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Veröffentlicht am 09.09.2019

Jahre nach Beendigung des Kaltes Kriegs: Ein spannender Spionageroman

Dead Lions
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Ein Spionageroman Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges, geht das?
Mike Herron zeigt, dass das sehr gut geht. Mit reichlich eigenwilligen Charakteren, deren Eigenheiten er detailliert beschreibt, ...

Ein Spionageroman Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges, geht das?
Mike Herron zeigt, dass das sehr gut geht. Mit reichlich eigenwilligen Charakteren, deren Eigenheiten er detailliert beschreibt, einer guten Portion Humor, witzigen Dialogen und Geschehnissen, bei denen nichts so ist, wie es zunächst erscheint, führt er den Leser mitten hinein in einen rasanten, nicht ganz unblutigen Thriller.
Im Slough House arbeiten unter der Regie von Jackson Lamb, der als unangenehmer stinkender Fiesling eingeführt wird, lauter Agenten, die vom MI5 ausgemustert worden sind wegen unterschiedlicher Vergehen bzw Fehlverhalten im Dienst. Hier werden sie mit unsinnigen Verwaltungsaufgaben beschäftigt in der Hoffnung, dass sie von sich aus kündigen.
Als Jackson Lamb vom Tod eines ehemaligen Kollegen aus Zeiten des Kalten Kriegs erfährt, und als zeitgleich inoffiziell vom MI5 zwei seiner Mitarbeiter zum Personenschutz eines russischen Oligarchen angefordert werden, kommen die Dinge in Bewegung.
Sehr angetan war ich davon, dass eingangs eine fiktive Katze durch die Büroräume schleicht und dabei die einzelnen dort arbeitenden Personen vorstellt. Am Ende ist es übrigens eine auch fiktive Maus, die die Büros besucht. Gefallen haben mir auch die Charaktere der Slow Horses, die in Extremsituationen ungeahnte Fähigkeiten entwickeln und die Doppelbödigkeit der Dialoge. Die turbulente Handlung wird, so verwickelt sie auch sein mag, zu einem logischen Ende gebracht. Ich bin gespannt auf eine Fortsetzung der Serie um Jackson Lamb.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Auf der Suche

Dschungel
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Der Debutroman von Friedemann Karig ist kein gewöhnlicher Reiseroman sondern eine Geschichte über eine spezielle Freundschaft. Die Besonderheit dieser Verbindung wird dem Leser durch viele Rückblenden ...

Der Debutroman von Friedemann Karig ist kein gewöhnlicher Reiseroman sondern eine Geschichte über eine spezielle Freundschaft. Die Besonderheit dieser Verbindung wird dem Leser durch viele Rückblenden enthüllt, durch Erinnerungen des namenlosen Ich-Erzählers während seiner Suche nach seinem Freund Felix. All diese kleinen Puzzlestücke fügen sich erst ganz am Ende zu einem überraschenden Bild zusammen. So endet der Roman für mich auf unerwartete, aber letztlich doch konsequente Weise.
Trotz oder vielleicht sogar wegen der zahlreichen Rückblenden, in denen der Ich-Erzähler gemeinsame Erlebnisse mit seinem Freund Felix reminisziert, werden weder er noch Felix zu Sympathieträgern. Land und Leute spielen nur insofern eine Rolle, als sie Kulisse sind für das Erleben der westlichen Reisenden, die sich in Hostels oder Hippiekolonien treffen, als Rucksacktouristen oder auf esoterischem Selbstfindungstripp.
Ungewöhnlich ist auch die Art und Weise, wie der Autor Spannung aufbaut, in jedem Kapitel steigert sich die Spannung aufs Neue um dann am Ende kurz vor dem Höhepunkt abrupt abzureißen.
Insgesamt ein großartiges Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Verlassen werden und verlassen

Ich habe sie geliebt
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Chloé ist gerade von ihrem Mann verlassen worden. Ihr Schwiegervater Pierre nimmt sie und ihre Kinder mit in das Landhaus der Familie. Dort verrät ihr Pierre, den sie bisher als gefühlsarm, kalt und arrogant ...

Chloé ist gerade von ihrem Mann verlassen worden. Ihr Schwiegervater Pierre nimmt sie und ihre Kinder mit in das Landhaus der Familie. Dort verrät ihr Pierre, den sie bisher als gefühlsarm, kalt und arrogant kannte, sein Geheimnis, seine eigene Liebesgeschichte. Chloé muss erkennen, dass ihr Schwiegervater zu ungeahntem emotionalen Erleben fähig ist, aber auch, dass Verlassenwerden und Verlassen in gleicher Weise schmerzlich sein kann.
"Ich habe sie geliebt" ist Anna Gavaldas Debutroman und hat angeblich mit autobiografische Momente. Der Erzählstil ist ganz typisch: klare Sätze, kurze Abschnitte, schlichte Dialoge.
Hat mir gefallen!

Veröffentlicht am 15.03.2019

Rebus gibt nicht auf

Ein kalter Ort zum Sterben
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Als Ian Rankin seinen Ermittler Rebus vor Jahren in Rente geschickt hat, war ich todtraurig. Dass diese Reihe zuende geht, war mir unbegreiflich, so sehr waren mir Rebus und sein Edinburgh ans Herz gewachsen. ...

Als Ian Rankin seinen Ermittler Rebus vor Jahren in Rente geschickt hat, war ich todtraurig. Dass diese Reihe zuende geht, war mir unbegreiflich, so sehr waren mir Rebus und sein Edinburgh ans Herz gewachsen. Offensichtlich ging das nicht nur mir so, denn mit "Mädchengrab" wurde Rebus aus dem Ruhestand zurückgeholt und durfte wieder ermitteln. So zeigt sich auch in "Ein kalter Ort zum Sterben" der Rebus, wie man ihn kennt, einer der ständig bei Kollegen und Vorgesetzten aneckt durch seine unorthodoxen Ermittlungsmethoden.
Was mir ein wenig fehlt, sind die Musikzitate, die mich früher so entzückt haben, die sind leider rarer geworden. Aber: früher war eben mehr Lametta...
Und dann habe ich mich geärgert, weil ich schon vor über einem Jahr das Original gelesen hatte, dessen Titel "Rather be the Devil" nun wirklich gar nichts mit dem deutschen Titel zu tun hat. Trotzdem habe ich diesen Rebus mit Genuss zum zweiten Mal gelesen.

Abschließend: Big Ger ist wieder im Geschäft, und das gibt mir große Hoffnung, dass Rebus auch noch eine ganze Weile sich nicht unterkriegen lässt, "Hank Marvin" zum Trotz.

Veröffentlicht am 15.02.2019

"Ist es jemals zu spät, um Nähe zuzulassen?"

Agathe
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So ist Titel des Klappentextes.
Und das bringt es so ziemlich auf den Punkt.

Der zweiundsiebzigjährige Psychiater bereitet sich auf seinen Ruhestand vor, indem er die Tage bzw. Gespräche zählt, die noch ...

So ist Titel des Klappentextes.
Und das bringt es so ziemlich auf den Punkt.

Der zweiundsiebzigjährige Psychiater bereitet sich auf seinen Ruhestand vor, indem er die Tage bzw. Gespräche zählt, die noch verbleiben bis zum Ende. Dabei ist ihm klar, wie sehr ihn inzwischen die Probleme seiner Patienten langweilen, und dass er überhaupt nicht in der Lage ist, Hilfestellung zu geben. Erst durch Agathe, eine neue Patientin, wird ihm seine eigene innere Leere bewusst.
Um das Buch bin ich lange herumgeschlichen, da mir das Cover so gefallen hat. Die Buchhändlerin hat meinen Kauf kommentiert mit "Ach, das ist wenig Buch für den Preis". Tatsächlich hat der Roman nur 156 Seiten, aber die haben mich sehr angerührt.