Cover-Bild Tage zwischen Ebbe und Flut
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Knaur Taschenbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 01.09.2016
  • ISBN: 9783426519738
Carin Müller

Tage zwischen Ebbe und Flut

Roman
In ihrem ebenso warmherzigen wie humorvoll überspitzten Roman "Tage zwischen Ebbe und Flut" zeigt die Journalistin Carin Müller eine Familie im emotionalen Ausnahmezustand. Basierend auf eigenen Erfahrungen lässt die Autorin ihre liebevoll gezeichneten Charaktere, allen voran den an Alzheimer erkrankten Felix sowie seine Ehefrau, seine Tochter und seine Enkelin, auf einer Mittelmeer-Kreuzfahrt aufeinanderprallen. So entsteht ein bewegender, dabei sehr ehrlicher und oftmals herrlich komischer Reise- und Familienroman über eine der Volkskrankheiten unserer Zeit, wie man damit lebt, was sie mit sich bringt - an Verlusten, aber auch neuen Erfahrungen und Chancen.

Felix ist 70 Jahre alt. Er spricht aus, was niemand zu sagen wagt, und tut, was sonst niemand tun würde. Seine Erinnerungen sind wie Wellen in seinem Kopf, wogend, nicht festzuhalten. Denn Felix hat Alzheimer.
Um ihm einen Herzenswunsch zu erfüllen, machen seine Ehefrau Ellen, seine Tochter Judith und seine Enkelin Fabienne mit ihm eine Kreuzfahrt. Doch während Felix die Reise als wunderbares Abenteuer erlebt, wird für die drei Frauen die Seereise zu einer Seelenreise durch schwere Gewässer, aber mit Kurs auf sonnige Gefilde.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.06.2022

Gegen das Vergessen ankämpfen

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Das tun in vielen Fällen nicht nur Alzheimerpatienten selbst, sondern fast noch häufiger ihr Umfeld. Die Familie, die Kinder, Enkel, vor allem jedoch der Ehepartner leidet am meisten - und oft ist es für ...

Das tun in vielen Fällen nicht nur Alzheimerpatienten selbst, sondern fast noch häufiger ihr Umfeld. Die Familie, die Kinder, Enkel, vor allem jedoch der Ehepartner leidet am meisten - und oft ist es für ihn am einfachsten, so zu tun, als wäre alles "so wie immer".

So auch Ellen, die Ehefrau von Felix und alles andere als eine Sympathieträgerin, die ihren Mann zu einem, ja zu seinem Traumurlaub, nämlich einer Kreuzfahrt, begleitet.

Tochter Judith, alleinstehend und um die 40, findet das gar nicht so klasse, ist sie doch schon immer ein Papakind gewesen. Außerdem will Ellen immer nur Golfen - auch diesmal fiel es schwer, etwas anderes durchzusetzen - und so findet sich bald die Familie - durch einen Zufall ist auch die 17jährige Nichte bzw. Enkelin Fabienne mit dabei - auf dem Schiff, wobei die drei Frauen vor allem schauen, dass ihnen jeweils die Felle nicht davonschwimmen.

Und Felix? Er ist ganz begeistert von seiner lang ersehnten Schiffsreise, immer öfter jedoch scheint es dem Leser, als würden seine Belange eigentlich gar keine Rolle spielen.

Die Damen haben vergessen, dass sie gegen das Vergessen angehen wollen/müssen - und haben doch auch selber so viele Bedürfnisse.

Autorin Carin Müller versteht es, ihre Geschichte mit Humor und einer gewissen Warmherzigkeit, die jedoch nicht jeden trifft, rüberzubringen, reiht auf der anderen Seite aber auch Klischee an Klischee: Judith, die alleinstehende Tochter, muss ein Geheimnis haben, ebenso wie die humorlose Mutter. Und der sympathische Kapitän Henri weckt definitiv Assoziationen zu den "Traumschiff"-Sendungen.

Darüber muss geschaut werden, dass das so wichtige Thema Demenz nicht ins Hintertreffen kommt! Ich halte es ingesamt für eine gute Idee, in dieses dunkle, so viele Menschen betreffende Thema ein wenig Leichtigkeit hineinzubringen, auch Späße: hat nicht zuletzt die mit Abstand witzigste und gelungenste Szene im ganzen Buch definitiv Felix' Erkrankung zum Grund und auch zum Thema.

Ein netter Roman, von dem man jedoch nicht zuviel erwarten sollte. Er beschönigt zwar nichts, stellt aber auch keinen Aspekt sonderlich heraus. Man sollte es bspw. als Urlaubslektüre zum Nachdenken oder als etwas Unterhaltsames für Zwischendurch nicht ganz ohne Anspruch lesen - dann kommt man sicher auf seine Kosten!

Veröffentlicht am 21.10.2016

Leben mit Alzheimer

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Sich mit dem Thema Alzheimer in einem Roman auseinanderzusetzen ist nie einfach. Die Krankheit ist eine sehr ernst zunehmende Sache, die sich leider immer mehr verbreitet und trotzdem igrendwie ein Tabuthema ...

Sich mit dem Thema Alzheimer in einem Roman auseinanderzusetzen ist nie einfach. Die Krankheit ist eine sehr ernst zunehmende Sache, die sich leider immer mehr verbreitet und trotzdem igrendwie ein Tabuthema bleibt. Carin Müller zeigt in ihrem Roman, wie eine Familie fast daran zerbrechen kann und trotzdem wieder zu sich findet.

Mit viel Gefühl erzählt sie die Geschichte der Familie Kaufmann, die nicht erst seit der Krankheit von Vater Felix eine problembeladene ist. Als seine Tochter Judith ihm eine Mittelmeerkreuzfahrt schenkt, will sie damit ihre Mutter entlasten und ihrem Vater seinen langersehnten Wunsch erfüllen, bevor die Krankheit schlimmer wird. Doch die pedante Ellen möchte ihren Mann nicht alleine lassen und bucht kurzerhand ebenfalls eine Passage, obwohl sie Schiffe hasst. Kurz vor der Abreise stößt auch noch Felix 17-jährige Enkelin Fabienne dazu, die von zuhause abgehauen ist und bei ihrer Tante Judith Unterschlupf gesucht hat. So wird sie gezwungerner Maßen das vierte Familienmitglied auf der "Flying Cloud".

Die knapp 280 Seiten des Romans sind schnell inhaliert. Die Kreuzfahrt durch das Mittelmeer dient lediglich als Rahmenhandlung, denn im Vordergrund stehen die familiären Konflikte, Streitereien und sehr viel Unverständnis. Man erfährt wie jede der drei Frauen mit Felix und der Krankheit umgehen. Die einzelnen Charaktere kommen dabei sehr lebendig rüber und zeigen nicht nur ihre guten Seiten.
Ellen, die sich am Rand der Erschöpfung befindet, steckt sich ihre eigenen Ziele viel zu hoch. Sie tritt nach außen hin immer souverän auf und versucht in jeder Lage Haltung zu bewahren. Judith, ein Workaholic, möchte die noch verbleibende Zeit mit ihrem geliebten Vater verbringen, jedoch sie unterschätzt die Situation, wie ein 24-Stunden-Alltag mit einem Alzheimerkranken aussieht, total. Doch vorallem stellen die täglichen Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Tochter die beide Frauen auf eine harte Probe. Nur Fabienne nimmt die Sache eher gelassen und nimmt ihren Opa einfach so wie er ist. Bis alle zu sich selbst finden, dauert es einige Zeit.....

Carin Müller versteht es sehr gut die Tücken der Krankheit darzustellen. Sie beschönigt weder das Unverständnis der Umwelt gegenüber einem an Alzheimer erkrankten Menschen, noch die Hilflosigkeit der eigenen Familie, sowie die der betreffenden Person. Felix vergleicht seine Krankheit selbst mit Wellen in seinem Kopf, die er nicht festhalten kann. Man spürt seine Traurigkeit, wenn ihm die richtigen Worte fehlen, aber auch die Wut, die er empfindet.
Die Autorin schreibt aus Erfahrung, denn auch ihr Vater hat Morbus Alzheimer und so kennt sie die Probleme, die durch die Erkrankung eines Familienmitgliedes enstehen können. Obwohl Carin Müller versucht den Roman mit einer Prise Humor zu würzen, lässt sie den Leser mit vielen Emotionen und einigen zum Nachdenken anregenden Themen zurück. Es ist ihr perfekt gelungen das Thema so wiederzugeben, dass man sich nach dem zuklappen des Buches noch lange damit beschäftigt.

Schreibstil:
Carin Müller hat einen leichten und flüssigen Schreibstil, der sich sehr gut lesen lässt. Trotz des ernsten Themas kommt auch der Humor nicht zu kurz und ist teilweise auch etwas überspitzt. Das nimmt den Konflikten, die sich besonders zwischen Mutter und Tochter sehr oft zuspitzen, ein bisschen die Schärfe.
Der Roman wird aus der Sicht der jeweils erzählenden Person beschrieben. So hat man Einblicke in die Gefühlswelt aller Familienmitglieder. Ganz hinten am Ende des Buches findet man noch eine Karte der Route des Kreuzfahrtschiffes.

Fazit :
Ein Roman mit einem ernsten Thema, das die Autorin hervorragend umgesetzt und zusätzlich mit einer Prise Humor gewürzt hat. So entstand eine emotionale Geschichte, die sich leicht lesen lässt und trotzdem viel zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 17.10.2016

Eine Auszeit auf hoher See

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" Und im Moment würde sie fast ihr Leben dafür geben, wenn sie diesen Satz noch einmal von ihm hören und sich in seinen Armen sicher fühlen könnte."

Inhalt
Um den größten Wunsch von Felix, einem 70-jährigen, ...

" Und im Moment würde sie fast ihr Leben dafür geben, wenn sie diesen Satz noch einmal von ihm hören und sich in seinen Armen sicher fühlen könnte."

Inhalt
Um den größten Wunsch von Felix, einem 70-jährigen, der an Alzheimer erkrankt ist, zu erfüllen, begeben sich Frau, Tochter und Enkeltochter mit ihm auf eine Kreuzschifffahrt durchs Mittelmeer. Eine Reise, die für allerlei Abenteuer, für Zerstreuung aber auch ernsthafte Gespräche gut ist und im krankheitsüberschatteten Alltag für eine willkommene Auszeit sorgt. Auf hoher See kommen sich die Familienmitglieder wieder näher und finden trotz aller gegensätzlichen Ansichten wieder mehr zueinander.

Meinung
In diesem optimistischen Unterhaltungsroman begleitet der Leser eine ganz normale Familie auf einer nicht ganz herkömmlichen Urlaubsreise, die intensiv und schonungslos die Wahrheit über zwischenmenschliche Beziehungen offenbart. Die festgelegte Rahmenhandlung zwingt die sehr verschiedenen Charaktere, sich nicht nur mit ihren persönlichen Wünschen und Ängsten auseinanderzusetzen, sondern auch die Gemütslage der Angehörigen wahrzunehmen.

Und so lösen sich anfangs klischeehafte Verhaltensweisen nach und nach in Wohlgefallen auf, weil der Leser mitverfolgt, dass Menschen nicht immer überdreht sind sondern auch mal einfühlsam, dass sie zwar gerne kontrollieren aber manchmal auch die Zügel aus der Hand geben, dass sie rational denken aber sich im Inneren Liebe wünschen.
Unterschwellig plädiert die Autorin für mehr emotionalen Zusammenhalt, der sich nicht an gesellschaftlichen Normen orientiert sondern in erster Linie an der Menschlichkeit und Wärme eines Familienverbandes.
Ein leichter, flüssiger Schreibstil in Verbindung mit wechselnden Erzählperspektiven und einer überschaubaren Anzahl an Protagonisten sorgt für angenehme Lesestunden.

Besonders positiv empfand ich die geschilderte Möglichkeit, wie verschiedenartig sich zunächst eingeschliffene Verhaltensmuster im Zusammenspiel mit anderen Menschen entwickeln können. Lediglich die Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild Alzheimer kam mir hier etwas zu kurz, denn der Erkrankte veränderte zwar seine Familienmitglieder, stand aber eher im Hintergrund. Hier hätte ich mir persönlich etwas mehr Schwere, Trauer und Verlustgefühl gewünscht, obwohl man davon gerade als Betroffener gern mal eine Auszeit nimmt.

Fazit
Ich vergebe 4 Lesesterne und eine Empfehlung für alle, die sich für gute Unterhaltungsliteratur erwärmen können und auf der Suche nach einem lebensbejahenden Buch sind, welches auch in dunkle Alltagsstunden etwas Sonnenschein zaubert. Insgesamt eine überzeugende, durchaus realistische Erzählung, die sich intensiv mit menschlichen Befindlichkeiten aller Art befasst.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ernstes Thema authentisch verpackt

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Mit „Tage zwischen Ebbe und Flut“ legt die Autorin einen unglaublich gefühlvollen Roman vor, der mich nicht nur aufgrund seiner gut recherchierten Thematik überzeugen, sondern auch durch ein solides Charakterdesign ...

Mit „Tage zwischen Ebbe und Flut“ legt die Autorin einen unglaublich gefühlvollen Roman vor, der mich nicht nur aufgrund seiner gut recherchierten Thematik überzeugen, sondern auch durch ein solides Charakterdesign glänzen konnte.

Das Buch ist klassisch in Kapitel unterteilt, wobei die Autorin dem Leser jeweils mitteilt, wo und wann sich die Charaktere gerade befinden. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man Zeitsprünge direkt mitbekommt, nein, man kann auch die Route des Kreuzfahrtschiffes mitverfolgen (eine Karte ist hinten im Buch vorhanden). Der Schreibstil war herrlich flüssig und mit einer stetigen Prise Humor versehen, sodass man die Lektüre gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Da die Geschichte in der Er-Perspektive verfasst ist, hat man als Leser die Chance, bei allen Protagonisten gleichzeitig zu sein, was für mich sehr positiv war, denn so habe ich nie etwas verpasst.

Die Familienverhältnisse der Kaufmanns sind wohl gelinde gesagt nicht leicht. Schon im ersten Kapitel wird klar, wie heimtückisch die Krankheit Alzheimer für Felix ist und wie souverän seine Frau damit umgehen möchte. Tochter Judith und Enkelin Fabienne haben mir sehr gut gefallen, weil sie wohl die stärkste Wandlung im Laufe der Geschichte durchmachen. Während man bei Fabi zu Anfang noch den Eindruck hat, dass sie einfach nur eine verwöhnte Megazicke ist, überrascht sie im Verlauf der Story durch weise Entscheidungen und erwachsenes Verhalten. Auch Judy hat es mit ihrer Mutter Ellen nicht leicht – ich persönlich wäre definitiv nicht mit auf Reisen gegangen, wenn ich vorher schon gewusst hätte, wie anstregend diese Mutter-Tochter-Auseinandersetzungen sind. Der einzige Kritikpunkt bei den Protagonsten ist für mich eine unglaubwürdige Szene relativ zum Ende hin. Hier gesteht Judy einen Teil ihrer Vergangenheit ein, der für ich zu plötzlich und zu überraschend kam, um authentisch zu wirken. Ansonsten waren die Hauptcharaktere aber klar durchdacht und strukturiert. Gerade Felix muss man einfach mögen, sonst hat man kein Herz.

Auch die Nebencharaktere wurden gut gestaltet und ins Gesamtgeschehen eingefügt. Die Passagiere bzw. die Crew des Kreuzfahrtschiffes haben gute Laune verbreitet und dafür gesorgt, dass das doch sehr ernste Thema Alzheimer zwar präsent war, aber eben trotzdem nicht immer im Vordergrund stand. Da die Familie Kaufmann sehr groß ist, ist immer wieder die Rede von weiteren Familienmitgliedern, Exfrauen und -männern, Stieftöchtern und -söhnen. Hier hätte ich mir eventuell gewünscht, dass diese gar nicht erst erwähnt werden, weil sie für die Geschichte unerheblich waren und man mit den Namen zu kämpfen hatte. Aufgrund anfänglicher Erwähnungen dachte ich, dass da noch etwas kommen muss oder dass gewisse Personen eventuell noch eine Rolle im Verlauf der Story spielen würden, was dann aber nicht so war.

Die Autorin spricht mit diesem Roman das sensible Thema Alzheimer an, das meiner Meinung nach von der Gesellschaft viel zu sehr unter den Teppich gekehrt wird. Wenn man sich damit schon einmal auseinandersetzen musste, kann man die Emotionen von Ellen und Judy absolut nachvollziehen. Wir bekommen hier beide Seiten aufgezeigt: Wie belastend diese Krankheit für den Partner des Patienten sein kann und wie hilflos man als Außenstehender ist. Auch wenn man auf den ersten Blick denkt, dass es sich doch um eine heitere Geschichte handelt, weil eben viele Scherze gemacht werden und auch die ständigen Raufereien zwischen Mutter und Tochter teils sehr amüsant sind, hat mich das Buch doch nachdenklich zurück gelassen und wird mir sicher noch eine ganze Weile im Gedächtnis bleiben.

Eine emotionale Geschichte über eine Familie, die ihre Differenzen im Schatten der Alzheimer aufarbeiten möchte und jeder für sich noch zusätzlich eine Wandlung erfahren darf. Trotz kleiner Kritikpunkte eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 07.10.2016

Tage zwischen Ebbe und Flut

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Rezension zu Tage zwischen Ebbe und Flut von Carin Müller

Titel: Tage zwischen Ebbe und Flut
Autor: Carin Müller
Verlag: Droemer Knaur
Genre: Gegenwartsliteratur/Unterhaltungsroman
Preis: 9,99 €
Erscheinungsdatum: ...

Rezension zu Tage zwischen Ebbe und Flut von Carin Müller

Titel: Tage zwischen Ebbe und Flut
Autor: Carin Müller
Verlag: Droemer Knaur
Genre: Gegenwartsliteratur/Unterhaltungsroman
Preis: 9,99 €
Erscheinungsdatum: 01.09.2016
Isbn: 978-3426519738

Mir wurde das Buch im Zuge einer Leserunde auf Lovelybooks freundlicherweise durch die Community zur Verfügung gestellt.

Inhalt:

Felix ist 70 Jahre alt. Er spricht aus, was niemand zu sagen wagt, und tut, was sonst niemand tun würde. Seine Erinnerungen sind wie Wellen in seinem Kopf, wogend, nicht festzuhalten. Denn Felix hat Alzheimer. Um ihm einen Herzenswunsch zu erfüllen, machen seine Ehefrau Ellen, seine Tochter Judith und seine Enkelin Fabienne mit ihm eine Kreuzfahrt. Doch während Felix die Reise als wunderbares Abenteuer erlebt, wird für die drei Frauen die Seereise zu einer Seelenreise durch schwere Gewässer, aber mit Kurs auf sonnige Gefilde.

Charaktere und Charakterentwicklung:

Die Charaktere wirken überspitzt klischeehaft, was mit Sicherheit genau so gewollt war. Der Roman lässt kaum Raum, die Entwicklung der Figuren wirklich nachzuempfinden. So sehr ich versucht habe, einen Bezug zu ihnen aufzubauen, konnte mir dies lediglich bei dem dementen Felix und seiner Tochter Judith gelingen. Bei Felix ist es allein schon aufgrund seiner Charakterzeichnung nicht möglich, ihn nicht sympathisch zu finden. Jedoch waren seine Episoden für meinen Geschmack leider zu rar gesät. Sein unfreiwilliger Ausflug auf ein anderes Schiff haben viele Punkte wieder gutmachen können. Judith ist mir als einzige richtig nahe gegangen, weil sie zum einen Einen die Hauptcharakterin ist. Die meisten Seiten nehmen ihr Empfinden und ihre Gedanken ein, so dass man sich gut auf sie einlassen konnte. Hinzu kommt, dass unsere familiären Verhältnisse sehr ähnlich sind und ich viele ihrer Gefühlsempfindungen nachvollziehen konnte. Zwei weitere wichtige Figuren sind Felix’ Frau Ellen, sowie deren Enkeltochter Fabienne (Fabienne ist nicht die Tochter, sondern die Nichte von Judith). Ellens Charakter wurde bewusst widersprüchlich gestaltet, um den schwierigen Umgang mit einem an Alzheimer Erkrankten darstellen zu können. Die Pflege und das Zusammenleben haben sie gezeichnet, jedoch merkt man aufgrund der Spannungen, die zwischen ihr und ihrer Tochter Judith bestehen, dass es Ungereimtheiten bereits schon in der Vergangenheit gab. Wer die Serie Gilmore Girls geschaut hat, wird in den beiden Charakteren Emily und Lorelai mit Sicherheit wiederkennen. Mir ging es zumindest so. Besonders bei ihr ging mir die Charakterentwicklung zu schnell voran. Bei Fabienne hatte ich große Schwierigkeiten, mir eine (was stets betont wurde) fast Achtzehnjährige vorzustellen, da ihr Verhalten doch sehr klischeehaft auf Teenager angesetzt war. Für mich war sie leider die überflüssigste Person in der Geschichte und dass auch sie einen Wandel durchlebt wirkte dahingehend noch aufgesetzter. Die übrigen Charaktere um die Familie Kaufmann wirken so, als ob sie einzig für deren theraoptische Zwecke dorthin platziert wurden. Leser der Autorin werden diese jedoch aus ihren früheren Werken wieder erkennen und sich über ein Wiedersehen erfreuen.

Wer mich kennt wird, kennt auch mein Motto „I like big books and I cannot lie“. Ich mag es einfach, wenn Geschichten Zeit finden, sich zu entfalten um ihren wahren Kern zu offenbaren. Dennoch konnten mich auch „dünne Bändchen“ schon häufig positiv überraschen, aber auf diesen 275 Seiten hatten die vielen Charaktere kaum Zeit, ihre Entwicklung glaubhaft schildern zu können.

Schreibstil:

Der Schreibstil ist einfach gehalten, wodurch man das Buch konstant in einem durchlesen kann. Er hat etwas durchgehend positives, selbst wenn ein Streitgespräch stattfindet. Ich fühlte mich dadurch oft von den Figuren distanziert. Die Emotionen, die bei einer Auseinandersetzung den Leser direkt treffen sollten, konnten sich dadurch nicht bei mir einstellen. Jedoch ist der Stil des Buchs für ein sog. Wohlfühl-Urlaubsbuch genau passend und macht auch sicher den Reiz der Lektüre aus. Die Beschreibung der auf der Kreuzfahrt besuchten Orte wurde detailliert und anschaulich geschildert und ich hätte mir auch von diesen noch weitere gewünscht.

Zitat:

„Manchmal sind die Wellen sanft und regelmäßig, und dann gibt es wieder wilde Stürme und das Wasser türmt sich meterhoch auf.“ - Seite 36

Fazit:

„Tage zwischen Ebbe und Flut“ ein ein Unterhaltungsroman, der sich auf ein in der Gesellschaft tabuisiertes Thema, namentlich Alzheimer, eingelassen und dies dahingehend gut umgesetzt hat. Aufgrund der rasanten Erzählabfolge konnten nicht alle Charaktere bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, aber die - zumindest in meinen Augen - beiden wichtigsten Personen, wurden gut in Szene gesetzt. Ich habe mich gut in den dementen Vater hineinversetzen können und die wenigen tiefergehenden Augenblicke, in denen man seine eigene Betrübtheit über die Krankheit spürt, haben mir wirklich hervorragend gefallen. Der ein oder andere wird es vielleicht für gewagt halten, das Thema Alzheimer in einem Unterhaltungsroman einzubauen, jedoch ist dies von Autorin gekonnt umgesetzt worden. Für mich persönlich war es der zu schnelle Ablauf der Geschichte selbst, der nicht hundertprozentig überzeugen konnte. Bei vielen Erlebnissen auf der Reise wäre ich gerne dabei gewesen, statt sie in zwei, drei kurzen Sätzen nacherzählt zu bekommen. Aber das Augenmerk sollte höchstwahrscheinlich auf die Personen selbst gelegt werden.

Wer den Charme der Traumschifffilme liebt, wird sicher ganz viel Freude an diesem Roman haben. Er hat mir einige nette Lesestunden bereitet und dem Sommer noch einmal aufleben lassen. Zusammengefasst gab es für mich jedoch zu wenig von allem, um dem großen Ganzen die volle Punktzahl geben zu können.

3,5 von 5 Sterne