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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.05.2019

Zwei Frauen, die Champagner trinken

Die Kunst, Champagner zu trinken
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In „Die Kunst, Champagner zu trinken“ genießt Amélie Nothomb die Auswirkungen des titelgebenden Getränks, am liebsten auf nüchternen Magen, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen. Doch sie ist noch auf ...

In „Die Kunst, Champagner zu trinken“ genießt Amélie Nothomb die Auswirkungen des titelgebenden Getränks, am liebsten auf nüchternen Magen, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen. Doch sie ist noch auf der Suche nach einer – um ihre Worte zu benutzen – Saufkumpanin. Die findet sie schließlich in Pétronille, begeisterte Leserin ihrer Werke und inzwischen selbst Autorin. Die beiden nutzen jede sich bietende Chance, sich den prickelnden Alkohol zu Gemüte zu führen. Dabei zeigt Pétronille häufig bewusst ihre proletarische Herkunft, mit der sie ihr Umfeld in Verlegenheit bringt. Als Pétronilles selbstzerstörerische Seite immer deutlicher zutage.

Dieses schmale Buch berichtet von einer ungewöhnlichen Frauenfreundschaft und ist zugleich eine Ode an den Champagner. Das Buch ist nur scheinbar autobiographisch, denn die Autorin hat sich zwar selbst zur Protagonistin ihres Werkes gemacht, Pétronille jedoch gibt es nicht, auch wenn die Figur nach Aussage der Autorin ein reales Vorbild hat. Ich schwankte beim Lesen zwischen Amüsiertheit und Verwirrung. Viele Szenen konnten mich unterhalten, doch die Geschichte driftet zunehmend ins merkwürdig-düstere ab. Ich bin unentschlossen, was ich von diesem Buch halten soll, und möchte auf jeden Fall noch weitere Werke der Autorin lesen, bevor ich mir ein Urteil erlaube, ob ihr Schreiben mir grundsätzlich zusagt oder nicht.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Aufbruch in eine gefährliche Welt

Die Spiegelreisende 1 - Die Verlobten des Winters
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„Die Verlobten des Winters“ ist der erste Band der Spiegelreisenden-Saga von Christelle Dabos. In dieser ist die Welt in verschiedene Archen zerbrochen. Orphelia lebt auf Anima und ist eine Leserin, das ...

„Die Verlobten des Winters“ ist der erste Band der Spiegelreisenden-Saga von Christelle Dabos. In dieser ist die Welt in verschiedene Archen zerbrochen. Orphelia lebt auf Anima und ist eine Leserin, das heißt sie erfährt die Geschichte von Gegenständen, wenn sie diese berührt. Außerdem kann sie in einem Spiegel gehen und aus einem anderen herauskommen, wenn sie genau weiß, wo sich dieser befindet. Als Leiterin des Museums führt die unscheinbare Frau, die sich am liebsten hinter Schal und Brille versteckt und die Stimme nicht erhebt, ein Leben, mit dem sie zufrieden ist. Doch nun haben die Doyennen beschlossen dass sie mit jemandem vom Pol verheiratet wird. Eine politische Entscheidung, gegen die sie sich nicht wehren kann. Bevor sie sich versieht hat ihr Verlobter sie und ihre Tante zu sich an den Pol geholt. Seine Arche kann man getrost als lebensfeindlich bezeichnen. Nicht nur wegen des Klimas, sondern auch wegen der verfeindeten Clans, die sich gegenseitig meucheln.

Lange hat Orphelia keine Chance, sich den Plänen ihres Verlobten zu wiedersetzen. Sie muss so einiges durchmachen und kann niemandem vertrauen. Für mich zogen sich die Beschreibungen, wie grausam die Clans zueinander sind und wie gefährlich die Lage für Orphelia ist, etwas in die Länge. Orphelia wird wie ein Fußabtreter behandelt, was angeblich ihrer eigenen Sicherheit dient. Warum das in der Form nötig ist habe ich nicht verstanden. Schließlich gelingt es Orphelia zunehmend, auch mal eigene Entscheidungen zu treffen, wodurch mir das Buch allmählich besser gefiel. Die Autorin hat mit den Archen und den verschiedenen Fähigkeiten seiner Bewohner eine interessante und gefährliche Welt geschaffen, die ich neugierig erkundet habe. Nachdem es lange keinen richtigen Fortschritt gab kommt schließlich Schwung in die Geschichte und erste Geheimnisse werden gelüftet. Damit konnte mich die Story doch noch packen und hat mir Lust auf die Fortsetzung „Die Verschwundenen des Mondscheinpalasts“ gemacht.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Ein Roman mit wichtiger Message, aber zu vielen Nebenhandlungen

Someone New
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In „Someone New“ von Laura Kneidl zieht Micah zu Beginn ihres Studiums endlich in ihre eigene Wohnung. Doch als sie ihren Nachbarn kennenlernt, staunt sie nicht schlecht. Es ist ausgerechnet Julian, der ...

In „Someone New“ von Laura Kneidl zieht Micah zu Beginn ihres Studiums endlich in ihre eigene Wohnung. Doch als sie ihren Nachbarn kennenlernt, staunt sie nicht schlecht. Es ist ausgerechnet Julian, der vor einigen Wochen wegen ihr seinen Job bei einer Catering-Firma verloren hat. Micah würde das gern wieder gutmachen, doch er hält sie auf Distanz, so wie alle anderen auch. Ich war neugierig, welches Geheimnis er hütet. Darüber erfährt man erst mal nicht näheres, sondern begleitet Micah bei ihren ersten Wochen am College. Sie genießt die Freiheit, die ihre neue Wohnung ihr gibt. Doch gleichzeitig sorgt sie sich um ihren Bruder, der verschwunden ist, seit ihre Eltern von seiner Homosexualität erfahren und ihn aus dem Haus geworfen haben. Und ihr Jura-Studium, das sie aufgenommen hat, um eines Tages in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten, ist genauso trocken wie befürchtet. Zum Glück hat sie alte und neue Freunde, die ihr beistehen und selbst mit allerlei Herausforderungen zu kämpfen haben. Bald zeichnet sich auch eine Love Story ab.

Der Roman hat einen lockeren Schreibstil und bietet ständig neue unterhaltsame und schöne, aber auch komplizierte und ernste Situationen. Für meinen Geschmack war er aber zu vollgepackt mit Nebenhandlungen. Es gibt eine Vielzahl an diversen Charakteren, die alle Raum für ihre eigene Geschichte bekommen. In Bezug auf Julians Geheimnis aber, über das ich unbedingt mehr erfahren wollte, hüllt sich das Buch so lang in Schweigen, dass ich es bis zu seiner Lüftung längst erraten hatte. Danach endet das Buch schnell, was ich schade fand. Das Buch spricht viele wichtige Themen an und sendet eine wertvolle Message, die es lesenswert machen. Aufgrund meiner Kritikpunkte konnte es mich aber nicht voll überzeugen.

Veröffentlicht am 24.04.2019

Die Menschheit als rückständige Spezies im All

Unter uns die Nacht
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Vor Jahrzehnten haben die Menschen die Erde verlassen und leben seither auf den Schiffen der Exodus-Flotte. Von den anderen Spezies der Galaktischen Union werden sie als rückständig wahrgenommen und bleiben ...

Vor Jahrzehnten haben die Menschen die Erde verlassen und leben seither auf den Schiffen der Exodus-Flotte. Von den anderen Spezies der Galaktischen Union werden sie als rückständig wahrgenommen und bleiben in der Flotte unter sich. Doch immer mehr zieht es hinaus zu Planeten und Abenteuern. Wie viele andere beschäftigen sich Kip, Tessa, Eyas, Isabel und Sawyer mit der Frage, was das Leben auf einem Siedlerschiff ihnen bieten kann.

Die ersten beiden Romane von Becky Chambers aus dem Wayfarer-Universum haben mir sehr gut gefallen, weshalb ich unbedingt auch das dritte Buch lesen wollte. Nachdem man als Leser in den ersten beiden Büchern auf zahlreiche unterschiedliche Spezies gestoßen ist, verbringt man nun die meiste Zeit mit Menschen. Denn diese haben auf den Siedlerschiffen der Exodus-Flotte eine neue Heimat gefunden. Viele von ihnen leben wie ihre Vorfahren noch immer dort und folgen denselben Prinzipien und Regeln, während vor allem die jüngere Generation zunehmend zu neuen Ufern aufbricht.

Die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht der fünf Protagonisten geschrieben. Kip steht kurz vor dem Abschluss und muss sich entscheiden, was er danach tun will. Tessa sortiert Teile in der Frachtstation und kümmert sich um ihre beiden Kinder, während deren Vater die meiste Zeit im All unterwegs ist. Eyas ist eine Hüterin, die sich um das würdevolle Kompostieren der Toten kümmert und der die Menschen auch im Privaten mit einer Mischung aus Respekt und Unbehagen begegnen. Isabel arbeitet im Archiv und bekommt Besuch von einer Harmagianerin, deren Spezies zu den fortschrittlichsten gehört. Und Sawyer ist nach dem Verlust seines Jobs aus dem Zentralraum zur Flotte gekommen, um dort etwas Neues auszuprobieren.

Alle fünf Charaktere lernt man im Laufe des Buches genauer kennen und erhält Einblicke, was sie in positivem und negativem Sinne bewegt. Ich erfuhr so einiges darüber, wie das Leben auf den Schiffen organisiert ist und mit welchen Maßnahmen dafür gesorgt wird, dass es auch noch lange so weitergehen kann. Dabei schlägt das Buch eine philosophische Richtung ein und thematisiert Aspekte wie Heimat, Gemeinschaftsgefühl und Ausgrenzung, Bewahren des Alten und Durst nach Neuem. Ich wurde ins Nachdenken gebracht und war neugierig, welche Entscheidungen die Protagonisten bezüglich ihrer eigenen Zukunft treffen werden.

Mir fehlte in diesem Band jedoch eindeutig das Tempo. Gleich zu Anfang des Buches kommt es zu einem größeren Zwischenfall, nach welchem die Geschichte aber gleich vier Standards in die Zukunft springt. Danach wird in ruhigem Ton das Leben der Protagonisten erzählt, wobei große Überraschungen und spannende Momente ausbleiben. Man erfährt ausführlich, wie die menschliche Gesellschaft sich auf den Schiffen organisiert hat. Schade fand ich, dass man bis auf Isabels Besucherin leider keine Außerirdischen trifft. Erst spät im Buch kommen größere Dinge in Bewegung, doch auch hier werden Momente der Ungewissheit schnell aufgelöst. Deshalb ist „Unter uns die Nacht“ für mich der bislang schwächste Wayfarer-Roman und eher für Leser interessant ist, die Interesse an philosophischer Fantasy haben.

Veröffentlicht am 09.04.2019

Eintauchen in die Vergangenheit in Italien

Bella Ciao
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Im Jahr 1946 kehrt Mrs. Giulia Masca für einen Besuch nach Borgo Di Dentro zurück. In diesem kleinen italienischen Städtchen ist sie aufgewachsen, bevor sie vor fünfundvierzig Jahren heimlich und mit einem ...

Im Jahr 1946 kehrt Mrs. Giulia Masca für einen Besuch nach Borgo Di Dentro zurück. In diesem kleinen italienischen Städtchen ist sie aufgewachsen, bevor sie vor fünfundvierzig Jahren heimlich und mit einem Kind im Bauch über Genua nach Amerika fuhr. Inzwischen ist sie eine gemachte Frau, die sich nun mit den Erinnerungen ihrer Kindheit und Jugend konfrontiert sieht. Was ist wohl aus ihrer Mutter geworden, die auf ihre Briefe nie geantwortet hat? Und was hat ihre ehemals beste Freundin Anita erlebt, von der Giulia damals im Stich gelassen und hintergangen wurde?

Zu Beginn des Buches trifft Giulia im italienischen Städchen Borgo Di Dentro ein. Gemeinsam mit ihrem Sohn Michael ist sie aus geschäftlichen Gründen von Amerika nach Europa gekommen, ihr Heimatdorf ist ein kurzer Zwischenstopp. Beim Anblick ihres Geburtshauses kommen zahlreiche Erinnerungen an die Oberfläche. Der Leser wird mitgenommen ins Jahr 1900, wo Giulia wie ihre Mutter Assunta und ihre beste Freundin Anita in einer Spinnerei arbeitet. Der Lohn reicht gerade so für das allernötigste, weshalb ein Streik begonnen wurde. Doch während die Arbeiterinnen sich davon vieles erhoffen, müssen sie erst einmal die Zeit ganz ohne Einkommen durchstehen.

Giulia wächst in ärmlichen Verhältnissen auf, hat sich mit ihrem Leben aber arrangiert. Deshalb war ich gespannt, was sie dazu bewegen wird, alles hinter sich zu lassen. Bald erahnt man den Grund und ich konnte ihren Entschluss schließlich nachvollziehen. Ich hoffte und bangte mit ihr, dass sie in Amerika nicht in die falschen Hände gerät. Die Entwicklungen in New York laufen verhältnismäßig schnell ab. Gleichzeitig wird die Situation in Italien aus unterschiedlichen Perspektiven ausführlich weiter erzählt.

Der Roman nimmt den Leser in ruhigem Tempo mit durch all die Jahre bis zu Giulias Rückkehr. Dabei muss man konzentriert lesen, um bei den häufigen und nicht explizit gekennzeichneten Sprüngen durch Raum und Zeit nicht den Faden zu verlieren. In Italien erlebt Anita und ihre Familie den ersten Weltkrieg, das entschlossene Agieren der Kommunisten gegen die Unterdrückung und schließlich das Erstarken der Faschisten. Giulia in Amerika muss sich mit ihrem Status als Einwanderin arrangieren und erlebt mit, wie ihr Sohn deshalb immer wieder ausgegrenzt wird.

Insgesamt liegt der Schwerpunkt der Handlung auf den Ereignissen in Italien und fokussiert sich im letzten Drittel vor allem darauf, was in Borgo Di Dentro während des zweiten Weltkriegs geschieht. Ich fand es schade, dass die Handlung in Amerika eher zweitrangig ist. Hier hätte ich gern mehr erfahren, während mit die Kriegsjahre in Italien zu ausführlich beschrieben waren. Giulias Rückkehr nach Italien bildet nur den Rahmen, um in die Vergangenheit einzutauchen. Auch davon hatte ich mir mehr erhofft. Lange Gespräche such man vergeblich, die Autorin lässt die Charaktere vor allem durch ihre Handlungen sprechen. Ich erhielt Einblicke in die Gedanken- und Gefühlwelt der Erzählenden, große Emotionen wurden bei mir jedoch nicht geweckt.

In „Bella Ciao“ wird eine komplexe Familiengeschichte erzählt, in der die Charaktere sich aller Rückschläge zum Trotz nicht unterkriegen lassen. Mir haben die starken Frauenfiguren gefallen und ich erhielt interessante Einblicke ins Italien während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Insbesondere die Beschreibung der Kriegsjahre zog sich für mich jedoch in die Länge und ich hätte mir ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen den Geschichten von Giulia und Anita gewünscht. Ein Buch für alle Leser von Familiengeschichten, die sich für Einblicke in die italienische Geschichte von 1900 bis 1946 interessieren.