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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.10.2016

Incendo

Totenlied
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Als Thrillerleser bin ich ein großer Fan von Tess Gerritsen. Auf jedes neues Buch, das von ihr veröffentlicht wird, freue ich mich schon tierisch. Gott sei Dank wurde ich bei "Totenlied" schon vorgewarnt, ...

Als Thrillerleser bin ich ein großer Fan von Tess Gerritsen. Auf jedes neues Buch, das von ihr veröffentlicht wird, freue ich mich schon tierisch. Gott sei Dank wurde ich bei "Totenlied" schon vorgewarnt, dass es sich hier eher um einen (Spannungs-)roman handelt und nicht um einen Thriller, wie man normaler Weise von der Autorin gewöhnt ist. So ging ich gänzlich unbedarft an die Geschichte, die mir wirklich sehr gut gefallen hat - dass kann ich schon mal verraten!

Ebenso ungewöhnlich für die Autorin ist, dass sie diesmal auf zwei Zeitebenen erzählt. Da ich ein großer Fan von Literatur über die beiden Weltkriege bin, gefiel mir natürlich der Part aus der Vergangenheit wieder ausgesprochen gut. Hier geht es um Lorenzo Tedecso, einem sehr begabten jüdischen Geigenspieler aus Venedig. Der Leser steigt jedoch zuerst in der Gegenwart ein. Hier begleiten wir Julia Ansdell, eine erfolgreiche Violinistin, die in einem Antiquitätenladen in Rom ein altes Notenbuch kauft. In diesem findet sie handgeschriebene Walzernoten eines unbekannten Komponisten. Die Musik wühlt sie auf und fordert sie heraus, da einige Stellen sehr schwierig zu spielen sind. Als sie zurück in den Vereinigten Staaten diesen Walzer das erste Mal spielt, fühlt sie etwas Bedrohliches und Düsteres und plötzlich beginnt sich ihre kleine Tochter Lilly zusehends zu verändern. Doch ihr Ehemann Rob und die restliche Familie glauben Julia nicht. Immer wieder fragt man sich, was hinter den seltsamen Reaktionen von Lilly steckt oder ob sich Julia alles nur einbildet. Ebenso rätselt man, auf welcher Seite ihr Ehemann steht und wankt zwischen Unglauben und Furcht. Aber vorallem ist man neugierig was hinter all dem steckt und wie die Autorin die Geschichte lösen wird. Und auch Julia möchte herausfinden, wer diesen Walzer geschrieben hat und was es mit diesem Stück auf sich hat, dass so ihre Gedanken beherrscht, aber ihr auch Kummer bringt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Gerda fliegt sie nach Venedig um den geheimnisvollen Komponisten oder einen seine Nachfahren zu finden.

Man verfolgt nun abwechselnd die Suche von Julia in der Gegenwart und erfährt durch die Rückblicke in der Vergangenheit die Geschichte von Lorenzo und die Zeit der Judenverfolgung in Italien. Durch meine Liebe zur Musik, zu Weltkriegsthemen und Thriller ist dieser Spannungsromn für mich die perfekte Mischung. Man lernt die Autorin von einer ganz anderen Seite kennen. Tess Gerritsen bringt nämlich nicht nur ihre chirurgischen Fähigkeiten in ihre Romane ein, sondern auch ihre Musikalität. Sie spielt selbst Klavier und Geige und hat das Musikstück selbst komponiert.

Die Auflösung rund um das Geheimnis des Musikstückes und um Julias Ängste fand ich gut gelungen, trotzdem war das Ende für mich etwas zu unglaubwürdig und deswegen vergebe ich keine 5 Sterne für die sehr wohl packende Geschichte.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist gewohnt ausdrucksstark, flüssig und packend. Auch wenn es sich hier nicht um einen Thriller handelt, blieb für mich die Spannung die ganze Zeit aufrecht.
Der Part in der Gegenwart rund um Julia wird in der ersten Person geschildert und so erlebt man ihre Angst und Gefühle sehr gut mit. Man glaubt ihr jede Verunsicherung und möchte wie sie der Geschichte auf den Grund gehen.
Der Vergangenheitsanteil wird in der 3. Person erzählt und erzeugt so die nötige Distanz. Trotzdem litt ich mit Lorenzo und seiner Familie und vorallem auch mit seiner Freundin Laura mit. Die grausamen Methoden während des Zweiten Weltkrieges sind für mich ja aus vielen Büchern bekannt und trotzdem nimmt es mich jedes Mal wieder sehr mit, wie auch hier bei "Totenlied".
Die Autorin vermerkte noch am Ende ihres Romans, dass im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, in Italien nicht so viele Juden in Vernichtungslagern ermordet wurden, wie beispielsweise in Deutschland oder Polen. Trotzdem bedauert man natürlich jedes Einzelschicksal....


Fazit :
Eine etwas andere Tess Gerritsen, die mich mit diesem Roman auf zwei Zeitebenen genauso überzeugt hat, wie mit ihren erfolgreichen Thriller, die sie schreibt. Bis auf die kleine Schwäche am Ende der Geschichte im Gegenwartsstrang ist "Totenlied" ein großartiges Buch, das ich gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 18.10.2016

Brandaktuell und toll recherchiert

Als der Teufel erwachte
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Der Debüt-Thriller "Als Gott schlief" der sehr sympathischen österreichischen Autorin hat mich vor etwa zwei Jahren wirklich begeistert. Deshalb freute ich mich umso mehr auf ihr langersehntes neues Buch. ...

Der Debüt-Thriller "Als Gott schlief" der sehr sympathischen österreichischen Autorin hat mich vor etwa zwei Jahren wirklich begeistert. Deshalb freute ich mich umso mehr auf ihr langersehntes neues Buch. Diesmal hatte ich bei LB Glück und durfte bei der Leserunde zu "Als der Teufel erwachte" mitlesen.

Jennifer B. Wind hat sich wieder eines sehr aktuellen Themas für ihren Thriller bedient: Der Flüchtlingskrise. Und wer nun gleich abwinkt, dem empfehle ich trotzdem einfach reinzulesen, denn der Prolog beginnt schon äußerst spannend!
Wer den ersten Band bereits kennt, erlebt ein Wiedersehen mit den Ermittlern Thomas Neumann, Jutta Stern und Georg Kunze. Für Neueinsteiger ist es nicht zwingend erforderlich diesen vorher zu lesen, doch empfehle ich immer wieder Krimiserien der Reihe nach zu genießen. Tom, der gerade aus den USA zum LKA nach Wien zurückkehrt, wird von seinem Chef Georg Kunze direkt zu einem Leichenfund in einer Werkstatt gerufen. Mechaniker haben zwei Tote im Kofferraum eines PKWs entdeckt. Bald ist klar, dass es sich um Flüchtlinge handelt, die illegal nach Österreich einreisen wollten. Während man versucht die Identität der Beiden zu ermitteln, gibt es einen weiteren Fund in einem LKW. Schlepper haben die Flüchtenden in großen Kabelrollen versteckt, um sie über die Grenzen zu schmuggeln. Das LKA ermittelt auf Hochtouren.......

Der Thriller besteht aus zwei Teilen und anfangs aus drei Erzählsträngen.
Da ist zuerst die Geschichte des Flüchtlings Samir, einem Medizinstudenten, der gemeinsam mit seinem Vater aus Syrien geflohen ist. Dieser lässt tief hinter die mafiaähnlichen Methoden der Schlepper blicken, die die Kriegsflüchtlinge aufs Schlimmste ausnehmen. Ein sehr emotionaler Abschnitt, der schonungslos den Leidensweg vieler Flüchtlinge aufdeckt. Die Autorin hat hier sehr viel recherchiert und war auch in diversen Flüchtingslager immer wieder präsent. Dieser Blick hinter die Kulissen macht betroffen...
Im zweiten Erzählstrang begleiten wir Jutta, die erst später zu den Ermittlungen dazustößt. Sie sucht in Asien nach ihrem leiblichen Vater ....
Und der dritte Abschnitt erzählt über die laufenden Ermittlungen des LKAs. Nach und nach führen die drei Stränge zusammen und ergeben ein rundes und vorallem authentisches Bild. Die Polizeiarbeit ist schwierig und läuft oft im Leerlauf, denn die Männer hinter dem Schlepperring sind schwer aufzuspüren. Dies führte im Mittelteil zu kleinen Längen, die jedoch kaum spürbar sind. In einem spannenden Finale führen alle Erzählstränge zusammen und ergeben ein logisches Ende.

Jennifer B. Wind erzählt im Nachwort, dass sie beim Schreiben des Buches von der Realität der Flüchtlingskrise eingeholt wurde. Außerdem gibt sie Einblicke in ihre Recherchen.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist äußerst lebendig und liest sich wunderbar. Die Kapitel sind kurz gehalten und enden meist mit einem kleinen Cliffhanger. Das Bild der Ermittler erhält nach der blasseren Darstellung im ersten Band sehr viel mehr an Konturen und Schärfe. Die Charaktere sind vielschichtig und lassen sich nicht in eine Schublade pressen. Vorallem Juttas Selbstfindung ist großartig beschrieben und verschont den Leser dabei nicht. Der Autorin ist es außerdem gelungen bei diesem Thema NICHT zu polarisieren, was an und für sich schon für sie spricht.

Fazit :
Ein brandaktueller und komplexer Thriller, der genauso wie "Als Gott schlief" tief unter die Haut geht und neben der Spannung auch eine abwechslungsreiche Story bieten kann. Jennifer B. Wind überzeugt auch diesmal wieder mit hervorragenden Recherchen, sowie mit aktuellen und brisanten Themen, die den Leser in Atem halten. Eine Lesempfehlung!

Veröffentlicht am 18.10.2016

Die Tiefen der menschlichen Seele

Die Einsamkeit des Bösen
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Von Herbert Dutzler habe ich bereits alle Salzkammergut-Krimis gelesen, die jedoch auf der eher humorvollen Schiene daherkommen. Mit "Die Einsamkeit des Bösen" hat der Autor nun einen ganz anderen Weg ...

Von Herbert Dutzler habe ich bereits alle Salzkammergut-Krimis gelesen, die jedoch auf der eher humorvollen Schiene daherkommen. Mit "Die Einsamkeit des Bösen" hat der Autor nun einen ganz anderen Weg eingeschlagen und ich bin begeistert! Ich hoffe, dass noch weitere Krimis, die schon etwas von einem Psychothriller haben, vom Autoren erscheinen werden.

In Rückblenden, die sich mit dem Handlungsstrang der Gegenwart abwechseln, erfahren wir mehr aus Alexandras schrecklicher Kindheit. Sie ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen: Der Vater ein Tyrann, der zu viel trinkt und schlagkräftig seine Meinung verkündet; eine Mutter, die schon längst alle Hoffnungen begraben hat; Bruder Walter, der die Gewalttätigkeit seines Vaters übernommen hat und der kleinere Bruder Tobi, der etwas zurückgeblieben ist. Als ihr Vater versucht sie sexuell zu belästigen, keimt in Alexandra erstmals der Gedanke auf: Der Vater muss weg!

Die Geschichte in der Gegenwart beginnt ziemlich ruhig und hat anfangs kaum Krimihandlung zu bieten, was sich allerdings im Laufe der Zeit ändert. Zuerst lernen wir die erwachsene Alexandra, eine intelligente und liebenswerte Frau kennen, die mit dem Architekten Anton glücklich verheiratet ist und ihre Kinder, Annika und Max, über alles liebt. In ihrem Job als Übersetzerin/Lektorin geht sie auf und eigentlich könnten die Vier wunschlos glücklich sein, bis Anton beim Euromillionenlotto 24 Millionen gewinnt. Ab diesem Zeitpunkt verändern sich Anton und Alexandra, denn beide gehen unterschiedlich mit dem Gewinn um. Es kommt zu Streitereien, Lügen und Betrug. Auch die Kinder stellen immer höhere Ansprüche. Ein Urlaub in die USA soll die Ehe kitten......

In "Die Einsamkeit des Bösen" tauchen wir in die tiefsten Abgründe eines Menschen ein. Wir erhalten ein Psychogramm einer Frau, deren kindliche Seele zutiefst verletzt wurde und sich in der Folge immer wieder die Realität "schön redet". Beklemmend erzählt, jedoch mit einem ansteigenden Spannungsbogen, kann man das Buch nach einiger Zeit nicht mehr aus der Hand legen. Auch das Thema, das sich der Autor hier vorgenommen hat, ist relativ neu und noch nicht so "ausgelutscht" wie viele andere, denen sich Krimi- und Thrillerautoren widmen. Immer wieder gibt es überraschende Wendungen und Herbert Dutzler hat es wirklich verstanden in seinem neuen Krimi, die Abgründe der menschlichen Seele zu zeigen.

Das Ende kommt ziemlich abrupt und bleibt teilweise offen. Das ist leider etwas, was ich nicht wirklich mag und gerade bei Krimis und Thriller ist es für mich ein absolutes no-go! Aber hier passt es einigermaßen, denn die wichtigsten Ereignisse wurden aufgelöst und die Psyche von Alexandra wird offen gelegt. So kann ich mit dem Ende ganz gut leben. Trotzdem blätterte ich nach der letzten Seite um, saß mit verdutzem Gesicht da und stellte entsetzt fest: WAS? Das Buch ist aus?! Hab nochmals zurückgeblättert...okay, das wars tatsächlich!

Schreibstil:
Der Schreibstil des Autors ist sehr flüssig und lebt von vielen Dialogen. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Kinder- und Jugendzeit Alexandras und aus der Gegenwart erzählt. Die Passagen in der Vergangenheit sind mit römischen Ziffern, die in Gegenwart mit arabischen gekenntzeichnet.
Der Roman beginnt ruhig und wird mit der Zeit immer beklemmender. Der Spannungsbogen steigt stetig an und hält den Leser "an der Stange". Die Charaktere sind allesamt sehr lebendig beschrieben. Man erlebt ihre Veränderungen durch den Lottogewinn und Alexandra und Anton könnten genauso ein befreundetes Paar im eigenen Bekanntenkreis zu finden sein.

Cover:
Zum Aussehen des Buches muss ich noch unbedingt ein Wort verlieren. Der lilafarbene Buchschnitt sieht einfach toll aus und als ich die Klappbroschüre in den Händen hielt, war ich richtig begeistert. Auch die Qualität des Covers wirkt sehr edel und der Haymon Verlag hat sich hier wirklich etwas einfallen lassen! Wunderschön!

Fazit :
Ein richtig guter psychologischer Krimi, der den Leser in die Abgründe der menschlichen Seele blicken lässt. Wegen des abrupten und teils offenen Endes muss ich leider einen halben Stern abziehen und geben gute 4 1/2 Sterne.

Veröffentlicht am 18.10.2016

Spannender Justizkrimi

Eisenberg
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Andreas Föhr ist einigen Lesern bereits bekannt, denn er schreibt äußerst erfolgreich Regionalkrimis. Mit "Eisenberg" bleibt er dem Krimi-Genre erhalten, nutzt allerdings sein Studium und seinen früheren ...

Andreas Föhr ist einigen Lesern bereits bekannt, denn er schreibt äußerst erfolgreich Regionalkrimis. Mit "Eisenberg" bleibt er dem Krimi-Genre erhalten, nutzt allerdings sein Studium und seinen früheren Job als Jurist. Mit der Anwältin Dr. Rachel Eisenberg hat er eine neue Figur geschaffen, die ihm äußerst gelungen ist. Frisch geschieden von Exmann Sascha, mit dem sie jedoch weiterhin die gemeinsame Kanzlei für Strafverteidigung führt, nimmt die Top-Anwältin nur mehr Prestigefälle an. Als sie jedoch eher zufällig das Mandat eines Obdachlosen bekommt, der einen brutalen Frauenmord begangen haben soll, schlägt die Vergangenheit zu. Der Angeklagte ist ihr ehemaliger Jugendfreund, den sie fast geheiratet hätte: Physiker Heiko Gerlach. Die Chancen stehen für ihn nicht sehr gut, nachdem er vor Jahren geschieden wurde und seinen Job verloren hat und seitdem auf der Straße lebt. Auch die Aussagen belasten Gerlach schwer. Rachel findet jedoch sehr schnell einige Ungereimtheiten in der Anklageschrift und setzt alles daran ihren damaligen Freund zu helfen.
Die Tote ist eine junge Frau, die erst kürzlich für ihr Studium nach München gezogen ist. Sie hatte kaum Kontakt zu ihren Mitstudenten und auch nicht zur WG-Mitbewohnerin. Erst der Hinweis, dass sie der Spur einer Albanierin gefolgt ist, die illegal in Deutschland einreisen wollte und deren Spur sich kurz nach der bayrischen Grenze verliert, gibt neue Ansatzpunkte.

Rachel Eisenberg, die neue Hauptprotagonistin, war mir zu Beginn des Krimis etwas unsympathisch. Ihre anfangs hochnäsige und arrogante Art und die Attitüden einer "Staranwältin", die nur für gutes Geld arbeitet, kamen erschreckend durch. Doch mit der Zeit wurde sie immer "normaler" und kämpfte nebenbei ihre eigenen Kämpfe mit ihrer pubertierenden Tochter und dem Exmann, an dem sie doch noch hängt. Beruflich möchte sie alles geben und schreckt auch vor illegalen Mitteln nicht zurück.
Die Geschichte rund um den Heiko Gerlach und der parallel laufenden Handlung um eine junge Albanerin, die sich auf der Flucht befand und die spurlos verschwunden ist, wird packend erzählt. Als Leser rätselt man die ganze Zeit mit, wie der Mord an der jungen Frau und der Erzählstrang der illegal eingereisten Albanierin zusammenhängen könnten.
Da der Autor eine juristische Ausbildung vorweisen kann und jahrelang als Rechtsanwalt praktizierte, gibt es auch spannende Einblicke in die Welt der Staatsanwälte und der Verteidigung. Erst zum Ende hin laufen die beiden Handlungsstränge ineinander und ergeben ein sinnvolles Ganzes. Dazwischen gibt es einige überraschende Wendungen und ganz am Ende hin ein sehr überraschendes und actionreiches Finale, das eher an einen Thriller erinnerte.
Ich würde mich sehr über eine Reihe rund um Strafverteidigerin Dr. Rachel Eisenberg freuen!

Schreibstil:
Andreas Föhr schreibt äußerst spannend und flüssig, ansprechend und setzt in diesem Krimi sein Wissen als ehemaliger Jurist gekonnt ein.
Die Charaktere sind sehr gelungen beschrieben, lebendig und authentisch. Die Story entwickelt sich eher langsam und der Spannunsgbogen steigt kontinuierlich an. Ein klein bisschen kommt auch der Humor durch, den wir aus seinen Regionalkrimis kennen.

Fazit :
Ein überaus spannender Justizkrimi, der hoffentlich der Beginn einer Reihe rund um Strafverteidigerin Dr. Rachel Eisenberg sein wird. Kontinuierlicher Spannungsaufbau zweier parallel laufenden Handlungsstränge, die mit einem überraschend explosiven Finale enden! Gefällt mir!

Veröffentlicht am 09.10.2016

Ein Lese-Highlight!

Die Nachtigall
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Warnung: Wer mit diesem Roman zu lesen beginnt, sollte wissen, dass er die nächsten Stunden und Tage kaum mehr aus der Welt von Vianne und Isabelle auftauchen wird! Zu packend ist diese Geschichte um zwei ...

Warnung: Wer mit diesem Roman zu lesen beginnt, sollte wissen, dass er die nächsten Stunden und Tage kaum mehr aus der Welt von Vianne und Isabelle auftauchen wird! Zu packend ist diese Geschichte um zwei Schwestern und ihr Leben, dass man das Buch nicht wieder aus der Hand legen möchte...

Die Romane, die ich bereits von der Autorin gelesen habe, haben mich alle sehr bewegt und emotional berührt. Es gab zwar auch den einen oder anderen, den ich nur mittelmäßig fand, aber im Großen und Ganzen sind Kristina Hannah's Bücher wirklich sehr gut. Üblicher Weise sind ihre Geschichten in der Gegenwart angesiedelt, während "Die Nachtigall" von zwei Schwestern erzählt, die während des Zweiten Weltkrieges versuchen zu überleben - jede auf ihre Weise. Zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, die jedoch ihr Lebensumstand zwingt, sich so zu verhalten, wie sie es schlussendlich tun. Und jeder Leser, der meinen Blog verfolgt, weiß auch, dass ich Geschichten aus der Zeit der Weltkriege verschlinge. So war dieses Buch natürlich ein absolutes MUST-HAVE....

Der Prolog führt den Leser allerdings zuerst in die Gegenwart und in die USA, wo eine ältere und schwerkranke Frau ihre Habseligkeiten zusammenpackt. Ihr Haus steht zum Verkauf und sie wird die kommenden Tage in eine Seniorenresidenz umziehen. Doch ein alter Koffer voller Erinnerungen und eine Einladung nach Paris bringen sie noch einnmal zurück in die Vergangenheit des Jahres 1939.

Die beiden Schwestern Vianne und Isabelle sind schon sehr früh auf sich alleine gestellt und erfahren, was der Krieg anrichten kann. Der Vater kam völlig verändert aus dem ersten Weltkrieg zurück und als die Mutter viel zu früh stirbt, fühlt er sich nicht stark genug, um für seine Töchter zu sorgen. Er gibt sie einfach ab.......
Trotzalledem kämpfen die beiden Frauen ihr ganzes Leben lang um seine Liebe und um Anerkennung. Während Vianne früh heiratet und eine Familie gründet, rebelliert Isabelle. Sie flieht immer wieder aus den Internaten, in die sie gesteckt wird und lehnt sich auf.
Als der Krieg ausbricht wird auch Viannes Mann Antoine eingezogen und sie bleibt mit der kleinen Tochter Sophie zurück. Gemeinsam mit Rachel, ihrer besten Freundin, und ihren Kindern, versuchen sie ihr Leben ohne ihre Männer weiterzuleben. Doch viel zu früh sind die deutschen Soldaten auch in ihrem kleinen Dorf angekommen. Frankreich wird geteilt und Vianne lebt nun in der besetzten Zone. Nahrungsmittel werden knapp und in ihrem Haus wird ein deutscher Hauptmann einquartiert. Als ihre Freundin Rachel mitsamt ihren Kindern abtransportiert wird, muss sich Vianne der Realität stellen. Aus der anfangs eher schüchternen und naiven jungen Mutter, wird eine stille Kämpferin, die nicht nur ihre Tochter beschützen will, sondern beginnt sich auch für andere Kinder einzusetzen....
Die ungestüme Isabelle hingegen hasst die Deutschen und geht in den Untergrund. Sie schließt sich der Résistance an und überbringt geheime Nachrichten. Das ist ihr aber bald nicht mehr genug und sie nimmt einen neuen gefährlichen Auftrag an. Sie bringt abgeschossene Piloten der Allierten über die Pyrenäen nach Spanien. Unter dem Decknamen "Die Nachtigall" wird Isabelle zu einem der meistgesuchten Feinde der Deutschen.

Gefallen hat mir, dass dieses Buch einmal aus der Sicht der Frauen während des Krieges erzählt wird. Romane über heldenhafte Soldaten oder verfolgte Juden gibt es jede Menge, doch selten wird über die Frauen berichtet, die zuhause versuchen müssen ihre Kinder, Haus und Hof zu schützen und vorallem genug Essen auf den Tisch zu bringen. Man erlebt hautnah mit, wie sie zuerst um den Ehemann oder Liebsten bangen, bald aber schon die Sorge ums eigene Überleben an erster Stelle tritt. Man liest von Hunger und Kälte und wie die Menschen alles verheizen, was ihnen in die Hände fällt. Bald bekam man für eine Lebensmittelmarke nicht einmal mehr Mehl oder Kartoffel, während die Deutschen Fleisch horteten.

„In der Liebe finden wir heraus, wer wir sein wollen; im Krieg finden wir heraus, wer wir sind.“

Kristin Hannah beschreibt, wie sich die Menschen während des Krieges verändern. Man taucht in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele. Manche gehen den geringsten Widerstand und werden zu Verräter, andere kämpfen ums nackte Überleben und wieder andere werden stärker und finden den Mut etwas zu bewegen. Bis man sich nicht selbst in so einer Situation befindet, weiß man meist selbst nicht, wie man tatsächlich reagieren würde, auch wenn natürlich jeder von uns annimt, dass er zu den Gutmenschen gehören wird.
Ein Roman, der mich sehr beeindruckt hat und der herausragt aus den Geschichten rund um den Zweiten Weltkrieg. Nur wenige Bücher kann ich nennen, die mich zu diesem Thema ebenso sehr berührt haben wie "Die Nachtigall".

Charaktere:
Die Charaktere wurden sehr authentisch dargestellt. Die Gefühlswelt der einzelnen Personen wurde hervorragend ausgearbeitet. Jede im Roman dargestellte Figur konnte ich mir bildlich vorstellen. War mir Vianne anfangs zu untätig und naiv, entdeckt sie im Laufe des Krieges ihre eigene Stärke und setzt diese gekonnt ein. Isabelle bewunderte ich zuerst für ihren Mut und Einsatz, doch dabei ist sie viel zu unüberlegt und bringt andere in Gefahr oder setzt ohne Nachzudenken ihr Leben aufs Spiel. Ihre Schönheit ist ihr dabei eine große Hilfe, doch die Gefahren, denen sie sich aussetzt, werden immer gewagter. Isabelle ist eine Art Adrenalinjunkie und die Risiken, die sie manchmal ohne Nachzudenken eingeht, ließen mich dann doch öfters den Kopf schütteln. Im Inneren sucht sie jedoch Anerkennung und Liebe, die ihr als Kind immer verwehrt blieb.

Schreibstil:
Den Schreibstil der Autorin fand ich schon in ihren anderen Romanen fesselnd und unglaublich emotional. Kristin Hannah lässt die Schwestern abwechselnd aus ihrer Sicht erzählen. Man durchlebt so die Ängste, die Wut und die Verzweiflung aus nächster Nähe und fühlt mit Vianne und Isabelle mit. Die fikitve Geschichte rund um Vianne und Isabelle, die stellvertretend für das Schicksal vieler Frauen während des Zweiten Weltkrieges steht, wird gekonnt mit den historischen Fakten verflochten.

Fazit :
Ein Buch, das mich beeindruckt hat und heraussticht aus den Romanen zu diesem Thema. Nur wenige Bücher kann ich in einem Atemzug gemeinsam mit "Die Nachtigall" nennen, die mich ebenso emotional berührt haben und die auf meiner Liste der TOP Bücher zum Thema Zweiter Weltkrieg aufscheinen. "Die Nachtigall" darf sich nun dazu einreihen und von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung!