Das kann er doch nicht ernst meinen – ein guter Kerl? Lilly ist völlig am Boden, als ihr Freund Jan ausgerechnet an ihrem Jahrestag mit ihr Schluss macht und sich einer anderen zuwendet. Dabei hat sie für ihn ihre Heimatstadt Freiburg aufgegeben und ist zu ihm nach Rostock gezogen, um dort als Hochzeitsfotografin zu arbeiten. Was soll sie jetzt machen? Zurück nach Freiburg den elterlichen Fotoladen übernehmen – das will Lilly auf keinen Fall, ihr schwebt eher ein kleines verträumtes Hotel nur für Single-Frauen mitten in der Provence vor. Bei ihrer Internetsuche stößt sie auf ein Haus in dem kleinen Ort Pivette und kauft sie es von jetzt auf gleich. Ihre Cousine Valeska, die mit ihrer Familie in der Nähewohnt und ihr auch noch eine gute Freundin ist, nimmt Lilly nach ihrer langen Reise in Empfang. Als diese ihr allerding den Antiquitätenhändler Oliver als Unterstützer aufhalsen will, wehrt sich Lilly mit Händen und Füßen, von Männern hat sie erst einmal genug. Zwar kann sie für die Bruchbude jede Hand gebrauchen, aber Lilly krempelt die Ärmel hoch, denn sie hat schon genaue Vorstellungen, wie es einmal sein soll. Als die ersten Gäste kommen und dann auch noch eine alte Liebe unerwartet vor ihr steht, bricht bei Lilly das Chaos aus…
Marion Stieglitz holt mit „Das kleine Hotel in der Provence“ das französische Flair direkt in die heimische Wohnung. Der Schreibstil ist locker-frisch, farbenfroh und mit feinem Witz ausgestattet, so startet der Leser seinen gedanklichen Kurzurlaub und verschwindet schnell zwischen den Seiten, um an der Seite von Lilly eine abenteuerliche Reise ins Ungewisse hautnah mitzuerleben. Mit bildhaften Landschaftsbeschreibungen verführt die Autorin in die malerische Provence, lässt ein verschlafenes französisches Dörfchen lebendig werden und ein altes Gebäude wie ein verträumtes Schloss erscheinen. Dazu gehören auch die individuell und detailliert gestalteten Mottozimmer, die tolle Bilder im Kopf erstrahlen lassen und man selbst in jedes von ihnen einziehen möchte, um sich dort verwöhnen zu lassen. Geschickt gelegte Wendungen, Missverständnisse und Überraschungen halten den Leser bis zum Ende bei der Stange, der natürlich auf ein Happy End hofft. Sehr schön sind übrigens auch die am Ende des Buches aufgeführten Weisheiten für jede Gelegenheit, die man sich immer wieder einmal zu Gemüte führen sollte.
Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und vermitteln das Gefühl, sie bereits schon länger zu kennen. Ihre individuellen Ecken, Kanten und Launen lassen sie glaubhaft und authentisch wirken, so dass der Leser sich sofort mit ihnen wohlfühlt und sich gern in ihrer Mitte niederlässt. Die 28-jährige Lilly hat nicht nur von Männern die Nase voll, sondern auch vom Fotografieren von Hochzeitspaaren. Endlich fasst sie den Mut, ihr Leben umzukrempeln und ihm eine neue Richtung zu geben, die sie sich schon lange erträumt hat. Sie besitzt Spontanität und Phantasie. Lilly ist eine freundliche Frau, die oftmals etwas naiv und unbedarft erscheint, sie besitzt aber auch ein freundliches und fürsorgliches Wesen, dass ihr so manches (Gäste)Herz öffnet. Valeska ist nicht nur Lillys Cousine, sondern auch eine gute Freundin. Sie ist pragmatisch, realistisch, ehrlich und sieht das Leben nicht durch eine rosarote Brille. Marianne ist eine Frau mit Lebensweisheit, die die Dinge im richtigen Licht sieht und behutsam auf Dinge hinweist. Valeskas Töchterchen Paula ist ein kleiner Schatz, die unverstellt und unverblümt ihre Meinung zu allem kundtut und meistens Recht hat. Summer ist ein echt nervtötender Gast, der Lillys Laune immer wieder herausfordert. Aber auch Protagonisten wie Oliver, Noah und Jan machen mit ihren Auftritten die Handlung rundum gelungen.
„Das kleine Hotel in der Provence“ besticht mit einer charmanten Aussteiger- und Liebesgeschichte sowie mit viel Herz und Seele, die dem Leser eine tolle Auszeit beschert und zudem dezent darauf hinweist, dass man das Leben selbst in der Hand hat und jede Minute genießen soll. Verdiente Leseempfehlung!