Großartiges Finale der wunderbaren Adelina-Reihe
Köln 1408: Die Apothekerin Adelina Burka kommt dazu, als ein Toter im Haus des Münzwechslers Birboim gefunden wird. Der Mann ist ermordet worden, und wie sich herausstellt, ist es der Vater der Hebanne ...
Köln 1408: Die Apothekerin Adelina Burka kommt dazu, als ein Toter im Haus des Münzwechslers Birboim gefunden wird. Der Mann ist ermordet worden, und wie sich herausstellt, ist es der Vater der Hebanne Clara van Oeche. Der Knecht ihres Vaters beschuldigt die junge Frau, den Mord an Urs van Oeche verübt zu haben, um sich an ihm zu rächen, denn er hatte vor Jahren, als ihm die Schulden bis zum Hals standen, seine Tochter und seine Frau an ein Hurenhaus verpfändet. Clara kommt in den Kerkerturm. Van Oeches Knecht ruht nicht, sondern klagt Clara auch noch wegen eines zweiten Mordes an, den sie vor Jahren seiner Meinung nach ebenfalls begangen haben soll.
Adelinas Stieftochter Griet, die mit Clara gut befreundet ist, will der jungen Hebamme helfen, und ehe sich Adelina versieht, stecken sie und Griet mitten in den kriminalistischen Ermittlungen zu diesem Fall. Aufgrund ihrer tragischen Vergangenheit hält sich Griet nach Möglichkeit von den Männern fern. Sie hat beschlossen, niemals zu heiraten, sondern möchte eines Tages in ein Beginenhaus ziehen, in der Hoffnung, dort ihren Seelenfrieden zu finden. Um Clara zu helfen, muss sie über ihren Schatten springen und gezwungenermaßen mit Cristan Reese zusammenarbeiten. Cristan ist zweiter Hauptmann der Kölner Stadtsoldaten und Neffe des Gewaltrichters Georg Reese, welcher der Familie Burka freundschaftlich verbunden ist. In Kürze soll Cristan das Amt seines Onkels übernehmen und wird deshalb mit der Klärung des aktuellen Mordfalls betraut. Bei den gemeinsamen Bemühungen, Clara zu helfen und die Wahrheit herauszufinden, kommen sich Griet und Cristan gefährlich nahe...
Dies war nun also der sechste und voraussichtlich letzte Band von Petra Schiers Adelina-Reihe.
Über drei Jahre ist es her, dass ich den ersten Band „Tod im Beginenhaus“ gelesen habe. Mit Spannung habe ich Adelinas Entwicklung und ihr Leben verfolgt, habe Anteil an Freud und Leid der Protagonisten genommen. Im Lauf der Zeit, während ich einen Band nach dem anderen las und an den Geschicken der Familie Burka Anteil nahm, sind mir Adelina und ihre Lieben so vertraut wie alte Bekannte geworden.
In diesem Abschlussband hat sich der Schwerpunkt ein wenig von Adelina und Neklas Burka weg bewegt, denn diesmal steht Griet, Neklas' leibliche Tochter und Adelinas Stieftochter, im Mittelpunkt der Geschichte. Das verstörte Mädchen von damals ist inzwischen zu einer schönen jungen Frau herangewachsen. Allerdings kann sie die Schrecken der Vergangenheit nicht vergessen. Um Männer macht sie nach Möglichkeit einen großen Bogen, zu schwer lasten die Erlebnisse aus der Kindheit auf ihrer Seele.
Und dann kommt Cristan, ein Bild von einem Mann, von dem Griet sofort merkt, dass er ihr gefährlich werden kann. Aber er ist nicht nur attraktiv und respekteinflößend, sondern er hat auch eine sensible Seite, ist feinfühlig und liebevoll. Und er hat ein gefährliches Geheimnis. Wie er damit umgeht und ob es ihm gelingt, Griets Schutzwall um ihre Seele zu durchbrechen, dazu möchte ich gar nicht allzu viel schreiben, denn das muss man einfach selbst lesen. Die einfühlsam und wunderschön beschriebenen Szenen, die von der erst zaghaften Annäherung der Protagonisten erzählen, sind ein wahrer Lesegenuss.
Um diese zarte Liebesgeschichte,die viel Raum einnimmt, weil sie so vielschichtig und komplex ist, ranken sich mehrere Handlungsstränge, die natürlich ebenfalls Beachtung verdienen. Da ist zum einen Claras Schicksal. Was der jungen Hebamme widerfährt, ist schrecklich. Sie sitzt im Kerker und ist zweifach des Mordes angeklagt. Ihre Lage scheint hoffnungslos, wenn da nicht ihre guten Freunde wären, die sich um sie sorgen.
Auch in das normale Familienleben der Burkas wird der Leser wieder mit einbezogen und kann sich im Kreis dieser liebenswerten und klugen Menschen wohl fühlen. Hier muss man sagen, dass der „normale“ Alltag der Burkas immer ein wenig turbulent und aufregend ist. Die Familienmitglieder zeichnen sich alle durch ein hohes Maß an Toleranz und Mitgefühl aus, und sie können nicht wegsehen, wenn irgendwo ein Unrecht geschieht. Sie urteilen nicht vorschnell über ihre Mitmenschen, denn was Vorurteile und Engstirnigkeit auslösen können, das haben sie alle schon zur Genüge erlebt. Wer das Schicksal der Burkas schon länger verfolgt, wird hier auch einige alte Bekannte wieder treffen, manche davon mit einem unguten Gefühl. Um die Zusammenhänge in vollem Umfang erfassen zu können, ist es empfehlenswert, die sechs Bände in ihrer chronologischen Reihenfolge zu lesen, denn dann weiß man um die Vorgeschichten der einzelnen Charaktere. Aber auch wenn man die bisherigen Bände nicht gelesen hat, wird man keine Verständnisprobleme haben, denn es gibt immer wieder geschickte kleine Rückblicke zu früheren Ereignissen.
Petra Schier schreibt kurzweilig und doch gehaltvoll. Der Roman bietet gerade die richtige Mischung aus romantischen Szenen, Spannung und Alltagsleben im Mittelalter, gut aufbereitet mit vielen wissenswerten Details zum Leben der damaligen Zeit. Die plastischen und detaillierten Ausführungen lassen einen die Ereignisse fast hautnah miterleben.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiede ich mich nun von der Familie Burka. Das lachende Auge ist für die vielen Stunden wunderbare Lesezeit, die ich mit den Romanen, insbesondere mit diesem wunderbaren letzten Band, verbringen konnte. Das weinende Auge ist dem Abschied geschuldet. Ob es ein endgültiger Abschied sein wird? Ich hoffe auf ein Wiedersehen mit den sympathischen Burkas. Um mit Adelinas Worten zu sprechen: „Warten wir es ab“