Cover-Bild Das Nest
10,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Klett-Cotta
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 03.11.2016
  • ISBN: 9783608100150
Cynthia D'Aprix Sweeney

Das Nest

Roman
Nicolai von Schweder-Schreiner (Übersetzer)

Melody, Jack, Bea und Leo sind Geschwister. Sie sind in ihren Vierzigern, stehen mitten im Leben und sie haben immer gewusst, sie würden eines Tages erben. Aber was, wenn die Erbschaft ausbleibt? Ein warmherziger, humorvoller und scharfsinniger Roman darüber, wie der Kampf ums Geld Lebensentwürfe und Familien durcheinanderbringen kann.
Als Kinder haben sie einander geneckt, als Erwachsene verbindet die Geschwister Melody, Jack, Beatrice und Leo Plumb nur noch eine gemeinsame Erbschaft. Mitten in der Finanzkrise brauchen alle dringend Geld. Melody, Hausfrau und Mutter, wachsen die Ausgaben für ihr Vorstadthäuschen und die Collegegebühren ihrer Töchter über den Kopf. Antiquitätenhändler Jack hat hinter dem Rücken seines Ehemanns das Sommerhaus verpfändet. Beatrice, erfolglose Schriftstellerin, will endlich ihr Apartment vergrößern. Doch kurz bevor das Erbe ausbezahlt wird, verwendet ihre Mutter es, um Playboy Leo aus einer Notlage zu helfen. Unfreiwillig wiedervereint, müssen die Geschwister sich mit altem Groll und falschen Gewissheiten auseinandersetzen. Aber vor allem müssen sie irgendwo frisches Geld auftreiben …
Meisterhaft erzählter, böser und witziger Familienroman
»Ein Roman wie gute dunkle Schokolade: elegant und bittersüß, so köstlich, dass man ihn in einer Nacht verschlingt.«
Entertainment Weekly

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.05.2019

Wenn die Hintertür zufällt

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"Das Nest" ist eine Geschichte, die so gut geschrieben ist, dass man sie kaum aus der Hand legen kann. Häufig können Familien-Problem-Geschichten anstrengend und kompliziert werden. Hier hat jedoch die ...

"Das Nest" ist eine Geschichte, die so gut geschrieben ist, dass man sie kaum aus der Hand legen kann. Häufig können Familien-Problem-Geschichten anstrengend und kompliziert werden. Hier hat jedoch die Autorin eine gute Mischung aus Alltagsproblemen, skurrilen Eigenheiten und Geschwisterliebe geschaffen. Die vier Geschwister haben eigentlich kaum noch miteinander zu tun und eigentlich interessiert sie nur ihr eigenes Vorankommen. Das Nest (ein gutes Finanzpolster von den Elterm) bringt nun die Geschwister wieder zusammen an einen Tisch, denn es kommt anders als erwartet.

Mir hat die Geschichte gut gefallen. Auch die vielen Perspektiven, die Wendungen und die langsame Annäherung der Geschwister fand ich gut. Der Schreibstil der Autorin ist sehr gut und leicht zu lesen. Ich fand die Entwicklung der Geschichte und der Beziehung zwischen den Geschwistern gelungen. Der Humor ist leise und manchmal recht sarkastisch, jedoch passt er gut zu den Figuren und der Geschichte.

Eine schöne Geschichte über vier Geschwister, die sich neu aufstellen müssen, weil das Nest ihre Planungen zerstört.

Veröffentlicht am 06.12.2016

Wenn man immer auf ein Hintertürchen hofft und dabei fast das Leben verpasst

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Leo, Jack, Bea und Melody sind zwar gemeinsam als Kinder einer wenig fürsorglichen Mutter aufgewachsen, dadurch aber nicht zu Erwachsenen geworden, die für sich selbst und füreinander einzustehen gelernt ...

Leo, Jack, Bea und Melody sind zwar gemeinsam als Kinder einer wenig fürsorglichen Mutter aufgewachsen, dadurch aber nicht zu Erwachsenen geworden, die für sich selbst und füreinander einzustehen gelernt haben. Ganz im Gegenteil: im Hinterkopf hatten sie meist das ausstehende Erbe als Lösung und letzte Sicherheit, das vom Vater in einem Fond angelegte Geld, das ihnen zum vierzigsten Geburtstag von Melody, der Jüngsten der Geschwister, zu gleichen Teilen zufallen sollte. Jetzt hat ein Fehltritt Leos dazu geführt, dass die Mutter mit ihrer Vollmacht das Erbe weitgehend geplündert hat, um ihn und ihren eigenen Ruf von einem Skandal freizukaufen. Leider aber haben die anderen Geschwister durchaus länger schon finanzielle Sorgen, die jetzt übermächtig werden:

da ist Jack, der in der Schule nur „Leo light“ war (weniger intelligent, interessant und erfolgreich als der Älteste) und als Erwachsener kaum selbst als Antiquitätenhändler für seinen Unterhalt sorgen kann – heimlich hat er eine Hypothek auf das Wochenendhaus aufgenommen, das er gemeinsam mit seinem Ehemann besitzt. Dann ist da Bea, Beatrice, Leo am nächsten, einst ein aufstrebender Stern unter den jungen Autorinnen mit einem Buch über ein Alter-Ego ihres Bruders Leo, die schon lange nichts mehr geschrieben hat und sich immerhin selbst mit einem Job bei einem Verehrer und in einer schäbigen Mini-Wohnung sparsam über Wasser hält. Und zuletzt gibt es Melody, gefangen in ihren „Upwardly-Mobile“ Träumen für ihre Zwillingstöchter und mit einer erdrückenden Hypothek, die sich umzingelt sieht von anderen Müttern, die im Gegensatz zu ihr meist eine Karriere aufgegeben hatten und über jene Zeit sagen: „Natürlich musste ich ein paar Leuten in den Arsch kriechen […] aber wenigstens musste ich ihn nicht abwischen.“ S. 131

Cynthia D’Aprix Sweeney schreibt in ihrem Debütroman über Fortysomethings – darüber, was aus den Träumen und Zielen geworden ist und womit es weitergehen soll für nicht weniger als den Rest des Lebens. Sie lässt die erzählen, die sich noch auf andere oder die Vergangenheit verlassen, die nicht loslassen wollen – oder sich auf gar keinen Fall festhalten. „Das wäre, als wollte man die Zeit zurückdrehen. Wir hatten ein paar gute Jahre. …. Verdammt gute Jahre.“ S. 217 Die Charaktere sind bis in die Nebenfiguren detailliert ausgearbeitet, das Setting ist New York zwischen den verschiedenen Immobilienkrisen, die für einige den Aufstieg bedeuten, für andere den Untergang – für die meisten von ihnen allen die Verunsicherung und damit durchaus gut auf die entsprechende Generation in Deutschland übertragbar, die sich hier Sorgen um Geldanlagen, Jobs und Rente macht. Es ist eine Geschichte über jene, die nicht mehr damit hadern, erwachsen zu werden – aber damit, was noch ist, was noch kommen soll. Oder wie Leo denkt: „Es war nicht der Luxus, den er vermisste, es war die Überraschung.“ S. 249

Der Roman ist unterhaltsam und gut geschrieben, oft mit einigem Sarkasmus, es werden keine zu glatten Lösungen präsentiert (bis auf einen winzigen etwas stärker rosaroten Einschub in einer Klammer gegen Ende, den man aber verzeihen kann). Geschickt die Überleitungen, zum Beispiel zu Beginn mit den roten Schuhen und den verschiedenen Bars. Ich konnte mitfühlen, mich fast widerstrebend mit einigen Sorgen, Ängsten und Hoffnungen identifizieren, der leichten Melancholie folgen (kein düsteres Schwarz, eher ein versöhnliches Sepia). Die Landung auf dem Boden der Realität ist vielleicht nicht immer sanft, kann aber bedeuten, überhaupt wieder selbigen unten den Füßen zu haben. „Es gab keine Gewissheiten, jede Entscheidung war nur eine wohlbegründete Vermutung oder ein Sprung in einen geheimnisvollen Abgrund.“ S. 282 Leseempfehlung für ein unterhaltsames zeitgenössisches Buch, das eine Generation pointiert und gleichzeitig mitfühlend charakterisiert, nur knapp an 5 Sternen vorbei wegen der starken Konkurrenz dieses Jahr!

Veröffentlicht am 31.10.2016

Alles wird gut

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Im Mittelpunkt von Cynthia d´Aprix Sweeneys Debütroman “Das Nest“ stehen die Geschwister Leo, Beatrice, Jack und Melody Plumb. Ihr Vater Leonard hatte seinerzeit für seine vier Kinder Geld in einem ...

Im Mittelpunkt von Cynthia d´Aprix Sweeneys Debütroman “Das Nest“ stehen die Geschwister Leo, Beatrice, Jack und Melody Plumb. Ihr Vater Leonard hatte seinerzeit für seine vier Kinder Geld in einem Fonds angelegt, das aber erst zum 40. Geburtstag von Melody, der Jüngsten, ausgezahlt werden soll. Dieser Fonds wird von den Geschwistern als Das Nest bezeichnet. Verwaltet wird das Geld von Rechtsanwalt George, einem Vetter. Ursprünglich handelte es sich um eine relativ bescheidene Summe, die zwischenzeitlich infolge des Booms auf gigantische Summen angewachsen, dann aber nach Platzen der Immobilienblase drastisch geschrumpft war. Kurz vor dem Auszahlungstermin macht Mutter Francie von ihrem Verfügungsrecht Gebrauch und verwendet das Geld, um ihrem Ältesten, dem verantwortungslosen Playboy Leo, aus der selbstverschuldeten Patsche zu helfen. Er hat unter Drogen- und Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht, bei dem die 19jährige Kellnerin Matilda Rodriguez einen Fuß verlor. Er muss nicht nur die junge Frau mit einer Million Dollar zum Schweigen bringen, sondern verliert die gleiche Summe bei der Scheidung von seiner Ehefrau Victoria. Die einander ohnehin entfremdeten Geschwister verlangen von ihrem Bruder die Rückzahlung des ihnen zustehenden Betrags und streiten nur noch um Geld. Alle befinden sich aus unterschiedlichen Gründen in finanzieller Bedrängnis. Eine andere Lebensplanung als das Warten auf das Erbe scheint es nicht gegeben zu haben. Melody, Jack und Beatrice versuchen mit allen möglichen Mitteln, an Geld zu kommen, während Leo sie hinhält und schließlich abtaucht.
Der Roman zeichnet ein teilweise satirisches, durchweg unterhaltsames Porträt vom Leben im teuren New York, wobei es den Plumbs als Mitgliedern der Mittelschicht gar nicht einmal so schlecht geht. Allerdings haben nur Beatrice und Literaturagentin Stephanie, die immer wieder und auch während der entscheidenden Phase mit Leo zusammen ist, zum richtigen Zeitpunkt Immobilien gekauft. In Nebenhandlungen werden die Schicksale anderer benachteiligter Menschen – zum Beispiel Tommy, Vinnie oder Matilda und ihre Familie – dargestellt, die wesentlich schlechter gestellt sind. Die vier Plumbs und ihre Mutter sind nicht besonders sympathisch gezeichnet. Die meisten von ihnen werden von nackter Gier geleitet, sind kalt und oberflächlich. Für alle hat der Streit ums Erbe jedoch ein Gutes: sie kommen wieder zusammen, müssen miteinander reden und sich irgendwie arrangieren. Eine Verbesserung ihrer Lage ist nur möglich, wenn sie ihre überzogenen Ansprüche zurückschrauben und für sich entscheiden, was wichtiger ist: Geld oder Familie.
Die Autorin zeichnet das Bild einer dysfunktionalen Familie – und folgt damit einem wichtigen Trend in der zeitgenössischen amerikanischen Erzählliteratur - , entscheidet sich jedoch nicht für eine gnadenlose satirische Abrechnung, sondern eher für einen Wohlfühlroman mit einem sehr gefühlvollen Schluss, in dem fast jeder Handlungsstrang doch noch ein gutes Ende nimmt. Das Ergebnis ist nicht große Literatur, sondern ein amüsanter Roman, der sich nicht schlecht liest und sich für eine Verfilmung geradezu anbietet.