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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.05.2019

Schau mal über den Tellerrand

Im Freibad
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In Rosemarys Leben gibt es zwei ganz große Lieben: ihren Mann George und das Freibad vor ihrer Haustür. George ist ihre Jugendliebe und nach einer überaus glücklichen Ehe vor zwei Jahren verstorben. Seit ...

In Rosemarys Leben gibt es zwei ganz große Lieben: ihren Mann George und das Freibad vor ihrer Haustür. George ist ihre Jugendliebe und nach einer überaus glücklichen Ehe vor zwei Jahren verstorben. Seit über 60 Jahren geht Rosemary nun fast täglich Schwimmen, dabei fühlt sich die 86-jährige jung, dabei geht es ihr gut. Jetzt aber soll das Bad geschlossen und für Luxussportanlagen betoniert werden.
Hier tritt Kate auf den Plan. Schüchtern, von Panikattacken geplagt, einsam in London, schreibt sie für ein Lokalblättchen Artikel über Haustiere und kleine Alltagsgeschichten. Nun also ein Bericht über das Freibad, das sie bisher noch nicht einmal wahrgenommen hatte. Rosemary ist nur zu einem Interview bereit, wenn Kate wenigstens einmal schwimmen geht. Das gefällt der wider Erwarten gut, eine Freundschaft entwickelt sich. Nicht nur zwischen den beiden Hauptfiguren, auch Rosemarys Freunde aus der Buchhandlung, vom Markt, aus dem Café werden zu mehr als guten Bekannten.
Rosemarys Erinnerungen an ihr Leben mit George sind anrührend, liebevoll geschildert. Zwar ist sie alt, aber trotzdem engagiert, klebt Flyer zusammen, aktiviert Mitstreiter für ihren Kampf.
Kate wächst über sich hinaus, findet Freunde und Bestätigung. Auch die anderen Figuren sind sympathisch, werden glaubhaft beschrieben. Alle möchten das Bad erhalten. Aber können sie es mit einem zahlungskräftigem Investor aufnehmen?
Vorstellbar, dass man in diesem Stadtviertel gut leben kann. Libby Page schreibt mit viel Herzenswärme. Ihre Frauenfiguren wirken authentisch, ihre Sorgen, Probleme, ihre Erfahrungen sind überall anzutreffen.
Ein Buch aus dem Ullstein-Verlag, dass dazu aufruft, aktiv zu werden und den Wert des Zusammenhaltes verdeutlicht.

Veröffentlicht am 29.05.2019

Vom „heimelig“ ins Daheim

heimelig
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Vom „heimelig“ ins Daheim
Nelly ist eine liebenswerte 77-jährige, die noch lange nicht genug vom Leben hat. Trudi, ihre Tochter, ist nicht wirklich ihre beste Freundin - schwatzt ihr das geliebte Haus ...

Vom „heimelig“ ins Daheim
Nelly ist eine liebenswerte 77-jährige, die noch lange nicht genug vom Leben hat. Trudi, ihre Tochter, ist nicht wirklich ihre beste Freundin - schwatzt ihr das geliebte Haus ab und bietet dafür eine unpersönliche Einliegerwohnung. Nein, das mag Nelly nicht und zieht ins Altenheim „heimelig“. Bequem, aber laaaangweilig. Was tun? Verreisen, und zwar in Orte, die mit Buchstaben in der Reihenfolge des Alphabets beginnen. Hört sich unspektakulär an, wird aber zur Herausforderung und durchaus spannend. Nicht zuletzt durch vergessene Geldbörsen, Bombenalarme, zickige Angehörige. Dazu kommen Polizisten auf Drogensuche in Nellys Kleiderschrank, schöne Flötenspieler und weitere Überraschungen.
Blanca Imboden schildert mit viel Gefühl, welche Empfindungen Menschen im reiferen Alter hegen, welche Gedanken sie umtreiben, welche Probleme ihnen begegnen. Bewundernswert, wie aktiv und mutig ihre Heldin agiert. Schön, dass Liebe und Nähe zugelassen werden. So möchte man alt werden.
Eine wunderbare Geschichte aus dem Wörtherseh Verlag.

Veröffentlicht am 22.05.2019

Eine Welt ohne Wasser

Dry
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Südkalifornien. Die Welt ist so ziemlich in Ordnung für Alyssa, ihre Eltern und ihren Bruder Garrett. Bis - ja, bis aus dem Wasserhahn kein Tropfen mehr kommt. Bis im Supermarkt nichts Trinkbares mehr ...

Südkalifornien. Die Welt ist so ziemlich in Ordnung für Alyssa, ihre Eltern und ihren Bruder Garrett. Bis - ja, bis aus dem Wasserhahn kein Tropfen mehr kommt. Bis im Supermarkt nichts Trinkbares mehr zu bekommen ist. Aber die Regierung hat ein Krisenmanagement eingerichtet, die Eltern brechen zu einer Meerwasserentsalzungsanlage auf, um Wasser zu besorgen. Inzwischen hilft der freakige Nachbarsjunge Kelton, die Situation zu meistern. Sein Vater hat für genau so ein Szenario Überlebensmaßnahmen getroffen. Die Nachbarn sind mehr als neidisch...
Alyssa und Garrett ziehen los, um ihre Eltern zu suchen. Kelton kommt mit. Aussteigerin Jaqui rettet sie aus einer gefährlichen Situation und ist ab jetzt mit von der Partie. Genauso wie später Henry. Es folgt eine gefährliche und abenteuerliche Flucht, um Wasser zu bekommen.
Neal und Jarrod Shustermann beschreiben ein grausiges Szenario. Sämtliche Werte der Zivilisation geraten außer Kontrolle. Unvorstellbares wird vorstellbar. Können die Jugendlichen ihr Ziel erreichen? Gibt es für sie und die Anderen überhaupt Rettung?
Spannend, zum Nachdenken anregend, gut zu lesen. Vor allem aber eine Mahnung, eigenes Verhalten hinsichtlich der natürlichen Ressourcen und des Zusammenlebens in einer Gemeinschaft zu überdenken.

Veröffentlicht am 29.04.2019

Verräterische Stimmen

Auris
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Vergessen Sie Ihren Nachtschlaf. Dieses Buch legt man nicht aus der Hand, bevor man die letzte Zeile gelesen hat.
Hegel, genannt Auris, besitzt das perfekte Gehör. Nicht nur Geschlecht, Alter und Stimmung ...

Vergessen Sie Ihren Nachtschlaf. Dieses Buch legt man nicht aus der Hand, bevor man die letzte Zeile gelesen hat.
Hegel, genannt Auris, besitzt das perfekte Gehör. Nicht nur Geschlecht, Alter und Stimmung kann er durch Stimmanalyse erkennen, sondern auch Krankheiten, Herkunftsgegend, Beruf und anderes. Oft konnte er als Berater bei Polizeieinsätzen hilfreich sein, sogar Leben retten. Und der soll eine Obdachlose brutal getötet haben? Freiwillig gestanden und ins Gefängnis gegangen sein?
Jula, Mitarbeiterin eines kleineren Rundfunksenders kann das nicht glauben und wittert eine spannende Story für ihren True-Crime-Podcast. Der hilft ihr, eigene schreckliche Erlebnisse zu verarbeiten. Nur: Hegel will gar nicht gerettet werden. Jula aber recherchiert auf eigene Faust und lässt sich auch von Einschüchterungsanrufen nicht abschrecken. Das kann nicht gutgehen.
Sebastian Fitzek, Garant für Bestseller, lieferte die Idee, Vincent Kliesch setzte sie um. Entstanden ist ein fesselnder Thriller, die Geschichte bietet anhaltende Spannung, überraschende Wendungen und ein tolles Leseerlebnis. Was bleibt: dringende Hoffnung auf eine Fortsetzung von Auris Geschichte.

Veröffentlicht am 10.04.2019

Ich will mich nicht erinnern

Die verborgenen Stimmen der Bücher
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Peinlich, schmachvoll, demütigend, schmerzhaft waren alle diese Ereignisse. Gut, wenn ich das aus meinem Gedächtnis löschen könnte. Kann man: Buchbinder lesen diese Geschehnisse und binden sie in Bücher, ...

Peinlich, schmachvoll, demütigend, schmerzhaft waren alle diese Ereignisse. Gut, wenn ich das aus meinem Gedächtnis löschen könnte. Kann man: Buchbinder lesen diese Geschehnisse und binden sie in Bücher, die weggeschlossen werden. Emmet, ein kräftiger Farmerssohn, schwere körperliche Arbeit gewöhnt, wird krank und erwacht geschwächt und kraftlos. Seine Aufgaben auf dem Bauernhof kann er nicht mehr bewältigen. Welch Glück, dass eine Buchbinderin ihn in die Lehre nimmt und in die handwerkliche Kunst des Buchfertigens einweist. Aber etwas Dunkles umgibt sie, verstörte Besucher kommen und sind, wenn sie sie verlassen, völlig verändert. Ihr Geheimnis allerdings nimmt sie mit ins Grab. Ein neues Kapitel für Emmet beginnt. Bridget Collins beschreibt faszinierend, welchen Stellenwert Erinnerungen haben können. Ist man erleichtert, wenn Schlimmes aus dem Gedächtnis schwindet? Aber wo sind dann die ganzen Besonderheiten, die einen ausmachen? Man kann manipuliert werden. Das eigene Ich verändert sich, im Unterbewusstsein weiß man, dass etwas fehlt. Man fühlt sich leer. Für geldgierige Binder entsteht ein lukrativer Markt, weil die Ärmsten ihre Erinnerungen verkaufen, damit reiche Voyeure sich in ihrem Elend ergötzen können, oder sie sogar erpressen, weil eben doch keine Verschwiegenheit garantiert ist. Auch die, die selber für die Löschung ihrer Gedanken zahlen, werden angreifbar. Welch schrecklicher Gedanke! Es gibt auch gefälschte Erinnerungen, sehr ironisch nennt die Autorin sie „Romane“. Aber die liest man nicht so gerne in der beschriebenen Welt. Elend, moralische Verkommenheit und schmutzige Geheimnisse ziehen sogenannte Sammler ganz besonders an. Ein neuartiges Thema, was in „Die verborgenen Stimmen der Bücher“ aufgegriffen wird. Nie langweilig zu lesen, liebevolle Beschreibungen von Bucheinbänden und Materialien verzaubern. Und natürlich wird der Liebe ausreichend Raum eingeräumt, jeweils aus anderer Perspektive. Das Sujet ist originell, regt zum Nachdenken an, versetzt den Leser in eine interessante Fantasiewelt, die der realen Welt mit Manipulation, Korruption und Ausbeutung gar nicht so fern scheint. Klare Leseempfehlung, ich mochte es. Roman von Bridget Collins, übersetzt aus dem Englischen von Ulrike Seeberger, Aufbau-Verlag.