Die Zustände in Citey werden immer dramatischer. Die Krankenversorgung und damit der Schutz vor Seuchen ist schon lange zusammengebrochen. Es wird zunehmend schwierig, sich zu ernähren. Ainia geht auf die Jagd und versucht es mit Selbstversorgung:
Ich hätte dem Bauern auch gerne eine Kuh abgekauft, aber Shirokko hatte es mir strikt verboten.
„Das ist hier keine Farm, sondern eine Fabrikhalle.“
„Milch im Kaffee?“, versuchte ich ihm meinen Vorschlag schmackhaft zu machen. „Kuhfladen am Stiefel?“, gab er voller Sarkasmus zurück, und damit war meine Idee abgeschmettert.
Ainia ist nicht lieb und nett. Gerade das mag ich an ihr. Sie erzählt schnoddrig und trocken und denkt zuerst an sich selbst. Leider werden diese Charaktereigenschaften, die bei Männern sympathisch und sexy wirken, bei Frauen oft als negativ angesehen. Aber jetzt mal ehrlich. In einer harten Welt mit marodierenden Banden und geplünderten Supermärkten muss man tough sein, benötigt Stärke und Durchsetzungsvermögen.
Oder man muss sich einen Mann suchen, der einen beschützt. Dann kann man lieb und kuschelig bleiben. Aber Ainia ist nun mal eine Amazone und passt auf sich selbst auf. Oft ist ihr abweisendes Verhalten nur Fassade und wenn es drauf ankommt, steht sie hinter ihren Freunden und Themiskyra.
Einen guten Protagonisten macht für mich seine Glaubwürdigkeit aus. Und Ainia ist sehr glaubhaft in ihrem Kampf mit Zweifeln und Versuchungen, die ihr der kleine Pan auf ihrer Schulter wie ein Teufelchen ins Ohr flüstert.
Die Liebesgeschichte hat in diesem Band etwas weniger Tiefe. Als Leserin möchte ich den Love-Interest sympathisch finden und mitfiebern. Durch die Vielzahl der Männer ist mir dies bei Ainia nicht in dem Maße möglich wie in der Themiskyra-Reihe mit Ell. Zumal ein Mann zwischen Ell und Ainia steht. Da fällt es mir schwer, nicht für Ell Partei zu ergreifen.
Im dritten Band überschneiden sich die Handlungsstränge der “Themiskyra-Reihe” und Pollys-Tagebuch mit der Geschichte Ainias. Wie die Autorin diese Komplexität schreibtechnisch gelöst hat, bewundere ich sehr. Allerdings war für mich durch die Wiederholung (auch wenn die Handlung nun aus Ainias Perspektive erzählt wird) die Spannung nicht mehr in dem hohen Maße gegeben, wie ich es von Dani Aquitaine gewohnt bin. Teilweise habe ich die unerwarteten Wendungen vermisst.
Grandios ist das Setting in einer Stadt nach der Apokalypse und die Beschreibung des langsamen Zerfalls der gewohnten Gesellschaft. Das Vokabular aus der Welt der Amazonen unterstreicht die abenteuerliche Stimmung.
Dani Aquitain erzählt unterhaltsam und mitreißend.
Ich habe schon mit dem vierten Band angefangen, und verrate schonmal…. es wird ein furioses Finale folgen! Ganz schnell weiterlesen.