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Veröffentlicht am 27.04.2019

Entzauberung eines Mythos

Die Waffen-SS
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Klaus-Jürgen Bremm geht in diesem Sachbuch der Frage nach dem „Selbst- und Fremdbild“ der Waffen-SS nach und fördert interessante Details und nicht so bekannte Insiderinformationen zu Tage.


In fünf ...

Klaus-Jürgen Bremm geht in diesem Sachbuch der Frage nach dem „Selbst- und Fremdbild“ der Waffen-SS nach und fördert interessante Details und nicht so bekannte Insiderinformationen zu Tage.


In fünf Kapitel geht der Autor, Historiker und Publizist mit dem Spezialgebiet „Militärgeschichte“, dem Mythos der „Prätorianer Hitlers“ nach:

• Die Vorläufer der Waffen-SS bis zum Kriegsausbruch
• Die Waffen-SS bis zum Krieg gegen die Sowjetunion
• „Barbarossa“ – Ein neuer „Germanenzug“ nach Osten
• Die Waffen-SS in der Defensive 1943-45
• Erfolgreicher als im Krieg

Akribisch arbeitet sich Klaus-Jürgen Bremm durch die Geschichte der Waffen-SS, von ihren Anfängen im Juni 1934 bis weit in die Nachkriegsgeschichte.

Bekannt ist, dass die Truppen sich selbst während des Krieges als „Elite-Einheit gesehen haben. Dazu sind sie von Heinrich Himmler richtiggehend in den Olymp der Waffengattungen gehoben worden. Nach dem Krieg haben die Überlebenden den Mythos „wir waren Soldaten wie alle anderen auch“ gepflegt.

Weniger bekannt ist, dass die Truppen aufgrund von einigen unfähigen Kommandanten und bunt zusammengewürfelten Mannschaften nicht die Erfolge brachten, die man von ihnen erwartete. Die Soldaten stammen aus allen Bevölkerungsschichten. Die adeligen Offiziere des Ersten Weltkrieges sind dem Regime ja ein Dorn im Auge und daher verzichtet man auf deren Führungskompetent. Die Soldaten werden einem Aufnahmetest unterzogen den die größtenteils nicht bestehen, daher werden diese Tests wieder abgeschafft – die passende Gesinnung ist Anforderung genug. Später werden dann auch Männer zwangsrekrutiert.

Interessant ist auch, dass ihr trotz oft deutlich besserer Ausrüstung (und Verpflegung) keine nennenswerte militärische Bedeutung zugesprochen werden kann. Mittelmaß und oft Dilettantismus gepaart mit Fanatismus scheint hier die Devise zu sein.

„Je länger der Krieg fortdauert, umso mehr müssen wir die gesamten Führer, Unterführer und Männer zu immer fanatischeren und überzeugteren Willensträgern der nationalsozialistischen Weltanschauung und zur Idee unseres Führers Adolf Hitler erzielen.“
(S.49)

Die Soldaten der Waffen-SS sind Soldaten der Propaganda, die durch ihr martialisches Auftreten in den schwarzen Uniformen aus dem üblichen Feldgrau hervorstechen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese Formationen eher die „inneren Feinde“ in Schach halten sollten, denn mit besonderen militärischen Leistungen können sie nicht aufwarten. Im Gegenteil, man kann ihnen jede Menge Kriegsverbrechen nachweisen, die nach dem Krieg häufig nur milde geahndet werden, wie die Urteile der Kriegsverbrecherprozesse beweisen.

Eine besondere Beachtung schenkt Klaus-Jürgen Bremm den Mitgliedern der Waffen-SS und ihrem Verhalten in der Nachkriegszeit. Mit der, ihnen in Fleisch und Blut übergegangenen Mitteln der Propaganda, feilen sie an ihrem Mythos „nur gewöhnliche Soldaten“ gewesen zu sein. Hier klaffen Selbst- und Fremdbild deutlich auseinander. So stellen sie sich als Kämpfer für
Der Autor wagt die interessante Feststellung, dass der wahre Erfolg von Hitlers überschätzten Prätorianern, die Darstellung ihrer Rolle während des Krieges gewesen ist. Mit ihrer »kämpferischer Bewährung, Heldentum und Opfermut« verschleiern sie ihre wirkliche Bedeutung bei den Verbrechen des Zweiten Weltkrieges.

Die detaillierten und sachlichen Schilderungen werden durch zahlreiche Fotos und Karten zu den einzelnen Schlachten unterstützt. Im Anhang gibt neben einer genauen Übersicht sämtlicher Verbände der Waffen-SS, ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis.

Fazit:

Ein penibel recherchiertes und fundiertes Sachbuch zu einer lange Jahre überschätztes „Eliteeinheit“ des Dritten Reiches. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.04.2019

Mit Begeisterung auf allen 4000er der Alpen

4000ERLEBEN
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Marlies Czerny ist eine österreichische Journalistin, die innerhalb weniger Jahre auf allen 82 Berggipfeln der Alpen, die über 4.000 Meter hoch sind, steht.

Obwohl diese Leistung überhaupt nicht geplant ...

Marlies Czerny ist eine österreichische Journalistin, die innerhalb weniger Jahre auf allen 82 Berggipfeln der Alpen, die über 4.000 Meter hoch sind, steht.

Obwohl diese Leistung überhaupt nicht geplant ist, gelingt das schwierige Unterfangen.

Die Autorin beschreibt ihren Werdegang von der Sportjournalistin, die ihre aufgestauten Urlaubstage abbauen muss, bis hin zur anerkannten Bergsteigerin. Sie hat ja erst recht spät mit dem bergsteigen begonnen.

Faszinierend finde ich, dass sie ihre Bergkameraden häufig im Internet findet. OK, zwar auf Bergsteigerplattformen, aber mit jemanden in die Berge steigen, dem das eigene Leben anvertrauen, wenn man demjenigen noch nie begegnet ist? Puh, das wäre nichts für mich.

Obwohl sich das Buch leicht und flüssig liest, weist die Autorin auf die mannigfaltigen Gefahren hin, die auf die Bergsteiger lauern. Sei es, dass man die eigenen Fähigkeiten überschätzt, das schnelle Umschlagen des Wetters unterschätzt oder schlichtweg einfach ausrutscht: Der alpine Tod ist immer gegenwärtig. Zwischen den Zeilen und aus der Wortwahl sprüht die Begeisterung für die Berge. Dennoch schwingt immer ein bisschen Demut und Respekt vor den Giganten der Alpen mit.

Was mich beeindruckt, ist, dass Marlies Czerny auf ihre innere Stimme hört und auch wenige Meter vor dem Gipfel(sieg) umkehrt, wenn ihr diese zu gefährlich erscheinen. Dazu gehört oft mehr Mut, als weiterzugehen und abzustürzen oder zu erfrieren.

Die Autorin beschreibt ihre Routen, die durch Skizzen und Fotos ergänzt sind. Die Qualität der Fotos ist leider nicht immer sehr gut, liegt möglicherweise auch am Papier.

Fazit:

Ein tolles Buch über die Begeisterung die höchsten Gipfel der Alpen zu besteigen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.04.2019

Computerkriminalität auf dem Vormarsch

Darknet
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Autor Cornelius Granig nimmt uns in die Welt der Computerkriminalität mit. Wie leicht jeder von uns Opfer werden kann, zeigt dieses Buch. Hand aufs Herz – wer von uns ändert wöchentlich seine Passwörter, ...

Autor Cornelius Granig nimmt uns in die Welt der Computerkriminalität mit. Wie leicht jeder von uns Opfer werden kann, zeigt dieses Buch. Hand aufs Herz – wer von uns ändert wöchentlich seine Passwörter, sichert seine Daten regelmäßig und aktiviert die diversen Schutzprogramme? Äh, naja, nicht regemäßig – das wird wohl die häufigste Antwort sein.

In insgesamt 10 Kapitel (inkl. Vowort, Quellen und Glossar) können wir die vielen Formen der Computerkriminalität nachlesen. Manchmal stehen uns die Haare zu Berge, wenn wir über Angriffe auf die Rechner von Banken, Telekom-Unternehmen und Datenlecks im Gesundheitssektor lesen. Wir erfahren, wie geschickt wir durch gezielte Desinformation manipuliert werden, Stichwort „Dirty Campaigning“.

Besonders besorgniserregend ist es, mit wie wenig (finanziellen) Einsatz hunderttausende Menschen erreicht werden können. Musste man früher tausende Plakate kleben oder Briefe schreiben, so gehen Gerüchte und/oder Fake-News in Sekundenbruchteilen rund um den Erdball und „informieren“ Millionen Menschen.

Im Kapitel „Länder und Behörden“ erfahren wir, wie Deutschland, Österreich, die Schweiz und Liechtenstein mit der digitalen Bedrohung umgeht. Hier kommen (Cyber)Polizisten zu Wort. Der Autor berichtet über spektakuläre Fälle von Datenmissbrauch, von Schutzkübelkampagnen (die häufig Politiker treffen) und geht auf Industriespionage ein.

Das Kapitel „Sicherheit im Netz“ bietet Sicherheitstipps für jedermann und für Unternehmen. Dazu muss man nicht einmal über ein großes Budget verfügen. Schon allein für jede Anwendung ein sicheres Passwort zu vergeben, kann viele Hackerangriffe verhindern. Leider sind hier sowohl Privatpersonen als auch Firmen ein wenig sorglos und nachlässig (mich eingeschlossen).

Fazit:

Ein spannendes Buch über Computerkriminalität, die weitreichende Folgen haben kann. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.04.2019

Eine gelungene Fortsetzung

Letzte Spur Algarve
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Der zweite Krimi von Carolina Conrad beschert uns ein Wiedersehen mit der sympathischen, quirligen Journalistin Anabela Silva und dem bedächtig agierenden Kriminalbeamten João Almeida.

Während Anabela ...

Der zweite Krimi von Carolina Conrad beschert uns ein Wiedersehen mit der sympathischen, quirligen Journalistin Anabela Silva und dem bedächtig agierenden Kriminalbeamten João Almeida.

Während Anabela sich nun endgültig an der Algarve niederlässt und ihren Platz zu finden sucht, braucht Almeida wieder einmal Anabela zum Dolmetschen. Die Tierschützerin Liv Stehen ist von ihrem eigenen Pferd in der Box totgetrampelt worden. Chefinspektor João Almeida glaubt ebenso wenig an einen Unfall wie eine Kollegin der Toten. Doch Almeidas Chef teilt diese Meinung nicht und so soll Livs Tod nicht weiter untersucht werden. João ersucht daraufhin Anabela, sich in diesem Tierheim, in dem Liv aktiv war, zu engagieren, um nähere Infos einzuholen. Und natürlich kratzen einige Personen am Heiligenschein der Toten. Als es dann noch eine Leiche gibt, vermutet Almeida einen Zusammenhang.


Meine Meinung:

Es scheint, als würde Almeida lediglich Anabelas Zweisprachigkeit ausnutzen. Doch dem ist nicht so. Beide sind von früheren Beziehungen enttäuscht und gehen entsprechend vorsichtig an eine mögliche Beziehung, sei es Freundschaft oder doch mehr heran.

Anabela ist ein echter Familienmensch, und deshalb beschäftigt sie sich mit einem weiteren Familiengeheimnis: Ihre Großtante hat mitten in der Zeit der Salazar-Diktatur ein uneheliches Kind zu Welt gebracht, von dessen Existenz nur ganz wenige Eingeweihte wissen. Nicht klar ist, was aus diesem Kind geworden ist. Das herauszufinden hat Anabela ihrer Großtante versprochen.

Chefinspektor João Almeida ist mehr als ein gewöhnlicher Polizist. Er ist empathisch, was im Umgang mit seinen Mitarbeitern deutlich zu merken ist. So will er seinen Kollegen nicht in die Bredouille bringen, in dem er Anabela bei ihrer Suche nach dem verschwundenen Kind unterstützt, aber an der Grenz zur Legalität arbeitet.

Die beiden Erzählstränge, hier die Morde rund um Liv Stehen und dort das Geheimnis des verschwunden Kindes ergänzen sich prächtig. Zwischendurch wird wieder die Geschichte Portugal völlig unaufgeregt eingeflochten. Wir dürfen uns in die Küche und das Umland von Faro hineinfallen lassen.

Sprachlich ist der Krimi gut gelungen. Die Charaktere haben ihre Ecken und Kanten.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung von „Mord an der Algarve“. Gerne lese ich weitere Fälle mit Anabela und João. Die beiden haben 5 Sterne verdient.

Veröffentlicht am 27.04.2019

Beindruckender hist. Roman um Freundschaft und Zivilcourage

Niemand weiß, dass du hier bist
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Dieser historische Roman führt die Leser in eine hierorts vielleicht nicht ganz so bekannte Zeit des 20. Jahrhunderts:

Wir befinden uns in den Jahren 1942 bis 1944. Der Zweite Weltkrieg tobt und viele ...

Dieser historische Roman führt die Leser in eine hierorts vielleicht nicht ganz so bekannte Zeit des 20. Jahrhunderts:

Wir befinden uns in den Jahren 1942 bis 1944. Der Zweite Weltkrieg tobt und viele Familien versuchen, wenigstens ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. So auch die Eltern von Lorenzo, die ihren Sohn aus Tripolis, der heiß umkämpften Hauptstadt Libyens, nach Siena schicken. Man erklärt dem 12-jährigen, dass er während der Ferien bei Tante Chiara und seinem Großvater bleiben soll.
Lorenzo, ganz mit der faschistischen Propaganda von Mussolini und Hitler aufgewachsen, findet im Nachbarsjungen Franco einen Freund.
Chiara, eine Lehrerin, lehnt die Faschisten ab und verliert deswegen ihren Job. Lorenzo hat es nicht leicht, weitere Freunde zu finden, weil seine Familie aus altem sienesischem Adel stammt, der dem Duce und seinen Schergen ein Dorn im Auge ist. Doch dann begegnet er Daniele und die Freundschaft mit dem grobschlächtigen Franco gerät ins Hintertreffen. Was Lorenzo anfangs nicht weiß ist, dass Daniele genauso Jude ist, wie Dottore Matteo, der mit der Familie freundschaftlich verbunden ist.
Das Blatt wendet sich als die deutsche Wehrmacht in Italien einmarschiert und auch hier mit ihren Deportationen beginnt. Lorenzo wird Zeuge wie Daniele und seine Familie abtransportiert werden. Er beginnt über die Rechtmäßigkeit des Regimes nachzudenken. Wenig später taucht der völlig verschreckte Daniele bei Lorenzo auf und Lorenzo versteckt seinen Freund am Dachboden …

Meine Meinung:

Selten hat mich eine Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg so gefesselt wie diese. Zum einem, weil ich wenig über die Faschisten in Italien weiß. Daher nehme ich dieses Buch zum Anlass, hier weitere Informationen einzuholen.

Der zweite Grund ist dem Schreibstil von Nicoletta Gianpietro geschuldet. In einfühlsamen und aufwühlenden Worten beschreibt sie die Lebensumstände der Menschen in Italien. Zu Beginn des Faschismus leben Juden in Italien, wenn auch nur geduldet, zumindest beinahe unbehelligt. Mussolini hat es eher auf den alten Adel abgesehen, denn auf Juden. Das ändert sich schlagartig, als Hitlers Truppen in Italien einmarschieren, weil ihm der Duce nicht mehr wirklich vertrauenswürdig erscheint und die Amerikaner in Süditalien einmarschiert sind. Leidtragende wie immer, die Bevölkerung, die gleich in eine Doppelmühle gerät: Neben den Repressalien des eigenen Regimes, kommen die amerikanischen Truppe vom Süden und die deutschen vom Norden.

Die Autorin versteht es meisterhaft, den kleinen Lorenzo vom Saulus zum Paulus werden zu lassen. Er zeigt mehr Zivilcourage als viele Erwachsene und zerbricht fast daran. Für seine Freundschaft setzt er fast alles aufs Spiel. Sein eigenes Leben als auch das seiner Familie, denn Franco und seine Familie sind Spitzel ersten Ranges.
Diese Erzählebene rund um Lorenzo und Daniele, sowie den zivilen Widerstand, den Lorenzos Familie leistet, geht unter die Haut. Die geschichtlichen Ereignisse werden dabei so unterschwellig eingeflochten, dass man als Leser gar nicht bemerkt, Geschichtsunterricht zu erhalten.

Fazit:

Ein beeindruckender historischer Roman aus einer der dunkelsten Epochen unserer Zeit. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne und eine Leseempfehlung.