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Veröffentlicht am 11.05.2019

Zwei Schestern - zwei Schicksale

Manche Engel sterben früh
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„...Gedanken haben Flügel, und wenn du etwas wirklich aus vollem Herzen willst, dann passiert es auch...“

Wir schreiben das Jahr 1964. Die 21jährige Ruth hält das Tagebuch ihrer kleinen Schwester in den ...

„...Gedanken haben Flügel, und wenn du etwas wirklich aus vollem Herzen willst, dann passiert es auch...“

Wir schreiben das Jahr 1964. Die 21jährige Ruth hält das Tagebuch ihrer kleinen Schwester in den Händen. Ist sie schuld an deren Tod?

Dann erlaubt mir die Autorin einen Blick in die Vergangenheit. Ruth ist 7 Jahre und wartet sehnsüchtig auf den Tag, an dem ihr der Stiefvater versprochen hat, mit ihr baden zu gehen. Sie weiß noch nicht, dass genau an diesem Tag ihr Leben zerbrechen wird, denn der Besuch des Bades fällt aus, weil ihre kleine Schwester Christin geboren wird. Ab sofort dreht sich das ganze Leben um diesen kleinen Engel. Der Vater arbeitet Tag und Nacht, damit sich die Lebensverhältnisse verbessern. Die Mutter interessiert sich nicht mehr für Ruth. Sie vergisst sowohl ihren Geburtstag als auch den Schulanfang.

Die Autorin hat ein bewegendes Buch geschrieben, das emotional nicht leicht zu verarbeiten ist. Die Geschichte sollte man mit Bedacht lesen.

Das Buch besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil wir Ruths Leben bis zum Tod der Schwester erzählt. Der zweite Teil dient der Veröffentlichung von Christins Tagebuch. Im letzten Teil sucht Ruth die wirklich Verantwortliche für Christins Tod auf.

Der Schriftstil des Buches variiert in den einzelnen Teilen. Im ersten Abschnitt ist er eher sachlich. Deutlich wird, wie Kälte und Lieblosigkeit in Ruths Leben einziehen. Das hinterlässt sowohl psychische, als auch körperliche Spuren. Besonders hart ist es, dass Christin all ihre Wünsche erfüllt werden. Außerdem nutzt diese die Situation aus und stellt sich gegen Ruth. Hätte Ruth nicht die Mutter ihrer Freundin Silke, die für sie da ist und sie in schlimmen Situationen auffängt, wäre sie innerlich zerbrochen. Doch nach weiteren Schicksalsschlägen findet Ruth die Kraft, sich von der Familie zu lösen und sich ein eigenes Leben aufzubauen. Auf der Fahrt nach Berlin zu ihrer Tante Odette, die sie liebevoll empfängt und ihr beim Neuanfang hilft, trifft sie im Zug einen älteren Herrn. Von ihm stammt obiges Zitat.

Das Tagebuch ist sehr gefühlvoll geschrieben. Plötzlich bekommt auch Christin die Kälte der Mutter zu spüren. Der Absturz von der Prinzessin zum Niemand ist grausam und heftig. Doch es ist erst der Anfang vom Ende. Christin flieht mit 13 Jahren aus dem Elternhaus und landet schnell ganz unten.

Der letzte Teil ist geprägt von Ruths Wut und Rache. Erst aus Christins Tagebuch weiß sie, was zu Hause nach ihrem Auszug vorgefallen ist. Sehr gut herausgearbeitet sind die Gespräche zwischen Ruth und ihrer Mutter. Während hier Härte dominiert, sind die Dialoge von Ruth mit dem Stiefvater durch Verständnis und Einsicht geprägt.

Das Buch ist aufwühlend und über weite Teile realistisch. Es zeigt, was Kälte, Eigennutz, Lieblosigkeit und Egoismus in der Seele eines Kindes anrichten können.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Geschichte in Bildern

Der erste Kaiser
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„...aber der Krieg hat seinen eigenen Willen. Gebietet man ihm an einer Stelle Einhalt, bricht er sich anderswo Bahn...“

Ying Zheng wird im Jahre 246 vor Christi im Alter von 13 Jahren der neue König ...

„...aber der Krieg hat seinen eigenen Willen. Gebietet man ihm an einer Stelle Einhalt, bricht er sich anderswo Bahn...“

Ying Zheng wird im Jahre 246 vor Christi im Alter von 13 Jahren der neue König von Qin. Zuvor hat er eine freudlose Kindheit als Geisel in Zhao verbracht.
Das Buch enthält zwei Episoden aus den ersten Regierungsjahren von Ying Zheng.
Im Jahre 233 v. Chr. hört der König von Han Fei. Der gilt als Philosoph, der das Staatswesen revolutionieren möchte. Der König schickt ein Heer um Han Fei in sein Reich zu holen. Dort trifft der zwar auf einen lernwilligen König, aber auch auf Neid und Missgunst. Ranghohe Beamte sehen ihre Position und ihr angenehmes Leben in Gefahr.
Im zweiten Teil träumt der König von einer Einigung des Landes. Seine Minister raten ihm zu einem Krieg mit Zhao, dem größten der verbliebenen fünf Reiche. Hier aber trifft sein Heer auf den General Li Mu. Gleichzeitig kommen bittere Kindheitserinnerungen hoch.
Jede der beiden Geschichten wird in drei Kapiteln erzählt. Das Ganze geschieht in Form eines Comics. Kurze Texte und aussagekräftige Bilder geben das Geschehen wieder. Gut gefallen hat mir, dass die handelnden Personen immer auf die gleiche Weise dargestellt werden. Das betrifft vor allem die Kleidung und die Haartracht. Die Bilder haben also einen hohen Wiedererkennungswert. Viele Feinheiten wurden in die Illustrationen eingearbeitet. Erstaunlich, wie mit wenigen Pinselstrichen selbst Sarkasmus und Ironie bildlich verpackt werden können. Die Größe der Bilder variiert dabei ebenfalls.
Bis auf wenige Ausnahmen steht die Schrift auf hellem Hintergrund und ist damit gut lesbar.
Das besondere an dem Buch ist, dass es die Geschichten zweimal enthält, auf der eine Seite in Deutsch, im anderen Teil in Chinesisch.
Eine Zeitleiste und eine Karte ergänzen die Ausführungen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist einmal eine andere Art, Geschichte erlebbar zu machen.
Meine Rezension möchte ich mit einem Zitat eines Zeitgenossen des Königs beenden, das auch im Buch das Ende bildet:

„...Der König von Qin hatte eine hohe Nase, schmale Augen, eine mächtige Brust und die Stimme eines Wolfes. Er kennt keine Güte und hat das Herz eines Tigers. In Bedrängnis gibt er sich demütig, im Triumpf droht er einen mit Haut und Haar zu verschlingen. Ich bin nur ein einfacher Mann, aber wenn er mich empfängt, behandelt er mich, als stünde ich über ihm...“

Veröffentlicht am 09.05.2019

Wer ist der Vollstrecker?

Kluntjesmord in Carolinensiel. Ostfrieslandkrimi
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„...Ich bin der Vollzieher. Meine Auftraggeber sind nicht mehr von dieser Welt...“


Melanie Jäger hat sich nach Jahren der Einsamkeit auf ein Single – Portal getraut. Heute trifft sie Helge Beckmann. ...

„...Ich bin der Vollzieher. Meine Auftraggeber sind nicht mehr von dieser Welt...“


Melanie Jäger hat sich nach Jahren der Einsamkeit auf ein Single – Portal getraut. Heute trifft sie Helge Beckmann. Zwischen beiden scheint die Chemie zu stimmen. In zwei Tagen wollen sie sich erneut sehen. Doch Helge erscheint nicht. Man findet nur seinen Wagen mit Blutspuren an der Tür.

Der Fall landet bei den Kommissaren Bert Linnig und Nina Jürgens.

Der Autor hat erneut einen spannenden Krimi in Ostfriesland angesiedelt. Die Geschichte lässt sich flott lesen. Für diejenigen, die die Vorgängerbände nicht kennen, werden gekonnt Informationen über die beiden Kommissare und ihre Erlebnisse in den Text integriert.

Der Schriftstil ist ausgewogen und passt sich den Geschehnissen an. Helge ist Steuerprüfer. Dabei hat er sich wenig Freunde gemacht, denn er ignoriert gern einmal neuere Grundsatzurteile und unterstellt den zu Prüfenden Steuerbetrug. Sein Ermessensspielraum geht gegen Null. Er selbst schätzt das so ein:


„...Die meisten steuerpflichtigen Bundesbürger sehen mich lieber von hinten als von vorne und am allerliebsten überhaupt nicht, weder zu Hause noch in ihren Büros...“


Deshalb gehen die Kommissare schnell davon aus, dass der Täter im beruflichen Umfeld zu suchen ist.

Auch Mitbewerber für den Posten, den Helge nun erhalten hat, nehmen die Kommissare ins Visier. Im Verhör kommt die Wut deutlich zum Tragen:


„...Würden Sie sich darüber ärgern, wenn derjenige, der Ihnen mit unlauteren Mitteln einen Aufstiegsposten vor der Nase weggeschnappt hat, plötzlich von der Bildfläche verschwunden ist...“


Als besonderes Stilmittel darf ich ab und an einen Blick in Helges Gefängnis werfen. Als er seinen Entführer fragt, warum das alles geschieht, erhält er die Antwort, die ich am Anfang zitiert habe. Erstaunlich gelassen und logisch denkend geht Helge mit der Situation seiner Gefangenschaft um.

Zwei politisch brisante Themen werden geschickt im Laufe der Handlung angesprochen. Das ist zum einen die Frage der Steuergerechtigkeit und zum anderen die Zustände im Pflegeheim. Das Pflegeheim gibt sich zwar alle Mühe, aber die Personalsituation ist prekär. Das bekommt Nina zu spüren, als sie mit den Mitarbeitern reden will und die gerade bei der Essensausgabe gebraucht werden.

Eigentlich ist es sogar noch ein dritter Punkt, der in diesem Fall für Probleme sorgt. Wieder ist es das fehlende Netz fürs Handy, das dem Täter in die Hände spielt.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. Dazu beigetragen hat auch die Einbeziehung lokaler Besonderheiten wie die alljährliche Regatta der Granatfischer.

Veröffentlicht am 08.05.2019

Auch Zahlen haben Namen

Die Namen der Zahlen
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„...Gerade zur Mathematik ist die Sympathie extrem schwarz – weiß gefärbt ohne jeden Grauwert...“

Trotz obiger Feststellung weiß fast jeder noch aus der Schule, was natürliche Zahlen, Quadratzahlen oder ...

„...Gerade zur Mathematik ist die Sympathie extrem schwarz – weiß gefärbt ohne jeden Grauwert...“

Trotz obiger Feststellung weiß fast jeder noch aus der Schule, was natürliche Zahlen, Quadratzahlen oder Primzahlen sind. Die römischen Zahlen finden man an vielen historischen Bauwerken. Was aber sind glückliche Zahlen, vollkommene Zahlen oder Vampirzahlen?
Genau diesem Thema hat sich der Autor gewidmet. In alphabetischer Reihenfolge listet er die Namen der Zahlen auf und erklärt, welche Zahl warum wozu gehört, denn mit jedem Zahlennamen ist eine Besonderheit verbunden.
Das Büchlein kommt keinesfalls trocken daher. Ab und an blitzt ein feiner Humor auf, wie das folgende Zitat zeigt.

„...Also wenn das nicht besonders geistreich für uns Mathematiker ist: Wir vergeben Namen für Dinge, von denen wir nicht mal wissen, ob es sie überhaupt gibt...“

Hierbei handelt es sich um eine spezielle Unterart einer Zahlengruppe, von der bisher noch keine Zahl bekannt ist.
Zu einigen Zahlen wird ausgeführt, woher der Name stammt. Häufig geht dieser auf Mathematiker zurück, die sich mit dem entsprechenden Thema befasst haben.
Die Definition für vollkommene Zahlen lautet übrigens.

„...Diese Zahlen sind exakt die Summe ihrer Teiler (außer der Zahl selbst)...“

Zum Abschluss listet der Autor die Zahlen von 7 bis 100 tabellarisch auf und gibt an, welche Zahlennamen für sie zutreffen. Auffallend dabei ist, dass manche Zahlen in mehrere Kategorien gehören, andere in keine. Übrigens ist 15 eine glückliche Zahl, 28 eine vollkommene.
Für Interessenten an weiteren Informationen werden drei Internetadressen angegeben.
Das Büchlein hat mir sehr gut gefallen. Die kompakte Zusammenfassung des Themas lädt nicht nur zum Nachschlagen ein, sie reizt auch, Zahlen selbst auf ihre Eigenschaften zu untersuchen.

Veröffentlicht am 07.05.2019

So mordet man in Sachsen ...

Sachsenmorde 3
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„...Dieses Städtchen war wunderschön renoviert und herausgeputzt. Ich fragte mich nur, wo die Einwohner alle steckten. Um 20 Uhr war kaum noch jemand auf der Straße zu sehen. Auf dem Neumarkt waren nur ...

„...Dieses Städtchen war wunderschön renoviert und herausgeputzt. Ich fragte mich nur, wo die Einwohner alle steckten. Um 20 Uhr war kaum noch jemand auf der Straße zu sehen. Auf dem Neumarkt waren nur die Läden und die Laternen erleuchtet...“

Die Anthologie enthält 13 spannende Thriller die Handlungsorte sind quer über Sachsen verteilt. Zwölf Autoren lassen ihrer Phantasie freien Lauf, um den einen oder anderen Mord zu kreieren.
Jede Geschichte ist anders. Das betrifft nicht nur den Inhalt, sondern genauso den Schriftstil. Jeder Autor hat eine andere Handschrift. Ich-Erzähler wechseln sich mit neutralen Berichten ab. Ernst, Sarkasmus, schwarzer Humor sind in bunter Mischung zu finden.
Das Eingangszitat stammt aus der fünften Geschichte. Ein Lehrer aus Dresden wird in die Provinz versetzt. Oschatz heißt das Städtchen. Das Zitat gibt seine ersten Eindrücke wieder. Die Erzählung zeichnet sich durch ihren gelungenen Sarkasmus aus. Für die Versetzung genügte eine einzige verbale Entgleisung, ein Vater, der Anwalt ist, und ein Direktor, den nur die Schülerzahlen interessieren. Realitätsnaher geht es kaum. Allerdings kommt dann noch ein persönliches Beziehungsdrama dazu.
Völlig anders ist die dritte Geschichte. Es macht betroffen, wenn ein Kind erzählt, wie es zusammen mit der Mutter unter völliger Kontrolle des Vaters steht. Dem Autor gelingt es, die Verzweiflung und den Drang nach Normalität und Freiheit treffend in Worte zu kleiden.

„...Es war nicht sein Blick, den sie spürte, sondern seine Aufmerksamkeit; als ob sein Gehirn Fäden zu ihnen spinnen würde, denen sie nicht entkommen konnten...“

Einen besonderen Erzählstil weist die zehnte Geschichte auf. Als Leser befinde ich mich einerseits im Gerichtssaal, andererseits verfolge ich die kursiv wiedergegebene Diskussion zweier Zuhörer, bei der es darum geht, ob der Mensch für sein Tun verantwortlich ist oder ob der freie Wille nur eine Illusion ist. Eine der beiden resümiert.

„...Wenn ich mir vorstelle, ich fände meine Cosima...! Und müsste glauben, ich kenne den Täter! Ganz ehrlich, ich glaube mein Hirn ist ähnlich determiniert wie seins...“

Im Zwickauer Krimi ist einer durch einen Brand ganz unten. Dann rappelt er sich mit viel Initiative wieder auf. Er ist sich für keine Arbeit zu schade. Als sein Leben eine Wende zum Positiven erhält, steht er dem vermuteten Brandstifter gegenüber. Wie wird er sich verhalten?
Heinrich Haber, Bewohner eines Altenheims, liest noch mit Begeisterung Krimis. Dafür lässt er sich immer ein passendes alkoholisches Getränk liefern. Was aber passt wozu.? Eine Antwort gibt das folgende Zitat:

„...Einmal musste ich ihm aus einem Spezialgeschäft in der Härtelstraße Altbier besorgen, weil das zu einem Krimi von Arno Strobel passte, der in Düsseldorf spielt. Für die Sachsen – Krimis von Andreas M. Sturm reichte Radeberger...“

Das möge an konkreten Beispielen zu einzelnen Kurzkrimis genügen. Jede Erzählung hat ihre Besonderheiten. Gleichzeitig wird manche sächsische Sehenswürdigkeit mit eingebunden, so zum Beispiel ein altes Bergwerk. Jeder Landkreis und jede der drei kreisfreien Städte erhält seine eigene Geschichte.
Am Ende gibt es zu jedem Autor eine Kurzbiografie sowie zwei Karten von Sachsen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Zusammenstellung der Anthologie ist abwechslungsreich. Alle Geschichten haben ein hohes Niveau.