Kommt leider nicht an "Zwischen dir und mir das Meer" heran
m Flugzeug nach und von Lissabon hat mir der neue Roman von Katharina Herzog kurzweilige Stunden bereitet. Auch wenn ich nicht in Spanien bzw. den Kanarischen Inseln Urlaub gemacht habe, so hat mich der ...
m Flugzeug nach und von Lissabon hat mir der neue Roman von Katharina Herzog kurzweilige Stunden bereitet. Auch wenn ich nicht in Spanien bzw. den Kanarischen Inseln Urlaub gemacht habe, so hat mich der südländische Charme auch in Lissabon eingeholt. Und die Autorin "kenne" ich ja schon sehr lange, denn ich habe bereits ihre Bücher als Selfpublisher unter ihrem Klarnamen Katrin Koppold gelesen.
In "Der Wind nimmt uns mit" lernen wir Maya kennen, die als Reisebloggerin rund um die Welt chattet. Seit sechs Jahren bleibt sie allerdings der Insel La Gomera fern, wo ihre Adoptivmutter Karoline lebt. Bis heute hat sie dieser nicht verziehen, dass sie ihr nicht die Wahrheit über ihre wahre Herkunft erzählt hat. Als sie durch einen One-Night-Stand schwanger wird, versucht sie den Mann, von dem sie nur den Namen Tobi und einige wenige Details kennt, durch ihren Blog zu finden. Dass er sich auf La Gomera aufhalten soll, zieht Maya kurz die Füße weg, doch dann überwindet sie ihre Ängste und fliegt an jenem Ort, den sie niemals besuchen wollte...
Auf der esoterisch angehauchten Finca de la Luz findet sie erstmals eine Bleibe und lernt die Inselbewohner besser kennen.
Wechselnde Perspektiven lassen uns als Leser nicht nur Maya und Karoline in der Gegenwart kennenlernen, sondern auch Karoline als Studentin in den 1980er Jahren. Die Abschnitte werden durch die jeweiligen Namen und der Jahreszahl (bei Karoline) erkenntlich gemacht. Dabei erfahren wir häppchenweise was vor mehr als 30 Jahren passiert ist und tauchen in Karolines damaliges Leben ein.
Die Beschreibungen der Charaktere und der Insel sind sehr anschaulich. Trotzdem blieben die Figuren leider etwas an der Oberfläche. Manche von ihnen fand ich auch zu überzeichnet.
Karoline nahm mir im Gegenwartspart zu wenig Platz ein und blieb mir fremd. Nur im Rückblick ins Jahr 1983 oder 1984 kam sie mir als Studentin näher. In diesem Abschnitt konnte ich ihre Gefühle und ihre besondere Beziehung zu ihrem Vater sehr gut nachvollziehen.
Maya hingegen fand ich viel zu unreif für ihre 32 Jahre. Vorallem als Reisebloggerin, die durch die Welt reist und vollkommen auf sich alleine gestellt ist, war sie mir zu naiv und zu wankelmütig.
Die bildhaften Landschaftsbeschreibungen machen Lust die zweitkleinste der Kanarischen Inseln zu besuchen, doch die Darstellung der sehr durchgeknallten Inselbewohner, die noch dem Hippie-Kult frönen, ließ mich etwas davon Abstand nehmen. Trotzdem würde ich gerne einmal den merkwürdigen Gesängen der Gelbschnabelsturmtaucher lauschen, das Künstlerdorf El Guro besuchen oder zur Schweinebucht (das klingt so nach Piraten!) wandern.
Der rote Faden des Romans ist die Selbstfindung ...sich zu "ankern"...und verzeihen zu können.
Die Handlung ist etwas vorhersehbar und ich vermisste im Gegenwartsstrang die Tiefgründigkeit, wie auch etwas mehr Spannung. Trotzdem hat sich die Geschichte wunderbar lesen lassen und sie konnte mich durchgehend unterhalten.
Irritiert war ich durch eine angebliche Schwester von Karoline, die nie mehr erwähnt wird und Karoline später sogar als Einzelkind dargestellt wurde. Fehler wie diese sollten dem Lektorat auffallen!
Schreibstil:
Die Autorin hat einen wunderbareb Schreibstil, der mich schon in ihren anderen Romanen überzeugen konnte und mich in ihren Geschichten versinken lässt. Er ist locker-leicht, lebendig und dialoglastig.
Fazit:
"Der Wind nimmt uns mit" kann leider nicht an "Zwischen dir und mir das Meer" anschließen, das von mir volle fünf Sterne erhalten hat. Der Roman unterhält und ist als leichte Urlaubslektüre wie geschaffen, jedoch wird er wohl eher nur durch das wunderschöne Cover in Erinnerung bleiben. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass Katharina Herzog mit ihrem nächsten Buch wieder an die gewohnte Qualität anschließen kann.