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Veröffentlicht am 04.01.2020

Gut lesbare Luther-Biographie

Luther
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Eric Metaxas hat mit „Luther. Der Mann, der Gott neu entdeckte“ eine Luther-Biographie geschrieben, die zu lesen lohnt.

Natürlich hat Metaxas das Rad nicht neu erfunden. Mit neuen Erkenntnissen wartet ...

Eric Metaxas hat mit „Luther. Der Mann, der Gott neu entdeckte“ eine Luther-Biographie geschrieben, die zu lesen lohnt.

Natürlich hat Metaxas das Rad nicht neu erfunden. Mit neuen Erkenntnissen wartet der amerikanische Journalist nicht auf. Das muss er aber auch nicht. Denn Metaxas gelingt das, was mancher Kirchenhistoriker nicht vermag: er kann erzählen.

Überall, wo Metaxas Luthers Biographie ausführlich darstellt, beginnt er irgendwann zu erzählen, oft auch, indem er sich in die Personen hineinversetzt. So hat der Leser bei Metaxas ein klares Bild vor Augen, wie ein Reichstag ablief – inklusive vieler sozialgeschichtlicher Hintergründe.

Im Vordergrund von Metaxas‘ Lutherbiographie steht die These Metaxas‘, dass Luther alle Auseinandersetzungen und Anfechtungen nur aufgrund seines Gottvertrauens überstanden habe, dass das Vertrauen in Gott Luther zugleich geprägt und gestärkt habe. Im Hintergrund von Metaxas‘ Lutherbiographie steht die Frage, was Luther angestoßen hat, was er Neues in die Welt gebracht hat.

So wundert es nicht, dass Metaxas in seiner Biographie den Schwerpunkt auf die Jahre zwischen dem Thesenanschlag und dem Wormser Reichstag legt. Hier scheut sich Metaxas auch nicht – und das gehört zu den Stärken des Buches! – längere Original-Zitate abzudrucken, so finden sich unter anderem alle 95 Thesen im Wortlaut.

Zwar führt die Darstellung des Kampfes zwischen einfachem Mönch und Papsttum zu einer gewissen Heroisierung Luthers, dennoch unterschlägt Metaxas aber nicht die negativen Seiten Luthers. So wundert er sich über Luthers Selbstsicherheit und führt dieses auf sein hohes Gottvertrauen zurück, das ihm die Sicherheit gegeben habe, in all seinen Disputen auf der richtigen Seite zu stehen – und ihm auch die Erlaubnis gab, in der Wortwahl mehr als etwas derb zu werden. Irritiert zeigt sich Metaxas allerdings davon, dass Luther seine Gegner auch schonmal als vom Teufel geleitet sieht, etwa Zwingli beim Augsburger Religionsfrieden. Da stellt Metaxas, dem man übertriebene Kritik nicht vorwerfen kann, sich am Schluss dann doch die Frage, ob Luther nicht ein „unerträglicher, scheußlicher Dick- und Querkopf“ gewesen sei, der nicht in der Lage war, Kompromisse zu schließen. Bei Metaxas bleibt es allerdings bei der Frage.

An anderer Stelle hat Metaxas keine Probleme, sich Luthers engstirniger, kompromissloser Sicht der Dinge anzuschließen und sein dualistisches Denken von Gut (Glaube, Gott) und Böse (Unglaube, Teufel) zu übernehmen. So überrascht es sehr, wie deutlich sich Metaxas bei der Bewertung des Bauernaufstands auf die Seite Luthers schlägt. Das Argument, dass ansonsten Chaos in Deutschland ausgebrochen wäre, genügt ihm. Auch bei der Beurteilung anderer reformatorischer Strömungen spricht Metaxas ganz im Duktus Luthers von Dämonen, denen mit der Reformation die Tür geöffnet worden sei. Nur gut, dass 2019 der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann ein Buch über die Täufer veröffentlichte, das hier eine deutliche Korrektur der negativen Wahrnehmung, die Metaxas kolportiert, vornimmt.

Positiv ist Metaxas aber zugutezuhalten, dass er einer Verklärung Luthers nicht anheimfällt. Vor negativen Zitaten scheut er nicht zurück, etwa bei Luthers Urteil zum Bauernkrieg, wo Luther rechtfertigt, man habe den Bauern „die Ohren mit Geschossen aufknöpfen“ müssen, „dass die Köpfe in die Luft sprangen“. So wird auch bei Metaxas in Luther der Mann des Mittelalters sichtbar, der er war. Auch auf Luthers Schrift gegen die Juden geht Metaxas ein – heute, schreibt Metaxas, stehen wir rat- und fassungslos davor. Was Luther hier geritten hat: für Metaxas ist es unverständlich.

Somit ist Eric Metaxas mit „Luther. Der Mann, der Gott neu entdeckte“ ein Buch gelungen, das einerseits Luthers Kampf für die gerechte Sache in den Vordergrund stellt, dabei aber negative Begleiterscheinungen nicht unter den Teppich kehrt. Hervorzuheben ist auch die schöne Aufmachung des Buches. Es wirkt sehr hochwertig, die Schrift ist elegant und gut lesbar. Nur an einzelnen Stellen ist Metaxas‘ Sprache etwas zu pathetisch geraten, ansonsten gelingt es ihm, überzeugend zu erzählen, ohne die Quellen zu vernachlässigen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.09.2019

Trumps Amerika literarisch aufbereitet

Verratenes Land
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Die Machenschaften um die Ansiedlung einer Papierfabrik stehen im Zentrum von Greg Iles‘ neuem Roman „Verratenes Land„. Zugleich ist das Buch eine Abrechnung Iles‘ mit dem Amerika Trumps. Eine Abrechnung ...

Die Machenschaften um die Ansiedlung einer Papierfabrik stehen im Zentrum von Greg Iles‘ neuem Roman „Verratenes Land„. Zugleich ist das Buch eine Abrechnung Iles‘ mit dem Amerika Trumps. Eine Abrechnung freilich, bei der die Grenzen zwischen gut und böse sich verwischen.

Eine illustre Gruppe einflussreicher Männer, der Poker Club, bestimmt die Geschicke der Stadt Bienville, die im Gegensatz zu den Städten ringsherum zu etwas Wohlstand gekommen ist. Nun soll die Ansiedlung einer Papierfabrik für weiteren Wohlstand sorgen. Allerdings soll sie auf einer Kultstätte der Indianer gebaut werden, was der Poker Club zu vertuschen versucht, um das Bauvorhaben nicht zu gefährden. Verraten wird das Land bei Iles nicht an die Russen, sondern an China.

Der Journalist Marshall McEwan kehrt als Pulitzer-Preisträger in seine Heimatstadt Bienville zurück und macht es sich zur Aufgabe, den Skandal um die chinesische Papierfabrik aufzudecken. Dabei zeigt sich das Ringen um Macht und Einfluss und der Verlust demokratischer Spielregeln, wie es in den USA unserer Zeit der Fall ist. Iles hält seinem Land somit den Spiegel vor, ohne politische Parolen kundzutun.

Neben der Auflösung eines Mordes war dies für mich der spannendste Leseanreiz für das Buch. Iles spielt den Versuch durch, im Amerika Trumps unpolitisch zu sein – ein Versuch, der scheitern muss. Stattdessen wird offen Einfluss, Macht, Gier und die Befriedigung eigener Interessen eingefordert. Die Zeiten, in denen der Wohlstand aller im Vordergrund stand – sie sind Geschichte. Das Wohl der Stadt: bedacht wird es nur, wenn man selbst daraus Nutzen zieht – ob auf legalem oder illegalem Wege tut nichts zur Sache. Moral sucht man vergebens in „Verratenes Land„. Schuld findet man mannigfach.

Die Anlage des Romans, der Gute (Marshall) gegen die Bösen (der Poker Club), wird mehrfach aufgelöst, ja gesprengt. Seine Meinung über die Charaktere des Buches muss man als Leser immer wieder hinterfragen.

Wie man es von Greg Iles gewohnt ist, gibt es auch in „Verratenes Land“ überraschende Wendungen, allerdings war mir die Auflösung an einzelnen Stellen zu unglaubwürdig.

Wie man es von Greg Iles gewohnt ist, gibt es in dem Roman jede Menge Nebenhandlungen, die für den Fortgang der Handlung völlig unbedeutend sind. Wer sich damit nicht anfreunden kann, wird in dem Roman einige Längen entdecken. Mir haben gerade diese gut gefallen.

Veröffentlicht am 25.08.2019

Familiengeheimnisse - spannend, unterhaltend, aber etwas unglaubwürdig

Herzgrab
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In Andreas Grubers neuem Krimi „Herzgrab“ ermitteln die beiden Polizisten Gerink und Scatozza in Italien. Die BKA-Beamten sind beauftragt, die italienische Polizei bei der Suche nach einer entführten Österreicherin ...

In Andreas Grubers neuem Krimi „Herzgrab“ ermitteln die beiden Polizisten Gerink und Scatozza in Italien. Die BKA-Beamten sind beauftragt, die italienische Polizei bei der Suche nach einer entführten Österreicherin zu unterstützen. Nicht nur, dass das mit vielerlei Komplikationen verbunden ist. Kompliziert wird die Handlung auch dadurch, dass auch Gerinks Ex-Frau als Privatdetektivin in Italien ist. Bald erkennen sie, dass beide Fälle miteinander zusammenhängen.

Im Zentrum der Handlung steht die italienische Familie Del Vecchio. Mysteriöse Todesfälle in der Familie und das Verschwinden des Malers Salvatore Del Vecchio lasten auf der Familie. Doch Salvatores Tochter Monica muss auch noch ihre Tante Teresa vermisst melden. Als dann ein neues Bild von Salvatore auftaucht, das für 17 Millionen Euro versteigert wird, gewinnt die Handlung ordentlich an Fahrt.

Vor allem im zweiten Teil wird die Handlung immer wieder sehr actionreich dargestellt. Aus verschiedenen Perspektiven wird erzählt, auch aus der der vermissten Teresa Del Vecchio. Das macht das Hören zwar nicht immer einfach, allerdings verstärkt es die Spannung vor allem zum Schluss hin merklich.

„Wir haben gerade einmal an der Oberfläche gekratzt“, sagt Gerink nach fünf Stunden Hörbuch. Das zeigt die Komplexität des Krimis. Dies und die zwei verschiedenen Spuren, die zu einem Fall werden, haben das Hören vor allem am Anfang nicht immer leicht gemacht. Rückspulen war bei mir regelmäßig angesagt – auch, weil die italienischen Namen nicht so leicht zu merken und zuzuordnen sind. Allerdings verflüchtigt sich dies – wenn das Hörbuch bzw. Hörspiel im zweiten Teil in Fahrt kommt, fällt das Zuhören deutlich leichter.

Gefallen haben mir auch die Charaktere. Das Privatleben der Ermittler kommt vor, gewinnt aber nie die Oberhand. Auch die Familienmitglieder der Del Vecchios sind überzeugend dargestellt – allen voran die Matriarchin Zenobia Del Vecchio, die im zweiten Teil des Hörspiels ihren großen Auftritt hat.

Somit ist „Herzgrab“ ein spannendes, unterhaltendes Hörbuch, wenn auch die Handlung zum Teil sehr unglaubwürdig und etwas zu konstruiert ist.

Veröffentlicht am 29.06.2019

Spannender, gut geschriebener Roman

Mengele Zoo
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Manchmal dauert es ein wenig, bis ein Buch ins Deutsche übersetzt wird. Bei Gert Nygårdshaugs „Mengele Zoo“ dauerte es genau 30 Jahre, bis der Roman in diesem Jahr nun in deutscher Übersetzung veröffentlicht ...

Manchmal dauert es ein wenig, bis ein Buch ins Deutsche übersetzt wird. Bei Gert Nygårdshaugs „Mengele Zoo“ dauerte es genau 30 Jahre, bis der Roman in diesem Jahr nun in deutscher Übersetzung veröffentlicht wurde. Eine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass das Buch in Norwegen ein Erfolg war.

An Aktualität hat das Buch dennoch kaum verloren. Am Beispiel des Schmetterlingssammlers Mino zeigt Gert Nygårdshaug auf, welche Konsequenzen die Abholzung des Regenwaldes für die Bewohner hat. Minos Vater ernährt seine Familie mit Schmetterlingspräparaten. Mino ist es, der als Kind für seinen Vater die Schmetterlinge fängt. Während Mino im Dschungel auf Schmetterlingsjagd ist, wird eines Tages das komplette Dorf ausgelöscht – es war mitsamt seinen Bewohnern einer Ölfirma im Weg.

Das zweite Drittel des Buches handelt schließlich davon, wie es Mino gelingt, Waise der er nun ist, wieder Fuß zu fassen, indem er sich einem Magier anschließt und zum Assistenten des Zauberers wird. Im letzten Drittel des Buches – so viel sei angedeutet – macht sich Mino schließlich erneut auf den Weg – und wird zum Rächer und Retter des Regenwaldes.

Auch wenn ich den Titel des Buches nicht für gelungen halte, da er einfach nur reißerisch wirkt, aber das Thema des Buches nicht trifft, so hat mich das Buch fasziniert. Es ist sprachlich sehr gelungen, man liest mit Genuss die Beschreibungen des Regenwaldes, der Schmetterlinge und der Reisen. Zum Schluss hin allerdings hat das Buch deutliche Längen, sodass ich mehrfach Seiten grob überflogen habe.

Der Schutz des Regenwaldes vor den Interessen der Industrie (und des Staates) zieht sich als roter Faden durch das Buch. Leider hat sich in den letzten dreißig Jahren nichts daran geändert, dass der Regenwald in seiner Existenz bedroht ist. Deshalb ist „Mengele Zoo“ ein Roman, der nicht nur aufgrund seiner sprachlich herausragenden Darstellungen der Natur und der genauen Beschreibung von Personen lesenswert ist, sondern immernoch aufgrund seines Themas, dem Schutz des tropischen Regenwaldes.

Lassen wir uns überraschen, wie lange es dauert, bis die weiteren Bände der Mino-Reihe den Weg in die deutsche Übersetzung finden.

Veröffentlicht am 01.05.2019

Jetzt also Rupert

Ruperts Tagebuch - Zu nett für diese Welt!
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Rupert ist zu nett für diese Welt. Das sagt sein Vater zumindest immer. Dass es stimmt, kann man jetzt in Jeff Kinneys neuem Comicbuch „Ruperts Tagebuch“ nachlesen. Wer glaubt, es gehe in Ruperts Tagebuch ...

Rupert ist zu nett für diese Welt. Das sagt sein Vater zumindest immer. Dass es stimmt, kann man jetzt in Jeff Kinneys neuem Comicbuch „Ruperts Tagebuch“ nachlesen. Wer glaubt, es gehe in Ruperts Tagebuch nicht um Greg, der irrt.

Erzählt wird eher episodenhaft – zum Beispiel, was Greg von Ruperts Idee hält, wie unerträglich Greg als Lernpartner ist, wie Rupert und Greg einen Superhelden-Comic erschaffen wollen. Der einzige rote Faden ist Greg – denn um ihn geht es in dem Buch, genauer gesagt: darum, wie Rupert Greg sieht. Das ist mitunter sehr, sehr lustig. Besonders, weil Rupert sich immer wieder von Greg über den Tisch ziehen lässt – aber wer würde nicht auch gerne eine Gute-Junge-Auszeichnung bekommen!

Mit „Ruperts Tagebuch“ ist es Jeff Kinney gelungen, Gregs Tagebuch in ähnlicher Manier weiterzuführen, ohne dass es ein reiner Abklatsch ist. Ein wenig gestört hat mich nur, dass es keine richtige fortlaufende Handlung gibt.

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