Das 15-jährige Mädchen Chong stammt aus ärmlichsten Verhältnissen und wird von ihrer Stiefmutter nach China, an einen alten Chinesen als Zweitfrau verkauft. Er tauft sie um in Lenhwa und benutzt sie als Jungbrunnen und Lustobjekt. Als er Alte nach kurzer Zeit stirbt, nimmt sein Sohn Kuan sie mit sich, in seinen erfolgreich betriebenen Vergnügungstempel am Hafen von Chinchiang. Dort betreibt dieser ein florierendes Geschäft mit dem Glücksspiel, Prostitution und Drogen. Lenhwa wird seine Geliebte und in das Geschäft mit der Prostitution verstrickt, doch als die Briten den Hafen in Schutt und Asche legen, gelingt ihr die Flucht......
„Die Lotosblüte“ ist ein Roman des bekannten koreanischen Bestsellerautors Hwang Sok-Yong, der uns in die asiatische Welt des 19. Jahrhunderts entführt.
Das Mädchen Chong hat einen recht eigenwilligen Charakter, mit ihr wurde ich anfangs gar nicht so schnell warm,….erschien sie mir doch zuerst so emotionslos wie eine Puppe. Sie passt sich immer wieder den neuen Situationen an, wie ein Chamäleon. Zwar hat sie Ambitionen, was ihre Zukunft betrifft, aber ihre Gedanken verrät sie uns nicht. Doch so nach und nach stellte sich dann Bewunderung ein, wie sie ihr Schicksal meisterhaft erträgt und sich immer wieder neu erfindet! Liegt dieser Schlüssel in ihren zwei Persönlichkeiten, die sie zu Beginn der Erzählung erhält, es werden im Laufe der Zeit sogar noch mehr Rollen…! Die Kunst der Verdrängung beherrscht sie jedenfalls voll und ganz. Aber sie ist auch sehr umgänglich, kümmert sich um ihre Leidensgenossinnen und ist stark für sie. Immer mehr entwickelt sie sich zu einer selbstbewussten und selbstbestimmten Persönlichkeit.
Diese Metamorphose bringt der Autor gekonnt zu Papier. Auch eine große Anzahl anderer Entwicklungen, die im asiatischen Raum des 19. Jahrhunderts eine Rolle spielen, behandelt das Buch, den Handel, die Politik mit ihren vielen Konflikten und deren Verbindung und Öffnung für die europäische Kultur. Darüber erfährt man einiges, es wird geschickt in die Handlung eingeflochten.
Die Geschichte ist vergleichbar mit einem exotischen Märchen, sehr detailliert erzählt sie von der Wandlung eines armen Mädchens bis zur hochgeschätzten Dame der Gesellschaft. Natürlich auch gespickt mit erotischen Szenenbildern vor exotischer Kulisse, sinnlich, aber auch oft gewürzt mit Willkür, Menschenverachtung oder roher Gewalt. Durch eine neutrale nicht wertende Erzählweise fließt die Geschichte flüssig dahin, Lenhwas ruhige unaufgeregte Art mit ihrem Schicksal umzugehen versöhnt den Leser mit all den Umständen. Dadurch erhält man auch ihren etwas distanzierteren Blick auf die Handlung und begreift, wie sie all das ertragen konnte.
Ein wirklich großartiger Blick in eine andere Epoche und Kultur.
Ein Roman, der mich sehr gut unterhalten hat und entfernt an das Buch „Die Geisha“ denken lässt, das ich vor langer Zeit mal gelesen habe.