Großartiger historischer Roman vor wunderschöner Kulisse
Die Sterne über VenedigLa Famiglia
„Eines ist gewiss. Eine Schwester zu verlieren ist eines der schlimmsten Dinge im Leben.“
„Die Sterne über Venedig“ ist ein historischer Roman von Anja Saskia Beyer. Er erschien im Oktober ...
La Famiglia
„Eines ist gewiss. Eine Schwester zu verlieren ist eines der schlimmsten Dinge im Leben.“
„Die Sterne über Venedig“ ist ein historischer Roman von Anja Saskia Beyer. Er erschien im Oktober 2019 im Tinte und Feder Verlag von Amazon Publishing.
Plötzlich ist in Nicolas Leben nichts mehr so, wie es einmal war. Ihr Mann Frank hat sie für eine andere Frau verlassen und auch ihre Schwester Cati hat sich, scheinbar grundlos, von ihr abgewandt. Als dann allerdings auch noch ihre Großmutter in Venedig erkrankt, sind die Schwestern gezwungen, sich zumindest oberflächlich miteinander zu vertragen, denn weitere Probleme würden ihrer Großmutter nur unnötig zusetzen und „La Famiglia“ ist nun einmal das, was zählt. Warum dieses der Großmutter allerdings so wichtig ist, können die Schwestern nicht erahnen, bis ihre Nonna plötzlich beginnt von der Vergangenheit zu berichten…
„Die Sterne über Venedig“ war der erste Roman, den ich von Anja Saskia Beyer gelesen habe und ich muss sagen, er hat mich wirklich überzeugt. Die Autorin schafft es, Gegenwart und Vergangenheit durch die Erzählung der Großmutter sehr gut miteinander zu verknüpfen. Die Wechsel der Zeiten sind durch entsprechende Kapitelüberschriften gut nachvollziehbar.
Die Vergangenheit von Nicolas Großmutter ist geprägt vom 2. Weltenkrieg, während dem sie als junges Mädchen bestehen musste. Während der Zeit, in der wir Miranda begleitet wird ihre eigene Entwicklung vom Kind zur erwachsenen Frau deutlich. Zunächst noch recht unbedarft und mit eher kindlichen Gedanken und Sorgen über Männer, Krieg und weitere „alltägliche“ Dinge. Später dann sehr schnell eine starke und mutige Frau, die sich niemals hat unterkriegen lassen und für ihre Werte und Vorstellungen eingetreten ist.
Durch Mirandas Erzählung wird der zweite Weltkrieg aus einer Perspektive beleuchtet, die für mich völlig neu, dabei aber unglaublich interessant war. Die Rolle der Frau, die damals noch als unbedeutend galt und nur wenig beachtet wurde, gewann zu dieser Zeit an Bedeutung und viele Frauen waren aktiv im Widerstand tätig. Die historischen Fakten werden gut in den Roman eingearbeitet und dargestellt, treten dabei aber nicht zu sehr in den Vordergrund, sondern sind stets gut in die Handlung eingebettet und werden durch glückliche Momente und Erfahrungen der Protagonisten aufgelockert.
Weniger gut gefallen hat mir die teilweise einseitige und etwas zu verallgemeinerte Darstellung der deutschen Wehrmachtssoldaten. Während die Widerstandskämpfer und die Bürger Venedigs relativ objektiv dargestellt werden und Miranda jeden mit Respekt und vorurteilsfrei behandelt, stecken „die Deutschen“ für Miranda voller Vorurteile und eine Denkweise, die ohne diese negativen Grundansichten auskommt, ist nicht möglich. Dieses hat mir weniger gut gefallen, da Miranda eigentlich eine schlaue und intelligente junge Frau ist, die sich nicht von Hass und Vorurteilen blenden lassen sollte.
Dies ist aber im Grunde das Einzige, das ich zu meckern habe, denn insgesamt ist „Die Sterne über Venedig“ ein wunderbarer historischer Roman, der die zwei Zeitebenen großartig miteinander verknüpft und dabei neben der Familiengeschichte von Nicola und Cati auch mehrere ernste Themen wie die Judenverfolgung und den Nationalsozialismus behandelt.
Er ließ sich einfach und unkompliziert lesen und vermittelt nebenbei trotzdem ernste Denkansätze und greift Themen auf, mit denen wir uns heute leider wieder viel zu sehr auseinandersetzen müssen. Wir dürfen einfach nicht vergessen, was damals passiert ist und welches Unrecht Juden und vielen anderen Menschen zu dieser Zeit angetan wurde. Nie wieder darf ein solcher Hass die Menschen kontrollieren, nur sind wir auch Heute häufig nicht weit davon entfernt. Der Roman vermittelt daher eine unglaublich wichtige und (leider) wieder sehr aktuelle Botschaft. Jeder kann etwas tun und sich für seine Werte einsetzen. Wegschauen ist keine Option.
Ich vergebe daher 4,5 von 5 Sternen für einen Roman mit einem wichtigen und sehr gut ausgearbeiteten Thema!