Das Gehirn als Regisseur der Wahrheit
Wie auch in "Das Buch der Spiegel" sind hier subjektive und objektive Wahrheit die Protagonisten des Romans, das, was das menschliche Gehirn als Regisseur im Schnittraum der Erinnerung aus Eindrücken und ...
Wie auch in "Das Buch der Spiegel" sind hier subjektive und objektive Wahrheit die Protagonisten des Romans, das, was das menschliche Gehirn als Regisseur im Schnittraum der Erinnerung aus Eindrücken und Gefühlen als die einzige Wahrheit über eine Begebenheit zusammenfügt.
Schon der Klappentext verspricht einen Pageturner: Sterbender amerikanischer Millionär wendet sich an bekannten Psychiater, um mittels Hypnose herauszufinden, ob er in seiner Jugend eine schwere Straftat begangen hat, die sein Gehirn im damaligen Alkohol- und Drogenrausch ausgeblendet hatte. Nach dem Tod des wohltätigen und zurückgezogen lebenden Millionärs ist Dr. Cobb so gefesselt vom für ihn nicht gelösten Rätsel um Joshua Fleischer, Abraham Hale und Simone Duchamp, dass er den offensichtlichen Mord an der jungen Französin Simone weiter verfolgt. Er setzt einen Privatdetektiven auf den Fall an, der ihm vier weitere Perspektiven auf die Geschehnisse in Paris im Jahr 1976 ermöglicht. Durch die Tagebücher des aus der eigenen Sicht zu Unrecht in der Psychiatrie eingelieferte Jack Bertrand, einer damaligen Geliebten von Abe Hale, der besten Freundin von Simones Schwester Laura und offenbar von Laura selbst. Währenddessen entwirrt sich auch das Knäuel des Selbstmordes einer von Cobbs Patientinnen, ebenfalls durch das Spiel mit Perspektiven durch schriftliche Belege und Gespräche mit Personen aus dem Freundeskreis der jungen Julie, was Leben und Karriere des Psychiaters einschneidend aber dennoch bewusst verändert wird.
Hochinteressant, sehr gut gemacht. Deshalb konnte ich das Buch auch nicht weglegen, habe es am Stück durchgelesen. Im Gegensatz zum "Buch der Spiegel", das offenbar zeitlich nach dem ersten Entwurf dieses Romans entstand, wird man aus dieser Geschichte nicht mit frustrierenden losen Enden entlassen. Es gibt eine Auflösung, die eine weitere Perspektive, andere Motive zutage fördert. Allein die Übersetzung ist an einigen Stellen ein wenig sperrig (z.B. verabsäumen - ein heute eher wenig geläufiges Verb).
Das Cover kommt unauffällig daher, mit einer Schwarz-Weiß-Fotografie einer wahrscheinlich Pariser Gasse. Der Titel, in rot gesetzt, erregt jedoch Aufmerksamkeit. Der Name des Autors erst recht, wenn man "Das Buch der Spiegel" gelesen hat. Ich hätte mir gewünscht, nachdem ich das Buch zu Ende gelesen hatte, dass das Foto das Josh Dr. Cobb vermacht auf der Titelseite zu finden ist.