Ohne große Sentimentalität wirft Oliver Müller einen nüchternen Blick auf die Biologie alles Lebendigen, erhellend und klug. Doch er tut es nicht ohne Empathie
Oliver Müller, Altern. Sterben. Tod. Die Vergänglichkeit des Menschen aus der Sicht der Naturwissenschaften, Gütersloher Verlagshaus 2019, ISBN 978-3-579-01471-5
Mit dem eigenen Altern, erst recht mit ...
Oliver Müller, Altern. Sterben. Tod. Die Vergänglichkeit des Menschen aus der Sicht der Naturwissenschaften, Gütersloher Verlagshaus 2019, ISBN 978-3-579-01471-5
Mit dem eigenen Altern, erst recht mit dem eigenen Sterben und dem eigenen Tod beschäftigt sich niemand gerne. Es sind schon lange Fragen, die in den Gesprächen, die wir mit anderen, auch unseren nächsten Angehörigen, führen, mit hohen und starken Tabus belegt sind.
Erst dann, wenn wir persönlich damit konfrontiert werden, etwa durch das Sterben und den Tod von Freunden oder nahen Verwandten, rücken uns diese Themen auf den Leib und sickern in unsere Seele. Wir können ihnen dann nicht mehr ausweichen und verdrängen doch. Es ist ganz erstaunlich, wie sehr selbst im Falle persönlicher Betroffenheit Sterbende und Angehörige nicht über das sprechen, was gerade geschieht, wahrscheinlich aus Angst den anderen zu verletzen. Ich war als Pfarrer lange der Meinung, es sei auf jeden Fall besser, immer über alles zu sprechen. Doch mittlerweile bin ich mir nach Sterbefällen in der eigenen Familie nicht mehr so sicher.
Das hat vielleicht auch mit dem eigenen fortgeschrittenen Alter zu tun und der langsam sich bemerkbar machenden eigenen Angst davor, irgendwann nicht mehr da zu sein, die ich vorher niemals verspürt habe.
Wie auch immer: es ist diese mehr oder minder stark ausgeprägte Angst vor er eigenen Vergänglichkeit und die Angst um diejenigen, die ohne mich zurückbleiben werden, die die meisten Menschen vor den Themen Alter, Sterben und Tod zurückschrecken lässt.
Das vorliegende Buch des Theologen, Mediziners und Naturwissenschaftlers Oliver Müller möchte hier aufklärend und unterstützend helfen. Mit einer auch für wissenschaftliche Laien meist verständlichen Sprache beschreibt er naturwissenschaftlich, was eigentlich passiert mit uns, wenn wir Menschen alt werden, wenn wir sterben und dann, wenn wir tot sind.
Ohne große Sentimentalität wirft Oliver Müller einen nüchternen Blick auf die Biologie alles Lebendigen, erhellend und klug. Doch er tut es nicht ohne Empathie. Er will durch Wissensvermittlung das Tabu brechen und die Angst vor dem Thema lindern. Das wirkt auch deshalb tröstlich, weil er auch die spirituelle und theologische Dimension der beschriebenen biologischen Vorgänge im Auge behält.
Er geht davon aus, dass man sich vor dem, was man kennt, nicht mehr so sehr fürchten muss. Ich bin jedoch sicher, es gibt Menschen, bei denen genau das Gegenteil der Fall ist.
Seine Zusammenfassung jedoch sollten sich alle zu Herzen nehmen, weil sie meiner Meinung nach nicht nur richtig ist, sondern der einzige Weg, die quälenden Fragen nach dem Tod durch ein eigenes gelebtes Leben zu beantworten:
„Die jedem Menschen geschenkte Zeit … ist begrenzt. Deshalb ist das eigene Leben genau wie auch das Leben jedes anderen Menschen unschätzbar wertvoll. Konsequenz dieser Erkenntnis muss eine zu jedem Zeitpunkt bewusste Lebensführung zum eigenen Wohl und zum Wohl anderer Menschen sein.“