser Geschichte eine Rolle und sorgt für einige Überraschungen, was die Auflösung des Puzzles betrifft, zu dem die Autorin den Leser mit ihrer Geschichte einlädt. Sehr gekonnt führt die Autorin den Leser immer wieder auf eine neue Fährte und man ist sich beim Lesen nie sicher, welche davon denn nun wirklich stimmt. Gleichzeitig stimmt die Handlung auch nachdenklich und man wünscht sich einfach, sein Gedächtnis noch lange in bester Verfassung zu wissen.

Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, besitzen individuelle Ecken und Kanten, wirken lebendig und vor allem realitätsnah. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen. Florence ist eine ältere Dame, die seit 5 Jahren in einem Seniorenheim lebt, obwohl sie den Eindruck vermittelt, dass sie lieber nicht dort wäre. Sie ist eine recht eigensinnige Person, dazu starrsinnig, lässt sich die Butter nicht vom Brot nehmen und ist auch recht gewitzt. Aber man spürt auch ihre Angst, wenn sie das Gefühl hat, die Welt spiele ihr einen bösen Streich, oder wenn Miss Ambrose wieder einmal mit einer Verlegung droht, sollte sie nicht nach deren Pfeife tanzen. Elsie ist die gute Seele, die Florence bei allem zur Seite steht. Sie ist seit Ewigkeiten Florence beste Freundin, die beiden teilen alles miteinander. Jack ist ein älterer und einfühlsamer Herr, der sich mit Florence anfreundet. Simon ist handwerklich begabt, zweifelt aber oft an sich und seinen Fähigkeiten, dabei hat er ein gutes Herz. Cheryl ist die Friseurin im Heim und hütet ein Geheimnis, das nur Florence zu ahnen scheint. Miss Ambrose fühlt sich meist zu höherem berufen, doch fehlt ihr der Mut, sich woanders zu bewerben. Auch Ronnie und weitere Bewohner geben der Handlung zusätzlichen Input und machen sie rund.

“Drei Dinge über Elsie” ist eine sehr unterhaltsame und gleichzeitig berührende Geschichte, die sich erst nach und nach entfaltet und ihren wahren Kern preisgibt. Wenn man sich erst einmal mit Florence angefreundet hat, möchte man sich gar nicht mehr von ihr trennen. Wunderbar erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet.

Veröffentlicht am 21.04.2019

Eine Liebe in dunklen Zeiten

Mehr als die Erinnerung
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1920. Die junge Ärztin Friederike von Aalen arbeitet auf Gut Mohlenberg, einer psychiatrischen Einrichtung und widmet sich aufopferungsvoll den dort lebenden Patienten. Auch ihr Mann Bernhard ist nach ...

1920. Die junge Ärztin Friederike von Aalen arbeitet auf Gut Mohlenberg, einer psychiatrischen Einrichtung und widmet sich aufopferungsvoll den dort lebenden Patienten. Auch ihr Mann Bernhard ist nach einer Kriegsverletzung hier untergebracht, wenn er sie auch nicht mehr erkennt. Friederike blutet das Herz, ihre große Liebe so zu sehen, doch so kann sie immer in seiner Nähe sein. Als in der Umgebung des Gutes zwei Menschen ermordet werden, ist das Urteil schnell gefällt, es kann nur einer der Kranken des Gutes sein. Aber Friederike glaubt nicht daran, kennt sie ihre Patienten doch inzwischen sehr gut durch das tägliche Miteinander. Um die Kranken zu verteidigen und gleichzeitig zu schützen, macht sich Friederike daran, selbst herauszufinden, wer wohl als Schuldiger in Frage kommt. Doch ihre Nachforschungen bringen sie und andere in Gefahr…

Melanie Metzenthin hat mit ihrem Buch “Mehr als die Erinnerung” wieder einen sehr spannenden und gleichzeitig berührenden Roman vorgelegt. Der Erzählstil ist flüssig, eindringlich und fesselnd zugleich. Der Leser wird während der Lektüre schon früh zum Mitbewohner der Psychiatrieeinrichtung, lernt die einzelnen Bewohner durch Friederikes Augen kennen und darf diese sowie ihre Beziehung zu Bernhard kennenlernen und hautnah miterleben. Die Autorin hat sich auch in diesem Roman wieder mit dem schwierigen Thema Psychiatrie zu Zeiten des erstarkenden Nationalsozialismus beschäftigt und lässt den Leser mit eindringlichen Beschreibungen die unterschiedlichsten Behandlungsmethoden vor dem inneren Auge miterleben, was nicht nur Gänsehaut, sondern auch immer wieder Entsetzen hervorruft, wie man mit kranken Menschen zur damaligen Zeit umgegangen ist. Gleichzeitig zeigt sie aber durch ihre Protagonistin Friederike auch die andere Seite auf, das es Menschen gibt, die sich mit Hingabe um die Hilflosen kümmern.

Die Charaktere sind detailliert ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie bestechen durch individuelle Eigenschaften und überzeugen mit Authentizität. Der Leser hat die Möglichkeit, sich in sie hineinzuversetzen und mit ihnen zu fühlen. Friederike ist eine junge Frau, die ihren Beruf als Ärztin sehr ernst nimmt. Sie ist hilfsbereit, liebevoll und unterstützt jeden, wie es in ihrer Macht steht. Friederike wirkt kraftvoll und selbstlos, wobei sie schon fast überirdisch wirkt, da sie niemals Anzeichen von Mutlosigkeit oder Müdigkeit erkennen lässt. Bernhard war mal ein attraktiver sowie aktiver Mann. Nun ist er handlungsunfähig, doch scheint es durch kleine Gesten manchmal so, als wenn er weiß, was ihn mit Friederike schon seit langem verbunden hat. Dr. Weiß ist Friederikes Kollege, ein undurchsichtiger und eher zurückhaltender Mann. Auch die weiteren Protagonisten machen die Handlung durch ihr Auftreten spannend und durchweg nicht vorhersehbar.

“Mehr als die Erinnerung” ist ein berührender und durchweg packender Roman über eine vergangene Zeit und eine große Liebe, aber auch über den teils doch recht fragwürdigen Umgang mit kranken Menschen. Toll erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet! Diese Autorin muss man sich einfach merken!

Veröffentlicht am 20.04.2019

Sei dankbar für jeden Tag

Ein Cottage für deinen Sommer
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Die Mitvierzigerin Adie Lou muss gerade durch eine schwierige Scheidung, bei der ihr bald Ex-Ehemann verlangt, dass auch das Elternhause von Adie Lou verkauft wird. Dieses Feriencottage aber ist Adie heilig, ...

Die Mitvierzigerin Adie Lou muss gerade durch eine schwierige Scheidung, bei der ihr bald Ex-Ehemann verlangt, dass auch das Elternhause von Adie Lou verkauft wird. Dieses Feriencottage aber ist Adie heilig, so viele wunderschöne Sommer voller Unbefangenheit hat sie dort mit ihren Eltern verlebt. Adie Lou darf gar nicht daran denken, dass dieses Haus bald neue Besitzer haben soll. Deshalb kündigt sie ihren sicheren Job in Chicago und zieht zurück an den Michigansee in das alte Cottage, um dort ein Bed & Breakfast einzurichten. Doch so leicht, wie sie sich das vorgestellt hat, ist die Umsetzung dann doch nicht. Allein schon die Bauarbeiten kosten sie nicht nur den letzten Nerv. Aber wofür sind Freunde und Familie da, wenn nicht, um Hilfe und Unterstützung zu leisten. Dabei trifft sie auf alte Erinnerungen, neue Menschen und auch auf ein neues Glück….

Viola Shipman hat mit ihrem Buch “Ein Cottage für deinen Sommer” einen wunderschönen, warmherzigen und unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und oftmals berührend, der Leser taucht schnell in die Geschichte ein und lässt sich an Adies Seite nieder, um sie bei ihrem Start in eine neue Zukunft zu begleiten, wobei ihm ihre alten liebevollen Erinnerungen ebenso wenig verborgen bleiben wie ihre Sorgen und Nöte während der Umsetzung ihres Planes. Die Kapitelüberschriften lehnen sich an die alten Hausregeln spiegeln die alten Hausregeln von Adie Lous Eltern wieder, die auch in den neu gestalteten Gästezimmern wieder zum Einsatz kommen. Diese Regeln sind Teil der Erinnerungen und lassen ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit aufkommen sowie die alten Kindertage wieder lebendig werden. Die Autorin vereint in ihrer Geschichte all die Werte, die auch heute noch einen großen Stellenwert inne haben, so geht es nicht nur um die Familie und deren Zusammenhalt, um gemeinsame Erinnerungen, sondern auch um Freundschaft und Vertrauen. Während der Handlung hat man als Leser immer das Gefühl, sich ebenfalls häuslich in dem Cottage niedergelassen zu haben und sich wohl zu fühlen.

Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und mit Leben erfüllt. Sie besitzen glaubhafte Ecken und Kanten, wirken deshalb äußerst authentisch und lebensnah. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fiebern. Adie Lou ist eine starke Protagonistin, der gelebte Werte wichtig sind. Zudem besitzt sie eine Stärke und den Mut, ihr Leben völlig umzukrempeln. Hilfsbereit und optimistisch möchte sie ihre schönen Erinnerungen und Erfahrungen des Lebens teilen und verliert nie den Mut. Ihr 19-jähriger Sohn Evan ist ihr ein und alles. Die beiden sind ein enges Gespann, auch wenn Evan die Welt oftmals anders sieht als seine Mutter. Wunderbar ergänzen auch die weiteren Protagonisten wie Trish, Scooter oder auch Iris Dragoon die Handlung und lassen sie zu einer wahren Wohlfühlgeschichte werden.

“Ein Cottage für deinen Sommer” ist ein wirklich zauberhafter Sommerroman mit der Botschaft, immer an seine Träume zu glauben, dafür die Ärmel hochzukrempeln und nicht aufzugeben. Wunderschöne Lektüre, die gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 14.04.2019

Spannender Kriminalfall mit Gesellschaftsstudie

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Sommer 1994. In der amerikanischen Kleinstadt Orphea in den Hamptons werden am Rande eines Festivals der Bürgermeister samt Ehefrau und Sohn sowie ein Zufallsopfer ermordet. Schnell wird der Täter von ...

Sommer 1994. In der amerikanischen Kleinstadt Orphea in den Hamptons werden am Rande eines Festivals der Bürgermeister samt Ehefrau und Sohn sowie ein Zufallsopfer ermordet. Schnell wird der Täter von den zwei Polizisten Rosenberg und Scott ausgemacht und verhaftet. 20 Jahre später steht Detective Jesse Rosenberg kurz vor seinem wohlverdienten Ruhestand, während Derek Scott Innendienst schiebt, als die Journalistin Stephanie Mailer behauptet, Hinweise zu haben, dass die beiden damals eine Unschuldigen hinter Gitter gebracht haben und der wahre Mörder noch immer frei herumläuft und dies werde sie in einem Buch veröffentlichen. Kurz danach ist Stephanie wie vom Erdboden verschluckt. Rosenberg und Scott machen sich gemeinsam mit Anna, der stellvertretenden Leiterin der Polizei, daran, sowohl Stephanie Mailer zu finden als auch den 20 Jahre alten Fall erneut zu untersuchen…
Joël Dicker hat mit seinem Buch „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ seinen dritten Roman vorgelegt, der wieder einmal das Leserherz im Sturm erobert. Der Schreibstil ist flüssig, fesselnd, detailreich und so atmosphärisch dicht, dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Der Autor bedient sich wechselnder Erzählperspektiven, die nicht nur die Spannung immer mehr in die Höhe schrauben, sondern auch die Ereignisse der Gegenwart und der Vergangenheit von allen Seiten unter die Lupe nehmen und die unterschiedlichen Ansichten der einzelnen Personen zum Ausdruck bringen. Dicker lässt den Leser mit raten und das Puzzlespiel Stück für Stück zusammensetzen. Ebenso hebt er die menschlichen Abgründe und ein Wirrwarr an Intrigen so gekonnt heraus, dass der Leser in einen regelrechten Sog gerät. Durch immer wieder gut dosiert eingeworfene Wendungen und viele gleichzeitig ablaufende Handlungen hält er den Leser bei der Stange und animiert ihn gleichzeitig dazu, alles immer wieder zu überdenken und neu zu kombinieren, bis die Wahrheit mit einem Knall ans Licht kommt. Dicker versteht es ausgezeichnet, die Örtlichkeiten bildgewaltig zu beschreiben und seine Handlung in den malerischen Hamptons stattfinden zu lassen, einen Platz, den man sich für solche Verbrechen so gar nicht vorstellen kann.
Die Charaktere sind ein bunter Strauß an unterschiedlich angelegten Persönlichkeiten, die detailliert ausgestaltet und mit Leben versehen wurden. Jeder von ihnen hat seine Daseinsberechtigung und sei es nur, um den Leser noch mehr auf falsche Spuren zu locken. Dicker öffnet dem Leser die Tür zum Örtchen Orphea und seinen Bewohnern, deren Leben genauso beleuchtet wird wie der alte Mordfall oder das Verschwinden von Stephanie. Als Teil der Gemeinschaft nimmt der Leser unsichtbar an Tragödien und unterschiedlichen Lebensläufen teil, trifft auf exzentrische Menschen, auf Verzweifelte oder wahre Egoisten. Zu keiner Zeit hat man beim Lesen das Gefühl, die jeweilige Person genau zu kennen, sondern ist immer auf der Hut, denn jeder könnte der potentielle Täter sein, der nicht möchte, dass seine Identität aufgedeckt wird.
„Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ zeigt einmal mehr Joël Dickers Erzähl- und Schreibtalent, denn selten bekommt man eine so verschachtelte, aber in sich stimmige Geschichte zu lesen, an deren Ende man atemlos und auch zufrieden ist. Hier wird großartige Spannung neben einer tollen Gesellschaftsstudie geboten. Absolute Leseempfehlung für ein wahres Highlight!