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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.05.2019

Fast Realsatire

Reichstag for Sale
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„...Wie vertrauensvoll die Augen und Ohren des Mannes in der Lederhose an dem obersten Politiker des Landes gehangen hatten. Wer all das glaubte, was die erzählen, muss tief drinnen ein glücklicher Mensch ...

„...Wie vertrauensvoll die Augen und Ohren des Mannes in der Lederhose an dem obersten Politiker des Landes gehangen hatten. Wer all das glaubte, was die erzählen, muss tief drinnen ein glücklicher Mensch sein, dachte er, und naiv bis in die Knochen...“

Wir schreiben das Jahr 2003. Dieter Skei braucht dringend Geld. Er gehörte bei der Finanzkrise zu den Verlierer. Kurz vorher wollte er sich ein Hotel kaufen. Leider hat er nicht begriffen, dass auch in deutschen Amtsstuben ohne Schmiergeld nicht viel geht. Er hat jahrelang in London gearbeitet und ist nun zurück in Berlin.
Doch Dieter hat eine rege Phantasie und Einsatzwille. Warum nicht einmal etwas Besonderes versuchen? Er gibt sich als Staatssekretär Karl-Heinz Knebel aus, den er aus der Zeitung kennt, und sucht sich Investoren, denen er den Reichstag verkaufen will. Drei mögliche Käufer hat er dabei im Blick. Zum einen wendet er sich an russische Oligarchen, zum anderen an amerikanische Investoren und zum dritten an britische Geschäftsleute.
Der Autor hat einen amüsanten Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich wiederholt zum Schmunzeln gebracht. Ich würde sie fast als Realsatire bezeichnen. Hinzu kommt, dass konkretes politisches Fehlverhalten geschickt einbezogen wird.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Die Geschichte beginnt mit dem Verkaufsgespräch mit den Russen. Natürlich wird dabei das eine oder andere Klischee bedient. Man begießt das Geschäft mit Wodka, aber bitte nicht mit den in Deutschland übliches Gläsern. Wassergröße ist das Minimum. Deren Gegenargument und Bedenken, wie das Volk reagieren würde, wenn das Geschäft öffentlich wird, wischt er mit einem einzigen Satz vom Tisch:

„...Keine Sorge, meine Herren. Sie wissen doch, wir Deutschen haben gelernt, alles zu schlucken, was von oben kommt...“

Sehr genau darf ich verfolgen, wie Skei mit seinem Freund den Coup vorbereitet. Er kennt durchaus Skrupel und ist sich seiner Sache nicht immer sicher. Seine Gedanken werden kursiv im Text wiedergegeben.
Ab und an werden die Schicksale von Bekannten mit einbezogen. Dabei fallen durchaus ernste Worte, wie das folgende Zitat zeigt.

„...Und da kam irgendwie durch die Hintertür die Treuhand ins Spiel. Ihr Kombinat wurde nach der Wiedervereinigung für eine D – Mark an einen westdeutschen Investor verkauft. Der hat einen Monat später den Großteil der zum Kombinat gehörenden Immobilien für neunzig Millionen weiterverkauft...“

Der hohe Spannungsbogen ergibt sich zum einen daraus, dass mehrere Personen Dieter im Visier haben, zum anderen möchte ich als Leser natürlich, dass sich Dieters Anstrengungen lohnen. Mehrmals steht sein Schicksal auf Messers Schneide.
Gut dargestellt wird auch, warum sich Dieter auf dieses Abenteuer einlässt. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben. Wer allerdings auf Habgier tippt, liegt falsch.
Die Geschichte hat mich bestens unterhalten. Sie zeigt, wie beeindruckend ein schöner Schein wirken kann. Mit dem richtigen Auftreten und den passenden Worten lässt sich mancher prima manipulieren. Ob alle drei Investoren angebissen haben? Selber lesen!

Veröffentlicht am 27.05.2019

Schönes Nachschlagewerk

50 sagenhafte Naturdenkmale in Sachsen
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„...Weshalb das Felsentor den Namen Kuhstall bekam, ist umstritten. Möglicherweise wurden tatsächlich Rinder in der Höhle untergebracht. Platz wäre genug...“


Das Buch stellt 50 Naturdenkmale in sachsen ...

„...Weshalb das Felsentor den Namen Kuhstall bekam, ist umstritten. Möglicherweise wurden tatsächlich Rinder in der Höhle untergebracht. Platz wäre genug...“


Das Buch stellt 50 Naturdenkmale in sachsen vor. Es sind Bäume, Felsen, Moore, Wiesen und Gewässer. Wer Sachsen kennt, den wird es nicht wundern, dass wir uns schwerpunktmäßig in drei Gebieten bewegen: Sächsische Schweiz, Erzgebirge und Zittauer Gebirge.

Zur sächsischen Schweiz gehört auch der im Eingangszitat erwähnte Kuhstall. Neben bekannten Sehenswürdigkeiten wie dem Lilienstein, der Bastei oder dem Bärenstein beschreibt der Autor auch weniger besuchte Orte wie die Spreequellen, den Artesischen Brunnen bei Plauen oder den Steinernen Wald in Chemnitz. Nicht fehlen die verschiedenen Stellen von Erzvorkommen, wo bis heute unentdeckte immense Schätze verborgen sein sollen.

Jedes Naturdenkmal wird auf zwei bis vier Seiten dargestellt. Dazu gehören in der Regel mehrere Fotografien. Im Text wird in eine kurze Beschreibung des Denkmals eine Reihe historischer Fakten eingefügt. Für die Linde auf der Augustusburg liest sich das so:


„...Mit etwas Phantasie kann man sich die Szenerie gut vorstellen. Unter dem Blätterdach der uralten Linde sitzt ein prächtig gekleideter Mann und beugt sich über die Dokumente. Sachsens Kurfürst Georg erledigt die Post...“


Hingewiesen wird auf seltene Pflanzen und Tiere. Außerdem gibt es vielfältige Informationen zum sächsischen Herrscherhaus. Auch die Besuche von Johann Wolfgang von Goethe bleiben nicht unerwähnt.

Ab und an werden örtliche Sagen und Legenden eingebunden, wie am Granitgipfel von Czorneboh.


„...Das Töchterlein des Schlossherrn verwandelte sich in ein Veilchen, das am Berghang blüht. Alle 100 Jahre – jeweils in der Walburgisnacht – erwacht das Mädchen aus ihrem Schlaf...“


Das Buch beginnt mit einer Übersichtskarte, auf der die behandelten Orte eingetragen sind. Es endet mit einem Quellennachweis.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es weckt Interesse, den einen oder anderen Ort mal oder mal wieder zu besuchen.

Veröffentlicht am 25.05.2019

Ein anderes Bild von Xanthippe

Xanthippe
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„...Xanthippe fand es gar nicht komisch, wenn sie von Männern hörte, die ihre Frauen verprügelten und im Haus einsperrten wie Sklavinnen, während sie sich bei Saufgelagen mit Tänzerinnen und Flötenbläserinnen ...

„...Xanthippe fand es gar nicht komisch, wenn sie von Männern hörte, die ihre Frauen verprügelten und im Haus einsperrten wie Sklavinnen, während sie sich bei Saufgelagen mit Tänzerinnen und Flötenbläserinnen vergnügten...“

Xanthippe ist 14 Jahre alt, als sie ausgewählt wird, mit dem Schiff nach Delos zu fahren. Dort findet der Tanz vor den Hörneraltar statt. Vorgeschlagen dafür hat sie Sokrates.
Xanthippe lebt nach dem Tode der Mutter mit Vater und Bruder zusammen. Der Vater ist Alkoholiker. Vom Vermögen des verehrten und berühmten Großvaters Aristides ist nicht mehr viel vorhanden. Ab und an werden sie von einem begüterten Onkel unterstützt.
Schon auf Delos macht sich Xanthippe Gedanken über Sokrates. Die klingen so:

„...Sie war überrascht, wie genau sie in plötzlich vor sich sah, diesen wunderlichen Kauz mit seinem lächerlichem roten Haarkranz, über den sich die Mädchen lustig machten. Seltsam, dass sie ihn gar nicht mehr komisch und abstoßend fand, sondern eher auf eine rätselhafte Weise anziehend...“

Dann aber gewinnt das politische Leben an Bedeutung. Athen plant einen Krieg gegen Syrakus. Sokrates gehört zu denjenigen, die davor warnen. Doch die jungen Männer träumen von siegreichen Schlachten und erbeuteten Reichtum. Sie ahnen nicht im geringsten, dass es um ihr Leben geht.
Die Autorin hat einen spannenden und exakt recherchierten historischen Roman geschrieben. Sie lässt mich als Leser tief ins antike Griechenland eintauchen.
Gut wird dargestellt, dass Sokrates ein schwieriger Charakter war. Zwar wirbt er um Xanthippe, verweigert ihr aber den Besuch seines Hauses.
Xanthippe hat sich inzwischen zu einer selbstbewussten jungen Frau entwickelt. Das zeigt sich auch daran, dass sie Dinge ausprobiert, die für jungen Frauen aus Athen ungewöhnlich, dafür in Sparta allerdings die Regel sind.
Das Leben aber wird zunehmend durch die Folgen des Krieges bestimmt. Nachrichten kommen nur spärlich durch, in Athen steigen allerdings die Preise. Trotzdem wird das Frauenfest nochmals zu einem der Höhepunkte. Detailliert werden die Veranstaltungen beschrieben.
Kursiv eingebunden in den Roman wird die Sage von der Göttin Demeter.
Zu den stilistischen Höhepunkten gehört für mich das Gespräch zwischen Sokrates und Xanthippe zu den Problem, was Glück und was Unglück ist. Bei Xanthippe klingt das so.

„...Ich will von dir wissen, warum die Götter so grausam zu den Menschen sind. Du sollst es mir erklären!...“

Diese philosophische Diskussion hat übrigens nichts von ihrer Aktualität verloren.
Ich darf Xanthippe auf ihren Weg an der Seite des Sokrates bis zu seinem Tod begleiten. Was danach kommt, ist eine Möglichkeit, die der Fantasie der Autorin entsprungen ist, weil es keine historischen Fakten mehr dazu gibt.
Ein ausführliches Nachwort trennt geschichtliche Wirklichkeit von Fiktion.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es lässt eine längst vergangene Epoche lebendig werden.

Veröffentlicht am 22.05.2019

Schule am Wilden Hügel

Die wilde Baumhausschule, Band 1: Raubtierzähmen für Anfänger
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„...Mach keinen Quatsch, ja? Ich will nicht schon wieder zum Elterngespräch bei Direktor. Eigentlich war ich froh, dass ich keine Schule mehr von innen sehen muss...“

Das kleine Städtchen wird am frühen ...

„...Mach keinen Quatsch, ja? Ich will nicht schon wieder zum Elterngespräch bei Direktor. Eigentlich war ich froh, dass ich keine Schule mehr von innen sehen muss...“

Das kleine Städtchen wird am frühen Morgen aufgeschreckt. Ein Elefant stampft durch den Ort. Doch nicht jeder hat das mitbekommen. Als Theo seine Vater davon erzählt, glaubt der ihm nicht. Kein Wunder, denn Theo ist für seine Streiche in der Schule berühmt. Das Eingangszitat stammt demzufolge logischerweise von seinem Vater.
Im Ort bahnt sich eine Veränderung an. Gretas Eltern haben den Zoo hinter dem Wilden Hügel übernommen. Nachdem er immer geschlossen war, soll er nun für die Öffentlichkeit zugänglich werden. Erst einmal begibt sich Greta auf dem Rücken des Elefanten zur Schule. Die aber ist so instabil, dass eine Wand zusammenbricht. Greta will die Schule in den Zoo verlegen.
Die Autorin hat ein spannendes und humorvolles Kinderbuch geschrieben. Das Buch ist etwa ab 8 Jahre zu empfehlen.
Der Schriftstil ist der Zielgruppe angemessen und lässt sich gut lesen. An vielen Stellen fällt die passende, aber ungewöhnliche Wortwahl auf, wie das folgende Zitat zeigt:.

„...Und Greta, die kannte den Direktor noch nicht. Aber so, wie die Klasse guckte, musste er in etwa so gefährlich sein wie eine giftige Würfelqualle...“

Es geht um Freundschaft und Vertrauen. Klar, dass Greta, die neue Schülerin auf ihren Elefanten, erst einmal im Mittelpunkt steht. Plötzlich werden alte Freundschaften infrage gestellt. Was bisher bewundert wurde, ist uninteressant oder wird sogar abgelehnt.
Die Protagonisten, vor allem Greta und Theo, werden sehr gut charakterisiert. Die Autorin versteht es ausgezeichnet, eine Entwicklung im persönlichen Verhalten darzustellen, die dazu führt, dass die anderen ihr Tun ebenfalls hinterfragen. All das wird auf amüsante, kindgerechte und nachvollziehbare Weise dargestellt.
Nebenbei gibt es eine Menge an Wissen über das Leben der Tiere.
Viele Zeichnungen veranschaulichen gekonnt die Handlung.
Das Cover ist ein Hingucker. Die farbenfrohe Darstellung zieht die Blicke auf sich.
Das Buch ist der erste Teil einer Reihe. Es stimmt geschickt auf die Handlung ein und weckt Interesse an der Fortsetzung.

Veröffentlicht am 21.05.2019

Ein selbstbewusster Kater

Immer dieser Kater!
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„...Also, ich heiße Aristoteles und bin Annas Kater. Kater, nicht Katze, darauf weise ich ausdrücklich hin. Wunderschöne grüne Augen, lange Barthaare, tiefe Schnurrstimme...“

Aristoteles ist ein selbstbewusster ...

„...Also, ich heiße Aristoteles und bin Annas Kater. Kater, nicht Katze, darauf weise ich ausdrücklich hin. Wunderschöne grüne Augen, lange Barthaare, tiefe Schnurrstimme...“

Aristoteles ist ein selbstbewusster Kater. Er freut sich, dass bald Annas Oma bei ihnen einzieht. Dann hat er jemand im Haus, wenn Anna in der Schule ist.
Für die Ankunft der Oma hat Anna eine besondere Idee. Die aber geht nach hinten los. Danach zeigt sich, dass Oma den Kater nicht mag. Außerdem bringt sie Unruhe in den bisher gut funktionierenden Alltag nicht nur von Aristoteles.
Die Autorin hat ein humorvolles Kinderbuch geschrieben. Aristoteles erzählt die Geschichte auf seine ganz eigene Art.
Der Schriftstil ist der Zielgruppe angemessen, leicht verständlich und angenehm zu lesen.
Aristoteles ist Optimist. Er hofft, dass alles gut wird. Von Annas Vater hat er sich folgenden Spruch gemerkt:

„...Er meint, am glücklichsten sind die Menschen, die Probleme nicht als etwas Schlimmes betrachten, sondern sich mit Freude daranmachen, sie zu lösen...“

Aristoteles vielfältige Anstrengungen aber fruchten nicht. Dann hat Anna ein neuen Einfall. Den aber findet Aristoteles völlig daneben.

„...Igitt, nie wieder lebendiges Essen. Wozu gibt es Dosenfleisch? Auf einmal geht mir ein Licht auf, weshalb Anna meinen Fressnapf gestern Abend nicht gefüllt hat...“

Als Anna mit ihren Eltern in den Winterurlaub fährt, soll Aristoteles bei Oma bleiben. Er tut alles, um genau dies zu verhindern. Leider funktioniert alles nicht. Aristoteles hält das Leben mit Oma für lebensgefährlich. Er ahnt nicht, dass er kurze Zeit später ein völlig anders Problem zu lösen hat.
Die Handlung strotzt vor ungewöhnlichen Einfällen und überraschenden Wendungen.
Schöne farbige Bilder veranschaulichen das Geschehen.
Das Cover ist ein Hingucker und weckt Interesse.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mich wiederholt zum Schmunzeln gebracht.