Bis zum letzten Tropfen
DryNeil und Jarrod Shusterman beschreiben ein sehr realistisches und authentisches Szenario. Wenn wir uns die Temperaturen der letzten Sommer so ansehen, kann man nicht die Augen davor verschließen, dass ...
Neil und Jarrod Shusterman beschreiben ein sehr realistisches und authentisches Szenario. Wenn wir uns die Temperaturen der letzten Sommer so ansehen, kann man nicht die Augen davor verschließen, dass sie immer heißer und trockener werden. Wie lange wird es noch dauern bis auch bei uns das Wasser nicht mehr zum Blumen gießen und Auto waschen verwendet werden darf? Doch das ist erst der Anfang.... Wie es ausarten kann, erzählen uns Neil und Jarrod Shusterman in "DRY".
Von einem Tag auf den anderen gibt es plötzlich (ohne Vorwarnung!) kein Wasser mehr in Kalifornien. Die Wasservorräte in den Kaufhäusern sind schneller ausverkauft als man schauen kann und kurze Zeit später ist auch der Strom weg. TAPE OUT! Nichts geht mehr! Die Fluglinien ausgebucht und die Autobahnen verstopft. Anarchie, Plünderungen und Chaos beherrschen plötzlich Südkalifornien.
Die wenigsten Menschen sind auf dieses Szenario vorbereitet, wie auch die 16jährige Alyssa und ihr 10jähriger Bruder Garret. Hier steigen wir in die Geschichte ein, die aus verschiedenen Sichten der fünf Jugendlichen erzählt wird. Während sich die Eltern von Alyssa und Garret auf den Weg zum Strand machen, wo durch Entsalzungsanlagen für die Menschen Trinkwasser zur Verfügung stehen soll, ist der 17jährige Kelton, der Nachbarsjunge, auf diese Situation vorbereitet. Sein Vater ist ein Prepper (= Personen, die sich mittels individueller Maßnahmen auf jegliche Art von Katastrophe vorbereiten) und hat natürlich alle Vorkehrungen für so eine Situation getroffen. Kelton hilft Alyssa und Garret als ihre Eltern nicht mehr vom Strand zurückkommen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg sie zu suchen und an Wasservorräte zu kommen. Keltons Eltern haben einen Bunker, wo sie alle Vorkehrungen für dieses Szenario getroffen haben. Auf dem Weg zum Strand treffen sie auf Jacqui, eine Einzelgängerin, die von zuhause abgehauen ist und sich schon eine Weile alleine durchschlägt. Später kommt noch Henry dazu.
Das Szenario wird sehr realitätsnah beschrieben. Der Staat ist nicht vorbereitet auf diese Situation, die Politiker sind hilflos. Die Ressourcen werden an gemeinnützige Stellen weitergeleitet, die Normalbürger bleiben außen vor. Medienberichte über die Katastrophe bleiben aus, was zur Folge hat, dass die Hilfswasserlieferungen nicht einmal ein Viertel der Bevölkerung hilft. Die Lage beginnt sich immer mehr zuzuspitzen...
Neil und Jarrod Shustermna erzählen sehr bildhaft und glaubwürdig. Das bemerkt man als Leser schon nach den ersten Seiten, denn ich hatte durchwegs Durst...und wie! Und sie zeigen schonungslos auf, wie schnell Menschen in Extremsituationen austicken bzw. sich sehr unterschiedlich verhalten. Werte und Moral verschieben sich. Die einen schauen nur auf sich selbst, andere teilen bis zum letzten Tropfen. Gruppendynamik oder Einzelkämpfer...was ist von Vorteil? Wie würde man selbst handeln?
Zwischen den verschiedenen Erzählungen der Jugendlichen gibt es sogenannte SnapShots. Hier werden Berichte von Einsatzkräften, Journalisten oder Menschen in Not dargestellt. Diese haben mir sehr gut gefallen, weil man einen kleinen Einblick auf die Szenen außerhalb der fünf Protagonisten bekommt. Neil und Jarrod Shusterman setzen sich mit vielen Themen auseinander, die uns zu denken geben sollen und klären uns über Dehydrierung und verschiedene Arten von Wassergewinnung auf. Auch das Waffengesetz in den USA spielt eine gewichtige Rolle. Gefallen hat mir auch, dass es keine Liebesgeschichte gibt, wie es öfters in Jugendromanen vorkommt.
Was mir allerdings gefehlt hat waren einige Antworten, wie es so plötzlich und ohne Vorwarnung zu diesem totalen Ausfall kommen konnte und warum die Regierung und die Hilfkräfte die Situation völlig falsch einschätzten.
Das Ende war sehr spannend, trotzdem empfand ich es etwas zu schnell abgehandelt und gewollt. Außerdem bieten die Autoren keine wirkliche Lösung an.
Charaktere:
Die Charaktere der Jugendlichen sind sehr unterschiedlich. Alle entwickeln sich im Laufe der Geschichte weiter. Alyssa ist eine sympathische Sechzehnjährige, die gerne alles unter Kontrolle hat. Ihr kleiner Bruder Garret sieht oft Dinge, die andere übersehen. Kelton ist in den Augen der anderen ein Freak, was sich aber bald ändert, da er von Anfang an weiß, wie man sich in dieser Situation verhält. Doch dann kommt auch Kelton an eine Extremsituation und er verliert so einge Sympathiepunkte bei mir. Jacqui ist tough und intelligent, sie liebt den Nervenkitzel. Henry manipuliert hingegen sein Umfeld und die Menschen gern. Er versucht aus der Wasserknappheit Profit zu schlagen. Henry bleibt bis zum Ende hin rätselhaft...
Schreibstil:
Der Schreibstil ist detailliert, packend und eher jugendlich gehalten. Man erkennt nicht, dass zwei Autoren an der Geschichte beteiligt sind. Das Tempo ist angenehm, hat im Mittelteil allerdings etwas nachgelassen. Erzählt wird aus der Sicht der fünf Proatgonisten und der Roman ist in sechs Teile aufgeteilt.
Fazit:
Ein beängstigendes Szenario, das leider schneller eintreten kann, als wir denken. Der Klimawandel ist bereits hier, auch wenn einige Politiker dies noch immer bestreiten. Das Duo Shusterman versucht in jugendbuchgerechter Form aufzuzeigen, dass Wasser nicht selbstverständlich ist, sondern ein lebensnotwendiges Gut ist. Sie setzten sich mit den Konsequenzen des Wassermangels deatiliert auseinander und verpacken es in eine packende Story, die am Ende jedoch ein paar Fragen offen lässt.