Einfach nur grandios!
Lady Trents Memoiren 1Für meine Verhältnisse, lag dieses Buch echt nicht lange auf dem SUB, wie auch, wenn mich das Cover sofort in den Bann zog und der Klapptext ebenfalls? Und bevor ich mit meiner Rezension starte, kann ich ...
Für meine Verhältnisse, lag dieses Buch echt nicht lange auf dem SUB, wie auch, wenn mich das Cover sofort in den Bann zog und der Klapptext ebenfalls? Und bevor ich mit meiner Rezension starte, kann ich euch schon eins verraten: Ich bin der Drachenforscherin völlig verfallen.
Meine Meinung:
Als hätte Jane Austen beschlossen über Drachen zu schreiben
Ich weiß, dieser Vergleich wurde von Rezensenten schon häufiger aufgeführt, aber ich kann ich einfach nur unterschreiben. Marie Brennan siedelt ihre Geschichte in einer Welt an, die in etwa der Unsrigen im 19. Jahrhundert entspricht. Das Heimatland von Lady Trent, ist dabei klar England mit allen Sitten und Normen der damaligen Zeit nachempfunden. Aber auch andere Kulturkreise finden sich wieder, so erscheint mir Bulskevo Russland, Thiessin Frankreich, Eiversheim Deutschland und Vystrana Polen oder Ukraine zu entsprechen.
England im 19. Jh. ist natürlich auch genau Austens Zeit und ich liebe den Schreibstil von Jane Austen und schon mit dem Vorwort von Eine Naturgeschichte der Drachen fühlte ich mich an diesen erinnert. Es ist selten, dass ich nur ein paar Zeilen lesen muss und sofort weiß: Dieses Buch wird großartig. Bei Lady Trent war das der Fall. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Das Buch ist Teil der Memoiren der, mittlerweile betagten, Lady Trent, die in fünf Bänden aus ihrem Leben berichtet. Marie Brennan schafft es meisterlich das Buch so zu schreiben, dass man das Gefühl hat, dass es wirklich von Lady Trent und nicht einer modernen Autorin geschrieben wurde. Es ist der der pragmatische, manchmal zynische, aber ehrliche Schreibstil einer älteren Dame, mit diesen gewissen Spitzen, die man nur älteren Leuten durchgehen lässt. Dazu kommt aber eben auch der Stil des 19. Jh. Das mag nicht für jeden angenehm sein, aber ich fand es großartig, genial wundervoll.
Eine Drachenforscherin geht ihren Weg
Soviel als zum Stil, doch auch der Inhalt kann sich sehen lassen, allen voran die Protagonistin. Wie bereits erwähnt entspricht Lady Trents Heimatland dem viktorianischen England. Das heißt aber auch, dass von einer Dame erwartet wird, dass sie hübsch und gehorsam ist und gefälligst alles daran setzt eine gute Partie zu erwischen. Blöd nur, dass bereits die kleine Isabella lieber Tiere untersucht, als die feine Dame zu spielen. „Drachen erforschen gehört sich nicht für eine Dame.“, das ist es, was die Protagonistin sich ihr Leben lang anhören muss und dennoch hält es sie nicht davon ab, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Entgegen allen Konventionen ihrer Zeit kämpft sie für das, was ihr wichtig ist. Das macht Lady Trent zu einer starken und emanzipierten Protagonistin.
Was mir auch gut gefallen hat ist, dass Isabella zwar emanzipiert und fortschrittlich ist, aber eben trotzdem ein Kind ihrer Zeit. Sie erkämpft sich ihre Rechte behutsam und auch nicht ohne Unterstützung anderer. Das ist wesentlich realistischer, als würde sie plötzlich alle Normen und Konventionen über Bord werfen. Denn auch wenn wir es uns noch so sehr wünschen: Veränderungen, gerade ein Umdenken der Gesellschaft, kommen nicht von heute auf morgen. Auch Isabella bekommt das immer wieder zu spüren, dennoch lässt sie sich nicht unterkriegen und das macht wahre Stärke aus.
Spannung muss nicht gleich Action sein
Ein viel kritisierter Punkt an diesem Buch ist, dass zu wenig Spannung da sei. Das finde ich persönlich überhaupt nicht. Richtig ist, dass das Tempo an vielen Stellen eher gemächlich ist, doch langweilig, war es für mich zu keinem einzigen Zeitpunkt. Spannung muss nicht immer aus Action heraus resultieren. Die Autorin nimmt sich viel Zeit, das Leben ihrer Protagonistin in all seinen Facetten zu schildern und zeichnet damit das faszinierend Portrait einer Frau, die versucht ihren Platz in der Welt zu finden.
Auch die Erforschung der Drachen fand ich sehr spannend. Man merkt deutlich, dass die Autorin Erfahrung in Feldforschung hat, an manchen Stellen fühlte ich mich angenehmen meine archäologischen Lehrgrabungen erinnert. Dies lässt das Buch noch ein Stückchen mehr realistisch wirken, als hätte man tatsächliche ein 150 Jahre alten Feldbericht in der Hand.
Zum Ende hin wird es dann aber doch dramatisch und es gab auch eine überraschende Wendung, mit der in zwar dank einiger Andeutungen schon gerechnet habe, die mich aber trotzdem sehr erschüttert hat.
Fazit:
Dieses Buch ist einfach grandios. Ich liebe es. Stil und Handlung lassen es trotz phantastischen Thema unheimlich realistisch wirken und Lady Trent ist eine wundervolle und starke Protagonistin, die entgegen den Konventionen hier Zeit für ihre Leidenschaft kämpft. Du stehst auf Drachen und Jane Austen? Dann les dieses Buch!