Cover-Bild Die kennen keine Trauer
16,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Luftschacht
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 88
  • Ersterscheinung: 02.2019
  • ISBN: 9783903081321
Bjarte Breiteig

Die kennen keine Trauer

Bernhard Strobel (Übersetzer)

Nach seinem beeindruckenden Roman "Meine fünf Jahre als Vater" (Luftschacht 2016) zeigen wir Bjarte Breiteig erneut in seiner Meisterschaft als Autor minimalistischer Erzählkunst. In "Die kennen keine Trauer" (Surrogater, 2000) – in Norwegen sein zweiter von drei Erzählbänden – liefert Breiteig in sieben Geschichten scheinbar leicht hingeworfene Skizzen und Ausschnitte aus brüchigen Lebenswelten: pubertierende Knaben, die sich an der Schule einer plötzlichen und unerklärt bleibenden Zerstörungswut hingeben; ein kranker, alternder Industriearbeiter, der an seinem letzten Arbeitstag in den Duschräumen der Firma zusammenbricht; der Vater, der mit seinem Jungen in das Haus seiner Eltern zurückkehrt, das vol-ler Erinnerungen an den toten Bruder steckt; der junge Mann, der über eine Trennung nicht hinwegkommt, seine Mutter darüber belügt und eine merkwürdige Online-Bekanntschaft eingeht: Es sind stille und intensive Figuren, die Breiteig in seinen Texten zeichnet, er erzählt von (zerbrochenen oder zerbrechenden) Beziehungen, die von Scham und Schuld-gefühlen, Sehnsüchten und Misserfolgen geprägt sind. Und so, wie all diese Menschen ihre Verletzungen und Enttäuschungen hinter ihrer Sprachlosigkeit verborgen halten, liegt der Bedeutungshorizont bei Breiteigs Geschichten meist zwischen den Zeilen.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.05.2019

Düstere Erzählungen mit Happyend?

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Lebensausschnitte. Quere Gedanken und Ausbrüche. Alles ist möglich und doch... nicht. "Die kennen keine Trauer" heißt es in Bjarte Breiteigs gleichnamigen Erzählband und doch ist diese Traurigkeit oft ...



Lebensausschnitte. Quere Gedanken und Ausbrüche. Alles ist möglich und doch... nicht. "Die kennen keine Trauer" heißt es in Bjarte Breiteigs gleichnamigen Erzählband und doch ist diese Traurigkeit oft möglich. Zumindest erging es mir häufig so, als sich bei mir hinter den sieben recht verschiedenen Erzählungsfetzen die Gedankenmaschinerie in Gang setzte.
Die Protagonisten in diesem Buch haben alle haben etwas gemeinsam. Sie können über ihre Trauer nicht sprechen, nichts tun, nicht richtig handeln. Sie sind gehemmt und doch bricht dieses Gefühl auf ganz unterschiedlichen Wegen aus und macht sich Luft. Während der eine eher plötzlich verzweifelt und zu allem bereit ist, verrennt sich der andere in komischen Welten. Sie alle haben eine ganz besondere Beziehung zu Dingen, Gedanken, Menschen und doch droht gerade diese auseinanderzubrechen. Wobei eigentlich ist es bereits zu spät. "Nichts sagen! Nichts sagen, sonst wirst du verschwinden."
So erzählt der 'komische' Karsten von der Leichenbestattung in Nepal. Die kennen dort keine Trauer und auch seine Bestürzung zeigt sich nicht in Sentimentalitäten. Nein! Sie bricht einfach so aus. Karsten verfällt plötzlich in eine Art Wahn und zerstört einfach alles, woran andere Kinder im Werkunterricht gearbeitet haben. An anderer Stelle sitzt eine Frau im Wagen am Rand des Kais. Sie steht vor einer Verzweiflungstat. Mit einem Fuss gibt sie Gas, mit dem anderen steht sie noch auf der Kupplung. "Gott, sagt sie laut. Tu jetzt was. [...] Sonst lasse ich los." Daheim sitzt ihr Mann und wartet. Wartet auf ein Zeichen und damit auf die Rückkehr seiner schwangeren Frau. Doch er erwartet das Schlimmste. Andere haben wiederum bereits mit den plötzlichen Verlusten kämpfen. Ein Junge, der seinen Bruder vermisst und ihn doch noch sehen kann. Ein Mann, der seine Trennung nicht annehmen kann, seine Mutter belügt und sich gleichzeitig in Online-Bekanntschaften verrennt. Der Tod. Die Trauer. Die Frustration. Die aufgestaute Angst und die Hemmung...



Bjarte Breiteig hat mich überrascht. Denn obwohl jede Erzählung nur einen kurzen Augenblick andauert, hat mich jede für sich sehr schnell gepackt und auch emotional ergriffen. Breiteig schafft es mit nur wenigen Worten gerade mal auf zwei/drei Seiten so viel unterzubringen, für was andere ein ganzes Buch brauchen. Es sind eben Erzählungen die nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern auch zwischen den Zeilen sehr viel Tiefe und Gedanken transportieren und den Leser in eine leicht düstere, traurige Situation katapultieren und genauso plötzlich wieder zurückwerfen. Das intensive Gedankenspiel danach... toll!