Profilbild von Nati

Nati

Lesejury Star
online

Nati ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Nati über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2019

Zerrissene Familie

Über alle Grenzen
0

Das Hörbuch „Über alle Grenzen“ von Hera Lind erzählt die Geschichte der Familie Alexander nach wahren Begebenheiten. Die Handlung wird in zwei Erzählsträngen geschildert.

Die Vergangenheit beginnt Ende ...

Das Hörbuch „Über alle Grenzen“ von Hera Lind erzählt die Geschichte der Familie Alexander nach wahren Begebenheiten. Die Handlung wird in zwei Erzählsträngen geschildert.

Die Vergangenheit beginnt Ende der 1950er Jahre mit der Übersiedlung der Familie Alexander vom Chiemsee nach Erfurt. Hier hat Vater Alexander eine Stelle als Zoodirektor erhalten. Doch dann wird die Mauer gebaut. Sohn Bruno, frisch verheiratet und gerade Vater geworden, flüchtet in einer Kurzschlussreaktion in den Westen. Die ersten Repressalien gegen die Familie Alexander beginnen.

In der Gegenwart wird die Geschichte von Bruno aufgearbeitet, nach langer Suche hat seine Schwester Lotti ihn in einem Pflegeheim gefunden, wo er seit einem Schlaganfall lebt. Lotti holt ihn zu sich und pflegt ihn rührend.

Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit wird durch genannte Jahreszahlen sehr gut nachvollziehbar. In leicht verständlichen Worten führt uns Hera Lind in die Zeit vor dem Mauerfall zurück. Sie zeigt auf wie die Stasi gearbeitet hat, wenn Menschen sich weigerten in die Partei einzutreten und mit dem Regime unzufrieden waren. Gleichzeitig wird auch spürbar, welche Spuren dieses in der Familie hinterließ. Nach der Republikflucht von Bruno wird die Familie auseinandergerissen und die Geschwister finden sich erst Jahrzehnte wieder.

Die Hörbuchsprecherin Beate Rysopp hat mir ausgesprochen gut gefallen. Mir ihrer Stimme und der richtigen Intonation der Geschichte hat sie es geschafft, Emotionen freizusetzen und der Geschichte Leben einzuhauchen, so dass ich gern zu gehört habe, ohne in Gedanken abzuschweifen.

Mir hat diese deutsch-deutsche Geschichte gefallen, regt zum Nachdenken an und gerät leider viel zu schnell in Vergessenheit.

Veröffentlicht am 02.06.2019

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Anfang Sommer – alles offen
0

Caro ist mir Olaf seit zwanzig Jahren verheiratet. Beide haben sich im Laufe der Zeit verändert und auseinander gelebt. Der Sommerurlaub steht vor der Tür und soll wie jedes Jahr wieder an die Ostsee gehen. ...

Caro ist mir Olaf seit zwanzig Jahren verheiratet. Beide haben sich im Laufe der Zeit verändert und auseinander gelebt. Der Sommerurlaub steht vor der Tür und soll wie jedes Jahr wieder an die Ostsee gehen. Ein getrennter Urlaub würde der Eheroutine vielleicht mal ganz gut tun. So reist Olaf mit dem Mops Günther an die Ostsee und Caro stürzt sich gemeinsam mit ihrer Freundin Matti in ein Urlaubsabenteuer. Dreißig Jahre später als geplant, begeben sich die beiden Frauen auf eine Interrail-Tour. Auf der Reise lernen sie nicht nur interessante Menschen und wunderschöne Orte kennen, sondern sie werden auch konfrontiert mit überfüllten Zügen, schlechten Unterkünften, einem Überfall und einem Fährstreik. Gleichzeitig wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt.

Mit einer Prise Humor hat Franka Bloom einen unterhaltsamen, kurzweiligen Sommerroman geschrieben, der aber auch den Ernst des Lebens nicht aus den Augen verliert. Der Schreibstil ist locker, leicht und flüssig zu lesen. Gemeinsam mit Caro und Matti konnte ich mich auf die Reise per Interrail begeben und habe die verschiedene Orte wie Amsterdam, Paris, Mailand, Korfu, Thessaloniki, Belgrad und Budapest aus einem anderen Blickwinkel kennengelernt.

Der Roman zeigt auf, dass man sich selbst eigentlich nie verlieren soll und auch mit Ende 40 noch etwas Neues wagen kann.
Eine wunderbare Sommerlektüre für unterhaltsame Lesestunden.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Neuanfang

Wo die Liebe hintanzt
0

Fritz überrascht seine Frau Karla mit einem verlängerten Wochenende in Cannes zum zwanzigsten Hochzeitstag. Das Gefühl der Verbundenheit aus der ersten Zeit ihrer Beziehung nimmt sie wieder gefangen. Doch ...

Fritz überrascht seine Frau Karla mit einem verlängerten Wochenende in Cannes zum zwanzigsten Hochzeitstag. Das Gefühl der Verbundenheit aus der ersten Zeit ihrer Beziehung nimmt sie wieder gefangen. Doch dann gesteht Fritz ihr, dass er hier gemeinsam mit seinem Freund Lucien eine marode Immobilie gekauft hat. Karla ist nicht begeistert und beide geraten in Streit. Als ein tödlicher Unfall Fritz aus dem Leben reißt, ist Karla untröstlich.

Fünf Jahre später fasst Karla einen Entschluss, sie will sich der Vergangenheit stellen und entscheiden, was mit der Immobilie geschehen soll. Doch erst feiert sie ihren fünfzigsten Geburtstag gemeinsam mit ihrem Sohn Eric, ihrer Freundin Sarah und Lucien in Cannes. Sarah hat sich ein ganz besonderes Geschenk für Karla ausgedacht. In einer Agentur hat sie einen Abend mit einem Eintänzer für Karla gebucht, der einen Abend stilvoll mit ihr tanzen wird. Karla ist entsetzt und lehnt das Geschenk ab. Doch Sarah kann sie überreden und Karla lässt sich darauf ein. Mit dem attraktiven Eintänzer Pascal gleitet Karla über das Parkett und fühlt sich glücklich. Doch wie wird sich das Leben von Karla weiter entwickeln?

Der Roman von Susanne Fülscher lässt sich sehr flüssig lesen. Obwohl es eine leichte Lektüre ist, regen einige Passage auch zum Nachdenken an. Der Schreibstil ist angenehm und mit einer Prise Humor gewürzt, so dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Die handelnden Personen sind gut ausgearbeitet, wirken lebendig und authentisch. Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, überwiegend aber aus Sicht von Karla. Dies ermöglichte, dass man sich in die Charaktere hinein versetzen konnte. Neben den Beschreibungen von Cannes und dem Savoir-vivre haben mir auch die Tanzszenen sehr gefallen, so dass ich Lust bekam mal wieder das Tanzbein zu schwingen.

Trotz der Vorhersehbarkeit der Handlung hat mir diese bezaubernde Sommerlektüre angenehme Lesestunden bereitet.

Veröffentlicht am 28.04.2019

Fesselnde Fortsetzung

Das Weingut. Aufbruch in ein neues Leben
0

Obwohl das Dienstmädchen Irene den Weinguterben Franz Gerber liebt, scheint es keine Zukunft zwischen den beiden zu geben. Der Vater von Franz hat sie mit einer erschreckenden Wahrheit konfrontiert, so ...

Obwohl das Dienstmädchen Irene den Weinguterben Franz Gerber liebt, scheint es keine Zukunft zwischen den beiden zu geben. Der Vater von Franz hat sie mit einer erschreckenden Wahrheit konfrontiert, so dass die schwangere Irene Altenstadt von heute auf morgen verlässt ohne Franz eine Nachricht zu hinterlassen. Nach der Geburt findet sie Arbeit in einer Textilfabrik. Hier müssen die Beschäftigten unter schwierigsten Bedingungen arbeiten und die Entlohnung reicht kaum zum Überleben. Irene lernt den Arbeiterführer Josef kennen. Doch wird sie Franz vergessen können?

Dieses ist der zweite Band der Weingut-Saga, der sich nahtlos an den ersten Teil „Das Weingut – In stürmischen Zeiten“ anschließt. Er umfasst einen Zeitraum von Februar 1871 – Dezember 1873. In den beiden Haupthandlungssträngen um Irene und Franz hat Marie Lacrosse gekonnt die damaligen Arbeitsbedingungen in den Fabriken mit einfließen lassen. Kinderarbeit war alltäglich und die Entlohnung für alle so gering, dass sie kaum zum Überleben reichte. Neben den Bedingungen in den Fabriken erfährt man auch viel über die Abläufe auf einem Weingut. Durch die Erzählweise wird der Zeitausschnitt in seiner Entwicklung und den Folgen auf das Alltagsleben der Menschen hautnah spürbar.

Die Charaktere der Personen sind durch die Art ihres Handelns sehr facettenreich gezeichnet. Trotz einiger erschütternder Begleitumstände der damaligen Zeit, fehlt auch die Menschlichkeit nicht.

Dieser historische Roman war für mich wieder ein besonderes Leseerlebnis und hat mich von der ersten Seite bis zur letzten Seite in seinen Bann gezogen. Ich würde am liebsten sofort weiterlesen, doch jetzt heißt es warten auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 18.04.2019

Ich komme wieder

Mehr als tausend Worte
0

Lilli Beck hat mich auch mit ihrem neuen Roman „Mehr als tausend Worte“ wieder berührt und in eine Zeit mitgenommen, die man nie vergessen sollte.
Die Jüdin Aliza Landau lebt mit ihren Eltern, Bruder Harald ...

Lilli Beck hat mich auch mit ihrem neuen Roman „Mehr als tausend Worte“ wieder berührt und in eine Zeit mitgenommen, die man nie vergessen sollte.
Die Jüdin Aliza Landau lebt mit ihren Eltern, Bruder Harald und Großeltern in Berlin. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November wird ihr Großvater von der Gestapo abgeholt. Die ganze Familie leidet unter den Repressalien der Nazis. Ihr Vater darf als Arzt nur noch Juden behandeln und wird degradiert zum Krankenbehandler. Harald kann sein Studium nicht mehr fortsetzen und auch Aliza muss die Schule verlassen. Ihre Eltern sind sehr besorgt und da Aliza noch keine 17 Jahre alt ist, kann sie mit den Kindertransporten nach England ausreisen. Aliza wäre lieber bei ihrer Familie und ihrer großen Liebe Fabian geblieben, doch er hat einen Einberufungsbescheid zum Wehrdienst erhalten und überredet Aliza die Reise anzutreten. Zum Abschied schenkt er ihr ein Taschentuch, dass mit dem Duft „Je Reviens – ich komme wieder“ besprüht ist. Doch wird ihre Liebe den Krieg überdauern?

Die Geschichte umfasst einen Zeitrahmen von November 1938 bis 1945 und spielt in Berlin sowie England. Der Schreibstil hat es mir ermöglicht schnell in die Geschichte abzutauchen und mir das schicksalhafte Leben der Familie Landau vorzustellen. Es ist so gefühlvoll gezeichnet, dass ich einfach mit der Familie über das ganze Buch mitleiden musste. Die Autorin hat es mit ihren Worten geschafft, die immer passende Atmosphäre und die verschiedenen Stimmungen fantastisch einzufangen. Sie beschreibt sehr gekonnt, den Druck, den die Juden während des Krieges ausgesetzt waren, die Ungewissheit und die Ablehnung, die Aliza in England ertragen muss sowie über falsche Freunde, vor denen man sich kaum schützen kann.

Die Charaktere waren meiner Meinung nach sehr gut ausgearbeitet, sowohl bildlich als auch genau beschrieben, so dass jeder eine eigene Persönlichkeit hatte. Ich konnte mit ihnen mitfühlen oder leiden, aber auch meine Wut an ihnen auslassen.

Eine klare Leseempfehlung für dieses berührende Buch, das mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann gezogen hat.