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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.06.2019

Nach einer wahren Geschichte

Roter Herbst in Chortitza
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Tim Tichatzki erzählt die Geschichte seiner Frau bzw. ihrer deutsch-russischen Familie, die der mennonitischen Glaubensgemeinschaft angehören. Beginnend 1919 in Russland mit dem Zerfall des Zarenreichs ...

Tim Tichatzki erzählt die Geschichte seiner Frau bzw. ihrer deutsch-russischen Familie, die der mennonitischen Glaubensgemeinschaft angehören. Beginnend 1919 in Russland mit dem Zerfall des Zarenreichs und der anschließenden Verfolgung durch die Sowjetdiktatur, den Zweiten Weltkrieg und die Deportation nach Sibirien bis sie endlich in den 70er Jahren nach Deutschland ziehen konnten. Dabei greift Tichatzki zum einen auf die autobiografischen Erzählungen seiner Schwiegerfamilie zurück zum anderen auf geschichtliche Fakten und Fiktion. Beim Hören dachte ich, dass das Leid doch endlich ein Ende haben muss, nicht nur für die Menschen aus der mennonitischen Gemeinschaft, auch für die Juden, Ukrainer und Russen, dabei wird es immer schlimmer. Trotz der harten Kost fliegen die Minuten nur so dahin.

Ein sehr hörenswertes Buch, das auf eine sehr berührende Art und Weise ein Stück unbekannte Geschichte näher bringt.

Veröffentlicht am 25.05.2019

Die Halbinsel voller Wunder

50 Dinge, die man in Istrien getan haben muss
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"50 Dinge, die man in Istrien getan haben muss" ist ein sehr gelungener Reiseführer, wobei man natürlich nicht von einem Reiseführer im klassischen Sinn sprechen kann. Dennoch finden Urlauber darin jede ...

"50 Dinge, die man in Istrien getan haben muss" ist ein sehr gelungener Reiseführer, wobei man natürlich nicht von einem Reiseführer im klassischen Sinn sprechen kann. Dennoch finden Urlauber darin jede Menge Tipps und Anregungen. Silvia Trippolt-Maderbacher sieht ihr Buch als "fröhliche Einstimmung" für eine Istrienreise und war mutig, 50 Orte herauszugreifen und die auf je einer Seite genauer zu beschreiben. So habe ich erfahren, dass in Istrien Lavendel blüht und man Trüffel finden kann, dass sogar der erste Vampir sein Zuhause in Istrien hatte und keinesfalls aus Transsilvanien kommt. Genau diese Anekdoten und Informationen machen Silvia Trippolt-Maderbachers neuestes Buch so lesenswert und unterscheiden es von anderen Büchern über diese außergewöhnliche kroatische Region.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Ein langer Weg nach Hause

Mein Freund Fred und unser langer Weg nach Hause
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Craig ist als Soldat in einer afghanischen Taliban-Hochburg im Einsatz, als ihm ein tölpeliger Hundewelpe mit kurzen Beinen und großen Augen zuläuft. Der zutrauliche Welpe bekommt den Namen Fred und ist ...

Craig ist als Soldat in einer afghanischen Taliban-Hochburg im Einsatz, als ihm ein tölpeliger Hundewelpe mit kurzen Beinen und großen Augen zuläuft. Der zutrauliche Welpe bekommt den Namen Fred und ist bald aus dem Camp nicht mehr wegzudenken. Als es für Craig an der Zeit ist heimzukehren, bringt er es nicht übers Herz, den kleinen Hund im Kriegsgebiet zurückzulassen. Er schmiedet einen wagemutigen Plan und schmuggelt Fred in die USA. Zu diesem Zeitpunkt ahnt er noch nicht, dass Fred für ihn schon bald zum Retter in der Not wird."

Die Geschichte über den herrenlosen Streuner Fred , der von dem jungen Soldaten Craig Grossi nach seinem Afghanistaneinsatz in die USA mitgenommen wurde, ist äußerst rührselig, die Fotos tun ihr Übriges, und sie scheint trivial. Zudem ist Craig Grossi Soldat und im zivilen Leben Student und kein Schriftsteller, somit ist das Buch literarisch einfach gestrickt, dafür aber umso flüssiger zu lesen.

Craig beschreibt die ersten Monate mit Fred in den USA und seine Reise , die er mit Hund und einem guten Freund unternimmt. Die Kapitel der Reisebeschreibung wechseln mit Rückblenden ab, die den Afghanistan-Einsatz, Kampfhandlungen, getötete Kamerdaden usw. zum Thema haben. Dadurch wird der Roman auf eine andere Ebende gehoben und ist alles andere als trivial. Es handelt sich bei "Mein Freund Fred" aber keineswegs um einen Antikriegsroman, sondern greift die Einstellung der meisten Amerikaner auf, die v.a. patriotisch sind und den Militäreinsatz nicht in Frage stellen. Ich konnte durch Craigs Erlebnisse zum einen besser verstehen, warum junge Männer freiwillig nach Afghanistan ziehen, warum sie ihr Lebens aufs Spiel setzen, zum anderen wurde mir klar, was mit ihnen nach so einem Kriegseinsatz auf psychischer und physischer Ebene passiert. Manche sind verwundet, invalide, gezeichnet für ihr Leben, liegen monatelang im Krankenhaus, müssen zig OPs über sich ergehen lassen, um einigermaßen im Alltag zurecht zukommen. Allen gemeinsamen sind tiefe seelischen Wunden, die jeder anders verarbeitet. Uns allen ist das posttraumatische Belastungssyndrom geläufig, was aber wirklich dahintersteckt, wissen wir nicht und es ist zweifelhaft, ob man diesen jungen Männern ausreichend und adäquat hilft. Dabei sollte man bedenken, dass dies erst in den letzten Jahren auch von der Army als Krankheit anerkannt wurde. Um die Vietnam-Veteranen hat sich niemand gekümmert und viele von ihnen fanden nie mehr in die Gesellschaft zurück.

Da ich als Leser diesen Einblick gewinnen durfte, gebe ich Höchstpunktzahl, ganz unabhängig von der anrührenden Geschichte und des Schreibstils.

Veröffentlicht am 06.05.2019

Die vielen Leben der Amory Clay

Die Fotografin
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Amory Clay wurde 1908 geboren. Ihr Vater war ein erfolgloser und dazu noch psychisch kranker Schriftsteller, der sie sogar eines Tages umbringen wollte. Vermutlich ein Ereignis, das alle ihre weiteren ...

Amory Clay wurde 1908 geboren. Ihr Vater war ein erfolgloser und dazu noch psychisch kranker Schriftsteller, der sie sogar eines Tages umbringen wollte. Vermutlich ein Ereignis, das alle ihre weiteren Beziehungen zu Männern stark beeinflusste. Des Weiteren hat sie einen Onkel, den homosexuellen Grevile, der ebenfalls fotografiert und ihr die Leidenschaft zur Fotografie näherbringt. So schafft es Amy tatsächlich als junge Frau entgegen aller Widerstände ihren Berufswunsch als Fotografin zu realisieren und reist nach Berlin der wilden 20er Jahre. Dort gibt sie sich nicht der Fotografie von langweiligen Familienfotos hin, sondern begibt sich in die Unterwelt, in Bordelle und zu den Prostituierten. Als sie Jahre später diese Fotostrecke in London ausstellen will, provoziert sie damit einen Skandal und die Bilder werden beschlagnahmt. Berlin sollte nicht Amorys letzte Reise sein. So leitete sie während des Zweiten Weltkriegs eine Fotoagentur in Paris, lebte viele Jahre in New York und reiste sogar als Kriegsfotografin nach Vietnam.

Am meisten fasziniert mich an William Boyds Roman, dass es sich um eine fiktive Biografie handelt. Auch ich tappte immer wieder in diese Falle. Die im Klappentext veröffentlichten Fotos, beanspruchen ebenfalls eine historische Wahrscheinlichkeit, dabei hat sie Boyd auf Flohmärkten zusammengesucht. Und genauso entstand dieser Roman, indem er eine Geschichte um das zufällig entdeckte Foto einer jungen Frau spannt.

Natürlich habe ich andere Rezensionen über das Buch gelesen, die nicht besonders gut ausfielen. Ich muss dagegen feststellen, dass mir das Hörbuch gut gefallen hat und ich mich 10 Stunden bestens unterhalten fühlte. Dazu beigetragen hat auch Elisabeth Günther, die Amory Clay ihre Stimme lieh

Veröffentlicht am 03.05.2019

Cidre, Calvados und Camenbert

Normandie Reiseführer Michael Müller Verlag
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Der MM-Verlag setzt mit Ralf Nestmeyer auf das richtige Pferd. Zum einen hat er einen wunderbar abwechslungsreichen und unterhaltsamen Schreibstil, der seine Reiseführer von anderen deutlich abhebt, zum ...

Der MM-Verlag setzt mit Ralf Nestmeyer auf das richtige Pferd. Zum einen hat er einen wunderbar abwechslungsreichen und unterhaltsamen Schreibstil, der seine Reiseführer von anderen deutlich abhebt, zum anderen ist der Normandie-Führer gespickt mit Details wie Empfehlungen bzgl. Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten sowie mit Shoppingtipps, Sehenswürdigkeiten und Museen, Stadtplänen, außergewöhnlichen Naturschauspiele und sogar einem kleinen Wanderführer. Deshalb ziehe ich auch einen Reiseführer einer Region, in diesem Fall der Normandie, immer einem, der ein komplettes Land beschreibt, vor. Nestmeyer versteht es, den informativen und sachlichen Teil mit jeder Menge Hintergrundinformationen und Anekdoten aufzufrischen und gleichzeitig merkt man, dass er selbst vor Ort war, die Region kennt, sauber recherchiert und selbst ausprobiert hat.

Der Normandie Reiseführer kommt sicherlich dieses Jahr noch ins Gepäck auf meine Reise dorthin und ich bin sicher, dass er mich sowohl inspirieren als auch im wahrsten Sinne des Wortes gut führen wird.