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Veröffentlicht am 02.06.2019

Herz über Kopf

Meistens kommt es anders, wenn man denkt
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Die Liebe kommt PR-Profi Nele erst einmal nicht mehr zu nah, nun geht die Karriere vor. Ihr neuer Agenturchef Claas gibt ihr die Verantwortung, das fragwürdige Image eines Anwärters auf den Bürgermeisterposten ...

Die Liebe kommt PR-Profi Nele erst einmal nicht mehr zu nah, nun geht die Karriere vor. Ihr neuer Agenturchef Claas gibt ihr die Verantwortung, das fragwürdige Image eines Anwärters auf den Bürgermeisterposten wieder aufzupäppeln. Währenddessen plant ihr Bruder Lenny, der nicht nur das Down Syndrom, sondern auch einen Herzfehler hat, zukünftig ein Leben in den eigenen vier Wänden zu führen. Da ist Neles helfende Hand natürlich auch gefragt, da ihre Eltern dem ganzen Unternehmen recht ängstlich und besorgt gegenüberstehen. Nele hat also alle Hände voll zu tun, und ausgerechnet ihr attraktiven Chef Claas ist da immer wieder zur rechten Zeit am richtigen Ort und unterstützt Nele, wo es nur geht. Das bringt ihren Herzrhythmus ganz schön aus dem Takt…
Petra Hülsmann hat mit „Meistens kommt es anders, wenn man denkt“ erneut einen wunderschönen Liebes- und Unterhaltungsroman vorgelegt, der nicht nur mit einem gefühlvollen, flüssig-leichten und humorvollen Erzählstil, sondern auch durch Geschichten wie im richtigen Leben einmal mehr überzeugen kann. Der Leser ist von Beginn an mitten im Geschehen und darf mit Nele, Lenny und Claas so einiges erleben. Mit viel Empathie beschreibt die Autorin die Gefühlslage ihrer Protagonistin, die ihr Leben lang die zweite Geige gespielt hat und einige Enttäuschungen wegstecken musste. Der Leser kann gar nicht anders, als mit ihr zu fühlen, obwohl man sie manchmal auch gern gehörig schütteln möchte bei so viel Selbstlosigkeit und Verständnis. Der Roman punkte zusätzlich mit tollen Beschreibungen von Hamburg, und wer die Stadt kennt, fühlt sich gleich zuhause und kann im Geiste die Strecken mit den Protagonisten abgehen, was die innere Verbundenheit mit ihnen noch zusätzlich fördert.
Die Charaktere sind mit viel Liebe und sehr lebendig gestrickt. Der Leser kann sich gut in sie hineinfühlen, da sie glaubhaft und authentisch wirken und insgeheim das Gefühl wecken, man würde sie schon lange kennen. Dies fördert die Verbundenheit mit ihnen noch mehr, so dass man die Geschichte von A bis Z genießen kann. Nele ist eine Frau, die sich immer um andere kümmert und sich selbst dabei aus den Augen verloren hat und ihre eigenen Bedürfnisse hinten anstellt. Sie ist freundlich und hat das Herz am rechten Fleck, das Wort NEIN kommt in ihrem Wortschatz einfach nicht vor, was ihr so gar nicht guttut. Schlechte Erfahrungen haben sie auf den Boden der Tatsachen geholt und man wünscht ihr einfach, dass sie endlich mal auf die Sonnenseite gelangt. Lenny ist ein toller Typ, der genau weiß, was er will und sich seine Selbständigkeit erkämpft. Claas ist ein sehr netter Mann, der nicht nur mit seinem Charme punktet, sondern auch mit seinem Verständnis und Einfühlungsvermögen. Dabei hat er selbst sein Päckchen zu tragen. Besonderer Star ist auch Sally, eine Hündin, die sich ganz schnell ins Leserherz schleicht.
„Meistens kommt es anders, wenn man denkt“ ist ein rundum gelungener Roman für Herz und Seele, der mit liebenswerten Protagonisten und einer gut durchdachten Handlung überzeugen kann. Für diese kurzweiligen und warmherzigen Lesemomente ist eine absolute Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 31.05.2019

Ines' Geheimnis

Hurentochter - Die Distel von Glasgow
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19. Jh. Glasgow. Die 17-jährige Emily, geboren und aufgewachsen in dem Bordell, in dem ihre Mutter Ines seit 17 Jahren arbeitet, lebt zwar ein recht behütetes Leben, aber den Beruf ihrer Mutter möchte ...

19. Jh. Glasgow. Die 17-jährige Emily, geboren und aufgewachsen in dem Bordell, in dem ihre Mutter Ines seit 17 Jahren arbeitet, lebt zwar ein recht behütetes Leben, aber den Beruf ihrer Mutter möchte sie niemals ergreifen. Sie ist mit Liam befreundet, dessen Mutter vor ihrem Tod ebenfalls dort tätig war. Die beiden planen eine gemeinsame Zukunft abseits des Bordells. Eines Tages wird Emilys Mutter Ines mit einigen anderen ermordet und das Bordell fällt einem Feuer zum Opfer. Emily flieht gemeinsam mit Liam, die beiden müssen sich allein ohne Geld durchschlagen, nur eine alte Uhr und ein Medaillon sind Emily von ihrer Mutter geblieben, wobei gerade das Medaillon ein Geheimnis birgt. Emily ist fest entschlossen herauszufinden, warum ihre Mutter sterben musste und wer dahinter steckt. Mit Unterstützung von vielen neuen Bekanntschaften, die ihnen gegenüber keine Vorbehalte hegen, gelingt es Emily, sowohl den Mörder ihrer Mutter zu finden und dem gut gehüteten Geheimnis ihrer Mutter auf die Spur zu kommen…
Tabea Koenig hat mit „Hurentochter – Die Distel von Glasgow“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden historischen Roman vorgelegt, der mit seinem flüssigen und bildgewaltigen Erzählstil den Leser schnell in die Geschichte hineinsaugt, wo er sich im viktorianischen Zeitalter wiederfindet, um Emily und Liam bei ihren Erlebnissen zu begleiten. Die Autorin hat eine akribische historische Recherche betrieben, die dem Leser nicht nur über die gesellschaftlichen Verhältnisse im Schottland der damaligen Zeit aufklärt, sondern auch deren Riten und Kultur näher bringt. So findet das Fest Beltane, den Jahreszeitenwechsel zum Sommeranfang und der deutschen Walpurgisnacht vergleichbar, ebenso Erwähnung wie der teilweise doch recht grausame Umgang miteinander sowie die harten Lebensbedingungen zu jener Zeit. Frauen waren Menschen zweiter Klasse und landeten aufgrund von Schicksalsschlägen schnell in einem Bordell, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, dabei ihr Ansehen völlig verloren. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr farbenfroh, so dass der Leser sich in einem rauen Land voller Mythen und Sagen wiederfindet, wo die Menschen noch an Feen glaubten und an alte Heilkräfte. Die Stimmung wird innerhalb der Geschichte sehr gut transportiert und auch der Spannungsbogen liegt während der gesamten Handlung dauerhaft hoch.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgestaltet und wirken mit ihren sehr lebensnahen Ecken und Kanten glaubwürdig und authentisch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fiebern, hoffen und bangen. Emily ist eine recht behütet aufgewachsene junge Frau, die genaue Vorstellungen von ihrem Leben hat. Dem Beispiel ihrer Mutter will sie auf keinen Fall folgen und genießt auch deren Unterstützung. Gerade, weil sie in dem Bordell so einiges miterleben musste, besitzt Emily Mut und Stärke und lässt sich auch von Niederlagen nicht so schnell von ihrem Vorhaben abbringen. Liam ist ein netter Kerl, verlässlich und fleißig, er ist für Emily der Fels in der Brandung, können sie doch aufeinander zählen, denn ihre Liebe ist seit Jahren immer mehr gewachsen. Ebenso können die Nebenprotagonisten wie z.B. Vigo mit ihren Auftritten überzeugen und geben der Handlung zusätzliche Spannungsmomente.
Mit „Hurentochter – Die Distel von Glasgow“ ist der Autorin ein eindrucksvolles Debüt gelungen, das den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht und wunderbare Lesestunden bereitet. Nicht nur der historische Hintergrund fasziniert, sondern auch eine gut durchdachte Geschichte, die berührt und zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung für eine echte Entdeckung!

Veröffentlicht am 30.05.2019

"Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben" (Cicely Saunders)

heimelig
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Kaum war ihre Ehemann Xaver gestorben, hatte Tochter Trudi nichts Besseres zu tun, als ihre 77-jährige Mutter Nelly in das Seniorenheim „heimelig“ abzuschieben. Nelly, die noch recht rüstig und geistig ...

Kaum war ihre Ehemann Xaver gestorben, hatte Tochter Trudi nichts Besseres zu tun, als ihre 77-jährige Mutter Nelly in das Seniorenheim „heimelig“ abzuschieben. Nelly, die noch recht rüstig und geistig fit ist, langweilt der monotone Alltag, während sie viele Dinge vermisst, die das Leben schöner machen. Ob es ein funktionstüchtiges WLAN oder auch nur gutes Essen ist, im „heimelig“ wird das leider nicht geboten. Darin sind sich alle Bewohner einig, doch wer kann das schon ändern. Nelly aber, moralisch unterstützt durch Enkelin Kim, möchte sich damit nicht abfinden, vor allem möchte sie auf Reisen gehen, und wenn es nur Tagesausflüge sind, Hauptsache RAUS! So stellt sie den Plan auf, sich zu jedem Buchstaben des Alphabets eine Schweizer Stadt auszusuchen, die sie besuchen möchte. Schon mit A wie Ascona beginnt sie ihr Abenteuer und hat ihren Heimmitbewohnern nach ihrer Rückkehr so einiges zu erzählen. Ihre Ausflüge bringen aber nicht nur Abwechslung in ihr Leben, sondern helfen auch dem einen oder anderen Mitbewohner. Mit einigem Selbstbewusstsein ausgestattet, macht sich Nelly nebenbei daran, eine Forderungsliste zu erstellen, um unliebsame Zustände für alle zu ändern…
Blanca Imboden hat mit „heimelig“ einen sehr unterhaltsamen und warmherzigen Roman vorgelegt, der zudem mit spritzigem Humor punkten kann. Der Schreibstil ist locker-flüssig und lässt dem Leser kaum eine Chance, sich von den Seiten zu lösen. An der Seite der älteren Dame Nelly begibt er sich auf ein Abenteuer der besonderen Art und folgt ihr auf Schritt und Tritt, um die Mitbewohner im Heim kennenzulernen, die dortigen Zustände mitzuerleben und Nellys Gedankengänge zu verfolgen. Sensibel und mit der nötigen Empathie wendet sich die Autorin einem sehr aktuellen Thema zu und verpackt dies in einer sehr lebensnahen Geschichte. Dabei lässt sie sich nicht nehmen, Mängel im Heim aufzuzeigen sowie die kleinen alltäglichen Wünsche der einzelnen Bewohner aufzuzeigen, die ihren Aufenthalt dort angenehmer machen könnten und ihnen wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Nicht alle, die eine sogenannte Altersresidenz wählen, haben mit dem Leben abgeschlossen und wollen mit lieblosen Angeboten abgespeist werden, ganz zu schweigen von einer eintönigen Verpflegung. Alt zu sein heißt schließlich nicht, alles mit sich machen lassen zu müssen oder sogar seine Selbstständigkeit aufzugeben, wenn man in ein Seniorenheim zieht. Man ist immer noch ein mündiger Mensch und sollte sich dies auch nicht nehmen lassen.
Die Charaktere sind mitten aus dem Leben gegriffen und erobern gerade durch ihre Authentizität das Herz des Lesers im Sturm, denn man fühlt sich ihnen sofort ganz nah und verbunden, ob es ihre Gedanken oder auch ihre Wünsche sind. Nelly ist eine tolle Protagonistin, sympathisch, aufgeschlossen, freundlich und mit klarem Verstand gesegnet. Sie ist nie um eine Antwort verlegen, hat ein großes Herz und nimmt es in die Hand, ihr Leben mit dem nötigen Pfiff zu versorgen. Direktorin Meier ist die typische Heimleiterin, man kann ihr nicht verdenken, dass sie es nicht allen recht machen kann, aber sie könnte sich mehr für bessere Bedingungen einsetzen und ihre Heimbewohner nicht bevormunden. Enkelin Kim ist eine Wucht, sie unterstützt ihre Oma in allem und hat ein besonders liebevolles Verhältnis zu ihr. Auch die einzelnen Heimbewohner sowie der ein oder andere neue Reisekontakt geben der Geschichte ganz spezielle Momente, die die Handlung einfach einmalig machen.
„heimelig“ ist wirklich ein „unheimlich“ schöner und humoriger Roman, der nicht nur wunderbar unterhält, sondern mit seiner Handlung auch ganz nah am Puls der Zeit liegt. Herrlich erzählt, was eine absolute Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 25.05.2019

Mehr als ein Gefühl...

Das Leuchten in mir
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Seit 18 Jahren für die 40-jährige Emmanuelle eine glückliche Ehe mit ihrem Mann Olivier, aus der drei Kinder hervorgingen. Emmanuelle wird allerdings völlig aus der Bahn geworfen, als sie in einer Brasserie ...

Seit 18 Jahren für die 40-jährige Emmanuelle eine glückliche Ehe mit ihrem Mann Olivier, aus der drei Kinder hervorgingen. Emmanuelle wird allerdings völlig aus der Bahn geworfen, als sie in einer Brasserie auf Alexandre trifft. Sie fühlt sich sofort magnetisch von ihm angezogen und erkennt, dass er in ihr Gefühle weckt, die sie schon so lange nichtmehr gespürt hat: Begehren, Selbstbewusstsein und das Spüren der eigenen Schönheit in den Augen eines anderen. Schon lange hat sie diese Gefühle unterdrückt oder in ihrer Ehe nicht mehr gehabt. Emmanuelle trifft Alexandre immer wieder und irgendwann fällt sie eine folgenschwere Entscheidung, denn sie verlässt ihre Familie ebenso wie Alexandre die seine, um gemeinsam ein neues Leben in Angriff zu nehmen. Doch wird es dazu kommen?
Grégoire Delacourt hat mit „Das Leuchten in mir“ einen wunderschönen und tiefgründigen Roman vorgelegt, der schon allein durch seinen poetischen, melancholischen und gleichsam sinnlichen Erzählstil besticht. Der Autor besitzt die seltene Gabe, sich als Mann in die Seele einer Frau zu begeben, um auf diese Weise ihre Gefühlswelt, ihre Sprachlosigkeit sowie ihre Zerrissenheit wunderbar berührend wiederzugeben. Die Handlung teilt sich in drei Abschnitte, durch die sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart von Emmanuelles Leben lebendig und intensiv erzählt werden und ihre Reflexionen auf die Geschehnisse und ihre eigene Gefühlswelt sehr deutlich hervortreten. Interessant ist das Thema allemal, denn als Ehefrau und Mutter in den besten Jahren geht es vielen so, dass sie an einen Punkt gelangen, wo sie selbst das Gefühl haben, irgendwann in den letzten Jahren mit ihren eigenen Wünschen auf der Strecke geblieben zu sein. Doch in dieser Geschichte sind die Entschlüsse der Protagonistin sehr drastisch und egoistisch zu nennen für eine Vielleicht-Momentaufnahme, um wieder Lebendigkeit und ihre Sinne zu spüren. Die eigenen Kinder einfach so zu verlassen, das kann man als Mutter kaum nachvollziehen, ohne einen unbändigen Schmerz zu fühlen. Jedoch ist die Fragestellung für einen selbst nicht uninteressant: Würde man selbst sich auch so verhalten oder gibt es einen anderen Ausweg?
Die Charaktere sind mit Leben versehen, besitzen Ecken und Kanten, die sie glaubwürdig und realistisch erscheinen lassen. Emmanuelle ist eine Frau in mittleren Jahren, die sich um Mann und Kinder gekümmert hat und dabei selbst zu kurz gekommen ist. Allerdings fokussiert sie sich dann doch zu sehr auf sich selbst und will mit Biegen und Brechen sich selbst verwirklichen ohne Rücksicht auf Verluste. Dieser Egoismus lässt sie nicht gerade in einem besonders guten Licht erscheinen, zumal sie als Mutter eine lebenslange Verantwortung hat, der sie sich entziehen will, um ihr Ding durchzuziehen. Mutig ist Emmanuelle allemal, denn leicht ist dieser Cut bestimmt nicht, aber sympathisch wird sie dadurch auch nicht gerade. Auch Alexandre kommt hier nicht gerade rühmlich weg, denn auch er verlässt seine Familie, aber Männern verzeiht man so etwas merkwürdigerweise eher als Frauen. Ebenso geben Sophie und Olivier der Handlung zusätzliche Impulse.
„Das Leuchten in mir“ ist ein intensives und sinnliches Lesevergnügen, dass einiges an Tragik und Melodramatik in sich vereint. Die verschiedenen Facetten der Liebe sowie die sehr persönliche und tiefgründige Gedankenreflexion machen das Buch sehr lesenswert. Absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 22.05.2019

Den Nazis die Stirn bieten

Die Spionin der Charité
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Lily Hartmann ist die Privatsekretärin des schon zu Lebzeiten legendären Professor Ferdinand Sauerbruchs, der als genialer Chirurg das Renommee der Berliner Charité entscheidend mitgeprägt hat. Mit Wissen ...

Lily Hartmann ist die Privatsekretärin des schon zu Lebzeiten legendären Professor Ferdinand Sauerbruchs, der als genialer Chirurg das Renommee der Berliner Charité entscheidend mitgeprägt hat. Mit Wissen des Professors formiert sich aus Mitarbeitern Sauerbruchs eine Widerstandsgruppe, der auch Lily Hartmann beitritt. Lily erhält den Auftrag, den Beamten Fritz Kolbe aus dem Außenministerium, zu bespitzeln und sogar “umzudrehen”. Als ihr das gelingt, ist sie bereits in Kolbe verliebt und die beiden heiraten sogar. Doch schon bald hängen sich die Nazis nicht nur an die Fersen von Professor Sauerbruch, der ihnen schon lange ein Dorn im Auge ist, sondern kommen auch den Mitgliedern des Donnerstagsclubs gefährlich nahe…

Christian Hardinghaus wagt sich mit “Die Spionin der Charité” sehr gekonnt an eine in Fiktion eingebettete wahre Geschichte, nämlich über den “Donnerstagsclub”, eine Widerstandsbewegung innerhalb der Charité während der Naziherrschaft, und transportiert diese sehr spannend aufbereitet und fesselnd erzählt an den Leser. In Form eines Interviews lässt der Autor Lily die Geschehnisse der Vergangenheit rund um den Club und ihren Ehemann Fritz Kolbe nochmals durchleben und dabei wieder lebendig werden. Ausgezeichnet recherchiert verwebt der Autor Zeitgeschichte mit einer fiktiven Handlung und lässt den Leser während der Lektüre oft genug den Atem anhalten vor Spannung und jeder Menge Emotionen, wobei er aufgrund der detaillierten und bildgewaltigen Erzählweise alles vor Augen hat, sich sogar als unsichtbarer Statist der Geschichte fühlt. Der Leser wandelt mit den teils wahrhaft existierenden Protagonisten durch die Krankenhausflure und erlebt den Alltag dort mit, aber auch die konspirativen Treffen sowie die einzelnen Spitzelpläne bleiben nicht verborgen. Sehr lebendig ist auch die Verfolgung durch die Nazis, die Repressalien und der immer größer werdende Druck auf Sauerbruch zu spüren. Der Spannungsbogen ist während der gesamten Lektüre auf höchstem Niveau und glänzt auch in der Gegenwart mit einer Überraschung.

Die Charaktere sind sehr detailliert und nah an der Realität herausgearbeitet, was einmal mehr die gute Recherche des Autors beweist und sie lebendig und glaubwürdig wirken lässt. Aber auch die fiktiven Akteure überzeugen in dieser Geschichte. Lily ist eine starke und entschlossene Frau, die für ihre Überzeugungen und für die Liebe kämpft. Sie ist mutig und wagt sich hinaus, um der Gefahr ins Auge zu blicken. Fritz Kolbe hat zwar für den Feind gearbeitet, doch seine Überzeugungen kommen schnell ins Wanken, er will das Unrecht sühnen, vielleicht auch, um sein Gewissen wieder in die Balance zu bringen, nachdem er von den Gräueltaten weiß. Sauerbruch ist ein genialer Arzt und ein schwieriger Mensch. Er sagt, was er denkt und steht vielen damit im Weg, die seine Meinung nicht teilen. Doch das berührt ihn nicht. Er hat hinter der harten Schale durchaus ein weiches Herz, doch zeigt er dies nicht oft, um seine Position nicht zu gefährden. Auch die weiteren Protagonisten überzeugen durch ihr Handeln und Tun, seien es nun reale oder fiktive Personen, sie allesamt steigern die Spannung und geben der Geschichte ein Ausrufezeichen mit Stern!

Mit “Die Spionin der Charité” ist Hardinghaus einmal mehr ein wunderbarer Roman gelungen, an dessen Seiten man förmlich klebt, und der Menschen wieder zum Leben erweckt, deren Mut niemals vergessen werden darf. Absolute Leseempfehlung für alle, die historische Romane und eine enge Verknüpfung zur Realität lieben. Chapeau - grandios!