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Veröffentlicht am 01.05.2019

Spannungsgeladener Reihenauftakt

Dunmor Castle - Das Licht im Dunkeln
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Die Innenarchitektin Lexie Cavendish arbeitet für ein Immobilienunternehmen. Ihr Chef Andrew Howard schickt sie ins nordirische Dunmor Castle, um dort Pläne für die Innenausstattung des Anwesens zu machen ...

Die Innenarchitektin Lexie Cavendish arbeitet für ein Immobilienunternehmen. Ihr Chef Andrew Howard schickt sie ins nordirische Dunmor Castle, um dort Pläne für die Innenausstattung des Anwesens zu machen und die Renovierungsarbeiten zu überwachen, soll hier doch ein Luxushotel entstehen. Als Lexie die Burg sieht, ist ihr gleich so, als wäre sie schon einmal dort gewesen. Schon in der ersten Nacht bekommt sie Albträume, die sich seit Jahren nicht gemeldet haben und die sie im Schlafwandel durch die nächtlichen Straßen streifen lassen. Glücklicherweise kann Immobilienspekulant Grayson Fitzgerald noch rechtzeitig bremsen. Allerdings ist Grayson als Nachkomme des Burgbesitzers nicht gerade erfreut, dass der Familienbesitz verkauft werden soll und möchte Lexie am liebsten schnellstens wieder loswerden. Ihre Albträume lassen Lexie keine Ruhe, so dass sie Nachforschungen über ihre Mutter anstellt, mit der sie als Kind in Dunmor war und die eines Tages spurlos verschwand, aber das ist gar nicht so einfach, da alle Ortsbewohner von Cerigh sich entschlossen haben zu schweigen. Wird Lexie endlich erfahren, was in der Vergangenheit passiert ist?
Kathryn Taylor hat mit „Dunmore Castle – Das Licht im Dunkeln“ den sehr spannenden und unterhaltsamen ersten Band ihrer Dunmore-Serie vorgelegt. Der Erzählstil ist flüssig, atmosphärisch dicht und bildhaft, der Leser wird mit den ersten Zeilen regelrecht in die Handlung gesogen, um dort Lenas Spuren zu folgen, ihre Gedanken und Gefühle kennenzulernen und sich mit ihr zusammen auf die Suche nach ihrer Vergangenheit sowie der Auflösung eines alten Familiengeheimnisses zu machen. Die Autorin versteht es sehr gut, den Leser gedanklich in die raue nordirische Küste reisen zu lassen, die Beschreibungen sind bildgewaltig und farbenfroh, so dass man sich sowohl auf dem Anwesen Dunmore Castle als auch in Cerigh sofort zuhause fühlt. Durch interessante Wendungen schraubt die Autorin die Spannung immer weiter in die Höhe und lässt den Leser rätseln und immer wieder neue Szenarien entwickeln, was wohl damals passiert ist. Da es sich um mehrere Bände handelt, die ineinander greifen, steht der Leser am Ende mit vielen Fragen da, denn der spannende Schluss lässt diese alle offen.
Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Mit ihren Ecken und Kanten wirken sie durchweg glaubwürdig und authentisch, so kann der Leser mit ihnen fühlen und seine Sympathien gerecht verteilen. Lexie ist eine Frau, die schon früh ohne Mutter aufwachsen musste und viele Jahre im Heim aufgewachsen ist. Schon lange sucht sie nach ihrer Vergangenheit. Sie ist nach außen eine selbstbewusste Frau, die weiß, was sie will. Doch Lexie hat auch eine ängstliche Seite, leidet unter den Schatten in ihrer Vergangenheit und wird von Alpträumen geplagt. Grayson ist ein attraktiver und knallharter Geschäftsmann, der sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wird. Er wirkt oftmals verschlossen und undurchsichtig, hat aber auch eine fürsorgliche und mitfühlende Seite. Eileen Kelly hat eine Schlüsselfunktion inne, denn sie war die beste Freundin von Lexies Mutter und kann dieser einiges über sie erzählen. Auch die weiteren Protagonisten wie Father Peter, Dr. Turner oder auch Sheila Murphy lassen mit ihren Auftritten die Spannung steigen und den Leser immer wieder im Dunkeln tappen.
„Dunmore Castle – Das Licht im Dunkeln“ ist ein toller Auftakt der DC-Serie. Hier vereinen sich Familiengeheimnisse mit Liebe und kriminalistischen Elementen, die zusammen eine hochspannende Mischung ergeben und süchtig machen nach Band 2. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 28.04.2019

"Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten." (Wilhelm Busch)

Mehr als tausend Worte
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9. November 1938. In der Reichspogromnacht, als in Berlin sämtliche Synagogen in Brand gesteckt werden, erwacht die 16-jährige Aliza, Tochter des jüdischen Arztes Samuel Landau, durch den Schrei ihres ...

9. November 1938. In der Reichspogromnacht, als in Berlin sämtliche Synagogen in Brand gesteckt werden, erwacht die 16-jährige Aliza, Tochter des jüdischen Arztes Samuel Landau, durch den Schrei ihres Großvaters, als dieser von der Gestapo verhaftet wird. Alizas Bruder Harald hofft, dass seine Familie so vernünftig ist, eine Emigration ins Ausland ins Auge zu fassen, doch dafür ist es längst zu spät, zumal Samuel Landau seine Patienten nicht im Stich lassen möchte. Doch bald schon wird ihm die Approbation entzogen, so dass er nicht mehr praktizieren darf. Auch der Blockwart Karoschke wird zu einer Bedrohung für die Landaus. Die Situation verschlechtert sich zusehends für die Familie, deshalb entschließt sich Samuel, Tochter Aliza mit einem Kindertransport nach England zu schicken. Aliza will ihre Familie und vor allem ihren Verlobten Fabian Pagels nicht verlassen, doch es bleibt ihr keine andere Wahl. Während sie in England unterkommt, bricht der Krieg mit voller Macht aus und lässt die restliche Familie Landau in Berlin durch die Hölle gehen. Wird Aliza Fabian und ihre Familie bei Kriegsende wieder in die Arme schließen können?
Mit „Mehr als tausend Worte“ hat Lilli Beck einen sehr fesselnden, mitreißenden und vor allem berührenden Roman vor historischem Hintergrund vorgelegt, der die Lage während des Zweiten Weltkrieges und auch die ganze Tragödie der jüdischen Familien durch die Verfolgung der Nazis thematisiert. Der Erzählstil ist flüssig, bildgewaltig und gefühlvoll, der Leser erlebt während der Lektüre das gesamte Spektrum des Gefühlsbarometers. Die Autorin versteht es auf hervorragende Weise, ihre exzellent recherchierte Geschichte mit einer Intensität dem Leser zu transportieren, dass man das Gefühl hat, alles hautnah mitzuerleben, während man Aliza sieben Jahre bis zu ihrer Rückkehr nach Berlin im Jahre 1945 begleitet. Die schrecklichen Anfeindungen der geflüchteten Deutschen in England sind ebenso ernüchternd und furchterregend wie die furchtbaren Sanktionen in Deutschland, die Alizas Familie zu erdulden hat. Die damaligen Kindertransporte war zwar die Rettung für viele, riss allerdings auch viele Familien entzwei, die das Liebste, was sie besaßen in Sicherheit wissen wollten. Viele von ihnen haben sich nie wiedergesehen. Allein der Gedanke, sein eigenes Kind fernab in eine unsichere Zukunft zu schicken, ohne dass man es begleiten kann, schnürt einem beim Lesen schon die Kehle zu. Doch dieses Schicksal war für viele die Rettung. Die Autorin zeigt auch auf, wie sehr mancher die schreckliche Lage der Juden ausgenutzt hat und deren Hab und Gut mit falschen Versprechungen, Druck und Erpressung an sich gebracht hat und dabei auch keinerlei Unrechtsbewusstsein empfand. Die Autorin hat ein besonderes Händchen dafür, den Leser in Atem zu halten durch geschickte Wendungen, die die Spannung bis zum Schluß hoch halten.
Die Charaktere sind so individuell wie realistisch ausgearbeitet und wirken sehr lebendig. Der Leser durchlebt mit ihnen schrecklich, bittersüße, ängstliche und hoffnungsvolle Momente, als wäre er mitten unter ihnen. Aliza ist in ihrem jungen Alter noch etwa naiv und unschuldig, doch mit der Abholung ihres Großvaters und ihrer Reise nach England kann man ihr praktisch beim Erwachsenwerden zusehen. Sie ist einerseits eine Träumerin, die an ihrer große Liebe festhält, die ihr die ganze Zeit Hoffnung gibt, andererseits wird sie mit einer harten Realität konfrontiert, die sie wachsen lässt und ihr sowohl Stärke als auch Mut verleiht, denen man nur mit Respekt begegnen kann. Archibald ist ein Feingeist mit großem Herzen und viel Hilfsbereitschaft, was in diesen schlimmen Zeiten der Seele guttat, wenn man ihr begegnete. Mizzi wird Alizas Freundin und Wegbegleiterin, sie ist eine Opportunistin, die sich nimmt, was sie möchte und ihr wahres Gesicht erst am Ende zeigt. Blockwart Karoschke ist ein Mann, der auf den Zug der Nazis aufspringt und sich diesen zur eigenen Bereicherung zunutze macht. Auch die weiteren Protagonisten wie Harald, Samuel oder Ingrid geben der Handlung zusätzliche Spannung und Realismus.
„Mehr als tausend Worte“ ist zwar ein fiktiver Roman vor historischem Hintergrund, hat aber den Finger am Puls der damaligen Zeit und lässt den Leser Geschichte hautnah miterleben in einer Intensität, wie man sie in Büchern nur selten findet. Lilli Beck hat hier eine Meisterleistung vollbracht und einmal mehr gezeigt, was sie kann: tolle Geschichten so realistisch zu erzählen, dass der Leser von der ersten Seite an mittendrin ist. Absolute Leseempfehlung für ein Kleinod! Besser geht es nicht – Chapeau!

Veröffentlicht am 28.04.2019

Glückliche Erinnerungen in Zeiten der Trauer

Solange sie tanzen
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Als Ada Friedbergs Ehemann Hans stirbt, bleibt die alte Dame in ihrer Trauer mit ihrem Hund Hemingway allein zurück. Um wieder etwas mehr Pep in ihren doch recht einsamen Alltag zu bringen, unterhält sie ...

Als Ada Friedbergs Ehemann Hans stirbt, bleibt die alte Dame in ihrer Trauer mit ihrem Hund Hemingway allein zurück. Um wieder etwas mehr Pep in ihren doch recht einsamen Alltag zu bringen, unterhält sie einen Beobachtungsposten an ihrem Wohnzimmerfenster, wo sie gemütlich in ihrem Sessel per Fernglas in das Leben ihrer Nachbarn eindringt. Eines Abends sieht sie bei ihrer Voyeurtätigkeit ein tanzendes Pärchen, welches in ihr die gemeinsame Zeit mit ihrem Ehemann Hans wieder ins Gedächtnis ruft. Von nun an schaut sie immer wieder beim „Tänzerpaar“ vorbei, um durch sie in Erinnerungen zu schwelgen und den jetzigen Alltag hinter sich zu lassen. Die Vergangenheit ist für Ada immer mehr präsent…
Barbara Leciejewski hat mit „Solange wir tanzen“ einen sehr berührenden Roman vorgelegt, der den Leser während der Lektüre durch den gefühlvollen und bildgewaltigen Erzählstil, der auch einen gewissen Witz nicht vermissen lässt, das gesamte Spektrum des Gefühlsbarometers durchleben lässt. Durch wechselnde Erzählperspektiven sowohl von Adas Vergangenheit als auch ihrer Gegenwart gewinnt der Leser einen wunderbaren Eindruck über Avas Leben, was sie verloren hat und wie es ihr geht. Dabei wächst die alte Dame einem immer mehr ans Herz. Behutsam sowie glaubwürdig behandelt die Autorin einige wichtige Themen in ihrer Geschichte, u.a. Einsamkeit und Demenz. Die immer größer werdende Vergesslichkeit von Ada, die sie ängstlich werden lässt, wird einfühlsam beschrieben. Auch ihr Ehrgeiz, in ihrem Alter alles noch allein bewältigen zu können und somit ihre Selbständigkeit zu behalten. Liebevoll wird sie von ihrer Familie unterstützt, doch das Vergessen bereitet ihr die größten Probleme. Gerade deshalb ist das tanzende Paar so wichtig für sie, denn sie sind der Auslöser für ihre Erinnerungen, die sie auf keinen Fall vergessen will. Gerade in der heutigen Zeit ist Demenz ein aktuelles Thema, das uns alle angeht. Wichtig ist, wie wir damit umgehen in unserem Umfeld, in unserer Familie und mit uns selbst, sollte es uns treffen.
Den Charakteren wurde liebevoll Leben eingehaucht und besticht mit Glaubwürdigkeit und Authentizität. Der Leser kann sich wunderbar in sie hineinversetzen und ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehen. Ada ist schon über 80 Jahre alt und immer noch selbständig. Sie kümmert sich um ihren Hund und ihren Haushalt, aber das Oberstübchen spielt ihr immer mehr Streiche, die sie verängstigen. Aber Ada ist nicht mutlos, sondern eine so liebenswerte Dame, die sich an Träume und Erinnerungen klammert. Boxer Hemingway gibt ihrem Tagesablauf eine gewisse Regelmäßigkeit, so lässt sie sich in ihrer Trauer nicht hängen, denn Hemingway ist abhängig von ihr und sie irgendwie auch von ihm, lässt er ihre Einsamkeit doch nicht zu laut werden.
„Solange wir tanzen“ ist ein warmherziger und gefühlvoller Roman über das Alter, Lebenserinnerungen, die Liebe und die Angst, dies alles zu vergessen. Berührend erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet. Einfach wunderschön!

Veröffentlicht am 27.04.2019

Facetten der Liebe

Das Leuchten jenes Sommers
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Sommer 1939. Abseits des beginnenden Zweiten Weltkrieges fiebert die 16-jährige Madeline Hamilton auf dem Anwesen Summerhill in Cornwall der Rückkehr ihrer älteren Schwester Georgina entgegen, die sechs ...

Sommer 1939. Abseits des beginnenden Zweiten Weltkrieges fiebert die 16-jährige Madeline Hamilton auf dem Anwesen Summerhill in Cornwall der Rückkehr ihrer älteren Schwester Georgina entgegen, die sechs Monate in Europa auf Reisen war. Georgina war ihr Mutter und Vater zugleich, nachdem die Eltern schon früh gestorben sind. Nun aber erlebt Madeline eine herbe Enttäuschung, denn Georgina hat sich völlig verändert und bringt auch noch einige Fremde mit, die sie auf ihrer Reise aufgelesen hat, unter ihnen Victor, mit dem sie eine engere Beziehung pflegt. Madeline kann Victor nicht ausstehen, denn schon früh erkennt sie, dass er sich in Summerhill immer mehr breit macht und seine Nase in Angelegenheiten steckt, die ihn nichts angehen. Dann stößt Madeline auf ein Geheimnis…
70 Jahre später erhält die schwangere Fotografin Chloe McAllister von Matt Cooper den Auftrag, ein Portraitfoto der sehr zurückgezogen lebenden Kinderbuchautorin Madeline Hamilton für ihr neues Buch auf deren Anwesen in Summerhill zu machen. Chloe kommt dieser Auftrag gerade recht, denn die Ehe mit Mann Aidan ist momentan schwierig aufgrund seines einnehmenden Wesens, deshalb ergreift sie die Möglichkeit der Flucht und freut sich auf die Begegnung mit Madeline, deren Bücher ihre Kindheit begleitet haben. Während Chloe sich schnell mit Madeline anfreundet und viel von ihrer Vergangenheit erfährt, wird Chloe langsam klar, dass sie einiges in ihrem Leben ändern muss. Doch die Folgen wiegen schwer…
Nikola Scott hat mit „Das Leuchten jenes Sommers“ einen wunderbaren Roman über zwei Frauenschicksale vorgelegt, die so unterschiedlich sind, aber beide große Stärke besitzen und während der Lektüre durchweg eine Faszination auf den Leser ausüben. Der Schreibstil besticht durch eine flüssige und fesselnde Erzählweise, die den Leser von Beginn an in die Handlung mitnimmt und ihn mit wechselnden Erzählperspektiven mal an die Seite von Chloe, mal an die von Madeline stellt und deren Leben eindrucksvoll in Szene setzt, Parallelen aufzeigt in der engen Beziehung zu ihren jeweiligen Geschwistern und auch ihre Ängste und Sorgen sehr gekonnt und nachvollziehbar darstellt, wie sie auch in der Realität vorkommen und so dem Leser ans Herz gehen. Die Männer in dieser Geschichte stehen für die abgründige und manipulative Form von Liebe, die Frauen ins Unglück stürzen kann. Mit geschickten Wendungen und einem dramatischen Schlussakt hält die Autorin die Spannung konstant aufrecht und kann den Leser bis zum Ende gut bei der Stange halten, um die verschiedenen Geheimnisse mit zu lösen und alle Fäden gut miteinander zu verknüpfen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken durchweg glaubhaft und authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich an die eine oder andere Ferse zu heften und mitzuleiden und zu fiebern. Madeline ist erst ein Teenager, der auf sehr auf seine ältere Schwester fixiert ist, als ältere Dame regt sie auf unaufdringliche Art ihre jüngere neue Freundin zum Reflektieren an. Chloe ist eine liebenswürdige und fürsorgliche Frau, die anscheinend schon lange keine eigenen Entscheidungen mehr trifft. Sie lebt in einem Gefängnis, dasihr Ehemann für sie errichtet und in dem sie sich eingerichtet hat, da sie finanziell auf Aidan angewiesen ist. Aidan ist ein unbeherrschter Egoist und Manipulator, der Angst einjagt mit seiner Kontrollsucht und keine Eigenmächtigkeiten erlaubt. Victor ist ein schmieriger Typ, der ebenfalls weiß, wie man Frauen nach der eigenen Pfeife tanzen lässt und seinen eigenen Willen erreicht. Auch Protagonisten wie Danny und Georgina ergänzen die Handlung mit ihrem Auftritt und machen die Geschichte rundum gelungen.
„Das Leuchten jenes Sommers“ ist ein Roman über die Liebe in ihren verschiedensten Facetten: beängstigend, federleicht, hingebungsvoll, schmerzlich, verletzend, kraftvoll und uneigennützig. Wunderschön und fesselnd geschrieben, so dass man als Leser jeder Wort einsaugt wie ein Schwamm. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 27.04.2019

Halbschwestern

Gelateria Paradiso
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1964 kommt der Italiener Lucio Paradiso nach Deutschland, um als Gastarbeiter zu arbeiten und sich mit dem Geld in seiner Heimat den Traum einer eigenen Eisdiele zu erfüllen, während in Venezien Tiziana ...

1964 kommt der Italiener Lucio Paradiso nach Deutschland, um als Gastarbeiter zu arbeiten und sich mit dem Geld in seiner Heimat den Traum einer eigenen Eisdiele zu erfüllen, während in Venezien Tiziana auf seine Rückkehr wartet. Aber wie es das Schicksal will, trifft Lucio mit Monika die Liebe seines Lebens…
2018. Susanne Werner hat die 50 bereits überschritten und arbeitet als Tischlerin und Restauratorin. Die Auflösung des 70er Jahre Interieurs einer bereits geschlossenen Eisdiele hat ihr Interesse geweckt, weshalb sie ins Bergische Land reist, um die Möbel zu begutachten und vielleicht ein Schnäppchen zu machen. Die Stewardess Francesca Adler verkauft mit dem Nachlass das Erbe ihres Vaters. Während der Besichtigung der Stücke findet Susanne das Foto des früheren Ladeninhabers und muss feststellen, dass sie ihm sehr ähnlich sieht. Schon lange sucht Susanne nach ihren leiblichen Eltern, denn sie wurde zur Adoption freigegeben. Auch Francesca ist die Ähnlichkeit zwischen Susanne und ihrem Vater Lucio aufgefallen. Deshalb setzt sie ihre vermeintliche Halbschwester Susanne kurzerhand vor die Tür, um nur ja nicht an einem alten Geheimnis zu rühren. Aber sie hat nicht mit Susannes Hartnäckigkeit gerechnet, denn diese reist nach Italien, um sich auf Spurensuche zu begeben…
Stefanie Gerstenberger hat mit „Gelateria Paradiso“ einen tiefgründigen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der mit einem eingängigen und fesselnden Schreibstil den Leser schnell in seinen Bann zieht und nicht wieder loslässt. Die eingestreuten italienischen Redewendungen sowie die Lebensart und die Köstlichkeiten lassen die Geschichte noch authentischer wirken, wobei auch die Recherchearbeit der Autorin mit einem Adoptivkind und ehemaligen Gastarbeitern sowie realistische Beschreibungen der damaligen Lebensverhältnisse dazu beitragen. Die Beschreibung der Örtlichkeiten sind farbig und bildgewaltig, gerne folgt der Leser der Einladung, sich in das mediterrane Italien zu begeben, um dort vor Ort die Protagonisten zu beobachten und auch das Geheimnis zu ergründen. Durch gut platzierte Perspektivwechsel zwischen Francesca und Susanne sowie den Einblick in Lucios Vergangenheit erhält der Leser einen sehr guten Eindruck in die so unterschiedlich verlaufenen Leben sowie in die Gedanken- und Gefühlswelt, wodurch auch die so verschiedenen Verhaltensweisen der beiden Frauen zwar nachvollziehbar und verständlich sind, wenngleich sie auch nicht immer sympathisch sein müssen. Sehr geschickt strickt die Autorin ein altes Familiengeheimnis, an dem mancher fast zerbrochen wäre.
Die Charaktere sind sehr schön portraitiert und mit viel Leben versehen worden. Sie wirken glaubhaft, individuell und sehr authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich ihnen nah zu fühlen, sich in sie hineinzuversetzen und mit ihnen zu fiebern. Susanne hatte eine unschöne Kindheit als ungeliebtes Adoptivkind. Sie ist eine sehr sympathische Frau, die immer auf der Suche ist. Sie ist fleißig und offen, aber auch stur. Mit Francesca muss man als Leser erst warm werden, denn sie wirkt sehr selbstbezogen, gierig und intrigant, aber auch verloren und einsam. Obwohl sie beruflich erfolgreich ist, ist es gerade die von ihr verströmte Lieblosigkeit, die den Leser immer wieder hinterfragen lässt, was ihr wohl Schlimmes passiert sein mag. Lucio ist ein Mann, dessen Leben arbeitsreich, aber auch geheimnisvoll ist. Aber auch Lennart, Tiziana und Monika tragen ihren Teil dazu bei, dass die Handlung immer im Fluss und durchweg spannend bleibt.
„Gelateria Paradiso“ ist ein wunderschöner und gefühlvoller Roman über ein altes Familiengeheimnis, eine Zeitreise in ein Stück deutscher Geschichte und viel italienischem Flair. Herrlich erzählt, so dass man das Buch gar nicht aus der Hand legen mag und enttäuscht ist, sobald die letzte Seite gelesen ist. Hierfür gibt es eine absolut verdiente Leseempfehlung!