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Veröffentlicht am 15.10.2016

Wer etwas wagt, dem wachsen Flügel

Das Café der kleinen Wunder
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Die Studentin Nelly lebt in Paris und ist schon seit längerem heimlich in ihren Professor verliebt. Doch diese Liebe ist nicht von Erfolg gekrönt, denn der Professor liebt eine Kollegin und möchte deswegen ...

Die Studentin Nelly lebt in Paris und ist schon seit längerem heimlich in ihren Professor verliebt. Doch diese Liebe ist nicht von Erfolg gekrönt, denn der Professor liebt eine Kollegin und möchte deswegen nach Italien ziehen. Nelly fällt in ein Loch, denn sie redet sich ein, wenn sie weniger Flugangst und das Angebot des Professors zu einer gemeinsamen New York Reise angenommen hätte, wäre alles ganz anders gekommen. In ihrem Frust kauft Nelly sich die rote Designer-Handtasche, die ihr so gut gefällt, und sichtet den Nachlass ihrer geliebten Großmutter. Dabei fällt ihr ein altes Buch mit Widmung in die Hände, welches ihre Neugier auf die Vergangenheit ihrer Großmutter weckt, allerdings muss sie für weitere Nachforschungen nach Venedig. Kurzerhand mietet sie in der Lagunenstadt eine Wohnung und macht sich auf, den Spuren der Vergangenheit zu folgen. Dabei trifft sie durch ein Missgeschick auf den Italiener Valentino. Wird er ihr bei der Suche helfen können?

Unter dem Pseudonym Nicolas Barreau wurde der neue Roman „Das Café der kleinen Wunder“ veröffentlicht, ein wunderschöner, gefühlvoller Liebesroman, dessen Handlung vor der Kulisse der wahrscheinlich schönsten und romantischsten Orte der Welt spielt: Paris und Venedig. Nirgendwo sonst werden Städte mit dem Wort Liebe in Verbindung gebracht außer bei diesen beiden. Der Schreibstil ist flüssig, schnell ist der Leser an der Seite der Hauptprotagonistin Nelly und beobachtet sie bei ihren Unternehmungen. Die Beschreibungen der Städte sind so detailliert und farbenfroh, dass man das Gefühl hat, sich blind dort zurecht zu finden. Wenn man sowohl Paris als auch Venedig kennt, ist es wie ein Wochenendtrip im Kopf auf den Spuren der Vergangenheit und dem Finden der Liebe. Der Duft von frischen Brioches und Croissants umweht einen ebenso wie der von starkem italienischen Espresso.

Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und wirken sehr authentisch. Nelly ist eine eher ängstliche Frau, die sich kaum etwas zutraut. Oftmals hat man das Gefühl, man müsste sie mal schütteln oder ihr Mut zusprechen, damit sie etwas wagt. Nelly ist auch sehr misstrauisch und begegnet ihren Mitmenschen eher zurückhaltend, was oftmals gar nicht von Vorteil ist und sie sich damit selbst Steine in den Weg legt. Sie muss erst eine traurige Erfahrung machen, die ihr in der Seele weh tut, um aus sich herauszuwachsen und sich immer mehr an neue Dinge und Erfahrungen heranzuwagen. Nellys Cousine Jeanne ist der gute Geist, der Nelly immer wieder ins Gewissen redet und sie anstachelt, etwas mehr Mut zum Leben zu entwickeln. Valentino ist ein gutaussehender Italiener, der das Herz auf dem rechten Fleck hat. Er ist ein Charmeur, doch kann er auch ernsthaft sein. Und Amerikaner Sean bringt mit seiner Art ebenfalls frischen Wind in das Leben.

Bei den Romanen von Nicolas Barreau hat man immer die Garantie von Romantik und von wunderschön erzählten Liebesgeschichten, wie man sie sich selbst im Geheimen erträumt. Da finden Außenseiter endlich auch das Stück vom Glück, das sie sich so sehr erhofft haben. „Das Café der kleinen Wunder“ ist wieder so ein Buch, dass man von der ersten bis zur letzten Seite nicht aus der Hand legen kann und sich in der Handlung regelrecht verliert, so schön wird sie erzählt, wobei auch die wunderschöne Hintergrundkulisse ihre Wirkung nicht verfehlt. Alles, die noch an Romantik und die wahre Liebe glauben, werden dieses Buch lieben. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 09.10.2016

Erst der Verlust gewinnt ein Herz

Die Tage, die ich dir verspreche
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„Über alles hat der Mensch Gewalt, nur nicht über sein Herz.“ (Friedrich Hebbel)

Die 19-jährige Gwen ist sehr krank. Schon lange wartet sie darauf, dass sich ein Organspender findet, damit sie ein neues ...

„Über alles hat der Mensch Gewalt, nur nicht über sein Herz.“ (Friedrich Hebbel)

Die 19-jährige Gwen ist sehr krank. Schon lange wartet sie darauf, dass sich ein Organspender findet, damit sie ein neues Herz bekommt. Und dann ist es soweit. Doch nach der Operation fällt Gwen in ein tiefes Loch, sie ist verzweifelt und todunglücklich, denn es plagen sie Schuldgefühle aufgrund der Tatsache, dass jemand sterben musste, damit sie leben kann. Ihre Verzweiflung stürzt sie in eine tiefe Depression, der Gedanke, das gerade erhaltene Herz jemand anderem zu geben, wird für sie zur fixen Idee und damit gibt sie offen zu, dass sie sterben möchte. Eine Anmeldung in einem Forum für Herztransplantationen führt sie zu dem jungen Studenten Noah, der das Forum betreut. Gwen bietet ihr Herz im Forum an, was Noah unbedingt verhindern will. Als Gwen auf einmal vor seiner Tür steht, versucht Noah mit allen Mitteln, Gwen umzustimmen. Wird es ihm gelingen? Wird Gwen endlich wieder lernen, das Leben zu lieben?

Lily Oliver hat mit ihrem Buch „Die Tage, die ich dir verspreche“ einen sehr emotionalen und anrührenden Roman vorgelegt und sich darin mit einem sehr heiklen Thema auseinander gesetzt, das immer aktuell ist und viele Menschen tagtäglich beschäftigt, seien es Spender, aber vor allem Empfänger. Niemand ist sich der Tatsache mehr bewusst, dass jemand anders zu leiden oder zu sterben hat, damit jemand neuen Lebensmut und mehr Zeit bekommt, als gerade die Spendenempfänger. Manche warten Jahre darauf, sich einer Operation zu unterziehen, viele sterben innerhalb der Wartezeit, weil es nie genug Spender gibt und vor allem der passende. Der Leidensweg dieser Menschen und deren Angehöriger ist meist jahrelang gezeichnet von der Organkrankheit und die Kraft, die Hoffnung aufrecht zu erhalten, wird immer schwerer, je länger es dauert, bis man die erlösende Nachricht bekommt. Die meisten Empfänger sind überglücklich, endlich ein halbwegs normales Leben führen zu können, aber es gibt auch diejenigen, die nach der Operation Depressionen bekommen, sich mit dem „Lebensgeschenk“ nicht abfinden können und darunter leiden, weil sie sich auf einmal selbst fremd sind oder sich fremd fühlen, weil sie der Gedanke an den eventuell toten Spender verzweifeln lässt und sie so ihrem Lebensmut und ihrer Energie beraubt.

„Du kannst Deine Augen schließen, wenn Du etwas nicht sehen willst, aber Du kannst nicht Dein Herz verschließen, wenn Du etwas nicht fühlen willst.“ (Johnny Depp)

Der Schreibstil ist flüssig, durch die verschiedenen Perspektiven findet sich der Leser mal an der Seite von Gwen, mal an der Seite von Noah wieder und erfährt so vieles über deren Empfindungen, Gefühle und Gedanken.

Die Charaktere sind sehr interessant ausgestaltet, wirken lebendig und authentisch. Gwen ist zu Beginn nicht gerade eine Sympathieträgerin, man muss sich auf sie einlassen, muss ihre Verzweiflung spüren und ihre Gedanken nachvollziehen, um sie besser kennenzulernen und sie zu verstehen. Gwen hat einen sehr langen Leidensweg hinter sich, sie hatte wahrscheinlich nicht mehr viel Hoffnung, am Leben zu bleiben. Nach der Operation lehnt sie das neue Herz ab, weil sie den Gedanken nicht erträgt, dass dafür ein Mensch gestorben ist. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass sie ihr eigenes krankes Herz nicht mehr besitzt und somit fühlt sie sich selbst fremd und nicht mehr wie sie selbst. Ihre Verzweiflung ist verständlich, vermuten doch heute noch viele Menschen auf der Welt, dass in dem Herz auch die Seele des Menschen wohnt. Ist Gwen nun ein anderer Mensch, weil sie ein fremdes Herz hat? Wo ist sie selbst geblieben? Natürlich fällt es schwer, sich damit abzufinden und diese Gedanken zuzulassen, vor allem muss man sich erst einmal selbst wiederfinden.

„Wem der Himmel eine große Aufgabe zugedacht hat, dessen Herz und Willen zermürbt er erst durch Leid.“ (Mengzi)

Student Noah ist eigentlich ein netter Typ, Sohn einer Herzchirurgin, der noch keine Ahnung hat, was er einmal machen will. Als Forumsleiter lernt er Gwen kennen und bringt sich hier mehr ein, als richtig ist. Doch Noah will Gwen beschützen, er macht eigentlich das Richtige, doch auf völlig falsche Art und Weise. Oftmals kann man nur den Kopf schütteln und hoffen, dass das Ganze gut ausgeht, weil er sich immer mehr Lügen bedient, um Gwen von ihrem Vorhaben abzubringen, und niemand weiß, wie Gwen darauf reagieren wird, wenn sie die Wahrheit erfahren wird.

„Mancher findet sein Herz nicht eher, als bis er seinen Kopf verliert.“ (Friedrich Nietzsche)

„Die Tage, die ich Dir verspreche“ ist ein Roman, der einen mitten ins Herz trifft und ein Thema behandelt, das einem lange nicht mehr aus dem Kopf geht. Eigentlich sollte sich jeder mit Organspende befassen und was es für einen selbst und für alle anderen bedeuten kann. Die dazugehörigen Gefühle sollte man ebenso bedenken wie die Tatsache, was einem durch eine Spende geschenkt und anderen genommen wird. Dieses Buch ist keine leichte Kost, aber absolut lesenswert, deshalb unbedingte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.10.2016

Die goldenen 20er Jahre

Spiel der Hoffnung
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1927. Nach dem Tod ihrer Mutter Hannah findet Ella Wittkamp in deren Hinterlassenschaft die Münchener Adresse des Professors Constantin Lutz mit der Aufforderung zu einem Besuch. Ella reist von Berlin ...

1927. Nach dem Tod ihrer Mutter Hannah findet Ella Wittkamp in deren Hinterlassenschaft die Münchener Adresse des Professors Constantin Lutz mit der Aufforderung zu einem Besuch. Ella reist von Berlin nach München, um den Professor aufzusuchen und findet sich alsbald als Dauergast in seinem Haus wieder, wobei er Ella eine Mappe mit wichtigen Unterlagen aushändigt und sie gegenüber seinen Freunden und Geschäftskollegen als seine Nichte ausgibt. So lernt Ella auch Jobst von Kirchenreuth kennen und die beiden verlieben sich auf Anhieb ineinander. Ein halbes Jahr später, kurz nach dem Tod des Professors, heiraten Ella und Jobst und ziehen in die Villa zu Jobsts Familie. Bereits die Hochzeitsreise eröffnet Ella einige dunkle Seiten ihres Ehemannes, auch überlässt Jobst tagelang sich selbst, ohne dass Ella weiß, was ihr Gatte so treibt. In der Kirchenreuthschen Villa muss sie sich gegen Schwägerin Viktoria wappnen, die ihr feindlich gesinnt gegenüber steht und alle Register zieht, um Ella als Schwindlerin zu entlarven. Ella fühlt sich in der Villa nicht wohl, sie vermisst ihre Freundin Rike und wünscht sich ein Leben nur mit ihrem Mann in den eigenen vier Wänden. Auch die schwarze Mappe vom Professor gibt ihr Rätsel auf, die sie unbedingt lösen möchte, da es sich offensichtlich um Aufzeichnungen ihres Vaters handelt. Wird Ella endlich mehr über ihre eigenen Eltern erfahren? Und wird sie an der Seite von Jobst wirklich glücklich werden?

Heidi Rehn hat mit ihrem Buch „Spiel der Hoffnung“ einen wunderbaren historischen Roman vorgelegt, der die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die Zeit der Weimarer Republik, wieder auferstehen lässt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig, der Leser wird geradezu in die damalige Zeit versetzt und erlebt anhand von Casinobesuchen, Musikveranstaltungen, Reisen nach Monte Carlo und Paris den mondänen Lebensstil einer wohlbetuchten Gesellschaft mit, aber auch die Welt der Journalisten, die auf eine gewagte Story hoffen, oder den Nachforschungen eines Privatdetektives, der Verborgenes zutage fördert, was Schwierigkeiten bringt und die Betroffenen gerne vernichtet sehen würden. Auch die damalige politische Lage wird von der Autorin sehr schön in die Handlung miteingeflochten und wirkt so wie ein Stück Zeitgeschichte, das der Leser per Kopfkino miterleben darf. Die Anfänge der NSDAP und die unterschiedliche Wahrnehmung in der Bevölkerung werden ebenso thematisiert, wie die verschiedene Beachtung dieser Partei in Berlin und München.

Die Charaktere sind sehr unterschiedlich skizziert, haben alle ihre Eigenheiten und wirken dadurch sehr lebensecht und authentisch. Ella ist eine sympathische Frau, die allerdings zu Beginn auch noch sehr naiv wirkt aufgrund ihres Alters. Sie liebt ihren Ehemann von Herzen, obwohl sie sich kurz nach der Hochzeit eingestehen muss, dass sie sich so gut wie gar nicht richtig kennen. Doch Ella erlebt während des Romans eine erstaunliche Entwicklung, sie beginnt, Dinge zu hinterfragen und verfolgt hartnäckig die Antwort auf ihre Fragen. Dabei erfährt sie überraschenderweise Hilfe von ihr teilweise nur flüchtig bekannten Menschen, aber auch von ihrer Freundin Rike. Rike ist eine typische Berliner Pflanze, fühlt sie sich unbeobachtet, redet sie mit Berliner Schnauze, ansonsten ist sie sehr darauf bedacht, sich überall ihren Vorteil zu sichern und sich einen Platz in den wohlhabenden Kreisen zu erobern. Manchmal gewinnt man den Eindruck, sie würde Ella nur ausnutzen, doch im entscheidenden Augenblick ist auf Rike Verlass, und das ist unbezahlbar. Auch die Reichen werden Rike egal, als sie auf die wahre Liebe trifft. Jobst ist ein unsteter Mann, der Ella zwar wirklich liebt, der aber auch seine Geheimnisse mit sich herumträgt und an einer Schuld trägt, über die er nicht spricht, sich aber mit Drogen Erleichterung verschafft. Man weiß nie, wie er im nächsten Moment reagieren wird, was einiges an Spannung erzeugt. Viktoria ist eine missgünstige und hochmütige Person, die mit ihrem eigenen Ehemann große Probleme hat, so dass sie anderen ihr Glück nicht gönnt. Doch leider ist sie nicht clever genug, um ihre Trümpfe auszuspielen. Gleichzeitig ist Viktoria aber auch einer der spannendsten Charaktere in diesem Roman, denn durch ihr Verhalten gibt es einige interessante Wendungen innerhalb und außerhalb der Familie, die recht bedeutsam sind. Auch die anderen Protagonisten tragen mit ihren kleinen Episoden und ihrem Verhalten zu der opulenten Handlung dieses Romans bei.

„Spiel der Hoffnung“ ist ein sehr interessanter und spannender Familien- und Gesellschaftsroman in den 20er Jahren, der sowohl historisch als auch fiktiv nichts vermissen lässt und einmal mehr zeigt, dass Heidi Rehn exzellent recherchiert und wunderbare Geschichten erzählen kann, bei denen das Kopfkino keine Pause hat. Man darf gespannt sein auf das nächste Werk der Autorin. Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 08.10.2016

Vom Verlieren und sich wiederfinden

Meine Schwester, die Hummelkönigin
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Ally ist Journalistin in L.A., doch als ihre Mutter stirbt, kehrt sie für die Beerdigung nach 10 Jahren zum ersten Mal wieder zurück nach Bear Isle, einer beschauliche Insel, die vom Tourismus, Blaubeeren ...

Ally ist Journalistin in L.A., doch als ihre Mutter stirbt, kehrt sie für die Beerdigung nach 10 Jahren zum ersten Mal wieder zurück nach Bear Isle, einer beschauliche Insel, die vom Tourismus, Blaubeeren und dem Hummerfang lebt und von der Ally damals regelrecht geflüchtet ist. Ally hat zwiespältige Gefühle, die in ihrer Vergangenheit begründet liegen, und da ist auch noch ihre ältere Schwester Emma, um die sie sich in den nächsten 2 Wochen kümmern muss, denn Emma ist ein besonderer, aber auch seltsamer Mensch mit einer großen Liebe zu Hummeln. Doch Emma ist auch voller Talente und Fähigkeiten, die außergewöhnlich sind. Je mehr der Aufenthalt von Ally auf der Insel fortschreitet, umso mehr kommt die alte Vertrautheit zu dem Ort ihrer Kindheit wieder, aber auch die Gefühle zu ihrer Schwester Emma. Allys Gefühle stehen im Widerstreit, ihr Leben spielt sich jetzt in L.A. ab, doch Bear Isle fühlt sich immer mehr wie Zuhause an. Welche Zukunft wird sie für sich wählen?

Patrizia Zannini hat mit ihrem Buch „Meine Schwester, die Hummelkönigin“ einen wunderschönen und lesenswerten Familienroman vorgelegt, der vor der herrlichen Kulisse Maines spielt. Der Schreibstil ist flüssig, einfühlsam, wirkt manchmal auch melancholisch, aber gerade dies macht die Geschichte umso glaubhafter. Der Leser lässt sich von der ersten Seite an von den sehr schön gezeichneten Bildern der Landschaft Maines verzaubern und steht wie ein Schatten an Allys Seite, um sie auf ihren ersten Besuch nach 10 Jahren zu begleiten, erfährt ihre Gedanken und Gefühle und kann mit ihr hoffen, bangen, mitfühlen. Die Autorin liefert innerhalb der Handlung so wunderbare Beschreibungen, ob es nun um den Hummerfang oder die Hummeln geht, dass man es regelrecht vor Augen hat, als wenn man es gerade selbst miterlebt. Wer den Indian Summer an der Ostküste der USA schon einmal miterlebt hat, bekommt bei diesen Beschreibungen Fernweh und möchte am liebsten die Koffer packen, um diese Farbenpracht nochmals zu sehen.

Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet, ihre Ecken und Kanten machen gerade das Besondere in diesem Roman aus. Ally ist eine sympathische Frau, mit der man allerdings erst warm werden muss. Sie hat 10 Jahre unter einem Streit gelitten, weshalb sie die Heimat verlassen hat. Doch Ally ist auch ein pflichtbewusster und verantwortungsvoller Mensch, der niemanden im Stich lässt, vor allem nicht ihre Schwester Emma. Und gerade aufgrund ihres Verantwortungsbewusstseins schiebt Ally Entscheidungen vor sich her, die auch für ihr Leben von großer Bedeutung sind. Emma ist ein toller Charakter, sie ist einfach sie selbst, oftmals hat man das Gefühl, sie nimmt die Menschen um sich herum gar nicht wirklich wahr. Doch das täuscht. Sie ist nicht der emotionale Typ, lebt sie doch in ihrer eigenen kleinen Welt, aber sie ist durchaus in der Lage, mitzufühlen und jemanden zu umsorgen. Emmas Talente kommen nach und nach zum Vorschein, sie rettet Ally damit das Leben und sichert sich, ohne es zu wissen, ihre eigene Zukunft. Man muss Emma einfach lieben! Auch die anderen Protagonisten sind so bunt zusammengewürfelt, man möchte sich gar nicht von ihnen verabschieden, sondern am liebsten jeden Tag aufs Neue wieder treffen. Tragen sie doch mit dazu bei, dass die Geschichte ein wunderbar warmes Gefühl beim Lesen hinterlässt.

„Meine Schwester, die Hummelkönigin“ ist ein sehr gefühlvoller und gleichzeitig farbenprächtiger Roman, der sich mit der Vergangenheitsbewältigung, dem Zusammenwachsen von zwei sich fremd gewordenen Schwestern und der gemeinsamen Zukunft beschäftigt. Alle, die sich gern in einer Geschichte verlieren wollen, sind bei der „Hummelkönigin“ genau richtig. Wunderbar gemacht, absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 01.10.2016

Das dunkle Geheimnis der Kirschvilla

Die Kirschvilla
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Als Pauline ihr Geburtshaus erbt, eine alte Villa am Rheinufer, wird sie von ihrer Enkelin Isabell und dem jungen Notar Julius Grothues nach Köln begleitet. Pauline möchte die Erbschaft am liebsten gar ...

Als Pauline ihr Geburtshaus erbt, eine alte Villa am Rheinufer, wird sie von ihrer Enkelin Isabell und dem jungen Notar Julius Grothues nach Köln begleitet. Pauline möchte die Erbschaft am liebsten gar nicht erst antreten, dagegen ist Isabell schnell gefangen von der düsteren, geheimnisvollen Ausstrahlung des Hauses. Sie möchte mehr über die Familiengeschichte erfahren, über die ihre Großmutter bisher nichts erzählen möchte. Doch Isabell ist hartnäckig. Sie findet zwei alte Tagebücher, durch die sie Stück für Stück über die traurige und dramatische Vergangenheit Paulines erfährt, die aber auch mit Julius‘ eigener Familiengeschichte eng verknüpft ist, dem Isabell immer mehr ihr Herz öffnet. Wird Pauline endlich die Kraft aufbringen, sich mit der Vergangenheit auszusöhnen, um Frieden zu finden? Werden Julius und Isabell eine Zukunft haben?

Hanna Caspian hat mit ihrem Buch „Die Kirschvilla“ einen sehr spannenden, emotionalen und atmosphärisch dichten Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, von der ersten Seite an entwickelt die Geschichte einen derartigen Sog, dass der Leser das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann, ist er doch als stiller Beobachter in der Gegenwart an der Seite der Protagonisten, tritt aber auch gleichzeitig eine Zeitreise in das vergangene Jahrhundert an, um die Ereignisse innerhalb Paulines Familie aus erster Hand mitzuerleben. Die Handlung wird in zwei Zeitebenen erzählt, die sich gegenseitig abwechseln, den Lesefluss aber in keiner Weise stören. Durch den ständigen Wechsel wird dem Leser Stück für Stück eine dramatische Geschichte präsentiert, wobei ihm genug Raum für Spekulationen und eigene Gedanken bleibt. Dabei versteht es die Autorin hervorragend, den Leser die gesamte Gefühlspalette von Wut, Mitgefühl, Entsetzen, Hoffnung und Freude durchlaufen zu lassen.

Die Charaktere wurden liebevoll in Szene gesetzt, so dass man sich gut mit ihnen identifizieren kann. Sie wirken lebendig und authentisch. Pauline ist eine Frau, die Zeit ihres Lebens ihre dunkle Vergangenheit verdrängt hat und sich ihr nun stellen muss. Ihre Gesundheit ist nicht die beste, dazu wirkt sie sehr unglücklich, was wohl der Vergangenheit und deren Umstände geschuldet ist. Doch Pauline ist auch eine herzensgute Frau, die ihre Enkelin aufrichtig liebt. Isabell ist eine sympathische junge Frau, die sehr an ihrer Großmutter hängt und sie bei allem unterstützt. Gleichzeitig ist Isabell ein Mensch voller Widersprüche, die für eine so junge Frau recht ungewöhnlich sind. Sie hat vor einer richtigen Liebesbeziehung Angst, so dass sie sich am liebsten gar nicht erst darauf einlassen will. Immer ist sie ein bisschen auf Abstand, damit ihr niemand zu nahe kommen kann. Doch auf Dauer funktioniert das Leben so nicht. Julius ist ein patenter junger Mann, der sich immer mehr in das Herz des Lesers schlecht durch seine hilfsbereite und gefühlvolle Art. Auch die anderen Protagonisten, die den Teil der Vergangenheit bestreiten, sind sehr vielfältig gestaltet und untermalen mit ihren Taten und ihrem Wesen die Handlung um einiges mehr.

„Die Kirschvilla“ ist ein sehr dramatischer und emotionsgeladener Roman um ein verborgenes Familiengeheimnis, dass von Hanna Caspian auf wundervolle Weise erzählt wird. Wer gern gefühlvolle, ein wenig düstere Geschichten bevorzugt, wird diesen Roman lieben. Absolute Leseempfehlung für ein Lesehighlight 2016!!!