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Veröffentlicht am 23.07.2019

"Die Nickel Boys" von Colson Whitehead - Ein erschütterndes Zeugnis der Rassendiskriminierung in den 60er Jahren

Die Nickel Boys
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Manchmal muss man nur zur falschen Zeit am falschen Ort sein und plötzlich wird das ganze Leben aus der Bahn geworfen. So ähnlich ergeht es zumindest dem Protagonisten in "Die Nickel Boys" von Colson Whitehead. ...

Manchmal muss man nur zur falschen Zeit am falschen Ort sein und plötzlich wird das ganze Leben aus der Bahn geworfen. So ähnlich ergeht es zumindest dem Protagonisten in "Die Nickel Boys" von Colson Whitehead.

Elwood ist ein recht fleißiger und intelligenter Junge, doch seine Hautfarbe legt ihm stets Steine in den Weg. Er lebt gemeinsam mit seiner Großmutter in Tallahassee. Im Ghetto der Schwarzen. Und von einem einfachen Leben kann man zu dieser Zeit einfach noch lange nicht sprechen. Schwarze wurden schikaniert, unterdrückt, nur als Hilfskräfte für das privilegierte, weiße Volk betrachtet. Schon seine Schulzeit war nicht unbedingt unproblematisch, gemischte Klassen gab es bis dato einfach nicht und niemand wollte die schwarzen Kinder an den Schulen haben. Und wenn, dann bekamen sie die alten, abgewetzten Bücher der Weißen, die sie voller rassistischer Botschaften für sie hinterließen. Doch Elwoods Lehrer glaubt an ihn und so soll es dann Anfang der 60er Jahre auch für ihn in eine Möglichkeit geben aufs College zu gehen. Elwoods Vorbild ist Dr. Martin Luther King und so träumt auch er von einem gerechten Leben. Und gerade das scheint mit Bildung nun für ihn möglich. Doch alles kommt anders als erwartet. Elwood gerät auf dem Weg zum College in ein gestohlenes Auto und so wird der sechzehnjährige Junge dann ohne ein gerechtes Verfahren in eine Besserungsanstalt, die Nickel Academy, gesperrt. Hier herrscht nicht nur strikte Rassentrennung und Selektion, sondern auch gewaltsame Unterwerfung. Ab und zu verschwinden spurlos Mitinsassen, teilweise begleitet von mysteriösem nächtlichen Dröhnen und Schreien. Und manchmal kommt es auch einfach so zu willkürlichen Bestrafungen durch die weißen Aufseher. Die Besserungsanstalt ist vergleichbar mit einer Vorstufe eines Arbeitslagers und nur wer nicht negativ auffällt, darf das Nickel nach seiner verhängten 'Haftstrafe' wieder verlassen, aber selbst das ist leichter gesagt als getan...


"Das ergab keinen Sinn. [...] Vielleicht hatte die Gewalt kein System, und niemand, weder Wächter noch Bewachte, wusste, aus welchem Grund sie etwas taten oder nicht. Dann war Elwood an der Reihe."


Whitehead hat sich mit diesem fiktionalen und doch auf Fakten basierenden Roman einem sehr ernsten und wichtigen Thema gewidmet. Rassismus, Unterdrückung, willkürliche Gewalt. Die 60er Jahre waren nach wie vor für die dunkelhäutige Bevölkerung eine sehr schwere Zeit und gerade diese Schwere, aber auch Willkür der Weißpriviligierten schwingt in nahezu jeder Zeile mit. Es ist kein einfaches Buch, dass man zur allgemeinen Nebenbeiunterhaltung nutzen kann, denn dafür ist das Geschehen einfach zu brutal und legt Zeugnis ab, von Dingen, die man in der heutigen Zeit nahezu ungeschehen machen möchte. Diskriminierung und Unterdrückung findet viele Wege und gerade Besserungsanstalten hatten in den USA einen großen 'Einfluss'. Und so öffnet Whitehead dem Leser auf diesem Weg noch einmal die Augen, was für ein Klima damals herrschte und wie schwer das speziell für die Nichtweißen war. Gerade deshalb ist das Buch für mich dann auch so etwas wie Pflichtlektüre - zum Verständnis, aber auch um sich in der heutigen Zeit der Ungerechtigkeit bewusst zu werden und die Vergangenheit nicht einfach unter den Tisch zu kehren.
Aber dieses Buch hat, wie ich finde, auch so einige Schwachstellen. Whitehead beschreibt vielfach die ausgeübte Gewalt, doch die meisten Erzählungen enden abrupt und ein neues Kapitel beginnt. Auch die Spannung kann er so nicht ununterbrochen aufrecht erhalten. Ähnlich verhält es sich dann auch mit den einzelnen Teilen selbst. Sobald man in das Geschehen hineingefunden hat, mitgerissen wurde, wird man auch wieder rausgeschmissen. Daher ist dieser Roman im Großen und Ganzen auch eher als eine Art Gedankenanstoß zu sehen, der den 'normal aufgeklärten' Leser, mehr mitnimmt und schockiert, aber eben auch mit seinen Gedanken alleine lässt. Und das empfinde ich gerade bei so ernsten Themenkomplexen etwas schwierig und schade.

Veröffentlicht am 06.05.2019

Auf in den Kampf... oder auch nicht.

Meine Königin
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Es ist 1965. Sommer. Der 12-jährige Shell lebt mit seiner Familie in einem recht abgelegenen Ort in der Provence. Das nächste Dorf liegt etwa 10km entfernt. Sie betreiben eine Tankstelle, die aufgrund ...

Es ist 1965. Sommer. Der 12-jährige Shell lebt mit seiner Familie in einem recht abgelegenen Ort in der Provence. Das nächste Dorf liegt etwa 10km entfernt. Sie betreiben eine Tankstelle, die aufgrund der Distanz zum Dorf nicht so häufig von den Einheimischen angefahren wird, aber zum Leben reicht es scheinbar. Shell ist ein Sonderling. Er hat keine Freunde, geht nicht mehr zu Schule, zündet gern Insekten an und erfreut sich daran die Zapfsäulen zu polieren und Autos vollzutanken. Doch er will endlich ein Mann sein. Er probiert eine Zigarette und steckt damit beinahe die Tankstelle in Brand. Und als ihn dann noch seine Eltern zurück auf eine Sonderschule schicken wollen, reißt er sich zusammen und geht über Nacht. Er fühlt sich erwachsen. Shell will in den Krieg ziehen. In einen, wie er ihn aus dem Fernsehen kennt, und es allen beweisen, dass er ein echter, furchtloser Kerl ist. Sein Weg führt ihn über ein nahegelegenes Plateau, wo er auf ein Mädchen namens Viviane trifft. Sie verstehen sich auf Anhieb, reden, spielen. Shell lebt nun auf dem Hochplateau.

Gar täglich bekommt er nun Besuch von seiner Königin. Zumindest erzählt sie ihm, dass sie eine sei und auf einem Schloss in der Nähe wohnt. Mit ihr scheint er die große Schlacht der Männlichkeit vergessen zu haben und bleibt. Als Untertan. Als Held. Nur zurück kann er eben nicht. Als dann alle nach ihm suchen, hilft sie ihm sich versteckt zu halten und versorgt ihn mit Sandwiches. Doch eines Tages, als die Polizei vor seiner Hütte auftaucht und er flieht, ist sie dann plötzlich auch verschwunden...

"Ich wollte nicht als Feigling gelten, wenn ich zurückkam. Aber ich hatte eine Königin und ich wusste schon jetzt, dass ich für sie alles tun würde, nicht weil ich es geschworen hatte, sondern weil ich Lust hatte."

Dieser Roman ist für mich ein sehr feiner, poetischer, gar niedlicher Ausflug mit einigen Längen. Shell und Viviane sind so wunderbar kohärente Charaktere, die jeweils sehr viel Raum für sich beanspruchen und auf ihre Art total liebenswert sind. Und so ist dieser Roman dann auch von den Charakteren bestimmt und weniger von der Handlung als solches. Leider kann Andrea das Niveau nicht durchgängig halten, zumindest hat sich der Mittelteil etwas gestreckt und ich verlor dadurch auch leider kurzzeitig meine Begeisterung. So habe ich dann an diesen gerade einmal 152 Seiten vergleichsweise auch recht lange gelesen. Das ist allerdings auch nicht sonderlich schlimm, denn das Ende hat alles wieder ausgeglichen. Jean-Baptiste Andrea liefert hier nämlich keine abgeschlossene, bis ins Detail ausformulierte Geschichte. Es bleibt noch ganz viel Spielraum für Fantasie übrig und gerade diese Möglichkeit macht's dann auch aus. Man sieht die beiden Hauptcharaktere vor dem inneren Auge und nimmt ihnen jedes Gefühl, jede Regung, Begeisterung... einfach ab. Meine Königin ist eine wirklich tolle Geschichte für alle, die noch das Kind in sich besitzen und vielleicht auch hin und wieder über ihren eigenen Schatten springen wollen.

Veröffentlicht am 01.05.2018

Kochen für einen gesunden Darm

Schlank mit Darm Kochbuch
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Passend zur Ratgeberreihe "... mit Darm" von Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann (und Regina Rautenberg) erschien nun im südwest-Verlag ein Kochbuch. "Schlank mit Darm Kochbuch" heißt es und bietet an die ...

Passend zur Ratgeberreihe "... mit Darm" von Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann (und Regina Rautenberg) erschien nun im südwest-Verlag ein Kochbuch. "Schlank mit Darm Kochbuch" heißt es und bietet an die 100 Rezepte zur Förderung einer gesunden Darmflora - und nein, dieses Buch ist wirklich kein (reiner) Abnehmhelfer.
Der Aufbau ist analog zu den Büchern der Reihe, wobei hier die Einleitung mit Wissenswertes über den Darm und warum eine gesunde Darmflora so wichtig und hilfreich ist, natürlich recht komprimiert ausfällt. Dies macht natürlich Sinn, denn im Vordergrund stehen hier die verschiedensten Rezepte, von einfach bis etwas aufwändiger.

"Da unsere Mikroben von dem leben (müssen), was wir ihnen vorsetzen, breiten sich die Keime aus, die mit den Lebensbedingungen im jeweiligen Darm am besten zurechtkommen."

Da unsere Gesundheit großteils von den ansässigen Darmbakterien abhängig ist, lohnt es sich auch nicht nur unseren Geschmacksknospen, sondern auch unseren Untermietern etwas Gutes zu tun. Eine gesunde Darmflora kann nicht nur Anspannung und den Stresshormonspiegel absenken, er kann einiges mehr. Wie bereits aus anderen Büchern bekannt, hat der Darm einen gewaltigen Einfluss auf die Psyche, das Wohlbefinden und allerhand neuerer Volkskrankheiten oder auch Demenz. In unserem Körper werden unwahrscheinlich viele Stoffe produziert und umgewandelt. Und dass dabei dank unpassender Keime im Darm auch negativ Beeinflussendes entstehen kann, sollte uns allen bewusst sein.
Dieses Kochbuch soll nun Abhilfe schaffen und uns mit Abwechslung und zahlreichen 'guten Stoffen' gesünder, ausdauerfähiger und belastbarer machen. Gut, vielleicht sogar schlank, denn auch dabei sind die Bakterien im Darm nicht ganz unschuldig.

Ansonsten ähnelt dieses Kochbuch anderen Büchern. Es gibt verschiedenste Rezepte von Salat über Fisch, Fleisch und Geflügel bis zu einfachen Gemüsegerichten. So wird auch auf die vegetarische und vegane Ernährung geachtet und ein großes Spektrum für jeden eröffnet. Einzige Kritikpunkte wären in meinem Fall die Angabe der Zutaten, die stets auf 4 Personen ausgelegt ist sowie die Aufnahme von Gerichten für Berufstätige bzw. Gerichte zum Mitnehmen. Diese Idee ist im Grunde toll, doch dass man belegte Brötchen, Kuchen und Muffins oder mal einen Kartoffelsalat mitnehmen kann, ist nicht sonderlich originell oder neu.

Jetzt bleibt mir nur noch zu sagen: Guten Hunger! Ihr Darm wird es Ihnen danken.

Veröffentlicht am 10.09.2017

Vom Kapitalismus in Afrika

Der Sandmaler
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Zu dem Roman "Der Sandmaler" kann man eigentlich gar nicht so viel sagen, außer dass er so viel Wahrheit über die Zustände Afrikas und den Einfluss des Kapitalismus enthält. So begleiten wir den wohlhabenden ...

Zu dem Roman "Der Sandmaler" kann man eigentlich gar nicht so viel sagen, außer dass er so viel Wahrheit über die Zustände Afrikas und den Einfluss des Kapitalismus enthält. So begleiten wir den wohlhabenden Stefan und die 'normale' Elisabeth im Urlaub auf ihrer Reise in die unbekannte Lebenssituation der Armen der Welt. Es handelt sich hierbei um eine frühere englische Kolonie und Touristenhochburg inmitten von Armenvierteln.

"Elisabeth bekam den Eindruck, dass alles, was die Menschen hier besaßen, Reste und Abfälle aus jener Welt waren, in der sie selbst lebte. Als würde dieses Land von den reichen Industriestaaten als Müllhalde benutzt."

Es ist erschreckend, wenn man bedenkt, dass die schwedische Originalausgabe bereits 1974 erschienen ist und sich bis heute eigentlich nichts Grundlegendes verändert hat. Mankell greift in Form dieses Romans unzählige seiner Reiseeindrücke, von der schnellen Nummer/Prostitution und Bettelei bis hin zur eigentlichen Kultur Afrikas auf und setzt sich mit diesen kritisch auseinander.

"Aber weißt du, solche Bräuche werden sehr schnell verschwinden, wenn dieses Land sich nach ausländischen Interessen entwickelt. Man wird dann nur ein paar pittoreske Riten aufrechterhalten, um sie den Touristen vorzuführen. Aber die eigentliche Kultur wird ausgelöscht und durch Coca-Cola und schwedische Popmusik ersetzt werden."

Das Bemerkenswerte, wie ich finde, ist, dass dieser Roman um die Haupthandlung herum so viel Wahrheit enthält. Den reichen und gut situierten Menschen der Welt sind die dort herrschenden Zustände gänzlich egal, Hauptsache es geht ihnen gut und an ihrer eigenen Einstellung wird sich wenig ändern. Elisabeth, die normal Bügerliche - sofern man das so sagen kann - ist diejenige, die durch die Zustände erschüttert wird, sich Gedanken macht, helfen mag und auf so viel Kultur und Menschlichkeit trifft."Der Sandmaler" ist kein mitreißender Roman, es ist ein eindrucksvoller Reise- und Situationsbericht, der der wohlhabenderen Gesellschaft die Wahrheit und das afrikanische Leben vor Augen halten soll.

Veröffentlicht am 30.09.2024

"Kinder sind nicht nur kleine Engel. Ganz im Gegenteil"

Kleine Monster
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Den Roman "Kleine Monster" von Jessica Lind wollte ich unbedingt lesen. Schon Linds Erstling "Mama", eine Art Schauerroman, der die Urgewalt der Mutterschaft thematisiert, sehr roh zwischen Traum und Wirklichkeit ...

Den Roman "Kleine Monster" von Jessica Lind wollte ich unbedingt lesen. Schon Linds Erstling "Mama", eine Art Schauerroman, der die Urgewalt der Mutterschaft thematisiert, sehr roh zwischen Traum und Wirklichkeit jongliert und einen mit einem sehr beklemmenden Gefühl zurücklässt, fand ich wahnsinnig toll. So etwas ähnliches erwartete ich nun auch bei "kleine Monster"; umgemünzt auf das Familienleben, das zwischenmenschliche Gefüge und Ver- bzw. Misstrauen zwischen Eltern und Kind.

Pia und Jakob werden für ein Gespräch in die Schule ihres Kindes bestellt. Es gab ein Vorfall zwischen Luca und einem Mädchen. Sie können es zunächst nicht glauben, wollen es nicht glauben. Ihr guter, sensibler und vernünftiger Junge. Doch der Siebenjährige schweigt, möchte mit ihnen nicht darüber reden. Und gerade das macht Pia fertig. Während Jakob sich noch auf die Seite seines Sohnes stellt - "Wir wissen doch gar nicht, ob es wirklich so passiert ist. Ein Mädchen hat eine Geschichte erzählt und jetzt sind alle in heller Aufregung." - beginnt bei Pia bereits eine Wunde aufzureißen. "Jakob sieht nicht, was ich sehe. Weil er das Dunkle nicht kennt. Aber ich kenne es, und wenn Luca auch so ist, dann ist er es wegen mir. Wegen meiner Familie." Sie wird vorsichtiger, die Bindung zwischen ihr und ihrem Sohn bröckelt und Skepsis macht sich breit. Die Angst davor, dass er eben nicht so lieb und ruhig ist, wie gedacht, nimmt überhand, trübt ihren Blick und sie beginnt ihrem Sohn Dinge zu unterstellen. Bis es dann eines Tages nicht nur bei Unterstellungen und Gedanken bleibt... alles zu kippen droht. "...ich weiß, dass mein Gefühl stimmt, dass da noch mehr ist, dass Luca etwas verschweigt. Jakob liegt falsch, wenn er sagt, dass Schweigen nicht Lügen ist. Schweigen ist noch schlimmer. Ich weiß, wovon ich rede."

"Der >Vorfall< schwebt über uns wie eine finstere Wolke, begleitet uns überallhin, wohin wir auch gehen. Ich suche nach einem Zauberspruch oder wie in einem Computerspiel nach der richtigen Abfolge von Handlungen, mit der man den Kampf gegen das Monster schließlich gewinnt."

Doch wer ist hier das Monster? Ihr Sohn? Der Vorfall? Sie selbst?

Ich habe mich lange gefragt, woran es liegt, dass dieses Buch bei mir nicht so 'funktionierte'. Während viele von beklemmender Faszination berichten, hatte ich eher mit Verständnislosigkeit und Wut auf die Protagonistin zu kämpfen. Für mich eine irgendwie neue und krasse Erfahrung - was ein Text mit mir und in mir auslöst, wie ich mich gegen den erzählenden Charakter richte und wie wütend ich da werden kann. Und das war für mich dann auch das Faszinierendste an diesem Roman, denn umso weiter ich las, umso weniger begreifbar und logisch wurde es. Ich habe es nicht verstanden, wie sich das alles so aufbauschen kann, dass weder ihr Partner, noch das Umfeld eingriffen und Pia (ohne nun zu viel verraten zu wollen) ihr persönliches, allem zugrunde liegendes Trauma über das aller stellt, obwohl auch andere, und das noch viel näher, an den damaligen Ereignissen beteiligt waren, mehr gesehen und gelitten haben. Zwar zeigen sich Traumata bei jedem anders und doch war mir das in diesem Fall einfach zu egozentrisch dargestellt. Vielleicht auch zu einfach.
An anderen Stellen war mir der Text hingegen einfach nicht hart genug, die Aufteilung in drei Teile hat für mich keinen Sinn ergeben, außer dass es vielleicht die Steigerung der psychischen Gewalt und das Pias Misstrauen unterstreicht, allerdings hätte es dafür keine 'Szenensprünge' gebraucht, es hätte auch genauso gut als durchgehender Text funktioniert. Und irgendwie hatte ich beim Lesen ständig das Gefühl, dass dieser Roman sehr glatt gezogen wurde. Alle Ecken und Kanten, die ich an "Mama" so liebte und die dieses Schauergefühlartige hervorriefen waren verschwunden. Dieser Text ist nun so typisch 'publikumsverlagig' und eintönig. Leider ist das nicht das erste Mal, dass Lieblingsautor
innen zu Hanser wechseln und dann eben genau das passiert. Ich freue mich sehr für Lind und dass ihr zweiter Roman nun eine größere Aufmerksamkeit genießt, aber irgendwie hat's mich da auch so ein Stück weit verloren.

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