Ein rundum gelungener historischer Roman, der in die Welt des Stummfilmkinos entführt und nicht nur für Filmfans interessant sein dürfte
Das Lichtspielhaus - Zeit der EntscheidungMünchen, Oktober 1926:
Elsa, stammt aus der gehobenen Wiener Gesellschaftsschicht. Als sie eines Tages den attraktiven Karl traf, war es um sie geschehen. Obwohl ihre Eltern mit Elsas Wahl nicht einverstanden ...
München, Oktober 1926:
Elsa, stammt aus der gehobenen Wiener Gesellschaftsschicht. Als sie eines Tages den attraktiven Karl traf, war es um sie geschehen. Obwohl ihre Eltern mit Elsas Wahl nicht einverstanden waren, widersetzte sich die junge Frau und heiratete den jungen Mann, deren Familie aus dem Schaustellergewerbe stammt. Seitdem sind einige Jahre vergangen. Elsa schenkte Karl zwei Töchter, Sidonie und Jette und lebt seitdem mit ihm in der Großstadt.
Die ehemalige Theaterschauspielerin Elsa und ihr Mann Karl lieben das Kino und so trifft es sich gut, dass Elsas Schwiegermutter, die Patriarchin Zenzi, Besitzerin der Donaubauer Lichtspiele ist. Die zupackende und clevere Elsa imponiert Zenzi und so hofft die ältere Dame, dass sich ihr Sohn Karl sich seiner Frau gegenüber benimmt und ihrer Ehe mehr Glück beschienen ist. Zenzies Gatte, Karls Vater hatte nämlich leider die böse Angewohnheit, das Vermögen der Donaubauers durchzubringen und dem Alkohol zu reichlich zuzusprechen, was ihm dann auch letztendlich das Leben kostete.
Ausgerechnet nach der Premiere des Alfred Hitchcockfilmes „Der Bergadler“, brennt Karl mit einem Revuegirl aus New York durch und lässt Elsa und ihre Töchter sitzen.
Elsa ist erschüttert, doch weiß sie genau, dass alles Jammern nichts bringen wird. Sie muss sich durchbeißen und die Lichtspielhäuser der Familie, schon allein für ihre Töchter, die diese eines Tages erben werden, zum Erfolg führen. Besonders der imposante „Elvira-Palast“, ist das heimliche Lieblingslichtspielhaus der Donaubauers und hat zahlreiche Innovationen für seine Besucher zu bieten.
Aber Heinrich, Karls bester Freund seit Kriegstagen und Schwager, der Mann der schließlich Karls zurückhaltende Schwester Ulla heiratete, lässt sich ebenfalls nicht aus dem Geschäft drängen. Er ist für die Finanzen der Donaubauer Lichtspielhäuser zuständig. Sehr zum Verdruss seiner Schwiegermutter, die den nüchternen Heinrich insgeheim ablehnt. Heinrich versucht in der gehobenen Münchner Gesellschaftsschicht Kontakte zu knüpfen, während Elsa begreifen muss, dass der Tonfilm nicht mehr lange auf sich Warten lassen wird.
Sie muss sich überlegen, wie sie die Lichtspielhäuser der Familie in eine sichere Zukunft führen kann. Zur Seite stehen ihr da die findige Lotti, ein Rechengenie, die in der Firma arbeitet und auch Zenzi, ihre Schwiegermutter, die meint, dass es sowieso besser wäre, dass ihre Lichtspielhäuser in weiblicher Hand besser aufgehoben wären.
Währenddessen spitzt sich die politische Lage in München und auch im übrigen Land immer mehr zu. Adolf Hitler, der bereits zuvor einen misslungenen Putsch wagte, scharrt erneut Anhänger um sich und es ist überdeutlich, dass er diesmal mehr Erfolg haben könnte…
Mit „Das Lichtspielhaus- Zeit der Entscheidung“, ist nun der erste Teil einer neuen Serie um die ehemalige, fiktive Schaustellerfamilie Donaubauer, die eine Lichtspielhaus-Dynastie gründete, erschienen. Übrigens, die Vorgeschichte ist als als kostenloser E-Book-Download erhältlich.
Der erste Teil beginnt im Oktober 1926 und endet im September 1939.
Heidi Rehn ist hier eine Mischung aus spannender Familiensaga und interessantem, historischen Unterhaltungsroman gelungen. Das politische Geschehen findet genauso Erwähnung, wie die Stimmungen der Menschen von einst. Dazu lässt die Autorin die Welt des Stummfilmkinos vor dem geistigen Auge ihrer Leser auferstehen und hält zahlreiche wissenswerte Details für Interessierte, bereit. Bekannte Größen des Films, wie beispielsweise Fritz Lang, Heinz Rühmann oder Charlie Chaplin finden natürlich auch Erwähnung- genauso wie ihre Werke und wer genauso kinobegeistert ist, wie ich, wird an diesem Roman sicherlich seine helle Freude haben.
Obwohl Elsa eine Romanheldin ist, wie man sie sich nur wünschen kann; nämlich eine überaus starke Persönlichkeit, war es am Ende doch vor allem das bayrische Urgestein Zenzi, ein echtes Original, das sich in mein Leserherz schleichen konnte. Ihre amüsanten, trockenen Kommentare- natürlich in bayrischem Originalton gehalten, haben mir einige Schmunzler beim Lesen beschert.
Überhaupt fand ich, waren es besonders die Frauenfiguren, die mit Vielschichtigkeit glänzen konnten. Die Herren der Schöpfung, blieben leider im Vergleich etwas blasser. Aber diesen kleinen Kritikpunkt konnte ich gut verschmerzen, da dieser erste Teil ansonsten so rund und gelungen geschrieben wirkt. Man spürt zwischen den Zeilen die akribische Hintergrundrecherche der Autorin, zudem mochte ich auch die Art des Erzählens sehr. Dazu finde ich das Layout des Romans einfach nur klasse. Wunderbar und erwähnenswert beispielsweise, das Werbeplakat des „Elvira-Palastes“, im Inneren. Wer übrigens mal Lust auf einen etwas anderen Kinobesuch haben sollte, in einem alten, wunderschönen Kino, sollte, falls er aus dem Ruhrgebiet kommen, einen Besuch einplanen in der Lichtburg in Essen. Aber zurück zum Buch: Der zweite Teil der neuen Reihe wird übrigens auf den letzten Seiten für Frühjahr 2020 angekündigt. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht mit der Donaubauerfamilie.
Kurz gefasst: Ein rundum gelungener historischer Roman, der in die Welt des Stummfilmkinos entführt und nicht nur für Filmfans interessant sein dürfte.