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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2019

Eindrückliches, starkes Debüt

Und dieses verdammte Leben geht einfach weiter
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Die besten Freunde Timon und Sunny haben ihr Abitur bestanden und wollen das in einem aufregenden Urlaub auf Mallorca in der Finca von Sunnys Eltern gebührend feiern. Kurz vor Barceola gabeln sie auf ...

Die besten Freunde Timon und Sunny haben ihr Abitur bestanden und wollen das in einem aufregenden Urlaub auf Mallorca in der Finca von Sunnys Eltern gebührend feiern. Kurz vor Barceola gabeln sie auf einer Raststätte den gleichaltrigen Jonas auf, der ziemlich mitgenommen und ungepflegt erscheint. Da Timon sehr darauf beharrt, Jonas mitzunehmen, kommt es zwischen ihm und Sunny zu Streitigkeiten. Doch je näher sie der Insel kommen, desto schneller wird beiden klar, dass Jonas ein gewaltiges Päckchen Last mit sich herumträgt und sie ihn nicht allein lassen mögen.

Was spritzig-sommerlich und locker beginnt, entwickelt sich zu einer tragischen Geschichte. Dass Jonas unter dem ungeklärten Verschwinden seiner Schwester leidet und sich die Schuld dafür gibt, wird sehr schnell klar. Vor allem die Tagebucheinträge nutzt Hansjörg Nessensohn, um den Leser in Jonas' Gefühlswelt mitzunehmen und dessen Leid und Trauer fühlen zu lassen.
Doch auch Timon und Sunny haben ihre Probleme, die auf ihren Schultern lasten und während des Mallorca-Aufenthalts immer präsenter werden.

Hansjörg Nessensohn bewältigt den Spagat zwischen dem Leid und der Tragik des einzelnen und den berührenden, wunderbaren Momente von Freundschaft und Liebe gekonnt. Der Erzählstil ist eindrucksvoll und emotional, wirkt, als halte der Autor eine Lupe auf das Geschehen und hält die Dialoge und Gefühle genau so fest.

"Und dieses verdammte Leben geht einfach weiter" ist ein Coming of Age Roman, in dem die Figuren eine enorme Entwicklung durchmachen, Grenzen aufzeigen, selbst überschreiten und unglaublich mutig werden. Der Tonus ist dabei sehr treffend!

Veröffentlicht am 05.08.2019

Spannung und spürbare Verzweiflung vom Feinsten

Dunkelsommer
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Es ist drei Jahre her, seit Lelle seine Tochter Lina an der Bushaltestelle abgesetzt und seither nie wieder gesehen hat. Jede Mittsommernacht fährt er diese Strecke ab, raucht zu viel und durchsucht abgelegene ...

Es ist drei Jahre her, seit Lelle seine Tochter Lina an der Bushaltestelle abgesetzt und seither nie wieder gesehen hat. Jede Mittsommernacht fährt er diese Strecke ab, raucht zu viel und durchsucht abgelegene Höfe, in der Hoffnung seine Tochter zu finden. Die Dorfbewohner haben anfänglich bei der Suche nach Lina geholfen, doch mittlerweile sucht nur noch er, teilweise unterstützt durch den Polizisten Hassan.

Parallel zu Lelles Suche nach Lina wird der Umzug der 17-jährigen Meja mit Mutter Silje nach Norrland beschrieben. Silje hangelt sich von Mann zu Mann, auf den sie sich verlassen und der ihr Leben finanzieren kann. Meja hat genug von all den Umzügen, der Tabletten- und Alkoholsucht ihrer Mutter und ist froh, als sie einen charmanten Jungen kennenlernt und sich Hals über Kopf verliebt.


Stina Jackson versteht es, Spannung aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Was Lelle und Meja zusammenführt, bleibt dem Leser lange Zeit vorenthalten. Dennoch steigert sich immer mehr das Gefühl, dass die beiden zusammenfinden werden und müssen.
Der knappe und doch düstere, bildgewandte Schreibstil lässt den Leser die Einsamkeit, die Dunkelheit der Wälder und die Verzweiflung spüren. Obwohl es nicht ständig neue Entwicklungen, keine spannenden polizeilichen Ermittlungen gibt, ist der Thriller spannungsgeladen. Mejas und Lelles Geschichten werden so eindringlich geschildert und gleichzeitig erwartet der Leser, dass Linas Verschwinden aufgeklärt wird.

Ein Debütroman, der Düsterheit und Verzweiflung spürbar macht, den Leser fesselt und durch Spannung überzeugt!

Veröffentlicht am 05.08.2019

Gelungener Schnittpunkt von humorvoller Leichtigkeit und Melancholie

Wir von der anderen Seite
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Als Rahel Wald im Krankenhaus aufwacht, ist sie verwirrt. Ihre Familie steht völlig aufgelöst am Bett, sogar ihr Bruder ist aus New York angereist. Dabei steckt die Familie doch mitten in den Weihnachtsvorbereitungen ...

Als Rahel Wald im Krankenhaus aufwacht, ist sie verwirrt. Ihre Familie steht völlig aufgelöst am Bett, sogar ihr Bruder ist aus New York angereist. Dabei steckt die Familie doch mitten in den Weihnachtsvorbereitungen und da Rahel nun wach ist, kann endlich gefeiert werden. Schnell muss sie jedoch einsehen, dass sie im Koma lag, Weihnachten längst vorbei ist und ihr Gesundheitszustand ein anderer ist, als sie erwartet hat. Ihre Muskeln sind verkümmert, ihr Zustand ist noch immer bedrohlich und die Medikamente bescheren ihr winkende Eichhörnchen auf ihrem Bett.

Anika Decker trifft einen sehr lockeren, flapsigen Ton, lässt Rahel die Gags an den richtigen Stellen platzieren und entlockt dem Leser so mindestens Schmunzler, wenn nicht sogar laute Lacher. Dieser Tonus harmoniert hervorragend mit dem Inhalt, denn so wird deutlich, wie absurd, belanglos, frustrierend und beschämend Dialoge und Situationen in einem derartigen Krankheitszustand sein können.
Die Figuren, vor allem Rahels schräge Familie, sind anschaulich gezeichnet und entwickeln im Verlauf des Buches immer mehr Tiefe.

Der Autorin ist der stetige Übergang von flapsigen, fast schon leichtfüßigen, zu ernsten Situationen hervorragend gelungen. Rahel muss sich zurück ins Leben kämpfen und hat zwar ihre Familie als starke Unterstützung an ihrer Seite, muss jedoch immer mehr sich selbst, ihre Beziehung und ihren Job hinterfragen - da sind rigorose Veränderungen natürlich vorprogrammiert.

Ein toller Roman, der mich von der ersten Seite bis zur letzten sowohl mit Schreibstil als auch der Schilderung von Rahels Genesungsweg begeistern konnte!

Veröffentlicht am 10.06.2019

Eine Ode an die Freundschaft

Vom Zauber der Freundschaft
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Irmtraud Tarr teilt in "Vom Zauber der Freundschaft" mit dem Leser ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus Freundschaften. Dies tut sie viel weniger im Sachbuchstil, als ich basierend auf dem Klappentext ...

Irmtraud Tarr teilt in "Vom Zauber der Freundschaft" mit dem Leser ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus Freundschaften. Dies tut sie viel weniger im Sachbuchstil, als ich basierend auf dem Klappentext erwartet habe, sondern vielmehr in Anekdoten. Sie erzählt von ihren verschiedenen Freundschaften, den unterschiedlichen Qualitäten, Wohlfühlmomenten, den Gesprächsthemen, Aktivitäten und Hürden und Konflikten. Was sie in jedem Kapitel macht: Sie lobt ihre Freundschaften, ist dankbar für sie und schreibt ihnen Lebensqualität zu.
Das Buch ist kein Ratgeber, der konkrete Tipps gibt, den Leser mit erhobenem Zeigefinger belehrt oder einen Königsweg beschreibt. Irmtraud Tarr lässt den Leser an ihren persönlichen Erfahrungen teilnehmen, die Personen selbst in Kategorien einteilen oder Verbindungen zu eigenen Freundschaften herstellen. Die Lektüre regt zur Reflexion an, der eigenen Freundschaften, der Qualitäten oder vielleicht Freundschaften zu beenden/verändern und bekräftigt, wie wichtig Freunde sind.
Im Grunde inspiriert "Vom Zauber der Freundschaft", indem es Aha-Momente erleben und zig Gedanken durch den Kopf ziehen lässt.

Veröffentlicht am 02.06.2019

Eine Liebeserklärung an das Leben

Solange sie tanzen
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Ada Friedberg ist über 80 Jahre alt und musste sich vor einem Jahr von ihrem geliebten Mann Hans verabschieden. Was ihr bleibt sind der Boxer Hemingway, der seit einigen Jahren an ihrer Seite ist, ihre ...

Ada Friedberg ist über 80 Jahre alt und musste sich vor einem Jahr von ihrem geliebten Mann Hans verabschieden. Was ihr bleibt sind der Boxer Hemingway, der seit einigen Jahren an ihrer Seite ist, ihre Kinder und vor allem ihre Erinnerungen. Die Erinnerungen an ihre Jugend, an das Kennenlernen von Hans , an den gemeinsamen Kampf um ihre Liebe und schließlich die gemeinsamen Ehejahre.
Täglich macht sich für Ada ihr fortschreitendes Alter bemerkbar, denn sie vergisst. Sie vergisst, was sie erledigen wollte, neue Begegnungen und die Geschichten der Nachbarn.
Was sie jedoch nicht vergisst ist das abendliche "Fernsehen", wenn sie mit einem Fernglas das tanzende Paar im alten Haus in der Nachbarschaft beobachtet und sich an die Zeiten mit Hans erinnert.

Der Roman wird aus zwei Perspektiven erzählt: die Geschehnisse in der Gegenwart, die täglichen Hürden und das Fortschreiten von Adas Demenz und Passagen aus der Vergangenheit, die die Liebesgeschichte von Hans und Ada erzählen.

Barbara Leciejewski hat nicht nur den Mut bewiesen, sich mit dem schwierigen Thema Demenz literarisch auseinanderzusetzen, sondern hat die Verarbeitung mit Bravour gemeistert. Obwohl detailliert beschrieben wird, wie Ada mental abbaut, welche Dinge sie vergisst, was sie sich nicht merken kann und wie sie die Gegenwart mit der Vergangenheit mischt, ist das Buch kein tragisches, trauriges, das den Leser herunterzieht. Gerade durch die Passagen, die die Liebe zwischen Hans und Ada, die Lebensfreude und die Qualität der Erinnerung beschreiben, verdeutlichen, dass das Leben, wie Ada es gelebt hat, genau richtig war. Ihre Erinnerungen und Rückblicke sind lebensbejahend. Und diese Einstellung lässt die Autorin in jedem Satz mitschwingen. Selbstverständlich ist es nicht leicht zu lesen, wie die Demenz Besitz von Ada ergreift. Doch genauso erfüllend sind die Emotionen, die Liebe zu Hans, zur Familie, zum Hund und zum Leben selbst, die in jedem Satz mitschwingen.

"Solange sie tanzen" ist ein intensiver Roman, der berührt, erfüllt und vor allem Mut vermittelt. Mut zu lieben, Mut zu leben und wie schön die Erinnerungen an das Leben sind!