Angesiedelt in der Zukunft in der südwestasiatischen Metropole Green City, präsentiert die pakistanische Autorin Bina Shah, eine dystopische Geschichte, in welcher die meisten Frauen an einem Virus erkrankt ...
Angesiedelt in der Zukunft in der südwestasiatischen Metropole Green City, präsentiert die pakistanische Autorin Bina Shah, eine dystopische Geschichte, in welcher die meisten Frauen an einem Virus erkrankt und verstorben sind, sodass die wenigen Übrigen gesetzlich dazu verpflichtet sind zum Teil bis zu vier Gatten zu nehmen und so viele Kinder in die Welt zu setzen wie möglich. Frauen gibt es nur auf Zuteilung und ein Mitspracherecht scheint es seitens der Frauen nicht zu geben.
Aber es gibt eine geheime Rebellion: die Panah. Unter der Führung von Lin haben dort ein halbes Dutzend junge Frauen Zuflucht gefunden, um diesem Schicksal als Gebärmaschine zu entkommen. Jedoch muss die Panah ihr Überleben sichern. Deswegen besuchen die Frauen der Gemeinschaft nachts hochrangige Männer in Green City, um ihnen Zärtlichkeit zu spenden – ohne Sex. Und ich nehme an, dass sie dafür Geld erhalten. Die Autorin beschrieb diesen Aspekt eher aus dem gefühlten Standpunkt einer ihrer Hauptprotagonistinnen mit Namen Sabine, als sich detailliert tiefgreifenden Erklärungen der finanziellen, gesellschaftliche und politischen Situation zu widmen.
Am Rande erfuhr ich, dass die Welt der schweigenden Frauen hochmodern ist. Scheinbar gibt es riesige Wolkenkratzer und fahrerlose Autos, die ihre Insassen per Zieleingabe sicher zum gewünschten Ort bringen. Naturkatastrophen und Kriege beeinflussen/beeinflussten nachhaltig das Leben der Menschen in Green City.
Bina Shah beschrieb wie selbstverständlich einen Ort, den ich ihr so abkaufen konnte. Gerne hätte ich mehr zu ihrer Idee von dieser Welt erfahren. Im Zentrum ihrer Worte standen jedoch immer die Menschen mit ihren kurzen oder langen Hintergründen. Sie erklärte, warum diese und jene Personen sind wie sie sind, wie sie an ihren Ort des Geschehens kamen und welches Puzzleteil sie in der beschriebenen Geschichte spielen. Dies bekam sie meiner Meinung nach sehr urteilsfrei und nüchtern hin – was mir sehr gefällt. Aber gerne hätte ich mehr die spontanen Beweggründe der Charaktere beleuchtet bekommen. Viele Entscheidungen der Figuren im Verlauf der Geschichte schienen mir nicht sofort schlüssig.
Diese andere Denkweise der Autorin ist zu meiner sehr verschieden, weswegen ich unheimlich dankbar und froh bin, dieses Buch gelesen zu haben. Ich möchte mehr verstehen, was Menschen bewegt und ausmacht – fremde Komplexität spüren. Und vielleicht ist auch das der Grund, weswegen ich einige Reaktionen der Figuren nicht ganz herleiten konnte. Nichtsdestotrotz ist viel Interpretationsspielraum möglich. Keine Figur wird als wirklich böse dargestellt, jeder hat sein ganz persönliches Päckchen zu tragen und die Autorin weis das angenehm zu vermitteln.
Der Schreibstil ist einfach gehalten, wirkt dabei aber nicht fad. Auffällig ist auch die Aufmachung des Buches, die im Inneren mit dunklen Farbakzenten Kreise und ornamentartige Strukturen zeigt. Das Buch ist in drei übergeordnete Kapitelbereiche gegliedert. Die einzelnen Unterkapitel haben als Überschrift jeweils den Namen der Person, die in diesem Kapitel die Hauptfigur ist.
Insgesamt habe ich zwar etwas anderes erwartet, als ich das erste Mal das Cover sah, aber dennoch hat mich der Inhalt positiv überrascht. Gerne hätte ich mehr über die Gesellschaft und das Leben in dieser düsteren Zukunft gelesen. Aber trotz allem Stand das Leben und Leiden der Frauen im Mittelpunkt und das kam darüber hinaus wunderbar zur Geltung, wenn ich auch gerne tiefgreifendere Beweggründe aller Charaktere erfahren hätte.