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Veröffentlicht am 08.08.2018

Ein Buch das zu Herzen geht, vielschichtig, tiefsinnig, emotional und ergreifend

Ein Song bleibt für immer
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Normalerweise gehen ich beim Schreiben meiner Rezensionen immer nach einem gewissen Schema vor, um das gelesene Buch zu bewerten. Dieses Buch kann man jedoch in kein Schema pressen. Es ist einzigartig ...

Normalerweise gehen ich beim Schreiben meiner Rezensionen immer nach einem gewissen Schema vor, um das gelesene Buch zu bewerten. Dieses Buch kann man jedoch in kein Schema pressen. Es ist einzigartig und hat mich auf eine Weise berührt, die ich nur schwer in Worte fassen kann.

Worum geht es

“Ein Song bleibt für immer” gibt einen Einblick in das Leben der seit ihrer Geburt an Mukoviszidose erkrankten Alice. Mukoviszidose ist eine Lungenkrankheit, die den betroffenen Personen die Luft zum Atmen raubt und zum frühzeitigen Tod führt. Nur eine Lungentransplantation kann Alice noch retten. Trotz oder gerade wegen dieser Krankheit ist Alice eine Kämpfernatur, die ihr Leben in vollen Zügen lebt und alles daran setzt, ihren Traum zu verwirklichen – eine berühmte Sängerin zu werden und einen Plattenvertrag zu bekommen. Alice lernt Tom kennen und zwischen den beiden entwickelt sich eine romantische Liebesgeschichte. Doch die Krankheit drängt sich immer wieder in den Vordergrund.

Was ich über das Buch denke

Das Buch geht sehr geschickt und einfühlsam mit dem Thema Mukoviszidose um. Als Leser erfährt man sehr viele Details über diese genetisch bedingte Krankheit und was es bedeutet damit zu leben. An keiner Stelle wird es dabei langweilig, belehrend oder zu wissenschaftlich.

Alice ist eine unglaublich starke junge Frau. Sie erzählt den größten Teil der Geschichte aus ihrer persönlichen Perspektive und wird mit ihrer humorvollen, selbstironischen Art bereits nach wenigen Seiten zu einer guten Freundin, von der man meint, sie bereits eine Ewigkeit zu kennen. Ich habe mit ihr und ihrer Freundin Cat über Witze lachen können und habe mit ihr gelitten, wenn die Luft zum atmen fehlte oder sie einen ihrer Anfälle hatte.
Stellt euch vor, ihr lebt euer Leben in dem Wissen, dass ihr wahrscheinlich nicht älter als 30 werdet. Wie geht man mit diesem Damoklesschwert um, dem Tod der nur einen Atemzug weit entfernt ist. Wie lebt man damit, eigentlich keine Zukunft zu haben. Lieben, Heiraten, Kinder bekommen – ganz natürliche Dinge sind plötzlich unwahrscheinlich bis unmöglich. Das Buch beleuchtet verschiedene Varianten, wie die Betroffenen trotz allem ihr Leben leben.

Neben Alice Ich-Erzählung kommt auch ihre Mutter Mary zu Wort. In Tagebucheinträgen beschreibt sie ihre Sicht der Dinge. Diese Abschnitte sind sehr emotional und gehen ans Herz, gibt Mary doch einen tiefen Einblick in ihre Gefühle und Ängste als Mutter.

Es wird sehr gut deutlich, dass Alice, die mit der Krankheit leben muss, nicht die Einzige ist, die darunter leidet. Ihre Familie, Eltern und ihr Bruder, aber auch ihre Freunde und sogar die Freunde ihrer Freunde werden alle auf die ein oder andere Weise mit der Krankheit konfrontiert und müssen damit klarkommen.
Es ist wunderschön, Zeuge der bedingungslosen Liebe und Fürsorge zwischen den Mitgliedern aus Alice Familie zu werden. Wie sie die harte Realität der Krankheit meistern und dabei nie aufgeben oder zusammenbrechen, finde ich unglaublich stark.

Dieses Buch ist voller Denkanstöße: der Umgang mit Menschen mit einer schweren Krankheit, Organspende und Organtransplantation, der Sinn des eigenen Lebens… und trotz all dieser ernsten und schweren Themen ist dieses Buch voll von schönen Momenten und lustigen Szenen, die einem den Ernst und die Traurigkeit wieder vergessen lassen. Hat man gerade noch einen Klos im Hals, weil Alice darum fleht, noch nicht sterben zu müssen, so lacht man bereits auf der nächsten Seite wieder über eine urkomische Bemerkung von ihrem Freund Tom.
Die Geschichte ist voll mit Liebe und Lebenslust und auf jeder Seite ist das Herzblut zu spüren, dass die Autorin, Alice Peterson, in dieses Buch hat fließen lassen.

Alice arbeitet verbissen an ihrem Musikprojekt. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als der Welt etwas von sich zu hinterlassen, für den Fall, dass ihre Krankheit das letzte Wort haben sollte. Das Cover des Buches greift diesen Aspekt sehr schön auf. Eine Schallplatte dreht sich mit einer jungen Frau in der Mitte. Vielleicht ist es Alice erstes Album.

Die Geschichte von Alice ist angelehnt, an das Leben der britischen Sängerin Alice Martineau. Ich würde davon abraten, sich vor dem Lesen über die Sängerin zu informieren, um so nichts vorweg zu nehmen. Aber am Ende sollten ihre Lieder erklingen und so der Alice aus dem Roman und der realen Alice, das letzte Wort und die letzte Melodie lassen.

Mein Fazit

Ich kann dieses Buch nur empfehlen. Es wartet eine Achterbahnfahrt der Gefühle und es werden Tränen kullern vor lachen und vor weinen, aber genau das, macht dieses Buch so besonders. Ein wunderschönes Buch, vielschichtig, tiefsinnig, emotional, ergreifend

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  • Charaktere
  • Gefühl
  • Thema
Veröffentlicht am 30.04.2018

Ein Buch wie Zitroneneis

Ein Sommer wie Limoneneis
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Der Biss in eine Zitrone weckt in uns ganz unterschiedliche Emotionen. Als erstes spüren wir den sauren Geschmack und es ziehen sich alle Muskeln im Gesicht zusammen. Gleichzeitig ist es aber auch ein ...

Der Biss in eine Zitrone weckt in uns ganz unterschiedliche Emotionen. Als erstes spüren wir den sauren Geschmack und es ziehen sich alle Muskeln im Gesicht zusammen. Gleichzeitig ist es aber auch ein Erlebnis voll Frische und ein Hauch von Sommer. Gepaart mit den richtigen Zutaten, kann die Zitrone aber auch zum himmlischen Dessert werden.
So vielfältig wie den Genuss einer Zitrone ist auch mit einem Schlag das Leben von Marco Pantanella geworden.
Als erfolgreicher Immobilienanwalt in München kennt Marco nur seine Arbeit. Als seine Frau Angelika ihn um die Scheidung bittet und er gleichzeitig ein Burnout erleidet, wird Marco gezwungen, sich mit seiner gegenwärtigen Lebenssituation auseinander zu setzen. Um etwas klarer zu sehen, fährt er auf die Zitronenplantage seines Vaters nach Amalfi. Hier holen ihn die Erinnerungen an seine Jugend wieder ein. Aber auch die Nachfolgefrage der Familienplantage will geklärt werden. Und dann gibt es da noch Lisabetta, Marcos große Jugendliebe.

Noch bevor ich überhaupt angefangen habe das Buch zu lesen, hatte es mich bereits gefesselt. Ein wunderschönes Cover mit leuchtend gelben Zitronen stimmt sofort auf einen leichten Sommerroman ein. Auf der Innenseite des Umschlages befindet sich ein Rezept für Zitronensorbet, dass einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Jedes Kapitel ist mit kleinen Blütenzeichnungen verschönert. Optisch wurde hier mit viel Liebe zum Detail gearbeitet.

Aber auch inhaltlich hat das Buch viel zu bieten. "Ein Sommer wie Limoneneis" ist nicht nur einfach eine seichte Sommerromanze. Selbstverständlich versetzt uns die Autorin Marie Matisek wunderbar in ein italienisches Urlaubsparadies, wo auch einige Klischees wie Pasta oder Urlaubsflirts nicht fehlen dürfen. Und trotzdem hat Marcos Geschichte einen Tiefgang, den man nicht unbedingt erwartet hätte. Marco steht vor der schwierigen Entscheidung, wie es nach seinem Burnout weiter gehen soll. Er muss erkennen, dass er durch die Arbeit, die sein Leben zu 100% bestimmte, vieles verpasst hat. Vor allem das Zusammensein mit seinen Kindern Sabrina und Luis. Auch das nicht immer leichte Verhältnis zwischen Marco und seinem Vater und den Erwartungen die der jeweils eine an den anderen stellt, spielen eine Rolle. Was ist wichtig im Leben? Arbeit und Geldverdienen oder auch einmal das Leben genießen und einfach nur mit Familie und Freunden glücklich sein?

Marie Matisek führt uns mit einer leichten und erfrischenden Schreibweise durch das Buch, die den Leser von Anfang an in die Geschichte hinein zieht. Die Personen sind klar gezeichnet und jeder hat so seinen kleinen Spleen der ihn oder sie sympathisch werden lässt.
Auch Marco macht eine interessante Veränderung im Laufe der Handlung durch.

Mit 300 Seiten ist "Ein Sommer wie Limoneneis" nicht allzu dick, also eine wunderbare Urlaubslektüre. Die Geschichte ist locker und erfrischend, nicht ohne aber auch die bitteren Seiten des Lebens zu vergessen - genau wie der Geschmack einer Zitrone. Das gibt dem Buch Tiefgang und regt durchaus zum Nachdenken an.

Veröffentlicht am 19.04.2018

Zwei Frauen auf der Suche nach ihrem PLatz im Leben

Das Lied des Nordwinds
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1905: Liv und Karoline, zwei Frauen aus unterschiedlichen Ländern und verschiedenen sozialen Schichten. Beide Frauen kämpfen um ihre Freiheit, genau wie das Land Norwegen, das sich von Schweden lossagen ...

1905: Liv und Karoline, zwei Frauen aus unterschiedlichen Ländern und verschiedenen sozialen Schichten. Beide Frauen kämpfen um ihre Freiheit, genau wie das Land Norwegen, das sich von Schweden lossagen möchte.

Die junge Norwegerin Liv tritt ihre erste Stelle als Dienstmädchen im Haushalt des Lehrerehepaares Treske an. Dort kümmert sie sich auch um den neunjährigen Elias, der das ungeliebte Kind der Familie zu sein scheint. In ihrer Freizeit lernt sie Bjarne kennen. Er öffnet ihr die Welt der Gleichberechtigung und weckt in ihr den Wunsch nach Selbstbestimmung.
Karoline ist unglücklich in ihrer kinderlosen Ehe ohne Liebe gefangen. Nachdem ihr Mann lebensgefährlich erkrankt und damit die Erfolge und ihre Zukunft in Gefahr gerät. Per Zufall erfährt sie von einem unehelichen Kind ihres Mannes in Norwegen und beschließt es zu suchen. Dabei entflieht sie nach und nach den Fesseln ihrer Ehe und entwickelt sich zu einer selbstbewussten und eigenständigen Frau.

"Das Lied des Nordwindes" ist Christine Kabus fünfter Roman. Es ist eine lose Fortsetzung ihres Romans "Das Geheimnis der Mittsommernacht", aber problemlos ohne Vorkenntnisse zu lesen.
Das Cover ist typisch für ihre Romane. Eine malerische Fjordlandschaft stimmt die Leser auf ihren Norwegenroman ein.

In ihrer bewährten Art verbindet Christine Kabus die Romanhandlung mit detaillierten Beschreibungen der Handlungsorte, den damaligen Lebensbedingungen und historischen Fakten. Es gibt Momente, wo die eigentliche Handlung sogar hinter den Beschreibungen der damaligen Verhältnisse zurücktritt. Für mich, die ich sehr interessiert an historischen Darstellungen bin, war das überhaupt kein Problem. Es könnte aber für andere Leser stellenweise den Roman in die Länge ziehen.
Die Sprache des Buchen ist unglaublich bildhaft und zieht den Leser unmittelbar hinein in das Buch. Man fühlt und lebt mit den Personen des Buches, die man am Ende nicht mehr missen möchte.

Ein gutes Mittel um die Spannung des Romans beständig aufrecht zu halten, ist die abwechselnde Schreibweise der Geschichte von Liv und Karoline. Ein Kapitel erzählt von Liv, das nächste von Karoline, wobei manche Kapitel mit regelrechten kleinen Cliff Hangern enden.

"Das Lied des Nordwindes" ist für mich das Buch, mit den besten Figuren von Christine Kabus. Sowohl Haupt- als auch die Nebencharaktere sind detailreich in ihren Eigenheiten ausgearbeitet, die jeden auf seine Weise besonders wirken lassen.
Gerade die beiden Hauptpersonen, Liv und Karoline, machen eine enorme Entwicklung vom Beginn der Geschichte bis zum Ende durch. Sie sind sympathisch und natürlich.

Fazit: "Das Lied des Nordwindes" ist ein Buch zum wegschwarten. In wunderschöner Schreibweise wird das Schicksal von zwei sehr unterschiedlichen Frauen erzählt. Dabei hat auch die Geschichte Norwegens seinen Platz. Bis zum Ende hält das Buch immer wieder Überraschungen im Handlungsverlaufes bereit, die die Spannung bis zur letzten Seite aufrecht halten.

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Veröffentlicht am 30.09.2019

Ein ganz besonderes, aber nicht einfaches Buch

Melmoth
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Melmoth – auf ewig verdammt über die Erde zu wandern und die schlimmsten Taten der Menschen mit Anzusehen. Die Legende von Melmoth lebt und bekommt immer neue Nahrung.
Ist sie Wahrheit oder Märchen? Helen ...

Melmoth – auf ewig verdammt über die Erde zu wandern und die schlimmsten Taten der Menschen mit Anzusehen. Die Legende von Melmoth lebt und bekommt immer neue Nahrung.
Ist sie Wahrheit oder Märchen? Helen Franklin wird in Prag mit der Legende von Melmoth konfrontiert. Sie beginnt ihre eigenen Nachforschungen anzustellen und wird sich immer mehr einer dunklen Präsenz in ihrem Alltag bewusst.

Dieses Buch hat mich unglaublich fasziniert und noch eine Woche nach Beenden des Buches grüble ich immer wieder über den Inhalt und das Gelesene nach.
Es fällt mir nicht leicht, eine Rezension zu "Melmoth" zu schreiben, zum Einen, da ich nichts spoilern möchte, aber auch, da dieses Buch so ganz anders ist als alles, was ich bisher gelesen habe.

Um einmal meinen Leseeindruck mit einigen Adjektiven zusammenzufassen, das Buch ist: besonders, vielschichtig, rätselhaft, tiefgründig, verwirrend, faszinierend, nachdenklich stimmend.

Bei "Melmoth" handelt es sich für mich definitiv um anspruchsvolle Literatur. Zum Einen trägt dazu der sehr besondere Schreibstil bei, aber auch der Aufbau der Erzählung. Es gibt eine Rahmenhandlung in der Gegenwart und in diese Geschichte werden wieder viele kleine Erzählungen und Berichte geschickt eingebunden. Was zu Beginn unzusammenhängend und verwirrend wirkt, ergibt am Ende den tiefen Sinn des Buches.

Die Sprache ist einzigartig. Der poetische, fast lyrische Schreibstil macht das Buch zu einem literarischen Genuss. Aber man muss sich da auch erst einmal dran gewöhnen.
Die Autorin benutzt viel Metaphern oder Bilder, die indirekt Hinweise geben oder bestimmte Situationen beschreiben. Das Verständnis beim Lesen wird dadurch teilweise erschwert und man muss schon sehr genau lesen. Das Buch braucht eine ruhige Umgebung.

Der Klapptext war für mich ein wenig irreführend und hatte mir eine andere Idee vom Buchinhalt gegeben. So musste ich mich zunächst auf die neue Situation einstellen. Das einmal geschehen, habe ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen können. Allerdings ist es auch kaum möglich, den Leser mit einer kurzen Inhaltsangabe auf das Buch vorzubereiten ohne den eigentlichen Inhalt vorweg zu nehmen.

Es ist ein düsteres Buch. Da Melmoth Zeugin vieler von uns Menschen begangenen Verbrechen ist, werden auch uns Lesern viele grausame Dinge präsentiert.

Sarah Perry kreiert eine dunkle, etwas gruselige Stimmung. Melmoth ist allgegenwärtig, im ganzen Buch. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt, die Angst der handelnden Personen vor Melmoth wird sehr gut rübergebracht und überträgt sich teilweise auch auf den Leser.
Es ist lange her, dass ich mich von einem Buch so direkt angesprochen gefühlt habe. Auch die Schreibweise trägt dazu bei, denn wir Leser werden im Laufe des Textes immer wieder direkt angesprochen und sozusagen gedanklich zum Handeln aufgefordert.
Das wird am Ende dann auch noch einmal besonders wichtig und ohne zu verraten warum, aber die letzen beiden Seiten des Buches sind noch einmal ein Knaller.

Ich möchte keinen der Charaktere besonders hervorheben oder näher auf seine Eigenschaften eingehen, da jeder Charakter und seine Besonderheiten ein wichtiger Puzzlestein der Geschichte sind. Doch allgemein fand ich alle Personen in diesem Buch sehr interessant dargestellt. Wirklich sympathische Menschen gab es nicht, sondern jeder war auf seine Weise speziell, doch damit passen sie perfekt zu dieser düsteren Geschichte.

"Melmoth" vermittelt eine ganz wichtige Botschaft, die jeder Leser am Ende für sich selbst interpretieren kann und auch für sich selbst beherzigen kann. Hier liegt für mich ein sehr großer Wert dieses Buches, denn es regt zum Nachdenken an.
Für mich hat "Melmoth" eine Moral, so wie sie am Ende einer Fabel dem Leser ersichtlich wird. Und manchmal hat mich das Buch auch an das Erzählen von Fabeln oder Gleichnissen erinnert, um uns, die Leser, auf etwas ganz Bestimmtes aufmerksam zu machen.

Ich könnte mir vorstellen, dass das Buch es nicht ganz leicht haben wird, da es nicht einfach zu lesen ist. Aber für mich lohnt es sich auf jeden Fall "Melmoth" zu lesen.

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Veröffentlicht am 02.05.2019

Historischer Krimi mit einnehmender Atmosphäre

Die Blüten von Pigalle
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Der gerade aus dem deutschen KZ heimgekehrte Camille Laval wird erschlagen in seinem Hotelzimmer aufgefunden. Das Team um Jean Ricolet nimmt die Ermittlungen auf. Schon bald zeigen die Spuren in verschiedenste ...

Der gerade aus dem deutschen KZ heimgekehrte Camille Laval wird erschlagen in seinem Hotelzimmer aufgefunden. Das Team um Jean Ricolet nimmt die Ermittlungen auf. Schon bald zeigen die Spuren in verschiedenste Richtungen. Auch Ricolets Freundin Pauline Ducrat möchte helfen und stellt ihre eigenen Ermittlungen an. Dabei gerät sie schon bald in große Gefahr.

Der zweite Fall für das ungleiche Ermittlerduo Pauline Ducrat und Jean Ricolet ist wieder ein stimmungsvoller Krimi. Die Krimis von Michelle Cordier kommen wunderbar ohne blutrünstige Details und nervenaufreibende Szenen klar. Sie sind ruhig dahinfließend, wunderschön erzählt und doch spannend gemacht.

Der Roman besticht durch seine einzigartige Atmosphäre. Detaillierte Beschreibungen der Örtlichkeiten und Menschen fangen auf wunderbare Weise die Stimmung des Paris der Nachkriegszeit ein und bringen sie dem Leser nahe. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, mit den Protagonisten durch die Straßen Paris zu gehen, die zum Teil noch zerbombten Häuser zu sehen, oder die Menschen zu beobachten und zu erleben, wie so langsam alle wieder ihr Leben nach dem Krieg neu gestalten.

Die Hauptpersonen Jean und Pauline sind alles andere als perfekt, was sie gleichzeitig ungekünstelt und realistische wirken lässt.
Jean Ricolet ist der junge Inspektor, der vom Land in die Großstadt gekommen ist. Sein Eifer lässt ihn manchmal über das Ziel hinausschießen. Als Leser merkt man wunderbar, dass er noch unerfahren im Beruf ist und noch viel lernen muss. Trotzdem ist er intelligent und geht seinen Weg. Auch wenn er mal aneckt. Die Figur des Jean Ricolet ist ein sehr angenehmes Gegenstück zu vielen "Supercops" mit Beziehungsproblemen etc, die heutzutage in der Literatur präsent sind.

Paul Ducrat, Ricolets Freundin und engagierte Mithelferin beim Fällelösen ist eine sympathische junge Frau mit kleinen Charakterfehlern hier und da. Oftmals etwas unüberlegt und spontan, bildet sie ein gutes Gegenstück zum eher alles gut durchdenkenden Ricolet.

Die Geschichte gibt einen guten Einblick in die französische Gesellschaft der Nachkriegszeit. Die Unterschiede zwischen den Ständen herrschen noch vor, auch wenn ein Teil des Adels verarmt ist. Aber das Standesdenken ist noch in vielen Köpfen der älteren Personen, während die jungen Leute bereits die neue Zeit erkannt haben und sich anpassen.

Auch im zweiten Fall für Ricolet und Pauline gibt es wieder viele Verwicklungen, unzählige Spuren und ein gutes Dutzend Verdächtige. Aber die Spannung bleibt bist zum Schluss und auch die Auflösung gibt es erst ganz am Ende, was mir persönlich sehr gefällt, da ich liebend gern selber mitrate und überlege, wer der Täter denn sein könnte.

In diesem Band haben teilweise die Reflexionen zur privaten Beziehung zwischen Ricolet und Pauline den Fall in den Hintergrund gedrängt. Das hatte für mich zur Folge, dass mir der Mittelteil etwas langatmiger als der Rest des Buches erschien.

Zusammenfassend fand ich diesen kleinen Krimi sehr schön zu lesen. Das Buch lebt durch seine tollen Beschreibungen und die dadurch entstehende Stimmung. Wer Nervenkitzel und Spannung sucht, ist bei diesem Buch falsch. Es ist etwas für Genießer.

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  • Atmosphäre