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Veröffentlicht am 16.05.2019

Tiefgründige Entspannung

Alte Sorten
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Ewald Arenz ist mit "Alte Sorten" ein wirklich einfühlsames Porträt zweier Frauen gelungen, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten.

Während die junge Sally gegen die gesamte Welt ...

Ewald Arenz ist mit "Alte Sorten" ein wirklich einfühlsames Porträt zweier Frauen gelungen, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten.

Während die junge Sally gegen die gesamte Welt ankämpft, von der sie sich missverstanden fühlt, lebt Liss zurückgezogen auf dem familieneigenen Hof und versucht den Laden aus eigener Kraft am Laufen zu halten. Als sie Sally bei sich aufnimmt, zeigt sich schnell, wieviel die beiden Frauen eigentlich gemeinsam haben.

Wie der Klappentext so schön sagt:
">Alte Sorten< ist ein Roman, der entschleunigt und den Blick auf das Wesentliche lenkt."

Und dem kann ich nur zustimmen! Dieses Buch blendet mit seinem Stil die restliche Welt um einen herum aus und fokussiert den Blick auf einen selbst. Auch wenn die Geschichte scheinbar nicht viel mehr erzählt, als die täglich auf einem Hof anfallenden Arbeiten, passiert doch so viel mehr zwischen den Zeilen. Gerade die wortlosen Interaktionen der beiden Frauen lassen auch den Leser über das eigene Leben nachdenken und lenken den Blick auf die Probleme, die im Alltag schnell untergehen können.

Zumindest mir hat es die Augen geöffnet für die Schnelllebigkeit der heutigen Gesellschaft, die dazu führt, dass sich viele Menschen überfordert fühlen.

"Alte Sorten" ist wie ein Ruhepol, ein Rückzugsort, an dem man sich über saftig-süße Birnen freuen kann und beim Summen der Bienen entspannt; ein Stückchen Natur in Buchform, das zum tief Luft holen einlädt und den Alltag vergessen lässt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 16.05.2019

Etwas gänzlich Neues

Der Wal und das Ende der Welt
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Ein gestrandeter Nackter, ein gestrandeter Wal und ein 300 Seelen-Dorf am Rande der Welt: nach was für einem Roman klingt das für sie?

Der Klappentext und das Cover waren für mich vollkommen nichtssagend, ...

Ein gestrandeter Nackter, ein gestrandeter Wal und ein 300 Seelen-Dorf am Rande der Welt: nach was für einem Roman klingt das für sie?

Der Klappentext und das Cover waren für mich vollkommen nichtssagend, weshalb ich mich ohne Sicherheitsnetz auf diese Geschichte eingelassen habe. Ich habe mir eine unterhaltsame Gesellschaftskritik über die soziale Schere zwischen Dorfleben und Großstadt vorgestellt und etwas vollkommen anderes bekommen.

John Ironmonger hat es geschafft, diese Vorstellung mit einer Dystopie zu kreuzen und dadurch ein gänzlich neues Genre geschaffen- die Cosy Dystopie.

Obwohl es um den drohenden Weltuntergang geht, bleibt die Erzählung gänzlich unaufgeregt und tiefenentspannt. Die Geschichte plätschert ruhig dahin, ohne dabei zu langweilen. Beobachtungen skuriler menschlicher Interaktionen wechseln sich ab mit wissenschaftlichen oder fast schon philosophischen Überlegungen über die menschliche Natur und amchen das Buch damit zu etwas ganz besonderem.

Das einzige Manko ist wahrscheinlich das Ende, das dem Rest des Buches nicht ganz gerecht wird.

Veröffentlicht am 09.05.2019

Rache, kalt serviert

Die Farben des Feuers
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Ich gebe zu, Pierre Lemaitre hat es bei mir wirklich nicht leicht. Und doch gebe ich ihm immer wieder eine Chance, weil mich etwas Undefinierbares an seinem Schreibstil einfach fesselt.

In "Die Farben ...

Ich gebe zu, Pierre Lemaitre hat es bei mir wirklich nicht leicht. Und doch gebe ich ihm immer wieder eine Chance, weil mich etwas Undefinierbares an seinem Schreibstil einfach fesselt.

In "Die Farben des Feuers" erzählt er auf seine unnachahmliche Art die Geschichte von Madeleine, die nach dem Tod ihres Vaters plötzlich das Bankiersimperium der Familie erbt. Davon vollkommen überfordert und nur auf ihren (dank eines Unfalls auf der Beerdigung des oben genannten) querschnittsgelähmten Sohn fokussiert, verlässt sie sich auf die Hilfe anderer und vertraut dabei den falschen Leuten.
Was anschließend passiert, bedingt die Entwicklung Madeleines zu einer starken Frau mit eisernem Willen.

Wer den Klappentext des Buches gelesen hat, könnte ich davon leicht in die Irre und zu falschen Erwartungen verleitet sehen. Doch nach Beendigung des Buches ist es doch eine nicht vollkomen abwegige Zusammenfassung der Ereignisse, auch wenn sie viel Spielraum lässt.

Auf teils sehr nüchterne und emotionslose Art erzählt Herr Lemaitre hier eine klassische Rache-Geschichte, die mich von den Intentionen her ein wenig an Der Graf von Montecristo erinnert. Und doch überrascht er mich durch Einwürfe und unerwartete Bemerkungen, die von tiefstem schwarzen Humor erfüllt sind und mich schmunzeln lassen. Allein durch die überspitzte Zeichnung seiner Figuren, die hinter ihren glänzenden Fassagen die tiefsten Abgründe offenbaren, bringt er seine Gesellschaftskritik hervorragend zum Ausdruck.

Die Geschichte an sich hatte für mich einige Längen, die interessanten Passagen waren oftmals nicht vordergründig ersichtlich, man musste zwischen den Zeilen suchen, und doch bleibt sie im Gedächtnis hängen und regt zum Nachdenken an.

Veröffentlicht am 03.05.2019

Vereinigung der Fabelwesen

Clans von Cavallon (1). Der Zorn des Pegasus
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Von Fabelwesen wie Einhörnern, Pegasus oder Zentauren hat denke ich jedes Kind schon einmal gehört; spätestens mit den Chroniken von Narnia und Das letzte Einhorn haben sie dank der Filmindustrie Einzug ...

Von Fabelwesen wie Einhörnern, Pegasus oder Zentauren hat denke ich jedes Kind schon einmal gehört; spätestens mit den Chroniken von Narnia und Das letzte Einhorn haben sie dank der Filmindustrie Einzug in viele Wohnzimmer gehalten.

Sie jetzt aber in einem Buch vereint zu sehen mit Kelpies und Menschen war selbst für mich neu und hat mich aber in der Umsetzung voll und ganz überzeugt. Nicht zuletzt deshalb, weil jedem dieser Fabelwesen dank Kim Forester ein paar neue Facetten hinzugefügt wurden, die dem Glanz der Kindheitsikonen etwas Dunkles verpasst haben.

In Cavallon herrscht seit 100 Jahren ein zerbrechlicher Frieden zwischen den Clans der Einhörner, Zentauren, Pegasus, Kelpies und Menschen. Zerbrechlich deshalb, weil nicht alle gleichberechtigt miteinander umgehen. Die Menschen sind die niedrigste Gruppe, werden zum Beispiel von den Einhörnern versklavt. Die Zentauren dagegen sind als Geschichtsschreiber und Chronisten für die Wahrung der sogenannten Königswahrheit verantwortlich. Wie weit sie dafür gehen, zeigt sich, als die Pegasus den Frieden brechen...

Sowohl das Cover als auch der Beginn des Buches (nicht weniger als die Thematik) haben mich zuerst an ein reines Kinder- bzw Jugendbuch glauben lassen. Vor allem die Hauptfiguren sind durchweg jung und noch sehr unerfahren, wenn nicht sogar wie in Sams Fall naiv. Obwohl sie in einer nicht gerade ungefährlichen Welt leben, sind sie doch relativ behütet aufgewachsen. Doch mit dem oben schon erwähnten Angriff wandelt sich nicht nur das Blatt für die Protagonisten, auch der Ton des Buches wird rauher. Auch wenn das Buch vom Verlag für Leser ab 10 Jahren empfohlen wird, würde ich dem angesichts einiger doch recht brutaler Szenen nicht unbedingt zustimmen.

Trotzdem wurde ich unheimlich gut unterhalten. Gerade für Kinder im Übergang zwischen Kindheit und Jugend ist dieses Buch perfekt, vereint es doch die grandiose Fantasie der Kinderträume mit dem Realismus der heutigen Zeit: es ist nicht immer alles so friedlich, wie es scheint, und hinter der schönsten Maske kann ein blutrünstiges Ungeheuer lauern. Genau das verkörpert Clans von Cavallon, verpackt diese Moral aber in eine unheimlich schöne Hülle.

Dementsprechend kann ich es auch kaum erwarten, wenn im Juni der zweite Band erscheint!

Veröffentlicht am 18.04.2019

Unerwartet

Die Muschelsammlerin. Deine Bestimmung wartet
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Bei diesem Buch scheinen sich die Leser einig zu sein: "Es ist auf jeden Fall nicht das, was ich erwartet habe!" fasst die vielen Stimmen so ziemlich genau zusammen und drückt auch aus, wie ich mich danach ...

Bei diesem Buch scheinen sich die Leser einig zu sein: "Es ist auf jeden Fall nicht das, was ich erwartet habe!" fasst die vielen Stimmen so ziemlich genau zusammen und drückt auch aus, wie ich mich danach gefühlt habe.

Allein das Cover und der Titel haben vollkommen andere Erwartungen in mir geschürt, trotzdem bin ich keineswegs enttäuscht. Die Geschichte um Mariel und ihre Freunde hat sich nur in eine unerwartete Richtung entwickelt. Wenn ich die bunten Farben und die schimmernden Muscheln sehe, denke ich an sonnige Sandstrände und eine heile, sichere Welt. Genau dort wachsen diese jungen Menschen auf, werden aber auch täglich von ihren eltern auf den großen Tag der Verbindung vorbereitet. In Amlon ist man nämlich nur glücklich, wenn man an diesem Tag des Initiationsritus seinem Seelenpartner begegnet. Die wenigen, denen dieses Glück nicht vergönnt ist, werden abgeschoben, um dieses Bild, der strahlenden, heilen Welt nicht zu verunzieren. Ihr einziger Ausweg ist die gefährliche Reise nach Nurnen, ein Reich, das Amlon verdächtig ähnelt, um sich selbst auf die Suche nach ihren Partnern zu machen.

Das Buch lädt zum Spekulieren ein, regt die Fantasie an und entwirft mit Nurnen eine wirklich fantastische Traumwelt, in der nichts ist wie es scheint. Diese Welt, die in meinem Kopf geschaffen wird, ist wirklich bunt und fast greifbar.

Auch die Figuren machen eine sichtbare und fühlbare Wandlung durch, auch wenn einige Randfiguren leider etwas blass bleiben. Mit Mariel wurde eine starke, junge Frau entworfen, die mir schnell sympatisch ist und der ich gerne durch das ganze Buch gefolgt bin.

Insgesamt war das Buch eine sher gute Unterhaltung und bot großes Kopfkino, dass nur durch das enttäuschende Ende etwas an Glanz verlor.