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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.07.2019

Unterhaltsame Sommerlektüre

Strandkörbchen und Wellenfunkeln
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Lars Verhoigen retten einen kleinen Golden-Retriever-Welpen. Er fährt notfallmäßig mit dem verletzten Hund zur Tierärztin, auch wenn es sich bei dieser um Luisa handelt......denn wegen ihr hatte er vor ...

Lars Verhoigen retten einen kleinen Golden-Retriever-Welpen. Er fährt notfallmäßig mit dem verletzten Hund zur Tierärztin, auch wenn es sich bei dieser um Luisa handelt......denn wegen ihr hatte er vor 8 Jahren fluchtartig seine Heimatstadt verlassen. seit dem Jahr seiner Rückkehr ging er ihr bisher tunlichst aus dem Weg. Luisa ist professionell was die HIlfe am Hund angeht, doch irhe Gefühle kann sie nicht kontrollieren. Lars konnte sie nie vergessen, seine Flucht nicht verstehen. Doch kann sie nur Freundschaft für ihn empfinden? Schon beim ersten Wiedersehen weiß Luisa, dass das kaum möglichist.

Ein Liebesroman, bei dem es gewaltig brodelt und knistert. Gefühle, aber auch die Schatten der Vergangenheit mit Kindheitstrauma, Kindheitserlebnissen Freud und Leid, treffen hier aufeindaner, ist Last und Verbundenheit zugleich. Petra Schier gelingt es wieder alles in eine tolle, fesselnde Geschichte zu verpacken, sie gekonnt gut zu erzählen. Man sich alles, vor allem auch die Nordseeluft, beim Lesen sehr gut vorstellen, man möchte so manch einen der Protagonisten manchmal so richtig schütteln, aber wenn alles gleich reibungslos harmonieren und klappen würde, wäre es ja mega langweilig.
Lars und Luisa tun sich schwer miteinander - denn auch wenn eigentlich klar ist, dass sie mehr füreinander empfinden, als sie zugeben möchten, hat doch jeder so seine eigene Vorstellung von einer Beziehung. Und die Schatten, die zwischen ihnen stehen, sind schwer zu vertreiben.

Weil ich es in anderen Rezensionen auch schon gelesen hatte, möchte ich auch in meiner Rezi darauf hinweisen, dass es - im Gegensatz zu den anderen Romanen - auch ein paar "heißere" Stellen gibt. Es ist bei weitem kein Erotikroman, aber ein Liebesroman mit (ein paar wenigen) erotischen Szenen. Vielleicht ist es immer gut, dass man vorher weiß, was man liest, dann braucht man sich auch nicht beschweren, wenn man es nicht lesen möchte....

Aber nicht nur die Liebe ist Teil des Romans, auch Jolie, die kleine Hündin, ist eine Protagonistin, die sogar in kursiv gedruckten Abschnitten selber "zu Wort" kommt. Die Hundegeschichte nimmt aber nicht den Hauptteil an, sondern ist eher ein Nebenstrang, aber sie lockert das Geschehen auf und es gibt dadurch - neben aller Schwere des Geschehens rund um die Verletzung des Hundes - , auch eine heitere Note im Roman.

"Strandkörbchen und Wellenrauschen" ist der dritte Teil um Protagonisten aus Lichterhaven, aber unabhängig voneinander zu lesen. Aber schön, dass man auf alte "Bekannte" trifft und am Rande mitbekommt, wie sich diese weiterentwickeln.

4,5 Sterne für eine unterhaltsame Sommerlektüre

Veröffentlicht am 05.06.2019

Sehr gute Unterhaltung mit Tiefgang

Sommer bei Gesomina
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Jona (12 Jahre alt) verbringt einen Teil seiner Sommerferien bei Gesomina, die vor etlichen Jahren sein Kindermädchen war. Sein Vater ist beruflich ständig in der Welt unterwegs, nun muss auch die Mutter ...

Jona (12 Jahre alt) verbringt einen Teil seiner Sommerferien bei Gesomina, die vor etlichen Jahren sein Kindermädchen war. Sein Vater ist beruflich ständig in der Welt unterwegs, nun muss auch die Mutter beruflich für zwei Wochen in die USA. Jonas Eltern sind reich,
allerdings auch laufend beschäftigt und haben wenig Zeit für den Sohn.
Das Mehrparteienhaus im Berliner Kiez, in dem Gesomina wohnt, sowie die anderen Bewohner der Straße sind anders als alle, die Jona bisher kennen gelernt hat. Der Stiefelverkäufer aus Tasmanien, der Kneipenbesitzer, der von seiner Frau mitsamt Tochter verlassen wurde, die einsame Weinhändlerin, der türkische Friseur und das vietnamesische Ehepaar, das ein Geschäft in der Straße betreibt. Alle sind irgendwie und irgendwann hier gestrandet, entweder erfolglos oder unverstanden, einsam oder verlassen. Gesomina kann zuhören, sie bekocht Jona und erzählt ihm Geschichten aus ihrer Vergangenheit. Geschichten von einem verlorenen Sohn und schwierigen Zeiten. Jona ist klug und aufgeschlossen, er verändert die Bewohner der Strße, die auf einmal miteinander reden und interagieren und anfangen eine Gemeinschaft zu bilden.

Zwei Wochen nur - doch in zwei Wochen kann so viel passieren, so viel in Bewegung geraten. Nicht plötzlich, sondern nach und nach.

Beckerhoff hat einen mitreißenden Erzählstil, die Figuren werden beim Lesen lebendig, man scheint ihnen über die Schulter schauen zu können, man erlebt die Entwicklungen als sei man dabei. Dabei sind es oft die Zwischentöne, die die Phantasie des Lesers beflügeln.

Der Roman ist ein gelungener Balanceakt zwischen Schwere und Leichtigkeit. Ernste Themen gewürzt mit einer Portion Humor ergeben eine gelungene Mischung. Feinsinnig und vor allem tiefgründig lässt er seine Figuren über das Leben, über die Vergangenheit, über Beziehungen, über Famile und Freunde, Zusammenhalt und Zufriedenheit und vor allem Gemeinschaft nachdenken.

Veröffentlicht am 17.05.2019

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Der Gott am Ende der Straße
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Das Szenario in Louise Erdrichs neuem Roman ist düster. Es spielt in einer nahen Zukunft. Die Menschheit und die Natur scheinen sich zurück zu entwickeln. Kinder, aber auch Tiere, die geboren werden, ...

Das Szenario in Louise Erdrichs neuem Roman ist düster. Es spielt in einer nahen Zukunft. Die Menschheit und die Natur scheinen sich zurück zu entwickeln. Kinder, aber auch Tiere, die geboren werden, scheinen zu einer neuen primitiven Spezie zu gehören.
Schwangere Frauen werden - auch gegen ihren Willen - in Gewahrsam genommen, überwacht und keiner weiß, was nach der Geburt des Kindes mit Mutter und Kind passiert.
Auch im alltäglichen Leben verändert sich immer mehr. Ein Überwachungsstaat entsteht, die Grenzen der USA zu den Nachbarländern werden geschlossen. Kleine Drohnen und sogenannte Lauschohren flirren durch die Luft, Denunziationen sind allgegenwärtig.

Cedar ist schwanger. Sie beschreibt ihre Lage, ihre Gefühle, ihre Wünsche, Ängste, aber vor allem auch ihre Erlebnisse in einer Kladde als Brief an ihr ungeborenes Kind. Aus ihrer Sicht erleben wir so die Entwicklung mit. Düster, beängstigend, aber auch mit der Hoffnung, die sie hat. Cedar versteckt sich, unterstützt von ihrem Freund Phil, in ihrem Haus. Wird sie das neun Monate durchhalten können?
Immer wieder neue Wendungen machen das Buch zu einer sehr interessanten Lektüre.
Aber nicht nur die Entwicklungen und Situationen, in die Cedar gerät, fesseln, sondern auch die Überlegungen und Gedanken, die sie niederschreibt, sind interessant. Cedars schreibt unter anderem über den jeweiligen Entwicklungsstandes des Kindes, aber auch über viele Gefühle und Ansichten, die sie hat. Zudem fließt, wie auch bei den anderen Büchern von Luise Erdich, viel aus Sicht der Native American, der amerikanischen Urbevölkerung, mit ein, denn Cedars leibliche Mutter ist eine Native.

Der Roman weckt viele Gefühle beim Leser und am Ende lässt es sich auch nicht so einfach weglegen. Es ist ein düsteres, dystopisches Szenario, das Erdrich beschreibt. Nicht unrealistisch. Da es aus der Sicht einer Einzelnen beschrieben worden ist, wissen wir auch nicht mehr als sie. Wir erleben mit ihr, wie sich dich Umstände immer mehr verändern. Alles was einmal als selbstverständlich galt, ist es innerhalb kürzester Zeit nicht mehr. Es gibt keinen übergeordneten, allwissenden Erzähler, aber das macht es auch wieder so real, denn wir rätseln mit Cedar, versuchen mit ihr alles zu begreifen und können ihre Ängste dadurch nachfühlen. Trotz allem ist Cedar eine taffe Frau, die nicht so leicht aufgibt, die kämpfen will und sich nicht unterordnen möchte. Für das Kind, für eine gemeinsame Zukunft.

MIr gefällt Erdrichs Erzählstil, sie konnte mich mit diesem Roman fesseln und unterhalten. Die Dystopie bleibt immer vorstellbar, die Entwicklung nachvollziehbar, mit all ihrer beklemmenden und schrecklichen Folgen. Zudem durchlebt man beim Lesen eine Achterbahn der Gefühle. Erdrich verwebt durch diesen Erzählstil sehr viele Gedanken zum Leben und zur Menschheit mit in eine sich immer mehr zuspitzende Entwicklung.
Sehr lesenswert und volle Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 16.05.2019

Ein Roman mit Tiefgang und Humor

Der Zopf meiner Großmutter
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Schon das Buch "Baba Dunjas letzte Liebe" von Alina Bronsky hat mir so gut gefallen, dass es klar war, dass ich auch ihr neues Buch lesen muss. Wieder wurde ich nicht enttäuscht, sondern im Gegenteil es ...

Schon das Buch "Baba Dunjas letzte Liebe" von Alina Bronsky hat mir so gut gefallen, dass es klar war, dass ich auch ihr neues Buch lesen muss. Wieder wurde ich nicht enttäuscht, sondern im Gegenteil es hat mich wieder sehr gefesselt.

Aus Sicht des heranwachsenden Enkels Max erzählt die Autorin den Alltag und das Leben über einige Jahre einer ungewöhnlichen Familie, bestehend aus der hypochondrischen Großmutter Margo, die allzeit das schlimmste beführchtet, kritisiert und scheinbar nur unzufrieden ist, und dem stillen Großvater Tschingis, der sich scheinbar alles gefallen lässt und antriebslos erscheint. Alle drei sind als Kontigentflüchtlinge durch geschicktes taktieren der Großmutter nach Deutschland gekommen und versuchen nun Fuß zu fassen. Das gelingt dem einen mehr als dem anderen. Sie lernen NIna und ihre Tochter Vera kennen. Ein sehr interessantes und ungewöhnliches Beziehungsgeflecht untereinander entsteht.
Die Figuren sind speziell, skurril, verschroben, sonderbar, witzig, traurig, ernsthaft, aber auch so normal - alles gleichzeitig. Alle sind so lebendig dargestellt, als wären es meine Nachbarn, bei denen man über die Schulter schauen kann.


Ich mochte das Buch kaum aus der Hand legen und habe die Figuren am Ende nur mit Wehmut ziehen lassen, ich hätte noch gerne weiter von ihnen gelesen.
Der Roman bietet kurzweilige Unterhaltung mit Tiefgang, Humor und einem tollen Erzählstil, daher volle Leseempfehlung von mir.

Veröffentlicht am 09.05.2019

Humor trifft auf Anwalt

Jagdtrieb
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Jagdtrieb ist mal ein etwas anderer Krimi. Ein Krimi, der nicht nur durch einen Fall fesselt, sondern der vor allem durch seinen etwas unkonventionellen Hauptprotagonisten punktet.
Eines ist dabei sicher: ...

Jagdtrieb ist mal ein etwas anderer Krimi. Ein Krimi, der nicht nur durch einen Fall fesselt, sondern der vor allem durch seinen etwas unkonventionellen Hauptprotagonisten punktet.
Eines ist dabei sicher: bierernst sollte man nicht an den Krimi herangehen, auch der Leser braucht dafür eine Portion Humor.
Wenn man sich darauf einlassen kann, dann wird man bestens unterhalten.


Der Münchner Anwalt Paul Colossa erbt von seinem verstorbenen Onkel nicht nur ein Haus und ein ausgefallenes Auto, sondern auch dessen Kanzlei in einer oberpfälzischen Kleinstadt.
Seine erste Mandantin ist die junge und schöne Maja, Tochter eines russischen Millionärs, die von ihrem viel älteren Exfreund gestalkt wird. Paul, selbst frisch getrennt, ist sofort Feuer und Flamme, und das nicht nur für den Fall.....


Der eigentliche Fall läuft eher im Hintergrund mit, wird aber gegen Ende noch richtig spannend und sogar sehr actionreich.
Interessant und vor allem sehr unterhaltsam ist die Hauptfigur Paul, mit all seinen Gedanken, Gefühlen, kuriosen Aktionen, aber auch vor allem mit seinem persönlichen Hintergrund, der sich erst nach und nach dem Leser und auch Paul offenbart.

Die anwaltlichen Tätigkeiten werden ebenso unterhaltsam beschrieben und sind genau wie die Nebenfiguren, die im Roman mitspielen interessant, teilweise aber auch skurril und bissig.
Der Krimi bietet daher für den Leser eine richtig gute Mischung aus Ernst, schwarzem Humor und spannenden Elementen, dazu sehr viel Gefühl des männlichen Hauptprotagonisten.

Geschrieben hat das Buch ein echter Anwalt. Der Leser mag selbst darüber spekulieren, wieviel Hendrik Esch aus seinen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten mit hinein gebracht hat, wieviel er aus seiner Fantasie geschöpft hat oder was eben eine Mischung aus beiden ist. Gelungen ist es auf jedenfall, denn der Roman lies sich leicht lesen, man konnte oft auch mitlachen, schmunzeln und Mutmaßungen anstellen.

Jagdtrieb ist ein Provinzkrimi, der eigentlich gar nicht provinziell daher kommt, sondern einfach nur in der Provinz spielt (unter anderem), der vor allem aber Lust auf mehr macht. Ich würde gerne wissen, wie es mit Paul weitergeht. Gut, dass der nächste Roman schon in Arbeit ist, ich bin ziemlich gespannt darauf, was Paul noch so alles rund um seine Kanzlei erlebt und wo hinein er demnächst schlittert.