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Veröffentlicht am 21.05.2019

Ein gut inszeniertes Psychospiel um Schuld und Sühne

Rachemädchen- Eine ist verschwunden. Eine ist angeklagt. Wer ist das Opfer?
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Wer kennt sie nicht, die Legende vom schwarzen Mann, der Kindern Angst einjagt und die bösen von ihnen entführt. Seit Jahrhunderten schon taucht er in Gruselmärchen, Kinderreimen und Sagen auf, wobei er ...

Wer kennt sie nicht, die Legende vom schwarzen Mann, der Kindern Angst einjagt und die bösen von ihnen entführt. Seit Jahrhunderten schon taucht er in Gruselmärchen, Kinderreimen und Sagen auf, wobei er ganz verschiedene Namen annimmt. Doch egal, ob er als großer, schwarzer, Schatten- oder Butzemann in Erscheinung tritt, eines ist immer gleich. Sind die Kinder nicht brav, werden sie verschleppt oder auch aufgefressen, je nachdem wie es ihm beliebt. Ein schauriger Mythos, den die britische Autorin Phoebe Locke nutzt, um mit ihm und einem wahren Verbrechen eine Geschichte zu erzählen, die schaurig und rätselhaft ist und auf der Angst vor dem schwarzen Mann basiert.

Das verhängnisvolle Geschehen beginnt im Jahr 1990, als das Mädchen Sadie gemeinsam mit ihrer Freundin Helen die Sommerferienferien verlebt. In diesem Jahr erfährt sie zum ersten Mal vom großen Mann, der die guten Kinder beschützt und die bösen Kinder zu sich holt. Von da an schleicht sich die Schattengestalt in ihre Träume und ein und lässt sie nicht mehr los. So geschieht es, dass sie gemeinsam mit Helens großer Schwester und einer weiteren Freundin merkwürdige Rituale im Wald verübt, damit der große Mann gnädig gestimmt wird. Allerdings nur bis zu dem Tag, als plötzlich eine Katastrophe ihrem heimlichen Tun ein Ende setzt und niemand mehr offen über die damaligen Ereignisse spricht. Und erst viele Jahre später als eine Filmcrew die Wahrheit über die 18-jährige Mörderin Amber Banner herausfinden will, flammen die Schatten der Vergangenheit wieder auf und das, was einst im Wald geschah, fordert nun seinen Tribut.

„Rachemädchen“ ist das Thrillerdebüt von Phoebe Locke, die True Crime Geschichten mag und ihre Vorliebe für wahre Kriminalfälle in ihrem Erstling verarbeitet hat. Mit einem guten Gespür für menschliche Verhaltensweisen geht sie dabei vor und stellt das absonderliche Benehmen einer jungen Mörderin genauso nachvollziehbar dar, wie das skrupellose Vorgehen einer ehrgeizigen Filmemacherin. Dazu springt sie in verschiedenen Zeitebenen hin und her, lässt Figuren aus eigener Sicht erzählen, was um sie herum geschieht und fügt das Ganze Stück für Stück zu einer nachvollziehbaren Abfolge von Ereignissen zusammen, die düster, unheilvoll und erschreckend sind. Allerdings braucht es einige Zeit, bis das anfänglich verwirrende, später dann immer lichter werdenden Geschehen seine volle Wirkung entfachen kann und der Leser erkennt, welche Schuld der Einzelne auf sich geladen hat und was einst tief im Wald geschehen ist.

Fazit:
Wunderbar kurzweilig erzählt, taucht der Leser in ein gut inszeniertes Psychospiel um Schuld und Sühne ein, das erst im Verlaufe der Handlung seine volle Sogwirkung entfacht.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Ein realitätsnah in Erscheinung tretender Kriminalroman

Kälter als die Angst
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Die Opernsängerin Carla Dellbrück wird nach einem Spaziergang brutal ermordet, während ihr Mann mit dem Rücken zum Fenster auf dem Laufband trainiert. Ein scheinheiliges Alibi, das niemand bestätigen kann. ...

Die Opernsängerin Carla Dellbrück wird nach einem Spaziergang brutal ermordet, während ihr Mann mit dem Rücken zum Fenster auf dem Laufband trainiert. Ein scheinheiliges Alibi, das niemand bestätigen kann. Deshalb dauert es nicht lange, bis Klaus Dellbrück als Hauptverdächtiger verhaftet wird, obwohl er beteuert, unschuldig zu sein. Kurz darauf zieht eine junge Frau mit ihren beiden Söhnen in die Wohnung der Dellbrücks ein und wird genau, wie die Opernsängerin zuvor mit seltsamen Drohbriefen terrorisiert. Gibt es da einem Zusammenhang zu der skrupellosen Tat oder haben die angsteinflößenden Kinderreime vielleicht gar nichts mit dem Mord an Carla Dellbrück zu tun? Charlotte Schneidemann und Peter Käfer ermitteln und kommen einem Killer auf die Spur, der noch lange nicht am Ende ist.

„Kälter als die Angst“ ist der fünfte Fall für die Mordkommission in Münster, in der neben Charlotte Schneidemann und Peter Käfer auch der kurz vor der Pension stehende Carsten Hammersbach und der engagierte Jungspund Frank Subotik tätig sind. Ein gut aufeinander abgestimmtes Team, das mit akribisch geführten Ermittlungen auf die Jagd nach einem gefährlichen Hammermörder geht. Dabei stolpern sie schon bald über einen 30 Jahre alten Fall, der merkwürdig viele Parallelen zur aktuellen Ermittlung aufweist und sie zu einem inzwischen entlassenen Mörder führt, der seine Tat zutiefst bereut. Doch nicht nur er und der in Untersuchungshaft sitzenden Ehemann werden verdächtigt, der Mörder zu sein, und so haben die mit Hochdruck ermittelnden Polizisten alle Hände voll zu tun, bis Licht in das Durcheinander an völlig verschiedenen Tatmotiven und potenziellen Tätern gebracht werden kann.

Christine Drews versteht es, mit einem interessanten Plot und regelmäßigen Perspektivwechseln einen Krimi zu erzählen, der angenehm realitätsnah in Erscheinung tritt und aus verschiedenen Sichtweisen heraus erzählt worden ist. So kommen neben den Ermittlern auch der Täter und der geläuterte Hammermörder von einst zu Wort, wobei von ihm vor allem Auszüge aus seinem veröffentlichten Buch zur Gewaltverhinderung zu lesen sind. Aber auch die Psychotherapeutin Katrin Ortrup, die bereits im ersten Band der Münsterreihe als Mutter eines entführten Kindes im Mittelpunkt der Handlung stand, spielt eine wichtige Rolle in dem anfänglich ruhigen, später dann dramatisch werdenden Geschehen. Und ganz zum Schluss spitzt sich die Handlung noch einmal zu und die bisher geschickt im Verborgenen agierenden Täter zeigen ihr wahres Gesicht.

Fazit:
Ein realitätsnah in Erscheinung tretender Kriminalroman, der trotz kleiner Schwächen im Spannungsverlauf einige Stunden beste Unterhaltung verspricht.

Veröffentlicht am 05.05.2019

Ein amüsantes Kakerlaken-Abenteuer

Die Kakerlakenbande − Applaus für die Laus
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Kakerlak Karate hat schon seit ewigen Zeiten in einem herrlich schimmligen Puppenhaus auf dem Dachboden gewohnt und soll nun von dort vertrieben werden. Denn die Menschenfrau, die nach Oma Müffelmeier ...

Kakerlak Karate hat schon seit ewigen Zeiten in einem herrlich schimmligen Puppenhaus auf dem Dachboden gewohnt und soll nun von dort vertrieben werden. Denn die Menschenfrau, die nach Oma Müffelmeier mit ihrer Familie in das Haus gezogen ist, räumt alles akribisch auf und gibt sich viel Mühe, danach mit beißenden Reinigungsmitteln zu putzen. Deshalb geschieht es, das Karate obdachlos wird und plötzlich gemeinsam mit dem Floh Sprungbein und der Kopflaus Liane im Garten sitzt. Da ist guter Rat teuer und viel Mut gefragt, um einen Weg zurückzufinden. Doch gemeinsam ist alles halb so schwer und so machen sich die drei winzigen Wesen daran, erneut in das Haus zu kommen, wo es warm und gemütlich und es auch leckere Dinge zu essen gibt.

„Die Kakerlakenbande - Applaus für die Laus“ ist der Auftakt einer Kinderbuchreihe von Christian Thielmann die mit witzigen Geschichten rund um die Abenteuer einer kleinen Kakerlake und ihrer nicht minder mickrigen Freunde kurzweilig unterhält. So ist der Leser in 6 kleine Episoden hautnah dabei, wenn die Gefahren im Garten überhand nehmen und sie sich mit allem, was ihnen zur Verfügung steht, retten müssen. Wie vor einem Igel, der überaus gefräßig ist oder einem Vogel, der gierig nach ihnen pickt. Doch gemeinsam sind sie groß und beweisen, wie wichtig Freundschaft und gegenseitiger Beistand ist und das Gefühl, sich auf den anderen verlassen zu können. Mit wunderschönen bunten Zeichnung von Nikolai Regner illustriert lädt das Buch auch zu mehrmaligem Lesen ein, weil es immer wieder noch etwas Neues zu entdecken gibt.

Fazit:
Ein amüsantes Kakerlaken-Abenteuer, das gelesen oder gehört, wunderbar unterhaltsam ist und groß und klein zum Schmunzeln bringt.

Veröffentlicht am 02.05.2019

Ein subtil erdachter Psychothriller, der erst in Fahrt kommen muss

Die stumme Patientin
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An einem ungewöhnlich heißen Sommertag ermordet die brillante Malerin Alicia Berenson ihren Ehemann Gabriel mit fünf Schüssen in den Kopf und schneidet sich anschließend die Pulsadern auf. Eine Tat, die ...

An einem ungewöhnlich heißen Sommertag ermordet die brillante Malerin Alicia Berenson ihren Ehemann Gabriel mit fünf Schüssen in den Kopf und schneidet sich anschließend die Pulsadern auf. Eine Tat, die sich niemand erklären kann und die Alicia selbst nicht erklären will. Denn die Malerin schweigt beharrlich und wird aufgrund der Umstände vor Gericht als psychisch krank eingestuft. Seitdem fristet sie ihr Dasein in der geschlossenen Psychiatrie, wo sie mit starken Medikamenten ruhiggestellt und behandelt wird. Von dem Mythos um die stumme Malerin fasziniert, nimmt der forensische Psychotherapeut Theo Faber eine Stelle in derselben Klinik an, mit dem Ziel, Alicia Berenson bei der Bewältigung ihres Traumas beizustehen. Doch meint er es wirklich ernst oder verfolgt der erfahrene Therapeut einen ganz anderen Plan?

„Die stumme Patientin“ ist das Debüt des britischen Autors Alex Michaelides, der genau wie Theo Faber in einer psychiatrischen Klinik gearbeitet hat. Dadurch kennt er sich mit den Abläufen, Therapiebehandlungen und Krankheiten der dort lebenden Menschen bestens aus, was in jeder Zeile seines Psychothrillers zu spüren ist. Wie bei den beiden Hauptfiguren, die er abwechselnd in den Mittelpunkt der Handlung stellt, um seine Geschichte einer arglistigen Täuschung zu erzählen. So lernt der Leser zum einen die begabte Malerin Alicia Berenson kennen, indem er Passagen aus ihrem Tagebuch liest und wichtige Gedanken und Ereignisse aus ihrem Leben vor dem grausamen Mord erfährt. Zum anderen begleitete er den Psychotherapeuten Theo Faber auf seiner umstrittenen Mission und erlangt Kenntnis davon, dass dieser in seiner Kindheit selbst ein Trauma erlitten hat.

Leider lässt sich Alex Michaelides am Anfang zu viel Zeit, bevor das verhängnisvolle Geschehen spannend wird und der subtil erdachte Plot seine volle Wirkung entfachen kann. Denn umfangreich geschilderte Details aus dem Leben von Theo Faber sorgen dafür, dass das Tempo arg gedrosselt wird. Und erst als die zweifelhafte Therapie der Malerin Alicia Berenson beginnt, gibt es kein Halten mehr. Von nun an reißt ein verheerender Strudel aus Emotionen, Andeutungen und Lügen den Leser regelrecht mit, der unbedingt wissen will, was in der verhängnisvollen Mordnacht geschehen ist und ob der Therapeut seiner stummen Patientin die Wahrheit noch entlocken kann. Doch die Auflösung des Ganzen gibt es erst zum Schluss mit einer Wendung, die nicht zu erahnen war und die mit dem eingangs schleppenden Beginn versöhnt.

Fazit:
Ein subtil erdachter Psychothriller, der erst in Fahrt kommen muss, dann aber eine faszinierende Wirkung entfacht und seine Leser atemlos über die Seiten treibt.

Veröffentlicht am 29.04.2019

Ein ergreifender Roman, der mit viel Herzblut und Hoffnung geschrieben ist

Der Wal und das Ende der Welt
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In dem kleinen Fischerdorf St. Piran wird ein nackter junger Mann an den Strand gespült, wo er nur kurz darauf von den Bewohnern gefunden und gerettet wird. Fast am gleichen Ort strandet später ein Wal, ...

In dem kleinen Fischerdorf St. Piran wird ein nackter junger Mann an den Strand gespült, wo er nur kurz darauf von den Bewohnern gefunden und gerettet wird. Fast am gleichen Ort strandet später ein Wal, der den Ertrinkenden ans Ufer getragen haben soll. So jedenfalls wird es Jahre später am Tag des Wales erzählt, an dem der inzwischen bei ihnen wohnende Mann namens Joe als Held und Retter gefeiert wird. Schließlich war er es, der mit einer enormen Überzeugungskraft dafür Sorge trug, dass der Wal durch die Kraft aller Bewohner zurück ins Wasser kam und der alles dafür tat, dass das kleine Dorf während einer verheerenden Epidemie nicht unterging.

Es ist eine emotional ergreifende Geschichte, die John Ironmonger in seinem Roman „Der Wal und das Ende der Welt“ erzählt und dabei das Gute im Menschen und die Kraft der Gemeinschaft in den Mittelpunkt der Handlung stellt. Mit vielen positiven Gedanken und bildhaften Beschreibungen geht er dabei vor und lässt im Kopf des Lesers eine Gemeinschaft entstehen, die von ihren vielfältigen Figuren und deren Verbundenheit lebt. Ein Märchen, das nie wahr werden wird und trotzdem die Fantasie des Lesers entfacht, der in dem Fischerdorf schnell heimisch wird und gespannt darauf ist, was in dem eher unspektakulären Leben der überwiegend schrulligen Bewohner noch alles geschieht.

Es ist schwer an diesem Punkt mit der Darlegung der eigenen Meinung fortzufahren, ohne zu viel von den verheerenden Geschehnissen nach der Rettung des Wales zu verraten. Auf jeden Fall wird die Herkunft und Vergangenheit des zunächst mysteriös erscheinenden John aufgerollt und der Leser erfährt, was dieser vor seinem Leben in St. Piran getan hat und warum er so besonnen auf eine, das Dorf heimsuchende Katastrophe reagiert. Aber nicht nur er wächst während einer sich immer mehr zuspitzenden Notlage über sich hinaus. Auch weitere Bewohner, wie der bärbeißige Pfarrer Hocking, der gemeinsam mit ihm in Quarantäne ist oder die afrikanische Krankenschwester Aminata, deren Lächeln alle Herzen erweicht beweisen, wie wichtig eine gut funktionierende Gemeinschaft ist. Und obwohl der Roman weit entfernt von realen Verhältnissen verläuft, macht es Spaß dabei zuzusehen, wie ein Wunder durch den Zusammenhalt von Menschen wahr werden kann.

Fazit:
Ein ergreifender Roman, der mit viel Herzblut und Hoffnung geschrieben ist und sich Seite für Seite mit seinen liebevoll gezeichneten Figuren in das Herz des Lesers schleicht.