Debüt mit Tiefgang
Erzählbände sind eigentlich immer etwas tolles, wenn man nicht so viel Zeit hat oder einfach nur kurz vor dem Schlafengehen noch etwas lesen möchte. Christoph Strolzs Buch "Wenn ich blinzle wird es besser" ...
Erzählbände sind eigentlich immer etwas tolles, wenn man nicht so viel Zeit hat oder einfach nur kurz vor dem Schlafengehen noch etwas lesen möchte. Christoph Strolzs Buch "Wenn ich blinzle wird es besser" wäre dafür so ein optimaler Kandidat, wenn er nicht so herausfordernd wäre. Und das meine ich in diesem Fall überhaupt nicht negativ, denn ich hatte mit diesem schmalen Buch eine recht intensivere Leseerfahrung.
So geht es zum Beispiel um einen Fotografen, der bereits Madonna porträtiert hat und nun Promo-Aufnahmen von Tailor Swift macht. Eigentlich sollte dies für ihn nun kein Problem sein und doch steckt der Teufel im Detail. Sein Eindruck und Wille das perfekte Bild, das seinen Vorstellungen entspricht, abzuliefern, treibt ihn vor allem in der Nachbearbeitung weit über die Deadline hinaus. Er stellt so beinahe alles was er an ihr sieht infrage und versucht nun krampfhaft das digitale Abbild einer perfekten haut zu erzeugen. "Wenn ich blinzle wird es besser" sagt er sich und irgendwie hat damit dann auch Recht. An anderer Stelle beobachtet ein Mann mit Kamera die Bewohner des gegenüberliegenden Hauses. Er will scheinbar Emotionen einfangen um sie Mara zeigen. Mara ist ans Bett gefesselt und scheint auch außerhalb dessen kein Leben zu haben. Niemand im Haus hat sie bisher bemerkt. Es ist eine Welt zwischen dem Gesehenen und dem Eigentlichen. Und so geht es dann auch andererorts um Lüge und Wahrheit, gar Krankheit oder eine Frau, die plötzlich Schlangengesichter um sich herum sieht und alles hinterfragt oder um eine Putzfrau, den Bus und den Schnee oder...
Ich würde nun lügen, wenn ich sagen würde, diese Geschichten hätten mir außerordentlich gut gefallen... Zu sehr stellten sie nämlich meine Zweifel an der oberflächlichen Realität und der eigenen Beobachtung in den Vordergrund. Das liegt nun nicht am Geschriebenen selbst, denn Christoph Strolz verpackt hier viele Gedanken auf eine recht angenehme und doch eher anspruchsvolle Art. Das hier ist kein Buch für eine Nebenbeiunterhaltung, in ihm steckt nämlich viel, viel mehr. Zumindest hat er es bei mir mit jeder einzelnen Geschichte geschafft den Schein der heutigen Welt infrage zu stellen. Wie viel Perfektion und Wunsch wäre noch gerechtfertigt? Was ist Trug und was ist die Wahrheit der eigenen Gedanken und Wahrnehmung? Vielleicht erinnert es auch einfach nur mich an den steigenden Leistungsdruck, persönlich wirre Gedanken und die eigene Wirkung auf quasi Außenstehende. Jede Erzählung steht für sich selbst, hat eine komplett andere Ausgangslage und doch finde ich sie insgesamt so sehr harmonisch.