Das letzte Fest auf Le Pluvier
Töte michDer 68-jährige Graf Henri Neville ist bankrott. Das Familienschloss in den belgischen Ardennen, Le Pluvier, kann er nicht mehr länger halten; aber bevor seine Familie es endgültig verlassen muss, möchte ...
Der 68-jährige Graf Henri Neville ist bankrott. Das Familienschloss in den belgischen Ardennen, Le Pluvier, kann er nicht mehr länger halten; aber bevor seine Familie es endgültig verlassen muss, möchte er noch ein letztes seiner legendären Feste abhalten.
Kurz vor dieser Garden Party aber wird seine Tochter Sérieuse von einer Wahrsagerin im Wald aufgegriffen. Bei dieser Gelegenheit wird im prophezeit, er werde auf der Feier einen seiner Gäste töten – wirklich unerhört.
Viel mehr Details möchte ich nicht nennen, denn das nur 110 Seiten starke Büchlein (großzügig bedruckt) soll noch ein paar Überraschungen offenhalten.
Leider finde ich, dass der Klappentext schon viel zu viel verrät, denn natürlich lässt sich auf so begrenztem Platz nicht wesentlich mehr erzählen – ich fühlte mich sehr an Kurzgeschichten erinnert.
Gut gefallen hat mir hingegen Nothombs Art zu schreiben – nicht anspruchslos, wozu die ein oder andere Anspielung beitragen mag, aber nichtsdestotrotz sehr angenehm und flüssig zu lesen - und der leise, trockene Humor, der gelegentlich trotz des ernsten Problems, mit dem sich Graf Neville herumplagte, durchklang.
Leider war der Fokus etwas anders gesetzt als ich es erwartet hatte: sehr viel Raum wird darauf verwendet, Graf Nevilles Leidenschaft für das Gastgeben, die Fesseln seines Standes und seine Bemühungen, den Schein zu wahren, zu beschreiben.
Wegen des Titels, des Covers und der Inhaltsbeschreibung ging ich davon aus, wesentlicher Bestandteil des Romans wäre Sérieuses Empfindungslosigkeit und ihr Wunsch, getötet zu werden. Allerdings wurden diese Punkte nur am Rande thematisiert, wodurch ihr Handeln eher bizarr und unnachvollziehbar wirkte. Einen wirklichen Einblick in ihre Gedanken- und (Nicht-)Empfindungswelt erhält man nicht.
Auch mit dem Grafen konnte ich nicht so recht warm werden, was aber sicher so beabsichtigt ist – immerhin ist er auch der Einzige, der konsequent beim Nachnamen genannt wird.
Durch diese Erwartungshaltung wurde mein Lesevergnügen leider etwas geschmälert. Wer sich von dem Roman aber nicht erhofft, allzu viel über Sérieuse zu erfahren, wird mit dem kauzigen, in seiner Rolle des Adligen gefangenen Grafen sicher gute Unterhaltung finden.