Wenn zwei Welten aufeinanderprallen.
Die KollisionSieben Tage will Leia Laine mit ihrer Schwester Ripsa auf einem unerhört luxuriösen Kreuzfahrtschiff auf dem Mittelmeer verbringen. Doch die Fahrt steht unter keinem guten Stern: Ein mulmiges Gefühl begleitet ...
Sieben Tage will Leia Laine mit ihrer Schwester Ripsa auf einem unerhört luxuriösen Kreuzfahrtschiff auf dem Mittelmeer verbringen. Doch die Fahrt steht unter keinem guten Stern: Ein mulmiges Gefühl begleitet die Reisende, angestachelt durch viele kleine Ungereimtheiten und Zwistigkeiten.
Zeitgleich ist die elfjährige Almira mit ihren Eltern auf einem kleinen Flüchtlingsboot in derselben Gegend unterwegs. Während auf dem Luxusdampfer das Leben gefeiert wird, spielt sich hier ein Kampf um Leben und Tod ab.
Als die beiden Welten aufeinanderstoßen, droht Leias Leben zu zerbrechen.
Der 544-seitige Thriller „Die Kollision“ von Pauliina Susi ist im Mai 2019 bei dtv Premium erschienen.
Die Genrezuordnung „Thriller“ trifft meiner Meinung nach nur bedingt zu: Zwar durchzieht den Roman ein subtiler Spannungsbogen, der vor allem aus Leias Gefühl, verfolgt zu werden, und dem Konfliktpotenzial zwischen den Schwestern basiert, auch am Ende, als sich die Ereignisse auf dem Luxusschiff überschlagen, wird er noch einmal aufgenommen, aber insgesamt dominieren politische, sozial- und gesellschaftskritische Themen. Diese sind dann zweifellos prägnant und eindrucksvoll geschildert. Schonungslos beschreibt die Autorin die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen auf einem Kreuzfahrtschiff, und der immer wiederkehrende Perspektivwechsel zwischen Flüchtlingsboot und Kreuzfahrt lässt den Gegensatz zwischen unserem doch eher sorglosen Leben im friedlichen Europa und dem Kriegselend in anderen Teilen der Welt umso frappierender erscheinen. Aber auch der wiedererstarkende Rechtsradikalismus, die Rolle der Medien und unsere manchmal eher niveaulose Freizeitgestaltung werden kritisch hinterfragt – um hier nur einen Teil der Gesellschaftskritik zu nennen.
Der Roman spielt auf mehreren Ebenen und ist entsprechend recht komplex: Neben den Ereignissen im Mittelmeer werden auch immer wieder kleinere Abschnitte eingestreut, welche die aktuellen Ereignisse in Finnland wiedergeben, in die auch Leias Tochter Viivi involviert ist. Auf der einen Seite sorgen diese für Spannung, da man als Leser*in immer wieder versucht, Zusammenhänge zu ergründen, auf der anderen Seite erschienen sie mir aber bis zum Ende stets etwas schwer verständlich. Hier wäre es wohl gut, Susis ersten Roman, „Das Fenster“, gelesen zu haben, da offenbar Bezug darauf genommen wird.
Ist die Spannung im ersten Teil des Romans eher subtil, ist das Ende von mehr „Action“ geprägt. Normalerweise gefällt mir ein fulminantes Ende, doch hat es mich in diesem Fall irritiert, da es den guten Gesamteindruck des ersten Teils sowie seine kritischen Aspekte in den Hintergrund treten lässt und recht oberflächlich daherkommt.
Die Charaktere sind nicht leicht zu durchschauen, zum großen Teil jedoch recht realitätsnah und vielschichtig gezeichnet. Insbesondere Leia ist widersprüchlich dargestellt. Auf der einen Seite durchschaut sie die Machenschaften der Gesellschaft, auf der anderen Seite kann sie dem Sog, der die „heile Welt“ auf uns ausübt, nicht widerstehen. Auch wenn die Figur selbst etwas naiv und unaufrichtig erscheint, konnte ich in ihr nicht nur mich, sondern auch unsere Gesellschaft wiederentdecken.
Ansprechend fand ich beim Lesen Susis Sprache, die flüssig zu lesen ist. Hervorgehoben sei, dass es der Autorin gut gelingt, die unterschiedlichen Handlungsebenen auch sprachlich voneinander abzugrenzen, indem sie z.B. Viivi einen eher flapsigen Ton anschlagen lässt. Lediglich die doch sehr zahlreichen Interjektionen und Wortmalereien wie „ka-wumm“ etc. wirkten auf mich von Zeit zu Zeit störend und erinnern an Comics.
Insgesamt handelt es sich bei „Die Kollision“ um ein lesenswertes Buch mit zahlreichen aktuellen Themen, das auch vor einer harschen Gesellschaftskritik nicht zurückschreckt. Aus dieser Warte ist es wirklich ein Gewinn, es zu lesen. Meine Ansprüche an die Thrillerliteratur konnte es indes nicht erfüllen.
Sehr herzlich bedanke ich mich beim Verlag für die Zurverfügungstellung dieses Leseexemplars.