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Veröffentlicht am 27.07.2019

Schrei nach Gerechtigkeit

Die Nickel Boys
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In dem Roman „Die Nickel Boys“ verbindet der Autor Colson Whitehead Realität und Fiktion. Sind die Charaktere frei erfunden, so ist die Geschichte um Ausgrabungen und forensische Analysen durch ...

In dem Roman „Die Nickel Boys“ verbindet der Autor Colson Whitehead Realität und Fiktion. Sind die Charaktere frei erfunden, so ist die Geschichte um Ausgrabungen und forensische Analysen durch Archäologiestudenten auf dem Gelände einer Besserungsanstalt in Florida, wo ein geheimer Friedhof entdeckt wurde – tatsächlich geschehen.
Beispielgebend erzählt Whitehead die Geschichte des 16-jährigen Ellwood, der mit seiner Großmutter im schwarzen Ghetto von Tallahassee lebt. Ellwood bewundert Martin Luther King und träumt davon, dass es keine Unterschiede mehr zwischen Schwarz und Weiß gibt. Doch der Rassismus ist auch Anfang der sechziger Jahre noch tief verwurzelt. Ellwood ist höflich, fleißig und ein guter Schüler. Er freut sich, dass er einen Platz am College bekommt, doch dann geschieht das Unfassbare: Ohne es zu wissen, lässt sich Ellwood in einem gestohlenen Auto mitnehmen, wird dafür vollkommen zu Unrecht in die Besserungsanstalt, das Nickel, eingewiesen. Es sollte eine Schule sein, in der die Jungen unterrichtet werden, doch die Hoffnung darauf kann Ellwood schnell begraben. Stattdessen wird er mit menschenunwürdigen Zuständen und Ungerechtigkeiten konfrontiert. Nicht nur, dass die Jungen missbraucht und geprügelt werden, manchmal verschwindet jemand einfach so, nur um dann nie wieder aufzutauchen. Und niemanden scheint es zu kümmern.
Der Schreibstil ist nach meiner Meinung eher einer der leisen Töne, wodurch aber die lauten Schreie der Ungerechtigkeit und des Schreckens weithin hörbar werden, nachdenklich machen und zur Sensibilität anregen.

Veröffentlicht am 30.06.2019

Auf dem Weg zur Selbsterkenntnis

Die drei Fragen des Lebens
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„Die drei Fragen des Lebens“ des Autors Don Miguel Ruiz, erschienen im Allegria Verlag, beschäftigt sich mit dem toltekischen Wissen und lädt ein, sich selbst im Leben zu hinterfragen. Verborgene Kräfte ...

„Die drei Fragen des Lebens“ des Autors Don Miguel Ruiz, erschienen im Allegria Verlag, beschäftigt sich mit dem toltekischen Wissen und lädt ein, sich selbst im Leben zu hinterfragen. Verborgene Kräfte werden freigelegt und das Ergebnis kann neue innere Stärke und ein größeres Selbstbewusstsein werden.
Der Begriff „Toltekisches Wissen“ war mir bisher völlig unbekannt und hat meine Neugier und mein Interesse für das Buch geweckt. Tatsächlich gibt es auf die drei Fragen des Lebens – so wie es der Untertitel verspricht – Antworten, die neue Wege eröffnen.
Einleitend wird die Geschichte „Die drei Perlen der Weisheit“ erzählt. Ein alter Mann spricht zu einem Jungen, dass er nur drei Fragen beantworten muss, um in der Welt seinen Weg zu finden: Wer bin ich? Was ist wirklich? Was ist Liebe?
Sehr gern habe ich mich mitnehmen lassen auf die Reise zu neuen Erkenntnissen und habe dabei tatsächlich zu jeder Frage in mehreren Kapiteln Möglichkeiten entdeckt, neue Wege zu finden, die es sich zu gehen lohnt. Ein Beispiel dafür ist der Respekt als Lösung der Probleme der Menschheit. Dazu hat mir besonders dieses Zitat gefallen: „Respekt bedeutet, dass wir die Existenzberechtigung jedes Individuums anerkennen. Darin besteht der beste Teil der Liebe.“
Mir hat das Buch gut gefallen. Der Schreibstil ist klar und gut verständlich. Sicherlich werde ich noch häufiger die Antworten auf die drei Fragen des Lebens suchen, weil es in dem Buch so Vieles zu entdecken gibt. Gern empfehle ich es weiter.

Veröffentlicht am 20.06.2019

Erinnerungen an die Jugend-Heim-Zeit

Mühlenbach
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Bodo ist der Sohn einer Schifferfamilie und kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges geboren. Mit sechs Jahren hatte er sich so sehr darauf gefreut, in die Schule zu kommen. Aber seine Eltern ließen ihn nicht ...

Bodo ist der Sohn einer Schifferfamilie und kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges geboren. Mit sechs Jahren hatte er sich so sehr darauf gefreut, in die Schule zu kommen. Aber seine Eltern ließen ihn nicht gehen. So hatte er kaum Kontakte zu anderen Kindern. Als er 13 war, war er seinen Eltern auf dem Schiff inzwischen eine große Hilfe geworden. Doch dann wurde er von jetzt auf gleich abgeholt und in ein Jugendheim gebracht. Dort konnte er zwar endlich die Schule besuchen, aber das Leben im Jugendheim war natürlich ein ganz anderes und er musste sich an viel Neues gewöhnen. Diese Zeit beschreibt er in seinem Buch.
Bodo war ein sehr schüchterner Junge, allerdings überaus höflich und rücksichtsvoll. Er war ein gelehriger Schüler. Nur mit dem Schulfach Sport konnte er sich nicht anfreunden. Das beschreibt er ganz ehrlich in einem Kapitel. Er erinnert sich an seine Erzieher, an die Lehrer und an die Vertretungskräfte und erzählt von seinem Glauben.
Das Buch ist unterteilt in mehrere betitelte Kapitel. Der Schreibstil gefällt mir sehr gut. So berichtet Bodo zum Beispiel von dem Besuch seiner Tante Minna, deren Frage, ob er sich hier wohl fühlt, er mit Ja beantwortet. In dem Zusammenhang zu sagen, dass dieses „Ja „aus ihm herauskommt „wie aus einem Automaten, in den man das passende Geldstück geworfen hat“, spricht für sich. Umschreibungen dieser Art gibt es mehrere und ich mag sie. Auch, dass die Tante einen Apfelrest in zwei Teile schneidet und er eins davon bekommt, ist für ihn erwähnenswert und wichtig. Das Teilen war allerdings zu der damaligen Zeit auch nicht unbedingt an der Tagesordnung.
Mir hat es großen Spaß bereitet, Bodo Krüger auf dem Weg zurück in seine Kinder- und Jugendzeit zu begleiten. Durch seine Erzählung konnte ich mich an viele ähnliche Erlebnisse aus meinem eigenen Leben erinnern. Mich hat das Buch sehr gut unterhalten. Ich finde es großartig und empfehle das Buch sehr gern weiter.
Nur noch eins: Seine Eltern erwähnt Bodo nur noch einmal ganz kurz – wie in einem Nebensatz. Doch das, was er sagt, hat mich sehr betroffen gemacht. Sehr gern hätte ich noch erfahren, ob er jemals den Kontakt zu ihnen wieder aufgenommen hat. Aber das wäre dann wohl eine andere Geschichte.

Veröffentlicht am 24.05.2019

Ein Traum wird wahr

Das kleine Hotel in der Provence
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An ihrem ersten Jahrestag wird Lilly von ihrem Freund verlassen. Statt in Selbstmitleid zu versinken, lässt sie ihr bisheriges Leben hinter sich, kauft sich ein altes Haus in der Provence und ist fest ...

An ihrem ersten Jahrestag wird Lilly von ihrem Freund verlassen. Statt in Selbstmitleid zu versinken, lässt sie ihr bisheriges Leben hinter sich, kauft sich ein altes Haus in der Provence und ist fest entschlossen, ihren Traum von einem kleinen Hotel zu verwirklichen. Auch als sich herausstellt, dass das Haus sehr heruntergekommen ist, lässt Lilly sich nicht unterkriegen. Es macht unglaublich viel Spaß, sie bei der Verwirklichung ihres Traums vom eigenen Hotel zu begleiten. Sie ist mit viel Enthusiasmus bei der Sache und steckt so viel Liebe selbst ins kleinste Detail. Unterstützung erhält Lilly von ihrer Cousine Valeska, die mit ihrer Familie ganz in der Nähe zuhause ist. Das ist allerdings manchmal recht anstrengend, vor allem, wenn Valeska versucht, Lilly mit Olivier zu verkuppeln.
Der locker-leichte Schreibstil hilft dabei, schnell in die oft turbulente Geschichte einzutauchen. Auch die kurzen Kapitel tragen zum Lesespaß bei. Sehr schön sind die kleinen Lavendelblätter zu Beginn eines jeden Kapitels.
So leicht, wie sich das Buch lesen lässt, sieht auch das Cover aus. Einfach super! Man öffnet eines der blauen Fenster des kleinen Hotels - und wird belohnt mit einem wunderbaren Blick auf ein herrliches Lavendelfeld. Und dann dieser Duft dazu!
Lillys erster Gast ist eine ganz besondere Frau, die eine Bereicherung nicht nur für Lilly ist. Ihr verdankt der Leser „Weisheiten für jeden Augenblick“. Diese kleine Sammlung ist am Ende des Buches zu finden.
Ein leichter Roman für sommerliche Tage!

Veröffentlicht am 19.05.2019

Eher tragisch als komisch

Das wilde Leben der Cheri Matzner
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Solomon Matzner liebt seine italienische Frau Cici mit ganzem Herzen und beide freuen sich auf ihr erstes Kind. Doch nach einer Fehlgeburt kapselt Cici sich ab und verkriecht sich in einer eigenen ...

Solomon Matzner liebt seine italienische Frau Cici mit ganzem Herzen und beide freuen sich auf ihr erstes Kind. Doch nach einer Fehlgeburt kapselt Cici sich ab und verkriecht sich in einer eigenen Welt. Solomon adoptiert ein Kind um Cici wieder Freude am Leben zu schenken. Cici liebt ihre Tochter Cheri abgöttisch und sie konzentriert sich fast ausschließlich auf ihr Kind.
Mir hat der Anfang des Buches sehr gut gefallen. Das Mädchen Miriam geht in eine Klinik, bekommt ihr Kind und lässt es dort zurück. Billy Beal leistet in der Klinik Sozialstunden ab und ist sogleich fasziniert von Miriam und von dem Baby, das zunächst als Pflegekind in Billys Familie kommt und bald danach von Solomon adoptiert wird.
Ich habe lange darauf gewartet, dass Billy und auch Miriam noch einmal auftauchen, doch stattdessen konzentrierte sich das Geschehen sehr stark auf Cici. Dieser Teil des Romans zieht sich für meinen Geschmack wie ein Kaugummi in die Länge und es geschieht irgendwie nichts.
Irgendwann nimmt die Geschichte dann an Fahrt auf, als es um Cheris Leben geht. Sie weiß nicht wirklich etwas über ihre Vergangenheit und sie ist mit ihrem Leben nicht so wirklich zufrieden. Nach dem ersten Drittel ist es der Autorin Tracy Barone endgültig gelungen, mich zu begeistern für ihren Schreibstil und die etwas ungewöhnliche Art, Cheris Geschichte zu erzählen.
Sehr gut gefällt mir das Vorgehen von Cheris Psychologin, Dr. Marlene Vega, die sehr einfühlsam und empathisch Cheri dazu bringt, sich mit ihrem Leben und ihrer Familie auseinanderzusetzen.
Traurig macht mich das Verhältnis zwischen Cheri und ihrem Vater Solomon, von dem sie sich nie angenommen und geliebt fühlte. Das Wissen, dass der Leser über Solomons Leben und die Gründe für sein Verhalten erlangt hat, fehlt Cheri natürlich.
Cheri hat ein sehr bewegtes und bewegendes Leben geführt, das erst nach und nach fühlbar und greifbar wird und mich hin- und hergerissen zurücklässt.