MEINE MEINUNG:
Camilla Läckberg konnte mich schon einmal von sich überzeugen. Es gab zwar nur 3 Sterne für „Die Eishexe“, was jedoch eher der Länge und den damit einhergehenden langgezogenen Passagen geschuldet war. Da mir Stil wie auch Aufbau aber gut gefallen haben, war ich jetzt umso gespannter auf den ersten Psychothriller der Autorin. Also prompt beschlossen, das Buch als Hörbuch zu hören und heute kann ich euch auch schon meine Meinung dazu liefern. Viel Spaß und berichtet mir gerne, wie es euch gefallen hat, falls ihr es schon gelesen habt.
Angepriesen wird das Buch wiefolgt: „Camilla Läckbergs erster Psychothriller: raffiniert, abgründig, brillant“. Wenn ich mir jetzt diesen Satz durch den Kopf gehen lasse, frage ich mich, ob derjenige, der das gesagt hat, auch wirklich das gleiche Buch gelesen hat, wie ich. Ganz wie man es von Psychothrillern kennt, herrscht beim Einstieg noch eine verräterische Ruhe, die einiges an Zündstoff für den weiteren Verlauf der Geschichte verspricht. Doch Fehlanzeige. Meine Hoffnung auf Spannung, Action und Raffinesse wurde von Seite zu Seite immer mehr zerstört. Die Handlung plätscherte nur so vor sich hin und bis auf die Tatsache, dass ich mich unbeschreiblich über die Protagonistin aufregen musste, passierte rein gar nichts. Im Allgemeinen erinnerte dieses Buch viel mehr an einen Roman; einen seichten Roman, der zur Langeweile neigt, um genau zu sein. Man könnte es vielleicht noch als Familiendrama sehen, doch selbst dafür fehlten mir spannende und interessante Elemente. Alles was wir als Leser miterleben ist unsere völlig naive, dümmliche Protagonistin, die sich von ihrem Mann schlecht behandeln lässt, ihn aber immer wieder in Schutz nimmt. Ziemlich genau in der Mitte kam dann der große Umbruch und Teil 2 des Buches begann. Meine Hoffnung, die ja eh schon fast verpufft war, meldete sich nochmal – ganz kurz. Denn auch im zweiten Teil gab es nichts, was auch nur im entferntesten an einen Psychothriller erinnerte. Das Handlung schlug zwar eine ganz andere Richtung ein, eine Besserung war das aber nicht. Getrieben von Racheplänen ruiniert Faye den kläglichen Rest an Unterhaltung. Auch dieser besondere Plot, der etwa im mittleren Bereich des zweiten Teils auftrifft, entzieht sich meiner Logik komplett – das alles ergab für mich keinen Sinn. Die größte Frage ist aber: wer hat diesen Klappentext geschrieben? Ich hab selten einen derartigen Spoiler gesehen. Denn das, was verraten wird, geschieht in den letzten 10 Minuten des Buches. Diese letzten 10 Minuten waren es dann auch, die die erste Überraschung der Geschichte bereithielten. Das Ende wirbelte dann zwar nochmal alles durcheinander, was bisher geschah; doch konnte dieser durchaus gelungene und spannungsgeladene Schluss und die damit einhergehende, sehnlichst vermisste Psychothriller-Atmosphäre, die endlich aufkam, das Ruder auch nicht mehr herum reißen. Schade. Aber genau dieses Tempo, diese Abgründigkeit hätte spätestens nach der ersten Hälfte der Geschichte kommen müssen.
Wie oben jetzt schon angeteasert, konnten mich auch die Charaktere in keinster Weise von sich überzeugen. Besonders Faye als Hauptfigur war mehr als anstrengend. Dank Rückblicken in ihre Anfangszeit in Stockholm erfahren wir als Leser auch, dass sie einen Neustart machen und ihre Vergangenheit und ihr altes Ich hinter sich lassen will. Das funktioniert in genau diesen Rückblicken auch sehr gut. Faye wirkt taff und selbstsicher, zielstrebig und karriereorientiert. Vergleicht man diese Frau aber mit der Hausfrau und Mutter von der Gegenwart, findet man kaum Parallelen, was ich unendlich schade finde. In der Perspektive der Jetztzeit ist Faye kleinlaut und naiv, wird untergebuttert und nimmt das überhaupt nicht wahr. Sie wirkt beinah dümmlich vor lauter Blauäugigkeit und verliert so jegliche Glaubwürdigkeit. Desweiteren trifft sie Entscheidungen, bei der mir einfach der Mund offen blieb und ich nur fassungslos den Kopf schütteln konnte. Erst in den letzten Hörminuten empfand ich so etwas wie Sympathie für sie; und das auch nur, weil oben genannter Plot, den ich nicht verstand, sie zu einem realen Menschen werden ließ und ein wenig Mitleid ins Spiel kam. In den restlichen Stunden war sie für mich weder nachvollziehbar noch greifbar und einfach ein Störfaktor.
Die Randfiguren erwiesen sich zu Beginn auch als Reinfall. Ich fand zu keinem einzigen auch nur eine Andeutung von Verbindung hätte jeden im Sekundentakt auf den Mond schießen können. Erst als der zweite Teil der Geschichte startete, änderte sich nicht nur die Handlung, sondern auch meine Beziehung zu bestimmten Figuren. So wurde ich ein großer Fan von Faye’s beser Freundin Kris und auch Kerstin konnte sich sehen lassen. Vom Rest fange ich gar nicht an namentlich zu sprechen – Jack war für mich der Inbegriff eines Antagonisten, den ich mit Leib und Seele hassen musste.
Der Stil von Camilla Läckberg gefiel mir als einziger Punkt wieder richtig gut. Ich mag ihre Art, Geschichten zu erzählen, weil man sich trotz aller Kritik stets „mittendrin“ fühlt und immerzu ein klares Bild der einzelnen Szenen vor Augen hat. Selbst die Charaktere konnte ich mich trotz der großen Distanz sehr gut vorstellen und hatte in dieser Hinsicht keinerlei Probleme. Einziges kleines Problem waren die vielen erotischen Szenen, die meines Erachtens nach gar nicht zu der Handlung gepasst haben. Die derbe Aussprache in diesen Momenten machte es dann auch nicht besser. Der Aufbau der Geschichte, nämlich in Form der oben genannten Perspektiv-Wechsel, traf meinen Geschmack genau so sehr, wie es all die anderen Bücher tun, die so aufgebaut sind. Ich liebe es, Sprünge in die Vergangenheit zu machen und das vorherige Leben der Charaktere einfach noch näher kennenlernen zu dürfen. Die Sprecherin, die „Gold Cage“ vertont hat, sprach mich ebenfalls sehr an. Ich mochte ihre Stimme, fand sie allgemein sehr passend und ihre Betonungen, Stimmfarben und Tempi waren sowohl abwechslungsreich wie auch mitreißend eingesetzt. In dieser Hinsicht habe ich also überhaupt nichts zu bemängeln.
FAZIT:
Der erste Psychothriller, „Golden Cage“, von Camilla Läckberg hinkt leider um einiges hinter „Der Eishexe“ her. Die Geschichte war über eine geraume Zeit einfach langweilig und bis auf das familiäre Drama der Protagonistin passierte nur extrem wenig. Fehlende Sympathie gegenüber genau dieser machte es für mich nicht leichter, überhaupt am Ball zu bleiben. Erst die letzten 10-15 Minuten konnten mich dann überraschen und erzeugten diese von mir so geliebte (Psycho)Thriller-Atmosphäre, die mir in den restlichen Stunden komplett fehlte. Dafür waren aber Stil und Sprecherin wieder top gewählt und so gibt’s von mir nun eine doch recht milde Bewertung, wie ich finde.