Wer waren die Toten von Altbruck?
Auf einem Kiesablageplatz in Altbruck werden Skelettteile zweier Personen gefunden, die vor siebzig bis achtzig Jahren ermordet wurden. Kriminalhauptkommissarin Gina Angelucci von der Münchner Mordkommission arbeitet mit ihren beiden Kollegen Thomas Wilzoch und Holger Morell in der Abteilung für ungeklärte Altfälle, sie soll diesen alten Mordfall neu aufrollen. Die Ermittlungen gestalten sich angesichts der langen Zeitspanne, die seit den Morden verstrichen ist, als schwierig. Doch Ginas Leidenschaft für ungelöste Fälle und ihr Hang zu unkonventionellen Alleingängen veranlassen sie dazu, sich über sämtliche Hindernisse hinwegzusetzen. Gina möchte mit allen Mitteln die Identität der Opfer, ihre Geschichte, das Mordmotiv, und die Person des Täters ausforschen. Oberstaatsanwalt Jochen Poschmann fühlt sich durch Politik und Presse unter Druck gesetzt und verlangt von der Kommissarin und ihren Kollegen innerhalb kürzester Zeit Ergebnisse. Doch der Mord geschah in den Wirren des Krieges, Familienangehörige und Zeitzeugen sind vermisst, verschollen oder bereits verstorben, die Spur ist längst kalt. „Die Zeit arbeitete gegen die Wahrheit und für das Vergessen“ – mit dieser Aussage möchte Gina Angelucci sich jedoch nicht abfinden, und letztendlich wird ihre Hartnäckigkeit von Erfolg gekrönt.
Mit der vorliegenden Neuerscheinung „Unbarmherzig“ hielt ich das erste Buch von Inge Löhnig in meinen Händen. Obgleich es sich hierbei um den zweiten Fall der Reihe um die Kriminalkommissarin Gina Angelucci handelt, fand ich mich mühelos in der Geschichte zurecht. Die Autorin besitzt einen sehr flüssigen und einnehmenden Schreibstil, sie versteht es geschickt, den Leser ans Buch zu fesseln. Der brutale Mord und die interessante Ermittlungsarbeit der Kriminalbeamten bringen Spannung ins Buch, die Neugier auf die Identität des Täters wird geweckt. Rückblenden in die Vergangenheit erzählen von einer Munitionsfabrik der Nazis, in der zweitausend Kriegsgefangene, Sträflinge und Zwangsarbeiter tätig waren. Detaillierte Orts- und Zeitangaben ermöglichen eine gute Orientierung im steten Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der Fokus ist auf die Protagonistin Gina Angelucci, ihre Kollegen, und ihre Familie gerichtet. Im Erzählstrang, der sich mit der Vergangenheit befasst, spielt eine junge Zwangsarbeiterin aus Riga namens Kairi Naujokate die Hauptrolle. Ihre Verschleppung, die beschwerliche Reise zur Heeresmunitionsanstalt und ihr hartes, entbehrungsreiches Leben in Altbruck werden dem Leser überzeugend nahegebracht. Inge Löhnig stellt ihren Protagonisten zahlreiche Nebenfiguren zur Seite und streut darüber hinaus einige Verdachtsmomente. Auch dem Privatleben von Gina Angelucci wird große Aufmerksamkeit zuteil, der Kommissarin und ihrer Familie droht Gefahr aus völlig unerwarteter Richtung. Ich empfand sowohl die Charakterzeichnung der handelnden Personen, als auch die Darstellung ihrer Konflikte als äußerst gelungen.
FAZIT: „Unbarmherzig“ war mein erstes, aber mit Sicherheit nicht das letzte Buch dieser Autorin. Der vorliegende Krimi hat mir sehr gut gefallen. Inge Löhnig bereitete mir mit ihrem Schreibstil, der spannenden Handlung und überzeugenden Charakteren großes Lesevergnügen und ich freue mich bereits auf weitere Bände dieser Reihe.