Zum ersten Mal ermittelt Hanna Schmiedinger von der Traunsteiner Mordkommission in Alex Buchenbergers Chiemsee-Krimi „Hannas Leichen“. Dieser 340 Seiten umfassende Kriminalroman erschien im April 2019 im Gmeiner Verlag.
Gemeinsam mit seiner Geliebten, der Frau seines Partners Florian Bauer, wird Lothar Brinkmann tot nahe Burghausen in seinem Pool gefunden. Dieses ruft Hanna und ihre Mitarbeiter auf den Plan. Doch die Ermittlungen gestalten sich komplizierter als anfangs erwartet.
Bei diesem Regionalkrimi handelt es sich eher um eine Krimödie als um einen Kriminalroman im klassischen Sinne, denn die Ermittlungsarbeiten spielen sich nur am Rande ab. Im Zentrum des Geschehens stehen eindeutig private und teils auch berufliche Querelen der Ermittelnden und anderer vom Mordfall Betroffener. Diese sind gerade anfangs durchaus auf intelligente Weise lustig zu lesen, von Spannung jedoch ist weit und breit wenig zu spüren. Da hilft es auch nichts, dass im Laufe der Polizeiarbeit das ein oder andere neue Mordmotiv zutage tritt. Der Kriminalfall wird am Ende zwar logisch aufgelöst - ich selber hatte während des Lesens auch schon denselben Verdacht, der sich am Ende als richtig entpuppte -, aber er wird halt nicht durch solide Polizeiarbeit gelöst, sondern die Auflösung ist für das Ermittlerteam ein reiner Glückstreffer. Während der Ermittlungen tappt Hanna durchweg im Dunklen und widmet sich anderen Problemen, vor allem ihrem privaten Kleinkrieg.
Der Humor hat mir anfangs sehr zugesagt, enthält er doch eine feine Ironie; doch leider gipfelt er schließlich in Dialogen wie „ ‚Kann man so lange vernünftig mit Ihnen reden?‘ … ‚Mit mir kann man das immer. Aber Sie scheinen das nicht zu wollen, Sie dumme Sau.‘“ Was daran im Zusammenhang mit einer Festnahme, erst recht wenn eine leitende Kommissarin solche Ausdrücke in den Mund nimmt, lustig sein soll, kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Auch an anderen Stellen hat der „Humor“ eher etwas Menschenverachtendes denn etwas Lustiges an sich.
Die Charaktere sind zu Beginn liebevoll und detailliert gestaltet. Im Laufe des Romans jedoch verliert gerade Hanna, anfangs cool und erfrischend „anderes“ gezeichnet, sehr viel an Sympathiepunkten, indem sie ihre leitende Position missbraucht, um ihren Kolleg/innen an den Karren zu fahren oder private Streitigkeiten zu ihren Gunsten zu entscheiden und sogar Profit daraus zu schlagen. An manchen Stellen beim Lesen habe ich mich wirklich gefragt, was für ein Bild der Polizei hier transportiert werden soll.
Sprachlich ist der Roman flüssig und flott zu lesen. An den wenigen spannenden Stellen schafft Alex Buchenberger es gekonnt, durch Sprache und Satzbau die Spannung und das Tempo zu intensivieren, doch leider bleibt es bei diesen Ansätzen. Dass er hier mehr leisten kann, hat er in anderen Büchern schon bewiesen – und gerade darum war ich beim Lesen auch umso enttäuschter.
Ein wenig fehlte es mir auch an Lokalkolorit. Das Gefühl, mich am Chiemsee zu befinden, kam bei der Lektüre nie auf, der Handlungsort ist einfach austauschbar.
Ich habe mich beim Lesen der ersten Romanhälfte wirklich köstlich amüsiert, aber je weiter ich voranschritt, desto mehr häuften sich die oben von mir genannten Kritikpunkte. Mit dem fehlenden Spannungsbogen hätte ich mich noch abgefunden, aber in der Summe überwiegen am Ende dann doch die negativen Aspekte, sodass ein eher bitterer Nachgeschmack überwiegt. Ich gebe dem Krimi alles in allem nur zwei von fünf Lesesternen, werde bei einem zweiten Band aber Hanna Schmiedinger wegen der guten Ansätze und des Könnens des Autors durchaus noch einmal eine Chance geben.