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Veröffentlicht am 12.05.2019

Verschenktes Potential

Saligia
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Swantje Oppermann hat mit Saligia ein großartiges Konzept entwickelt:

Unerkannt unter uns "normalen" Menschen leben einige, die mit den ausgeprägten Emotionen einer Todsünde gesegnet sind; fähig dazu, ...

Swantje Oppermann hat mit Saligia ein großartiges Konzept entwickelt:

Unerkannt unter uns "normalen" Menschen leben einige, die mit den ausgeprägten Emotionen einer Todsünde gesegnet sind; fähig dazu, eben diese auch in anderen Menschen zu wecken. Die junge Keira hat nicht nur mit ihrem immer schwelenden Zorn zu kämpfen, sondern auch mit ihrer damit einhergehenden Einsamkeit und Außenseiterolle an ihrer Highschool. Bis eines Tages Elliot auftaucht, ihr die Wahrheit über die sogenannten Saligia erklärt und sie mitnimmt auf eine besondere Schule, auf der sie den Umgang mit ihren Fähigkeiten lernen soll.Doch dann erschüttert ein Mord die ganze Schule...

Junge Menschen mit besonderen Kräften auszustatten ist ja nichts ungewöhnliches, aber mir gefiel die Idee, diese auf Todsünden basieren zu lassen. Das schien mir mal etwas Neues und eine erfrischende Abwechslung zum Einheitsbrei der Jugendroman-Fantasy.

Allerdings weist das Buch doch einiges an Schwächen auf. Diese Fähigkeiten rücken schnell zugunsten des Teeniedramas in den Hintergrund und werden eher zu Instrumenten der Handlung degradiert. Statt sich darauf zu konzentrieren, wie die Jugendlichen lernen mit extremem Zorn, Neid oder Habgier umzugehen, liegt der Fokus eher auf den üblichen Themen, gekrönt von einer zarten Liebesgeschichte (die mich so gar nicht überzeugen konnte).

Dem Buch hätten ein paar Seiten mehr nicht geschadet, hätten doch die Figuren so ein bisschen detaillierter gezeichnet werden können. Bis zum Schluss hatte ich meine Probleme, die Zimmernachbarinnen Keiras auseinander halten zu können, da sich auf mich so vollkommen austauschbar gewirkt haben (und das, obwohl sie doch alle angeblich verschiedene Todsünden tragen sollten).

Ich möchte nicht behaupten, dass mich der Plot nicht hätte überraschen können, aber insgesamt konnte mich das Buch einfach nicht genug fesseln, um die Vorfreude auf einen (dank des üblen Cliffhangers zum Schluss offensichtlich geplanten) zweiten Bandes zu schüren.

Veröffentlicht am 09.05.2019

Täuschendes Äußeres

Die Angehörigen
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Sieht man das Buch von außen oder liest (was man besser unterlassen sollte) den Klappenbtext, erwartet man wahrscheinlich ein Buch, das aus der Menge hervorsticht, das provoziert und mit dem dunklen Doppelleben ...

Sieht man das Buch von außen oder liest (was man besser unterlassen sollte) den Klappenbtext, erwartet man wahrscheinlich ein Buch, das aus der Menge hervorsticht, das provoziert und mit dem dunklen Doppelleben einer Verstorbenen kokettiert.

Gene steht nach 49 Ehejahren plötzlich alleine da, als seine Frau Maida überraschend stirbt. Glaubt man dem Klappentext, beginnt er sich zu fragen, ob seine Frau überhaupt glücklich war und ob er die wahre Persönlichkeit seiner Frau je gekannt hat.

In Wirklichkeit geht es in dem Buch - ja, worum eigentlich? Auch jetzt ein paar Tage, nachdem ich das Buch beendet und über den Inhalt und seine Bedeutung nachgedacht habe, kann ich es kaum in Worte fassen. Die handlung plätschert scheinbar belanglos und ohne wirkliches Ziel dahin. Gene sinniert über seine Studienjahre und das Kennenlernen seiner Frau, über die charakterlichen Tiefen (und Untiefen) seiner engsten Freunde, über den Sinn seines Lebens.

So wird dem Leser ein ausgesprochen mittelmäßiges, normales Leben offengelegt, ohne besonders außergewöhnliche Vorkommnisse und man fragt sich mit der Zeit, was die Autorin einem mit diesem Buch mitteilen möchte.

Die fehlende Spannung erklärt auch, warum mir das Lesen so unfassbar schwer gefallen ist: es gibt nichts, was mich gefesselt hat; nichts, was mich förmlich zum Lesen gezwungen hätte.

Und so komme ich zu dem Schluss, dass Katherine Dion dem Leser einfach nur zeigen möchte, dass man auch mit einem wenig ereignisreichen Leben letztendlich zufrieden sein kann. Denn genau das scheinen Gene und Maida doch bei aller Durchschnittlichkeit gewesen zu sein. Es braucht nicht viel, um ein zufriedenes Leben zu führen. Es unterscheidet sich zwar grundlegend von der romantisierten Form der Ehe, die man aus diversen Büchern kennt, aber das fällt nicht auf, solange man nicht beginnt, darüber zu sinnieren.

Veröffentlicht am 09.05.2019

Verlangt starke Nerven

Deathland Dogs
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Die Welt ist zu einer menschenfeindlichen Umgebung geworden, in der die Wasservorräte langsam knapp werden und die Tierwelt dem Menschen langsam wieder überlegen ist. Die letzten Überlebenden haben sich ...

Die Welt ist zu einer menschenfeindlichen Umgebung geworden, in der die Wasservorräte langsam knapp werden und die Tierwelt dem Menschen langsam wieder überlegen ist. Die letzten Überlebenden haben sich in zwei Gruppen gespalten, die sich um die letzten Ressourcen bekriegen: Wasser, Nahrung und Nachwuchs. Jeet, durch dessen Augen wir die Geschichte verfolgen, ist ein Hundskind, unter wilden Hunden aufgewachsen und von den Menschen rehumanisiert, und lebt geduldet unter ihnen. Bis er eine Aufgabe übertragen bekommt, die entscheidend für die Auseinandersetzung mit den befeindeten Dau sein könnte..

Diese Zusammenfassung zeigt schon, dass "Deathland Dogs" kein typisches Jugendbuch ist. Kevin Brooks hat perfekt die Situation und die damit einhergehende Brutalität und Schonungslosigkeit eingefangen. Allein am Schreibstil, geprägt durch fehlende Kommasetzung, erkennt man die erzwungene geringe Bildung: im Überlebenskampf kommt es schließlich nicht darauf an, ob man Lesen und Schreiben kann. Diese Stimmung, die dadurch erzeugt wird, ist ein großer Pluspunkt des Buches, dadurch eignet es sich allerdings nicht unbedingt für zartbesaitete Leser, denn die Lebensbedingungen werden ungeschönt dargestellt.

Für mich wird dabei eine Grundsatzfrage ganz deutlich hervorgehoben: Wie sehr unterscheidet sich der Mensch in Extremsituationen vom Tier?

Im Umgang der überlebenden Menschen untereinander, ebenso wie im Umgang mit den Hundskindern zeigt sich, dass der Mensch eigentlich nicht besser, sondern eher schlimmer ist. Kevin Brooks wartet mit einer vielfältigen Palette aus Brutalität, Verrat, Eigennutz und Misstrauen auf.

Und trotzdem gibt es einiges, dass das Lesevergnügen für mich getrübt hat. Einerseits fällt es mir teilweise sehr schwer, der Erzählung dank der fehlenden Kommatas zu folgen, zumal Jeet scheinbar ein großer Fan von Aufzählungen ist.

Außerdem wirkt die Geschichte mit der Zeit etwas wirr erzählt, die Antworten auf die auftauchenden Fragen können mich nicht immer zufriedenstellen und lassen mich zum Schluss mit ein paar Fragezeichen im Kopf zurück.

Fazit:
Eine handwerklich gut gemachte Geschichte mit einigen Mankos, die nichts für schwache Nerven ist.

Veröffentlicht am 10.04.2019

Theater in Orphea

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Was passierte 1994 in Orphea wirklich, als während der Premiere des örtlichen Theaterfestivals 4 Menschen erschossen wurden? Keiner hat etwas mitbekommen, die wenigen Zeugen können nicht viel zur Ermittlung ...

Was passierte 1994 in Orphea wirklich, als während der Premiere des örtlichen Theaterfestivals 4 Menschen erschossen wurden? Keiner hat etwas mitbekommen, die wenigen Zeugen können nicht viel zur Ermittlung beitragen und doch präsentieren die Ermittler Jesse Rosenberg und Derek Scott wenig später einen Täter.
20 Jahre später tritt Stephanie Mailer auf den Plan und behauptet, sie hätten den Falschen erwischt...

Auch wenn der Plott mir erst einmal irgendwie bekannt erschien, hatte mich das Buch schnell gefangen. Die Geschichte brachte dann irgendwie doch genügend Verdächtige und interessante Spuren zum Vorschein, um mich ordentlich miträtseln lassen zu können. Vom Unterhaltungswert las sich das Buch wie eine gute Staffel "True Detectives": eine komplexe Story, interessante Ermittler mit Hintergrund und genügend Material um im Falle des Buches ca 700 Seiten zu füllen.

Aber nach und nach verkommt das Ganze eher zu einer Komödie oder Soap Opera. Die mit der Zeit aufgedeckten Verbindungen und Verstrickungen werden langsam unglaubwürdig, das Handeln der Beteiligten komödiantisch. Nichts desto trotz fühle ich mich immer noch unterhalten, habe aber das Gefühl, dass sich der Autor zu sehr in seiner Fantasie verfangen hat, den roten Faden etwas aus den Augen verloren hat. Was dem Leser schon 200 Seiten vorher klar war, wird mit großem Tamtam aufgedeckt.
Auch kommen mir manche Versatzstücke bekannt vor, als hätte ich sie in Büchern oder Filmen bereits so ähnlich, wenn nicht sogar besser eingesetzt gesehen.

Andererseits hat es mir gefallen, dass Herr Dicker seinen Figuren so viel Raum einräumt. Er verwendet viel Zeit darauf, die Hintergrundgeschichten nicht nur seiner Hauptprotagonisten, sondern fast aller Figuren zu beleuchten und dem Leser in Rückblenden und Gegenwartspassagen näher zu bringen. Leider springt er dabei ziemlich oft hin und her und verwirrt mich damit manchmal ein wenig.

Letztendlich habe ich das Buch in rekordverdächtiger Zeit durchgelesen, Herr Dicker hat die Spannung also hoch genug gehalten, aber ich bin mir fast sicher, dass es mein einziger Dicker (zumindest für die nächste Zeit) bleiben wird.

Veröffentlicht am 07.04.2019

Verspricht zu viel

Die Mauer
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"John Lanchester geht in seinem neuen Roman alle Herausforderungen unserer Zeit an – Flüchtlingsströme, wachsende politische Differenzen und die immer größer werdende Angst in der Bevölkerung – und verwebt ...

"John Lanchester geht in seinem neuen Roman alle Herausforderungen unserer Zeit an – Flüchtlingsströme, wachsende politische Differenzen und die immer größer werdende Angst in der Bevölkerung – und verwebt diese zu einer hochgradig spannenden Geschichte über Liebe und Vertrauen sowie über den Kampf ums Überleben."

Mit solchen volltönenden Worten wird "Die Mauer" beworben. Um Migration, Klimawandel und Brexit soll es gehen. Der Roman der Stunde soll es sein.

Ja, diese Themen werden im Buch kurz angeschnitten und irgendwie schwingen sie hintergründig mit, erscheinen aber eher wie eine blasse Fatamorgana am fernen Horizont des Meeres, auf das Joseph Kavanagh 12 Stunden am Tag während seiner Wachschichten auf der Mauer starrt.

Großbritannien hat sich vom Rest der Welt abgekapselt, indem es eine Mauer entlang seiner Küsten errichtet hat und keinen der "Andere" mehr ins Land lässt. Gleichzeitig ist es, dank eines nicht näher definierten Wandels, der das Abschmelzen der Pole und damit einen Meeresspiegelanstieg zur Folge hatte, das scheinbare gelobte Land, für dessen Erreichen die Menschen sogar ihren eigenen Tod oder ihre Versklavung in Kauf nehmen.

Die Geschichte wird dominiert durch einen recht trockenen Schreibstil und wird aus Sicht des jungen Kavanagh erzählt, der seinen 2-jährigen Pflichtdienst auf der Mauer antritt. Mal abgesehen davon, dass dieser junge Mensch überragend unsympathisch und egozentrisch erscheint, werden die groß beworbenen wichtigen Themen dank seiner Kurzsichtigkeit kaum angeschnitten und verschwinden schnell in der Belanglosigkeit der Geschichte. Man erfährt weder genaueres über die Umstände, die zu dieser aktuellen Situation geführt haben, noch erhält man großen Einblick in die " wachsenden politischen Differenzen", die ja angeblich zu den Hauptthemen des Buches gehören sollen.

Auch die Figuren, von denen es neben Kavanagh nicht gerade wenige gibt, bleiben blass und sind kaum mehr als Namen in der Geschichte.

Insgesamt bleibt es ein Buch, von dem ich mir viel erhofft habe, das mir aber letztendlich mehr aufgrund seines ansprechenden Covers als wegen seines Inhalts im Gedächtnis bleiben wird.