Fast Realsatire
Reichstag for Sale„...Wie vertrauensvoll die Augen und Ohren des Mannes in der Lederhose an dem obersten Politiker des Landes gehangen hatten. Wer all das glaubte, was die erzählen, muss tief drinnen ein glücklicher Mensch ...
„...Wie vertrauensvoll die Augen und Ohren des Mannes in der Lederhose an dem obersten Politiker des Landes gehangen hatten. Wer all das glaubte, was die erzählen, muss tief drinnen ein glücklicher Mensch sein, dachte er, und naiv bis in die Knochen...“
Wir schreiben das Jahr 2003. Dieter Skei braucht dringend Geld. Er gehörte bei der Finanzkrise zu den Verlierer. Kurz vorher wollte er sich ein Hotel kaufen. Leider hat er nicht begriffen, dass auch in deutschen Amtsstuben ohne Schmiergeld nicht viel geht. Er hat jahrelang in London gearbeitet und ist nun zurück in Berlin.
Doch Dieter hat eine rege Phantasie und Einsatzwille. Warum nicht einmal etwas Besonderes versuchen? Er gibt sich als Staatssekretär Karl-Heinz Knebel aus, den er aus der Zeitung kennt, und sucht sich Investoren, denen er den Reichstag verkaufen will. Drei mögliche Käufer hat er dabei im Blick. Zum einen wendet er sich an russische Oligarchen, zum anderen an amerikanische Investoren und zum dritten an britische Geschäftsleute.
Der Autor hat einen amüsanten Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich wiederholt zum Schmunzeln gebracht. Ich würde sie fast als Realsatire bezeichnen. Hinzu kommt, dass konkretes politisches Fehlverhalten geschickt einbezogen wird.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Die Geschichte beginnt mit dem Verkaufsgespräch mit den Russen. Natürlich wird dabei das eine oder andere Klischee bedient. Man begießt das Geschäft mit Wodka, aber bitte nicht mit den in Deutschland übliches Gläsern. Wassergröße ist das Minimum. Deren Gegenargument und Bedenken, wie das Volk reagieren würde, wenn das Geschäft öffentlich wird, wischt er mit einem einzigen Satz vom Tisch:
„...Keine Sorge, meine Herren. Sie wissen doch, wir Deutschen haben gelernt, alles zu schlucken, was von oben kommt...“
Sehr genau darf ich verfolgen, wie Skei mit seinem Freund den Coup vorbereitet. Er kennt durchaus Skrupel und ist sich seiner Sache nicht immer sicher. Seine Gedanken werden kursiv im Text wiedergegeben.
Ab und an werden die Schicksale von Bekannten mit einbezogen. Dabei fallen durchaus ernste Worte, wie das folgende Zitat zeigt.
„...Und da kam irgendwie durch die Hintertür die Treuhand ins Spiel. Ihr Kombinat wurde nach der Wiedervereinigung für eine D – Mark an einen westdeutschen Investor verkauft. Der hat einen Monat später den Großteil der zum Kombinat gehörenden Immobilien für neunzig Millionen weiterverkauft...“
Der hohe Spannungsbogen ergibt sich zum einen daraus, dass mehrere Personen Dieter im Visier haben, zum anderen möchte ich als Leser natürlich, dass sich Dieters Anstrengungen lohnen. Mehrmals steht sein Schicksal auf Messers Schneide.
Gut dargestellt wird auch, warum sich Dieter auf dieses Abenteuer einlässt. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben. Wer allerdings auf Habgier tippt, liegt falsch.
Die Geschichte hat mich bestens unterhalten. Sie zeigt, wie beeindruckend ein schöner Schein wirken kann. Mit dem richtigen Auftreten und den passenden Worten lässt sich mancher prima manipulieren. Ob alle drei Investoren angebissen haben? Selber lesen!