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Veröffentlicht am 27.04.2019

Facetten der Liebe

Das Leuchten jenes Sommers
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Sommer 1939. Abseits des beginnenden Zweiten Weltkrieges fiebert die 16-jährige Madeline Hamilton auf dem Anwesen Summerhill in Cornwall der Rückkehr ihrer älteren Schwester Georgina entgegen, die sechs ...

Sommer 1939. Abseits des beginnenden Zweiten Weltkrieges fiebert die 16-jährige Madeline Hamilton auf dem Anwesen Summerhill in Cornwall der Rückkehr ihrer älteren Schwester Georgina entgegen, die sechs Monate in Europa auf Reisen war. Georgina war ihr Mutter und Vater zugleich, nachdem die Eltern schon früh gestorben sind. Nun aber erlebt Madeline eine herbe Enttäuschung, denn Georgina hat sich völlig verändert und bringt auch noch einige Fremde mit, die sie auf ihrer Reise aufgelesen hat, unter ihnen Victor, mit dem sie eine engere Beziehung pflegt. Madeline kann Victor nicht ausstehen, denn schon früh erkennt sie, dass er sich in Summerhill immer mehr breit macht und seine Nase in Angelegenheiten steckt, die ihn nichts angehen. Dann stößt Madeline auf ein Geheimnis…
70 Jahre später erhält die schwangere Fotografin Chloe McAllister von Matt Cooper den Auftrag, ein Portraitfoto der sehr zurückgezogen lebenden Kinderbuchautorin Madeline Hamilton für ihr neues Buch auf deren Anwesen in Summerhill zu machen. Chloe kommt dieser Auftrag gerade recht, denn die Ehe mit Mann Aidan ist momentan schwierig aufgrund seines einnehmenden Wesens, deshalb ergreift sie die Möglichkeit der Flucht und freut sich auf die Begegnung mit Madeline, deren Bücher ihre Kindheit begleitet haben. Während Chloe sich schnell mit Madeline anfreundet und viel von ihrer Vergangenheit erfährt, wird Chloe langsam klar, dass sie einiges in ihrem Leben ändern muss. Doch die Folgen wiegen schwer…
Nikola Scott hat mit „Das Leuchten jenes Sommers“ einen wunderbaren Roman über zwei Frauenschicksale vorgelegt, die so unterschiedlich sind, aber beide große Stärke besitzen und während der Lektüre durchweg eine Faszination auf den Leser ausüben. Der Schreibstil besticht durch eine flüssige und fesselnde Erzählweise, die den Leser von Beginn an in die Handlung mitnimmt und ihn mit wechselnden Erzählperspektiven mal an die Seite von Chloe, mal an die von Madeline stellt und deren Leben eindrucksvoll in Szene setzt, Parallelen aufzeigt in der engen Beziehung zu ihren jeweiligen Geschwistern und auch ihre Ängste und Sorgen sehr gekonnt und nachvollziehbar darstellt, wie sie auch in der Realität vorkommen und so dem Leser ans Herz gehen. Die Männer in dieser Geschichte stehen für die abgründige und manipulative Form von Liebe, die Frauen ins Unglück stürzen kann. Mit geschickten Wendungen und einem dramatischen Schlussakt hält die Autorin die Spannung konstant aufrecht und kann den Leser bis zum Ende gut bei der Stange halten, um die verschiedenen Geheimnisse mit zu lösen und alle Fäden gut miteinander zu verknüpfen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken durchweg glaubhaft und authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich an die eine oder andere Ferse zu heften und mitzuleiden und zu fiebern. Madeline ist erst ein Teenager, der auf sehr auf seine ältere Schwester fixiert ist, als ältere Dame regt sie auf unaufdringliche Art ihre jüngere neue Freundin zum Reflektieren an. Chloe ist eine liebenswürdige und fürsorgliche Frau, die anscheinend schon lange keine eigenen Entscheidungen mehr trifft. Sie lebt in einem Gefängnis, dasihr Ehemann für sie errichtet und in dem sie sich eingerichtet hat, da sie finanziell auf Aidan angewiesen ist. Aidan ist ein unbeherrschter Egoist und Manipulator, der Angst einjagt mit seiner Kontrollsucht und keine Eigenmächtigkeiten erlaubt. Victor ist ein schmieriger Typ, der ebenfalls weiß, wie man Frauen nach der eigenen Pfeife tanzen lässt und seinen eigenen Willen erreicht. Auch Protagonisten wie Danny und Georgina ergänzen die Handlung mit ihrem Auftritt und machen die Geschichte rundum gelungen.
„Das Leuchten jenes Sommers“ ist ein Roman über die Liebe in ihren verschiedensten Facetten: beängstigend, federleicht, hingebungsvoll, schmerzlich, verletzend, kraftvoll und uneigennützig. Wunderschön und fesselnd geschrieben, so dass man als Leser jeder Wort einsaugt wie ein Schwamm. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 27.04.2019

Halbschwestern

Gelateria Paradiso
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1964 kommt der Italiener Lucio Paradiso nach Deutschland, um als Gastarbeiter zu arbeiten und sich mit dem Geld in seiner Heimat den Traum einer eigenen Eisdiele zu erfüllen, während in Venezien Tiziana ...

1964 kommt der Italiener Lucio Paradiso nach Deutschland, um als Gastarbeiter zu arbeiten und sich mit dem Geld in seiner Heimat den Traum einer eigenen Eisdiele zu erfüllen, während in Venezien Tiziana auf seine Rückkehr wartet. Aber wie es das Schicksal will, trifft Lucio mit Monika die Liebe seines Lebens…
2018. Susanne Werner hat die 50 bereits überschritten und arbeitet als Tischlerin und Restauratorin. Die Auflösung des 70er Jahre Interieurs einer bereits geschlossenen Eisdiele hat ihr Interesse geweckt, weshalb sie ins Bergische Land reist, um die Möbel zu begutachten und vielleicht ein Schnäppchen zu machen. Die Stewardess Francesca Adler verkauft mit dem Nachlass das Erbe ihres Vaters. Während der Besichtigung der Stücke findet Susanne das Foto des früheren Ladeninhabers und muss feststellen, dass sie ihm sehr ähnlich sieht. Schon lange sucht Susanne nach ihren leiblichen Eltern, denn sie wurde zur Adoption freigegeben. Auch Francesca ist die Ähnlichkeit zwischen Susanne und ihrem Vater Lucio aufgefallen. Deshalb setzt sie ihre vermeintliche Halbschwester Susanne kurzerhand vor die Tür, um nur ja nicht an einem alten Geheimnis zu rühren. Aber sie hat nicht mit Susannes Hartnäckigkeit gerechnet, denn diese reist nach Italien, um sich auf Spurensuche zu begeben…
Stefanie Gerstenberger hat mit „Gelateria Paradiso“ einen tiefgründigen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der mit einem eingängigen und fesselnden Schreibstil den Leser schnell in seinen Bann zieht und nicht wieder loslässt. Die eingestreuten italienischen Redewendungen sowie die Lebensart und die Köstlichkeiten lassen die Geschichte noch authentischer wirken, wobei auch die Recherchearbeit der Autorin mit einem Adoptivkind und ehemaligen Gastarbeitern sowie realistische Beschreibungen der damaligen Lebensverhältnisse dazu beitragen. Die Beschreibung der Örtlichkeiten sind farbig und bildgewaltig, gerne folgt der Leser der Einladung, sich in das mediterrane Italien zu begeben, um dort vor Ort die Protagonisten zu beobachten und auch das Geheimnis zu ergründen. Durch gut platzierte Perspektivwechsel zwischen Francesca und Susanne sowie den Einblick in Lucios Vergangenheit erhält der Leser einen sehr guten Eindruck in die so unterschiedlich verlaufenen Leben sowie in die Gedanken- und Gefühlswelt, wodurch auch die so verschiedenen Verhaltensweisen der beiden Frauen zwar nachvollziehbar und verständlich sind, wenngleich sie auch nicht immer sympathisch sein müssen. Sehr geschickt strickt die Autorin ein altes Familiengeheimnis, an dem mancher fast zerbrochen wäre.
Die Charaktere sind sehr schön portraitiert und mit viel Leben versehen worden. Sie wirken glaubhaft, individuell und sehr authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich ihnen nah zu fühlen, sich in sie hineinzuversetzen und mit ihnen zu fiebern. Susanne hatte eine unschöne Kindheit als ungeliebtes Adoptivkind. Sie ist eine sehr sympathische Frau, die immer auf der Suche ist. Sie ist fleißig und offen, aber auch stur. Mit Francesca muss man als Leser erst warm werden, denn sie wirkt sehr selbstbezogen, gierig und intrigant, aber auch verloren und einsam. Obwohl sie beruflich erfolgreich ist, ist es gerade die von ihr verströmte Lieblosigkeit, die den Leser immer wieder hinterfragen lässt, was ihr wohl Schlimmes passiert sein mag. Lucio ist ein Mann, dessen Leben arbeitsreich, aber auch geheimnisvoll ist. Aber auch Lennart, Tiziana und Monika tragen ihren Teil dazu bei, dass die Handlung immer im Fluss und durchweg spannend bleibt.
„Gelateria Paradiso“ ist ein wunderschöner und gefühlvoller Roman über ein altes Familiengeheimnis, eine Zeitreise in ein Stück deutscher Geschichte und viel italienischem Flair. Herrlich erzählt, so dass man das Buch gar nicht aus der Hand legen mag und enttäuscht ist, sobald die letzte Seite gelesen ist. Hierfür gibt es eine absolut verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.04.2019

Dem Leben mutig entgegen treten

Das Herz voller Träume
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Die Schwestern Megan und Crystal Jacobs sind zwar Zwillinge, aber ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch was ihre Gesundheit angeht. Megan musste sich aufgrund eines kranken Herzens ...

Die Schwestern Megan und Crystal Jacobs sind zwar Zwillinge, aber ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch was ihre Gesundheit angeht. Megan musste sich aufgrund eines kranken Herzens einer Transplantation unterziehen und hat das Herz der jungen Amanda, genannt Amy, bekommen. Aufgrund von Megans Krankheit wandte sich die Aufmerksamkeit in der Familie fast ausschließlich auf sie, während Crystal etwas am Rand blieb. Doch nun ist Megan auf dem Weg in ein neues Leben, was sie erst einmal mit einem Besuch bei den Eltern der Spenderin Amanda startet. Von ihnen erhält Megan neben dem Tagebuch auch eine beigefügte 25-Punkte-Wunschliste, die Amy geführt hat. Megan kommt die Idee, die Wunschträume einer Toten zu erfüllen und macht sich in Begleitung ihrer Schwester Crystal auf eine Weltreise, während der sich das Leben der beiden Schwestern für immer verändert.
Lindsay Harrel hat mit ihrem Buch „Das Herz voller Träume“ einen sehr berührenden und fesselnden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flüssig und gefühlvoll, der Leser wird mit den ersten Zeilen in das Leben der beiden Zwillingsschwestern katapultiert, um sie bei ihrer abenteuerlichen Reise zu begleiten, aber auch ihre Differenzen, Gedanken- und Gefühlswelten kennenzulernen. Aber auch Amanda „Amy“ ist oftmals präsent und wächst dem Leser ans Herz mit ihren Wünschen, die sie sich für ihr Leben vorgenommen hat, aber leider nicht mehr ausführen konnte. Die Autorin hat so einige Themen für ihre Geschichte auf der Agenda, da geht es um die Angst, wieder ein normales Leben führen zu können, die Angst um die eigene Karriere und die Angst, dem Druck der Umgebung nicht standzuhalten. Während die Schwestern mit allerlei Beziehungsstress und Ängsten unterwegs sind, kann der Leser sich eigene Gedanken machen und auch Parallelen für das eigene Leben ziehen. Ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit viel Fingerspitzengefühl lässt die Autorin ihre Protagonisten an ihren Aufgaben wachsen und ihre zwischenmenschlichen Probleme ans Tageslicht kommen. Währenddessen reist der Leser mit den beiden rund um den Globus an eindrucksvolle Orte, um immer wieder die eine oder andere Mutprobe zu bestehen und etwas Aufregung ins Leben zu bringen. Bildgewaltig und farbenfroh ist diese Reise, nicht nur, was die Orte angeht, sondern auch die Beziehung zwischen den Schwestern, deshalb besteht immer eine gewisse Spannung. Auch der Glaube spielt in diesem Buch eine Rolle und leitet die Schwestern auf ihrem Reiseweg.
Die Charaktere sind sehr individuell ausgestaltet und mit viel Leben gefüllt. Sie wirken realitätsnah und sehr glaubwürdig, was den Leser dazu verleitet, sich mit ihnen verbunden zu fühlen und sich gut in sie hineinversetzen zu können. Megan war lange Zeit aufgrund ihrer Krankheit vom Leben abgeschirmt. Nun, da sie gesund ist, fehlt ihr der Mut, hinaus in die Welt zu gehen und Normalität in ihr Leben zu bringen, alles das zu tun, worauf sie bisher verzichten musste. Ihre Wandlung ist wunderschön zu beobachten, von einer zurückhaltenden Frau wagt sie sich selbstbewusst und mutig hervor, tut Dinge, die sie vorher nicht zu träumen gewagt hätte. Crystal ist eine knallharte Karrierefrau, sie musste sich schon früh ihr Stück vom Leben sichern, denn alles drehte sich nur um Megan. Crystal will alles, beruflich wie privat, und trotzdem hängt sie dazwischen und ist unzufrieden mit sich selbst, denn sie kann es niemals allen recht machen. So steht ihre Ehe auf der Kippe, weil ihr der Mut fehlt, zu ihren Gefühlen zu stehen. Auch sie macht eine Wandlung durch, begreift, was wirklich wichtig ist im Leben, um sich glücklich zu fühlen. Ebenso überzeugen Caleb und auch Brian in der Geschichte.
„Das Herz voller Träume“ ist ein rundum gelungener Roman über Wünsche, geheime Träume, Beziehungsschwierigkeiten, Stärke und die Liebe zum Leben und den Menschen. Wunderschön erzählt mit einem kleinen Wink an den Leser, das Leben immer in vollen Zügen zu genießen und den Mut nie zu verlieren! Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.04.2019

"Gedächtnis ist das Tagebuch, das wir immer mit uns herumtragen." (Oscar Wilde)

Drei Dinge über Elsie
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Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr ...

Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr droht, sie in eine andere Einrichtung abzuschieben, da Florence als recht starr- und eigensinnige Person eigene Vorstellungen davon hat, wie ihr Leben verlaufen sollte. Und sie findet, dass sie gar nicht zwischen die ganzen Bewohner passt. Eines Tages zieht ein neuer Bewohner in das Heim und als Florence ihn zu Gesicht bekommt, erschrickt sie zu Tode, denn Ronnie Butler ist ihr bestens bekannt, aber eigentlich müsste er tot sein. Komisch nur, dass sich der Mann nun Gabriel Price nennt, was soll das bedeuten? Dann stürzt Florence in ihrer eigenen Wohnung, und während sie auf dem Boden liegt, arbeitet ihr Gehirn auf Hochtouren, denn mit Ronnie alias Gabriel verbindet sie eine bewegte Vergangenheit, die Florence erst nach und nach zusammensetzen kann…

Joanna Cannon hat mit ihrem Buch “Drei Dinge über Elsie” einen sehr unterhaltsamen und ebenso anrührenden Roman vorgelegt, der von Beginn an begeistern kann. Der Schreibstil ist flüssig, einfühlsam und gleichzeitig fesselnd, die Autorin versteht es wunderbar, ihrer Geschichte einen minutiösen Anstrich zu verleihen und dem Leser die Spannung bis zum Schluss zu erhalten. Die Geschichte beginnt um 16:48 Uhr, als Florence stürzt, und endet um 23:12 Uhr. In 13 Zeitabschnitten lässt die Autorin sowohl Florence als auch Miss Ambrose und den Hausangestellten Simon im Wechsel zu Wort kommen, dabei ist eindeutig Florence die Hauptakteurin, während Simon und Miss Ambrose ihre Sicht auf die Abläufe wiedergeben und ihre eigenen Gedanken und Gefühle ebenfalls offenlegen. Die Autorin gibt dem Leser einen guten Einblick in das Leben in einem Seniorenheim, gleichzeitig gibt sie aber auch einfühlsam den Gesundheitszustand der Einwohner sehr gut wieder und zeigt auf, wie oft einem das Gedächtnis einen Streich spielt, wenn es um Erinnerungen und wichtige Dinge geht. Auch das Thema Demenz spielt in dieser Geschichte eine Rolle und sorgt für einige Überraschungen, was die Auflösung des Puzzles betrifft, zu dem die Autorin den Leser mit ihrer Geschichte einlädt. Sehr gekonnt führt die Autorin den Leser immer wieder auf eine neue Fährte und man ist sich beim Lesen nie sicher, welche davon denn nun wirklich stimmt. Gleichzeitig stimmt die Handlung auch nachdenklich und man wünscht sich einfach, sein Gedächtnis noch lange in bester Verfassung zu wissen.

Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, besitzen individuelle Ecken und Kanten, wirken lebendig und vor allem realitätsnah. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen. Florence ist eine ältere Dame, die seit 5 Jahren in einem Seniorenheim lebt, obwohl sie den Eindruck vermittelt, dass sie lieber nicht dort wäre. Sie ist eine recht eigensinnige Person, dazu starrsinnig, lässt sich die Butter nicht vom Brot nehmen und ist auch recht gewitzt. Aber man spürt auch ihre Angst, wenn sie das Gefühl hat, die Welt spiele ihr einen bösen Streich, oder wenn Miss Ambrose wieder einmal mit einer Verlegung droht, sollte sie nicht nach deren Pfeife tanzen. Elsie ist die gute Seele, die Florence bei allem zur Seite steht. Sie ist seit Ewigkeiten Florence beste Freundin, die beiden teilen alles miteinander. Jack ist ein älterer und einfühlsamer Herr, der sich mit Florence anfreundet. Simon ist handwerklich begabt, zweifelt aber oft an sich und seinen Fähigkeiten, dabei hat er ein gutes Herz. Cheryl ist die Friseurin im Heim und hütet ein Geheimnis, das nur Florence zu ahnen scheint. Miss Ambrose fühlt sich meist zu höherem berufen, doch fehlt ihr der Mut, sich woanders zu bewerben. Auch Ronnie und weitere Bewohner geben der Handlung zusätzlichen Input und machen sie rund.

“Drei Dinge über Elsie” ist eine sehr unterhaltsame und gleichzeitig berührende Geschichte, die sich erst nach und nach entfaltet und ihren wahren Kern preisgibt. Wenn man sich erst einmal mit Florence angefreundet hat, möchte man sich gar nicht mehr von ihr trennen. Wunderbar erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet.

Veröffentlicht am 21.04.2019

Eine Liebe in dunklen Zeiten

Mehr als die Erinnerung
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1920. Die junge Ärztin Friederike von Aalen arbeitet auf Gut Mohlenberg, einer psychiatrischen Einrichtung und widmet sich aufopferungsvoll den dort lebenden Patienten. Auch ihr Mann Bernhard ist nach ...

1920. Die junge Ärztin Friederike von Aalen arbeitet auf Gut Mohlenberg, einer psychiatrischen Einrichtung und widmet sich aufopferungsvoll den dort lebenden Patienten. Auch ihr Mann Bernhard ist nach einer Kriegsverletzung hier untergebracht, wenn er sie auch nicht mehr erkennt. Friederike blutet das Herz, ihre große Liebe so zu sehen, doch so kann sie immer in seiner Nähe sein. Als in der Umgebung des Gutes zwei Menschen ermordet werden, ist das Urteil schnell gefällt, es kann nur einer der Kranken des Gutes sein. Aber Friederike glaubt nicht daran, kennt sie ihre Patienten doch inzwischen sehr gut durch das tägliche Miteinander. Um die Kranken zu verteidigen und gleichzeitig zu schützen, macht sich Friederike daran, selbst herauszufinden, wer wohl als Schuldiger in Frage kommt. Doch ihre Nachforschungen bringen sie und andere in Gefahr…

Melanie Metzenthin hat mit ihrem Buch “Mehr als die Erinnerung” wieder einen sehr spannenden und gleichzeitig berührenden Roman vorgelegt. Der Erzählstil ist flüssig, eindringlich und fesselnd zugleich. Der Leser wird während der Lektüre schon früh zum Mitbewohner der Psychiatrieeinrichtung, lernt die einzelnen Bewohner durch Friederikes Augen kennen und darf diese sowie ihre Beziehung zu Bernhard kennenlernen und hautnah miterleben. Die Autorin hat sich auch in diesem Roman wieder mit dem schwierigen Thema Psychiatrie zu Zeiten des erstarkenden Nationalsozialismus beschäftigt und lässt den Leser mit eindringlichen Beschreibungen die unterschiedlichsten Behandlungsmethoden vor dem inneren Auge miterleben, was nicht nur Gänsehaut, sondern auch immer wieder Entsetzen hervorruft, wie man mit kranken Menschen zur damaligen Zeit umgegangen ist. Gleichzeitig zeigt sie aber durch ihre Protagonistin Friederike auch die andere Seite auf, das es Menschen gibt, die sich mit Hingabe um die Hilflosen kümmern.

Die Charaktere sind detailliert ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie bestechen durch individuelle Eigenschaften und überzeugen mit Authentizität. Der Leser hat die Möglichkeit, sich in sie hineinzuversetzen und mit ihnen zu fühlen. Friederike ist eine junge Frau, die ihren Beruf als Ärztin sehr ernst nimmt. Sie ist hilfsbereit, liebevoll und unterstützt jeden, wie es in ihrer Macht steht. Friederike wirkt kraftvoll und selbstlos, wobei sie schon fast überirdisch wirkt, da sie niemals Anzeichen von Mutlosigkeit oder Müdigkeit erkennen lässt. Bernhard war mal ein attraktiver sowie aktiver Mann. Nun ist er handlungsunfähig, doch scheint es durch kleine Gesten manchmal so, als wenn er weiß, was ihn mit Friederike schon seit langem verbunden hat. Dr. Weiß ist Friederikes Kollege, ein undurchsichtiger und eher zurückhaltender Mann. Auch die weiteren Protagonisten machen die Handlung durch ihr Auftreten spannend und durchweg nicht vorhersehbar.

“Mehr als die Erinnerung” ist ein berührender und durchweg packender Roman über eine vergangene Zeit und eine große Liebe, aber auch über den teils doch recht fragwürdigen Umgang mit kranken Menschen. Toll erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet! Diese Autorin muss man sich einfach merken!