Eine perfekte Mischung aus Informationen, Inspiration, Selbstreflexion und Humor!
Wir fliegen um die halbe Welt und mieten uns einen Bus, diese Entschleunigung in der Dose, und hetzen in zwei Wochen durchs Land. Um anschließend zwischen Studium, Partys und Jobs davon zu berichten, wie ...
Wir fliegen um die halbe Welt und mieten uns einen Bus, diese Entschleunigung in der Dose, und hetzen in zwei Wochen durchs Land. Um anschließend zwischen Studium, Partys und Jobs davon zu berichten, wie entspannend das Ganze war. ... Mein Leben liegt so offensichtlich vor mir, weil es schließlich der Weg ist, den alle gehen. .. Aber wer sagt mir eigentlich, dass eine Karriere in der Stadt erfüllender sein wird, als ein einfaches Leben auf dem Land?" (S. 125)
Inhalt
Nach dem Abschluss seines Studiums spürt Götz Nitsche, dass er noch nicht dazu bereit ist, seine Karriere als frischgebackener Ingenieur zu beginnen. So macht er sich auf zu einer Weltreise, die ihn nach Neuseeland führt. Dort angekommen kauft er ein einfaches, gebrauchtes Fahrrad für gerade mal 70 Euro und macht sich auf in sein bislang größtes Abenteuer: ganz alleine die gesamte Insel zu umrunden. Zehn Wochen benötigt er dafür und begegnet auf der Reise nicht nur den unterschiedlichsten, freundlichsten und interessantesten Menschen, sondern entdeckt seine ganz persönliche Glücksformel.
Meine Meinung
Götz Nitsches Schreibweise hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Er beschreibt seine Reise durch Neuseeland und zu sich selbst in einer lockeren aber auch äußerst tiefgründigen Weise, die einfach puren Spaß beim Lesen macht. Seine humorvolle und selbstironische Erzählweise hat mich ein paar Mal laut lachen und unzählige Male vor mich hin schmunzeln lassen.
Er beschreibt brutal ehrlich und ungeschönt wie beschwerlich und einsam diese lange Radreise stellenweise für ihn war. Auch geht er gnadenlos mit sich selbst darüber ins Gericht, dass er durch sein starkes Geltungsbedürfnis und aufgrund seines Sturkopfes manchmal unvernünftige Dinge tut, die er später sehr bereut. Zum Beispiel mit einem einfachen Drahtesel, dessen Bremsen bei einer Bergabfahrt streiken und fast zu einer Katastrophe führen, Neuseeland zu umrunden. Einem Rad, das eigentlich gar nicht für einen schweren Gepäckträger ausgelegt ist, mit dem er aber trotzdem sein Zelt und alles, was er sonst noch mit sich schleppt, durch die Gegen kutschieren muss. Außerdem widerstrebt es ihm im Laufe der Reise immer mehr, dass er stets einen strikten Plan haben muss, um ja jeden Punkt der eigenen Bucket List abhaken zu können. Eine Liste, die Spontanität oft unmöglich macht und meist nur dazu dient, anderen Menschen etwas zu beweisen.
Wunderbar ist auch die Art und Weise wie er über sich und das Leben im Allgemeinen reflektiert. Als 16-jähriger war er schon einmal für 6 Monate in Neuseeland und so stellt er die Gedanken und Erlebnisse eines pubertierenden Teenagers, der vor allem den Mädels aus aller Welt imponieren wollte und dafür sogar vor einem Fallschirmsprung nicht zurückschreckte, seinen Gedanken und Gefühlen als erwachsener Mann gegenüber.
Fasziniert war ich stets von den offenen , hilfsbereiten und gastfreundlichen Neuseeländern, denen Götz auf seiner Reise begegnete. Diese Begegnungen und die Natur werden so lebendig beschrieben, dass ich das Gefühl hatte, selbst vor Ort zu sein. Auch heute, ein paar Tage nachdem ich das Buch beendet habe, habe ich noch Bilder von dieser besonderen Reise im Kopf und muss über einige Abschnitte noch immer innerlich schmunzeln! Zudem hat sich bei mir eine große Sehnsucht entwickelt, selbst einmal dieses wunderschöne Land zu bereisen.
Was mir auch besonders gut an diesem Reisebericht gefallen hat, ist das Gefühl der Entschleunigung, das ich stets beim Lesen hatte. Meist liest man Reiseberichte von Menschen, die schnell durch viele Länder reisen, um die besten Sehenswürdigkeiten abzulichten und in der Zeit gar nicht wirklich zum Nachdenken kommen. Durch diese schnellen Ortswechsel fühlt man sich oft schon durch das Lesen der Berichte leicht gehetzt. Götz zu begleiten ist daher ein besonderes Erlebnis, sein Reisebericht ist wie eine Ruheinsel in der heute so schnelllebigen Welt.
Neben seinen Erlebnissen und Gedankengängen bietet Götz dem Leser auch einen sehr detaillierten Einblick in die Kultur des Landes, in das Leben der Maori, und auch Abstecher in die Geographie des Landes kommen nicht zu kurz. Doch das alles wird nicht leblos und trocken wie in einem Sachbuch beschrieben, sondern lebendig und humorvoll – gespickt mit Anekdoten, die zum Lachen, aber auch zum Nachdenken anregen.
Der Reisebericht trifft den Nerv der Zeit perfekt. Er beschreibt die Sehnsucht nach einem entschleunigten und freien Leben, das man nach den eigenen Maßstäben gestalten kann. Die Sehnsucht nach Einsamkeit und Ruhe in einer so lauten Welt, aber auch die tiefe Sehnsucht nach Begegnungen mit Menschen, die einen im Herzen und in der Seele berühren. Die Sehnsucht danach, das Leben zu spüren und nicht einfach nur zu existieren . Die Sehnsucht danach, seine eigenen Stimme wieder zu hören und sich selbst zu spüren. Die Sehnsucht danach den eigenen Weg zu gehen und nicht blind der Masse folgen zu müssen. Und die Sehnsucht nach Echtheit und einem Ort, den man sein Zuhause nennen kann.
Insgesamt regt das Buch dazu an, sich selbst einmal ganz ehrlich zu hinterfragen, was genau Glück für einen selbst bedeutet, was man im Leben erreichen und erleben möchte und ob man auf dem richtigen Weg dorthin ist oder sich Gedanken darüber machen sollte, einen neuen Weg einzuschlagen.
Fazit
Ich bin selten so traurig über das Ende eines Buches gewesen. Ich fand den Schreibstil so wunderbar, dass ich gerne noch viel länger Teil der Reise gewesen wäre. Für mich ist dieser ungeschönte und persönliche Reisebericht der beste den ich bislang gelesen habe, da er für mich die perfekte Mischung aus Informationen, Selbstreflexion, Inspiration und Humor darstellt! Daher gibt es von mir die volle Punktzahl und eine ganz klare Leseempfehlung!