Rezension - Alte Sorten von Ewald Arenz
Rezension – Alte Sorten von Ewald Arenz
Das Buch „Alte Sorten“ von Ewald Arenz erschien im März 2019 im DUMONT Verlag.
Geschichte:
Der Roman spielt in der heutigen Zeit in einem Gebiet voller Weinberge, ...
Rezension – Alte Sorten von Ewald Arenz
Das Buch „Alte Sorten“ von Ewald Arenz erschien im März 2019 im DUMONT Verlag.
Geschichte:
Der Roman spielt in der heutigen Zeit in einem Gebiet voller Weinberge, in denen sich das junge Mädchen Sally und die erwachsene Frau Liss zum ersten Mal begegnen. Sally braucht einen Schlafplatz und Liss hat Platz. In diesem idyllischen Herbst auf dem Land erleben beide das Gefühl zu Leben auf eine neue Art und Weise. Sally ist aufbrausend, intensiv und direkt. Liss ist ganz anders. Sie ist ruhig, nachdenklich und klug. Beide haben andere Charaktereigenschaften aber die böse Vergangenheit und die Missverständnisse, die sich im Laufe ihrer Leben aufgehäuft haben, werden erneut oder zum ersten Mal überhaupt durchgekaut.
Cover:
Das Cover des Buches ist vieles zugleich. Es verbindet das Alte und traditionelle durch die warmen, herbstlichen Farben und den Birnen, kombiniert mit der Biene mit dem Modernen durch das minimalistische Design und den geraden, länglichen Buchstaben. Alle Farben passen zusammen und sehen in Kombination herrlich gemütlich aus, soweit ein Buchcover jedenfalls gemütlich aussehen kann.
Spannungsbogen:
Das Buch hatte einen Spannungsbogen, den ich schon vorher kannte. Im Laufe des Buches hat sich die Spannung immer wieder mit unterschiedlichen Ereignissen aufgebaut. Zwischendurch gab es dann immer wieder Spannungsentladungen, die dafür gesorgt haben, dass die Situation sich zwischendurch erholt. Am Ende dann gab es den Höhepunkt der Geschichte, der dann schnell durch ein Ereignis abgeschwächt wurde. Damit das Buch einen schönen Abschluss findet, gab es am Ende noch eine idyllische Szene und ein halboffenes Ende, die das Ende der Geschichte und den Abschluss mit dem Buch intensiver gemacht haben.
Inhalt:
Auf der Rückseite des Buches steht etwas von entschleunigend. Das ist das perfekte Adjektiv für das Buch. Es ist traumhaft, das Buch draußen, zum Beispiel auf der Terrasse oder im Garten zu Lesen, um nebenbei die Vögel zwitschern zu hören und sich wie im Roman zu fühlen. Es spielt zwar auf dem Land, aber es ist nicht, wie anfangs erwartet immer idyllisch. Nein, ganuz im Gegenteil, Ewald Arenz erzählt mit überraschender Tiefen, das Innere der Psychen der beiden Hauptcharaktere. Es gibt viele stark Emotionale Szenen, die den Leser zum Nachdenken bewegen und viele Tatsachen, und wie die Personen damit umgehen, sind gezielt und passend in die Geschichte eingebaut.
Charaktere:
Ewald Arenz hat die Anzahl der im Buch erwähnten und thematisierten Charaktere niedrig gehalten. Ich denke es könnte sein, dass er dies deshalb so gemacht hat, da er wollte, dass die Charaktere und ihre Eigenschaften besonders detailliert beschreiben werden können und der Leser selber einen unglaublich tiefen Einblick in deren Gedankengänge bekommen kann.
Die beiden wichtigsten Personen sind Sally und Liss. Mit Sally fang ich an, denn sie hat in dem Buch den offensichtlichsten Wandel hinter sich gebracht. Sally heißt in Wirklichkeit Sarah und kommt aus einer Großstadt. Sie hat Probleme mit Menschen, obwohl nein, das ist falsch. Die Menschen haben eins mit ihr, oder jedenfalls mit ihrer Sichtweise auf die Welt. Sally denkt über Dinge nach, aber sie ist eher der Typ Mensch, der lieber handelt. Sie ist impulsiv und aufbrausend. Oft sprudeln die Worte aus ihrem Mund, bevor sie sie zurückhalten kann. Das macht sie im Gegenzug aber auch ehrlich. Sie erlebt Dinge mit einer Intensität, wie ich sie nur selten bei einem Charakter erfahren habe. Ja, ich schreibe, als würde ich sie kennen, aber für mich fühlt es sich ganz ähnlich an. Ich kenne durch das Buch ihre Vorlieben und Desinteressen und weiß, wann sie aus der Haut fährt und warum. Sie kann einfühlsam und direkt zugleich sein und dabei immer noch die junge lebensfrohe Frau, wie sie am Anfang war. Sally hat auch ihre Schattenseiten, aber die sind nachvollziehbar und okay. Sie kann trotzig und fies sein, aber im Nachhinein weiß sie immer, wie sie dann handeln soll.
Durch Sally lebt Liss. Und Sally ist durch Liss wieder lebendig geworden. Liss ist ganz anders als Sally. Sie ist nachdenklich und ruhiger. Sie fährt selten aus der Haut und denkt nach, bevor sie spricht. Ihre Worte und Taten wählt sie sorgsam. Ich glaube sie tut dies aber erst jetzt und noch nicht in der Vergangenheit, die sie geprägt und gewandelt hat. Liss geht mit Sally anders um, als die vielen Menschen zuvor. Sie lässt ihr Raum und Freiheit und weiß, wie man in schweren Momenten mit Sally umgehen muss. Sie hat eine schwerwiegende Vergangenheit und geht damit so um, wie sie denkt, dass es richtig ist.
Schreibstil:
Ewald Arenz schreibt klar und deutlich. Die Satzstruktur ist eindeutig und selten zu missdeuten. Viele Kapitel beschreiben einen bestimmten Vorgang ganz detailliert und faktenbasiert. Er schreibt aber in anderen Kapiteln dann nur grob und bezieht sich hauptsächlich auf die Emotionen und nicht die Handlung. Arenz hat ein großes Talent für dramatische und erschreckende Szenen. Mit einer Mischung aus Neutralität und Erschrockenheit beschreibt er eben diese Situationen.
Fazit:
Im Laufe des Buches haben sich die Charaktere stark gewandelt. Beide haben Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen, die ihnen weitergeholfen haben. Aber am meisten haben sie sich selber weitergeholfen. Und das hat mich sehr beeindruckt. Die Verbundenheit zweier Menschen, die sich gar nicht kennen, aber doch durch irgendetwas in ihrem inneren verbunden sind. Das detaillierte Beschreiben der unterschiedlichen Früchte und Landschaften hat mich sehr fasziniert. Ich habe noch immer die Bilder vor Augen, die mir das Buch in so und so vielen Kapiteln geschildert hat.
Dieser Roman ist perfekt für jeden der im Alltag feststeckt und eine Pause bracht, die nur dieses Buch einem geben kann. Es hat mir gezeigt, was im Leben wichtig ist und wie ich meine Prioritäten setzen soll.