Schöne Liebesgeschichte
„...Sie lauschte und atmete tief ein und aus. Salzig feuchte Luft drang in ihre Nase und die Ruhe war, trotz des stetigen Rauschens, herrlich. Hier stand die Zeit still und der Mensch wurde zu einem winzigen, ...
„...Sie lauschte und atmete tief ein und aus. Salzig feuchte Luft drang in ihre Nase und die Ruhe war, trotz des stetigen Rauschens, herrlich. Hier stand die Zeit still und der Mensch wurde zu einem winzigen, bedeutungslosen Individuum angesichts der gigantischen Natur...“
Die Rechtsanwältin Julie Sommer hat gerade eine Firmenübernahme unter Dach und Fach gebracht. Käufer und Verkäufer und zufrieden. Julie hofft, damit einen weiteren Schritt getan zu haben, der ihr die Teilhaberschaft in der ehemaligen Kanzlei ihres Vaters bringt. Ihr Vater ist wegen seiner Gesundheit aus der Kanzlei ausgeschieden. Doch bei ihrer Rückfahrt von der Ostsee nach München kommt sie nicht weit. Ein Schlagloch im Dunkeln setzt ihr Auto außer Gefecht. Björn, der sie aufgabelt, bringt sie zu einem Hof. Das ist ausgerechnet der Schröder-Hof. Der steht kurz vor der Pleite und Julies Chef arbeitet an der Übernahme durch eine Hotelkette. Der Besitzer aber stellt sich stur.
Von Helga wird sie freundlich empfange. Das erste Getränk, was sie serviert bekommt, wird so beschrieben:
„...Wir halten es hier mit dem Spruch „Rum muss, Zucker darf, Wasser kann“...“
Die Autorin hat eine romantische und durchaus realistische Geschichte geschrieben. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen.
Julie entscheidet sich, auf den Hof zu bleiben, bis das Auto wieder flott ist. Sie will die Verhältnisse kennenlernen und dann überlegen, wie sie vorgeht.
David Schröder, der sich um die Pferde und die Reitstunden kümmert, bewohnt mit seiner Mutter Helga, die die Pension betreibt, und seiner Schwester Patricia und seiner Nichte Emily den Hof. Als er erfährt, dass Julie Anwältin ist, stellen sich bei ihm alle Stacheln auf. Den Berufsstand mag er aus vielen Gründen nicht. Doch er hat nicht mit seiner Nichte Emma gerechnet. Die 6jährige geht unbefangen auf Julie zu und überredet sie sogar, Reitstunden zu nehmen.
Als David Julie das erste Mal in Freizeitkleidung sieht, betrachtet er sie mit völlig anderen Augen. Hat er sie zuerst falsch eingeschätzt?.
Julie genießt die Ruhe. Das Eingangszitat gibt den Moment wieder, als sie an der Ostsee steht. Allerdings hat sie es sich einfacher vorgestellt, Berufliches und Privates zu trennen. Zwischen David und Julie beginnt es bald zu kribbeln. Trotzdem verschiebt Julie den Zeitpunkt, an dem sie David mitteilen will, wo und für wen sie arbeitet.
Sehr detailliert und informativ sind die Beschreibungen des Reiterhofes. Es wird deutlich, dass viel Arbeit dahinter steckt. Für David ist der Hof sein Leben. Eine Trennung wäre eine Katastrophe.
Der Wirbelwind Emily ist das belebende Element auf dem Hof. Das Mädchen hat einen besonderen Zugang zu Tieren. Sie scheint mit den Pferden zu sprechen. Und sie sagt, was sie denkt, auch zu Julie.
„...Na ja, dir fehlt noch ein bisschen braune Farbe auf der Haut. Du musst dich in die Sonne legen...“
Björn, der Julie zum Hof gebracht hat, arbeitet dort im Stall. Sein Norddeutsch ist für mich als Leser eine Herausforderung, gibt aber dem Buch seine lokale Authentizität.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin versteht es, in einer spannenden und abwechslungsreichen Geschichte eine ganzen Wertekanon unterzubringen. Der lässt sich sehr prägnant in einer Frage zusammenfassen: Was ist wirklich wichtig im Leben? Deshalb sollen die Worte ihres Vaters auch meine Rezension abschließen.
„...Du bist ein wunderbarer Mensch. Und ein Name im Schriftzug ist nicht das, um was es im Leben geht. Wichtiger ist, was du in dir drin hast […] Und das ist es auch, was mich stolz macht. Denn es zeigt mir, dass ich dir die wichtigen Werte im Leben mitgegeben habe...“