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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2019

David Hunters 6. Fall

Die ewigen Toten
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In „Die ewigen Toten“ von Simon Beckett wird der forensische Anthropologe David Hunter zu einem Leichenfund gerufen, und das ausgerechnet am letzten Abend mit seiner Freundin Rachel, die am nächsten Tag ...

In „Die ewigen Toten“ von Simon Beckett wird der forensische Anthropologe David Hunter zu einem Leichenfund gerufen, und das ausgerechnet am letzten Abend mit seiner Freundin Rachel, die am nächsten Tag aus Forschungsgründen für drei Monate nach Griechenland fliegt. Auf dem Dachboden eines stillgelegten Krankenhauses, das kurz vor dem Abriss steht, wurde eine mumifizierte Frauenleiche gefunden, die schwanger war. Während der ersten Begutachtung kommt es zu einem großen Schockmoment, denn die Decke bricht an einer Stelle ein und offenbart zwei weitere Tote, die an Betten gefesselt gestorben sind.

Was als ruhige Ermittlung begann wird im Handumdrehen zu einem Fall, der große Aufmerksamkeit erregt. Vorkenntnisse aus den letzten Bänden werden nicht benötigt, da alle relevanten Ereignisse der Vergangenheit kurz erklärt werden. Zunächst laufen die Ermittlungen trotz des wachsenden Drucks der Öffentlichkeit in gemäßigtem Tempo ab und es gibt keine Ansatzpunkte, wer der Mörder sein könnte. Schließlich gibt es einige neue Erkenntnisse, die Schwung ins Geschehen bringen. Zum Ende hin scheint der Autor dann den ruhigen Start kompensieren zu wollen, denn es ist vollgepackt mit Drama in Kombination mit einem ziemlich naiv agierenden David Hunter. Der Autor will dem Genre Thriller gerecht werden, doch das war für meinen Geschmack zu viel des Guten in zu kurzer Zeit. Nachdem ich die Handlung über weite Teile spannend und interessant fand, habe ich das Buch deshalb mit gemischten Gefühlen beendet.

Veröffentlicht am 02.06.2019

Ein Android unter meinem Dach

Maschinen wie ich
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Charlie Friend ist Anfang 30 und kommt mit Börsenspekulationen am heimischen Computer über die Runden. Als seine Mutter stirbt, nutzt er das gesamte Erbe, um einen der ersten Androiden zu kaufen. Die Eves ...

Charlie Friend ist Anfang 30 und kommt mit Börsenspekulationen am heimischen Computer über die Runden. Als seine Mutter stirbt, nutzt er das gesamte Erbe, um einen der ersten Androiden zu kaufen. Die Eves waren schon ausverkauft, darum lebt nun ein Adam bei ihm. Gemeinsam mit seiner Nachbarin Miranda, in die er heimlich verliebt ist, weckt er die Maschine auf und versucht, dessen Persönlichkeit zu formen. Doch Adam verhält sich schnell menschlicher als erwartet, und er hat durchaus einen eigenen Willen.

Der Roman nimmt den Leser mit in eine alternative Version der 1980er Jahre. Großbritannien hat den Falkland-Krieg verloren und diskutiert über den Austritt aus der EU. Gleichzeitig hat die Forschung vor allem dank Alan Turing große Fortschritte gemacht, sodass es das Internet schon lange gibt und man nun die ersten Androiden erwerben kann. Dadurch fühlt sich das Umfeld dieses Romans vertraut und fremd zugleich an.

Den Protagonisten Charlie lernt man kennen, kurz nachdem dieser Adam erworben und in seine Wohnung getragen hat. Als studierter Anthropologe und Technik-Begeisterter ist seine Neugier auf dieses neue Wunderwerk groß, sodass er es kaum erwarten kann, dass Adam fertig geladen ist. Auch seine Nachbarin Miranda zeigt sich interessiert. In der Hoffnung, ihr näher zu kommen, macht Charlie Adam zu ihrem gemeinsamen Projekt. Jeder soll die Hälfte der Persönlichkeitsmerkmale bestimmen. Der Autor baut die Spannung gelungen auf, sodass auch ich auf den Moment hinfieberte, in dem Adam zum Leben erwacht.

Wie würden Androiden in unsere Gesellschaft passen? Ist ein Zusammenleben möglich? Welche Entwicklung löst die Umwelt bei ihnen aus, und wie würden Menschen auf sie reagieren? Fragen wie diese werden im Roman gestellt und mögliche Antworten darauf gesucht. Der Leser begleitet Adam von seinen ersten Minuten an über mehrere Monate, in denen er dank seiner künstlichen Intelligenz rasante Lernfortschritte macht und erstaunliche Entscheidungen trifft. Dabei taucht man häufig ins Charlies Gedanken ein, der sich ausführlich mit Adams Verhalten beschäftigt. Diese Episoden waren für meinen Geschmack an mancher Stelle zu lang, vor allem in Kombination mit den Beschreibungen der fiktiven Gesellschaftssituation.

Bald kommen Adam und Miranda in so manche heikle Situation. Denn statt zu Charlies Vertrautem zu werden, gesteht Adam, selbst in Miranda verliebt zu sein. Können Maschinen wirklich Gefühle entwickelt, und wie geht man damit um? Wie reagieren sie, wenn sie die Ungerechtigkeit der Welt realisieren? Und was passiert, wenn man von ihnen verlangt, zu lügen? Die Art und Weise, wie der Autor seine Charaktere in Situationen wie diese schickt, fand ich gelungen. Die Situation spitzt sich immer weiter zu und ich war gespannt, wie Charlie, Miranda und Adam sich verhalten werden.

„Maschinen wie ich“ stellt wesentliche Fragen im Hinblick auf Menschlichkeit, Mensch sein und der Abgrenzung von Maschinen. Dabei werden dem Leser sowohl philosophische Überlegungen als auch heikle Situationen im Umgang miteinander präsentiert. Ein intelligentes Gedankenspiel!

Veröffentlicht am 31.05.2019

Jagd auf den Gesichtslosen

Die Glocke von Whitechapel
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Nach den Vorfällen im Hyde Park Nummer 1 sucht die Metropolitan Police nun mithilfe der Fahndungsgruppe Jennifer mit Hochdruck nach dem Gesichtslosen. Dessen Identität ist endlich geklärt, er ist aber ...

Nach den Vorfällen im Hyde Park Nummer 1 sucht die Metropolitan Police nun mithilfe der Fahndungsgruppe Jennifer mit Hochdruck nach dem Gesichtslosen. Dessen Identität ist endlich geklärt, er ist aber unauffindbar. Gemeinsam mit Nightingale, Carey und Guleed setzt Peter Grant einige „Little Crocodiles“ unter Druck in der Hoffnung, damit irgendetwas auszulösen. Dieses Irgendetwas ist schon nach kurzer Zeit eine halb durchbissene Kehle und ein rätselhaftes Filmmanuskript. Die Spuren führen zu einer kürzlich gegossenen Glocke, die definitiv in die Kategorie „abstruser Scheiß“ fällt. Um Antworten zu finden, sucht Peter einige alte Bekannte aus der magischen Welt auf.

Endlich ist er da, der inzwischen siebte Band der Reihe rund um den Zauberlehrling Peter Grant! Das Buch beginnt kurze Zeit nach dem Showdown im Hyde Park Nummer 1. Der vielversprechendste Ansatzpunkt, um Hinweise zu finden, die etwas mit dem Verbleib des Gesichtslosen zu tun haben, sind die „Little Crocodiles“. Schon nach wenigen Seiten kommt Spannung in die Handlung, als einer von ihnen lebensgefährlich von der Nanny seiner Kinder angegriffen wird, als Nightingale bei ihm vor der Tür steht.

Peter und Nightingale hangeln sich gemeinsam mit inzwischen vertrauten weiteren Polizeivertretern von Hinweis zu Hinweis, um den Gesichtslosen zu finden oder wenigstens seine Pläne aufzudecken. Dass er irgendetwas vorhat ist nämlich spätestens klar, als eine mysteriöse Glocke auftaucht, welche das Verschwinden von Funden bei archäologischen Ausgrabungen erklärt.

Wie immer bei dieser Reihe ist es wichtig, am Ball zu bleiben, um den Überblick zu behalten. Auch diesmal trifft man viele alte Bekannte wieder, denen Peter seine Aufwartung machen muss oder von denen er sich Hilfe erhofft. Die Begegnung mit den auf dem Cover gezeigten sprechenden Füchsen fand ich sehr unterhaltsam. Schön fand ich auch, dass Detective Sergeant Guleed eine größere Rolle spielt und man ein paar interessante Dinge über sie erfährt. Für meinen Geschmack gab es aber zu viele die Handlung nicht wesentlich voranbringende Begegnungen, mit denen versucht wird, der Vielzahl an Charakteren gerecht zu werden.

Nach dem fulminanten Start wird es im Mittelteil etwas ruhiger und verschiedene Spuren werden verfolgt, bei denen nicht klar ist, ob sie Teil des Rätsels um den Gesichtslosen sind oder ein selbstständiger Fall von „abstrusem Scheiß“. Zum Ende hin zieht das Tempo ordentlich an. Die Handlung macht große Schritte vorwärts und begeisterte mich mit actionreichen Szenen. Der Schluss hat mich sehr überrascht, weshalb ich am liebsten sofort weiterlesen würde. Alle Fans der Reihe sollten sich auch den neuesten Band nicht entgehen lassen!

Veröffentlicht am 12.05.2019

Roman aus einer interessanten Perspektive

Nussschale
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In „Nussschale“ wählt Ian McEwan eine ungewöhnliche Erzählstimme: Ein Embryo belauscht aus dem Mutterleib heraus, wie diese ein Verbrechen plant. Unfähig, ins Geschehen einzugreifen, muss es miterleben, ...

In „Nussschale“ wählt Ian McEwan eine ungewöhnliche Erzählstimme: Ein Embryo belauscht aus dem Mutterleib heraus, wie diese ein Verbrechen plant. Unfähig, ins Geschehen einzugreifen, muss es miterleben, wie sie sich mit ihrem Geliebten trifft und ihrem Mann, dem Kindsvater, das Leben in seinem eigenen Haus verwehrt. Dabei ist er kluger als so mancher Erwachsener, und das, obwohl seine Denkleistung durch den ständigen Alkoholkonsum seiner Mutter dauerhaft geschädigt sein dürfte. Durch die besondere Perspektive ist das Buch amüsant und dramatisch gleichzeitig. Es steckt voller Gedanken zur Lage der Welt und persönlichen Schicksalen. Die Kriminalhandlung fand ich jedoch zu banal. Insgesamt vor allem aufgrund der interessanten Perspektive eine lesenswerte Lektüre.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Ein Entwicklungsroman, der sich langsam entfaltet

Die Gesichter
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„Die Gesichter“ von Tom Rachman erzählt die Geschichte von Pinch, einer der vielen Söhne des Künstlers Bear Bavinsky. Er wächst in den 1950er Jahren mit seiner Mutter Natalie in Rom auf. Seiner Vater lebt ...

„Die Gesichter“ von Tom Rachman erzählt die Geschichte von Pinch, einer der vielen Söhne des Künstlers Bear Bavinsky. Er wächst in den 1950er Jahren mit seiner Mutter Natalie in Rom auf. Seiner Vater lebt einige Jahre bei den beiden und bringt Pinch kurz vor seinem Weggang an einem einzigen Nachmittag die Grundlagen guter Malerei bei. Daraufhin versucht er sich selbst als Künstler, bis ein einziger Satz von Bear all seine Bestrebungen zerstört. Der Leser begleitet Pinch durch die Jahrzehnte, in denen er nach seinem Platz in der Welt sucht und seine emotionale Abhängigkeit von Bear deutlich zutage tritt. Doch mit den Jahren verblasst Bears Ruhm. Auch wenn sich die Geschichte ruhig entwickelt und einige Längen hatte, musste ich weiterlesen. Zu gern wollte ich wissen, ob es Pinch gelingen wird, sich aus der Abhängigkeit zu Bear zu lösen und welchen Einfluss er auf Bears Andenken haben wird. Ein Buch für alle Leser, die Lust auf einen Entwicklungsroman haben, der sich langsam entfaltet und den Leser zum Ende hin mit einem großartigen Twist belohnt!